Thema: **** (?) (8) Bund: Versetzte Zähnung oder falsch geschnitten?
Stefan Am: 09.05.2024 07:58:23 Gelesen: 428# 3@  
@ MatzeD [#1]

Den sehr ausführlichen Informationen von Vernian ist kaum noch etwas hinzuzufügen, außer einigen Ergänzungen zum Stempel. ;-)

In der Stempeldatenbank von Philastempel [1] sind zwei Exemplare aus Tübingen vorhanden, welche zu der Entwertung deiner Briefmarke vom Stempeltyp her passen. Vielleicht handelt es sich bei einem der beiden Exemplare auch um das gleiche Stempelgerät - ein sog. "Absenderstempel". Diese Maschinen wurden von 1979 an zur Massenentwertung von mit Briefmarken frankierten Werbesendungen genutzt. Die Deutsche Bundespost bzw. später die Deutsche Post AG (DPAG) hat dafür eigene Briefmarken in Rollenform mit entsprechender Nominale (die krummen Wertstufen unterhalb des Postkartenportos) herausgegeben.

Die letzten Stempel als Gerät wurden erst 2023 aus dem Verkehr gezogen (seitens der DPAG im Einsatz verboten) - diese Frankierart war damit immerhin 44 Jahre lang postseitig in Deutschland zugelassen und auch in der Praxis gebräuchlich gewesen. Philatelistisch waren vor allem die Häuser Sieger (Lorch) und Borek (Braunschweig) jahrzehntelang sehr große Anwender gewesen. Allerdings haben vor allem in den 1980-er und 1990-er auch sehr viele nichtphilatelistische Firmen von dieser Art Werbung in großem Stil Gebrauch gemacht. Ab ca. 2010 hat die Verwendung von Absenderstempeln deutlich abgenommen und war zum Schluss eher ein Nischenprodukt gewesen. Philatelistisch betrachtet handelt es sich bei den Absenderstempeln um Vorausentwertungen, da die Stempelung = Entwertung der Briefmarke(n) als Frankatur durch den Absender und nicht durch die Post erfolgte und die Stempelmaschine auch beim Absender stand.

Wie Vernian schrieb, wurden dabei Briefmarken zur Frankatur für die Sendung verwendet, um aus Sicht des Absenders für den Empfänger der Sendung gefälliger zu wirken (neudeutsch "Eyecatcher" bzw. Blickfänger) - Werbung hatte sonst oftmals die Begleiterscheinung, beim Empfänger recht schnell ungesehen bzw. ungelesen entsorgt zu werden. Die Frankierung der Briefmarke(n) erfolgte nicht händisch von der Rolle gerissen und aufgeklebt sondern maschinell. Wenn das Schneidegerät ungünstig (aus Sammlersicht falsch) eingestellt war, wurde nicht an sondern neben der Zähnung entlang geschnitten.

Anhand deines Scans sind Teile des Ortsnamens lesbar. Ich meine "TÜBINGEN" in Teilen zu erkennen. Die auf dem nachfolgenden Scans der Stempeldatenbank ersichtliche Nummern "301" [2] bzw. "303" [3] unterhalb des Ortsnamens kennzeichnen den Hersteller des Stemelgerätes ("3") und den Anwender ("01" bzw. "03", fortlaufend durchnummeriert):



Es blieb den Absendern überlassen, als Klischee links neben dem Frankierkopf eine Frankierwelle oder einen Werbeeinsatz mit Text und/oder Bild als Grafik zu verwenden um für das eigene Produkt zu werben. Dabei wurden gefühlt kaum Grenzen gesetzt. Speziell das Briefmarkenhandelshaus Sieger aus Lorch dürfte dabei in über 40 Jahren mit die größte Stückzahl verschiedener Werbeeinsätze verwendet haben.

Gruß
Stefan

[1] https://www.philastempel.de/
[2] https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/266327
[3] https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/333774
 
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