Thema: Vorausentwertungen Deutschland
Carolina Pegleg Am: 02.12.2008 04:53:44 Gelesen: 257756# 9@  
Zunächst ebenfalls herzlichen Dank an Sammelfreak für die tolle Darstellung. Ich glaube vielen Sammlerfreunden hier auf den philaseiten ist durch diesen Beitrag der Blick für diese Entwertungen geschärft worden. Auch ich werde solche Belege jetzt bestimmt nicht mehr links liegen lassen, wenn sie mir einmal unterkommen.

Ich möchte -- aus meiner Sicht -- versuchen hier noch etwas Kontext zu geben. Diese Maschinen dienten in erster Linie dazu, dem Absender die Arbeit des Frankierens zu erleichtern. Diesem Zweck kam nur bei entsprechendem Postvolumen und insbesondere bei Massenaussendungen Bedeutung zu. Um ab und zu mal eine Sendung zu frankieren, dazu schafft sich keiner eine Maschine an. Zudem war die Maschine von vorneherein limitiert auf gängige Portostufen, für die Rollenmarken existierten und die ohne Zusatzfrankatur dargestellt werden konnten.

Für gemischte Post waren eindeutig Freistempelmaschinen überlegen, die für jeden Portobetrag gut waren. Wenn man sich diese Limitierungen überlegt, dann fragt es sich in der Tat, warum sich eine Firma eine solche Frankier- und Vorausentwertungsmaschine eigentlich zulegte. Wobei hinzukam, dass der Vorausentwertungseffekt ja nur der Post Arbeit spart -- ein positiver Effekt für den Verwender, insbesondere eine Portoesparnis, war damit nicht verbunden. Die Erklärung liegt meiner Meinung darin, dass durch die Frankierung mit einer Freimarke Massensendungen in den Augen des Empfängers aufgewertet wurden und ggf. der Charakter als Werbesendung verschleiert werden konnte.

Dies erklärt dann auch, warum diese Stempel so häufig nicht sind. Werbepost, Umschläge von Rechnungen etc. wurden eben nicht so sorgfältig aufgehoben wie schöne rundgestempelte Briefe mit Sondermarken. Heute würde eine Sammlung dieser Stempel auf Beleg grosse Anerkennung anderer Sammler finden. Damals war es Müll.

Zeitraffer.

Jahrzehnte nach den von Sammelfreak so exzellent dargestellten Einführung der Frankier- und Stempelmaschinen in den 30er Jahren gab es eine Renaissance.

In 1979 liess die Deutsche Bundespost die Verwendung von "Absenderstempelmaschinen" (so wohl der offizielle Name) zu. Diese dienten dazu mit Freimarken frankierte Massensendungen zu entwerten und zwar mit einem Stempel, der --anders als der Hindenburg mit Ohrring-- den postamtlichen Entwertungsstempel im Design angeglichen war. Erster Benutzer eines solchen Maschine war --und wer jetzt noch nicht weiss, von was ich rede hat gleich sein 'Aha' Erlebnis-- war die bekannte Briefmarkenfirma Sieger. Für diese verbillgten Massensendungen wurde sogar eine neue Wertstufe einer Rollenmarke geschaffen, damals die "25er Burgen und Schlösser" und seitdem eben immer andere spezielle Werte.

Ich denke, es ist interessant bei unserem Hobby die grossen Entwicklungsbögen zu sehen. Die heutigen Absenderstempelmaschinen sind die direkten Nachfolger der damaligen automatischen Frankier- und Stempelmaschinen. Ich sehe da keinen Unterschied. Erst durch Sammelfreak's Beitrag ist mir aufgefallen, wie sich Geschichte wiederholt.

Ich habe in meinen Beständen gerade mal zwei Briefe mit diesen Entwertungen gefunden. Einmal vom Sieger-Kollegen Borek aus Braunschweig und einmal vom BDPh in Lüdenscheid. Beide aus 1980. Beides sind Privatganzsachen und deshalb wohl erhalten geblieben.



Ich war mir sicher irgendeinen "Sieger-Brief" zu finden. Fehlanzeige. Ebenso Fehlanzeige für irgendeinen Massensendungsbrief, dessen Absender keinen philatelistischen Hintergrund hat. Wie gesagt, damals wie heute werden die meisten solcher Belege wohl zerstört. Wen würde es wundern, wenn in 20 Jahren ein Buch erscheint, dass alle Verwender und Stempel der Absenderstempelmaschinen der Bundespost listet, wie es das in [#240] erwähnte Buch für die Maschinen der 30er Jahre tut.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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