Thema: Kulturgutschutzgesetz: Für den Erhalt des privaten Sammelns
mljpk Am: 17.11.2015 20:03:11 Gelesen: 38921# 49@  
@ drmoeller_neuss [#48]

Sehr geehrter Herr Dr. Möller,

eine kleine Korrektur ist aus meiner Sicht veranlasst, um hier evtl. fehlerhaften Argumentationsketten vorzubeugen. Juristen sind auch bei einem richtigen Ergebnis manchmal etwas kleinlich wenn der Weg nicht nachvollziehbar ist. Ich bitte es nicht als Klugscheißerei aufzufassen, sondern als kleinen erläuternden Beitrag zu Ihrer Kritik.

§ 979 Abs.2 BGB gilt nach meiner Auffassung nur für sogenannten "Verkehrsfunde", d.h. in öffentlichen Verkehrsmitteln gefundene, beim Fundamt abgegebene Sachen. Im Falle einer öffentlichen Auktion von Kulturgütern dreht sich die Problematik wohl eher um die Frage des gutgläubigen Erwerbes des Eigentums durch den Auktionsgewinner. Hier kommen wir zu § 935 Abs.2 BGB der die Realauktion und durch den Verweis auf § 979 Abs.1a BGB bestimmte Internetauktionen von Fundgegenständen (hier nicht relevant) als Möglichkeiten eines gutgläubigen Erwerbes des Eigentums auch an gestohlenen und abhanden gekommenen Gegenständen vorsieht.

Frau Grütters stellt nach meinem Verständnis im Interview hauptsächlich auf den Handel "über den Tisch" ab. Hier ist es aus meiner Sicht tatsächlich so, dass ein Händler zwar rechtlich nicht gezwungen ist, einen Herkunftsnachweis zu erbringen, in der Praxis (des Kunst- und Antikenmarktes, bei höherwertigen Briefmarken und Belegen fehlt mir die Marktkenntnis) aber der Käufer einen solchen fordern wird, um sicherzustellen dass er kein gestohlenes oder abhanden gekommenes Kulturgut kauft, an dem er kein Eigentum erwirbt, und sich möglicherweise später Herausgabeansprüchen des Eigentümers ausgesetzt sieht, während er sich Rückforderungesproblemen gegenüber dem Verkäufer wegen des nichterfüllten Kaufvertrages ausgesetzt sieht (Verjährungsprobleme, Insolvenzrisiken ...). Ausserdem stellt sich natürlich noch die Frage einer Dokumentation um einem Hehlereivorwurf zu entgehen.

Bezüglich des Handels trifft aus meiner Sicht also Ihre Kritik voll zu. Es wird hier eine flexible "Praxis" im Handel mir nichts dir nichts zu einem "Muss", gerade auch in Märkten wie für Briefmarken und Belegen - mir fehlt wie gesagt die Marktkenntnis - bei denen im Handel Provinienznachweise gerade auch bei Belegen im Bereich der 2.500 EUR eventuell bisher bereits gar nicht üblich waren.

Bezüglich des Auktionswesens ist Ihre Kritik ebenfalls berechtigt, da die schwammige Formulierung nichtiger Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäfte bezüglich abhanden gekommener Kulturgüter in § 40 nunmehr erkennbar zur Streitfrage führen wird, ob die relative Sicherheit eines Zuschlages auf einer öffentlichen (Briefmarken-)Auktion überhaupt noch besteht? Soweit Frau Grütters hier auf eine möglicherweise bereits bestehende Praxis von Herkunftsdokumentationen durch die Auktionshäuser abstellt, kann dies in § 34b Gewerbeordnung begründet liegen, nach der der Auktionator eine persönliche Zuverlässigkeit aufzuweisen hat. Eventuell gehören hierzu bestimmte Prüfpflichten, um keine abhanden gekommenen Sachen in den (Auktions-)Verkehr zu bringen. Hier kann evtl. ein Leser aus den Auktionatorenkreisen zur Klärung des bisherigen Pflichtenkreises weiterhelfen.

Die Neuregelung kann jedenfalls auch in diesem Fall eventuell dazu führen, dass die bisher für die Wirksamkeit des Zuschlages an einen gutgläubigen Ersteigerer nicht interessierenden Frage unterlassener Prüfpflichten durch den Auktionator doch auf den gutgläubigen Ersteigerer durchschlägt, und dieser eben nicht mehr im Falle seiner Gutgläubigkeit wenigstens auf einer Auktion Sicherheit zu einem wirksamen Erwerb hat. Auch hier eine zu klärende Ungereimtheit.

Es sind mithin weitere von Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Möller, gut identifizierte Beispiele dafür, dass sich die Gesetzesmacher offenbar mit den "Randopfern" der eigentlichen Zielmärkte überhaupt nicht befasst haben. Eventuell weil hier die Marktkenntnisse mangels Input der betroffenen Kreise fehlte? Hier nochmals meine Kritik offenbar unzureichenden bis völlig ausgefallenen Inputs seitens der Verbände.

Beste Sammlergrüße in die Runde

Jens
 
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