Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 31.12.2015 14:12:06 Gelesen: 333484# 20@  
Liebe Freunde,

zum Abschluss des Jahres sei mir noch ein Rosinchen zu zeigen gestattet.

Der Postvertrag Bayern - Frankreich vom 1.7.1847, der ja beiderseits noch keine Marken vorsah, weil es sie schlicht noch nicht gab, wurde zum 1.10.1851 dahin gehend modifiziert, als man von bayerischer Seite anwies, ab sofort das Franko (die Gemeinschaftsgebühr also) erstmals in Marken auszudrücken. Damit war die Geburtsstunde von 18 Kr. Frankaturen aus dem rechtsrheinischen Bayern eingeläutet (höhere Frankaturen nach Gewicht natürlich ebenso).

Aus der Pfalz gab es die Spezialität, dass Briefe in die naheliegenden Departements "Moselle" und "Bas Rhin", also das Moseldepartement und das Departement Niederrhein, von regulär 12 Kr. (3 Kr. für Bayern und 9 Kr. für Frankeich) nur noch 6 Kr. kosteten (je halbes Loth = 8,75g noch, weil das Zollloth nicht galt und auch später nur Grammgewichte von Frankreich akzeptiert wurden). Diese 6 Kr. waren halbscheidig zu teilen, also verblieben Bayern 3 Kr., während 3 Kr. (1 "Decime") an Frankreich intern vergütet werden mussten.

Von besonderem Interesse sind natürlich Briefe aus der Frühzeit, also dem Jahr 1851, die diese Spezialität aufweisen. Mit Marken frankierte 1851er Briefe sind höchst selten, ja den allermeisten Sammlern gänzlich unbekannt und es freut mich sehr, ein feines Stück dieser Besonderheit hier zeigen zu dürfen.







Es handelt sich um einen Trauerbrief (die Tante war gestorben) aus Grünstadt vom 1.12.1851 nach Bischweiler bei Strasbourg, der nur 6 Kr. Franko kostete (Nr. 4II Pl. 1). Er wurde dem lokalen Paketschlußamt Landau/Pfalz (2.12.1851) zugeleitet, wo er nach Prüfung der Gebühr mit P.D. gestempelt wurde und in das nahe Wissembourg geschickt wurde. Dort erhielt er sogar 2 Grenzübergangsstempel "BAVIÉRE WISSEMBOURG" und den Stempel 14. A.E.D. (14. franz. Grenzpostamt in alphabetischer Reihenfolge, "Affranchi Etranger Destination" = bezahlt bis zum Bestimmungsort) als Zeichen der völligen Bezahlung aller Gebühren vom 2.12.1851, ehe er am Folgetag in Bischweiler zugestellt wurde.

Nur ganz nebenbei für die Kataloggläubigen unter uns: Peter Sem erkennt dergleichen Briefen einen Katalogwert von 200 Euro zu ("Einzelfrankatur Grenzporto Frankreich", s. S. 67 der 8. Auflage). Abgesehen davon, das "Frankatur" und "Porto" Gegensätze darstellen, die in einem Satz nicht vorkommen können, ist der angegebene "Wert" ein Witz und ich bin gerne bereit, alle Briefe mit einer 6 Kr. Frankatur von der Pfalz nach Frankreich, egal von wann, von wo genau und nach wohin, mit 100% des Sem - Katalogwertes zu bezahlen. Ich fürchte nur, dafür nicht auch nur einen einzigen bekommen zu können ...

Liebe Grüsse und einen guten Rutsch für alle hier von bayern klassisch
 
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