Thema: Recht: Einfacher Brief verloren - wer haftet für den Schaden ?
mljpk Am: 04.07.2016 16:47:11 Gelesen: 22843# 17@  
Ergänzend noch zu den Ausführungen von Dr. Möller um ein rundes Bild zu bekommen:

Die Frage ging dahin, wer nun für den verlorenen Brief haftet. Im Verhältnis Versender - Käufer ist wohl alles dargestellt. Es geht nun noch um die Frage der Ersatzpflicht der Post für den Fall eines Sendungsverlustes. Warum kann die Post die Haftung gegenüber Verbrauchern so beschränken, wie sie dies in ihren AGBs tut? Habe mir das eben mal grob angesehen (bitte liebe Leser: wegen des nur kursorischen Einlesens keine Gewähr für die Richtigkeit, sondern nur ein Versuch etwas weiter Licht in das Dunkel zu bringen).

Hier könnte nach dem Wegfall der hoheitlichen Stellung der Post zunächst an die zivilrechtlichen Haftungsregeln im Fracht- und Speditionsrecht gedacht werden, von denen in weiten Teilen nur durch besondere Einzelvereinbarungen, also nicht durch AGB, abgewichen werden kann. Ein Blick auf § 449 Abs.1 HGB (Frachtgeschäft) und § 466 Abs.1 HGB (Speditionsgeschäft) zeigt aber, dass bei Briefen und briefähnlichen Sendungen weitergehender durch Allgemeine Geschäftsbedingungen die Haftung des Versenders beschränkt werden kann("...nicht die Versendung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen..."). Hintergrund dieser Regelung zur weitergehenden Haftungsbeschränkungsmöglichkeit durch Postdiensleister ist der Gedanke, dass es sich um einen Massenverkehr handelt, bei dem im Gegensatz zu Paketen die Übermittlung von Gedankenerklärungen und nicht von wertvollen Briefmarken im Vordergrund steht ;-), außerdem eine große Anzahl von Sendungen aus Postkästen entnommen wird, bei denen eine Inhaltsdeklaration und Ausstellung eines Frachtbriefes praktisch nicht möglich ist. Beim Verlust von Gedankenerklärungen drohe dem Versender in der Regel auch kein materieller Schaden.

Damit gilt für Postdienstleister grundsätzlich weiterhin auch nach Wegfall der hoheitlichen Stellung die Möglichkeit einer Haftungsprivilegierung durch AGB. Das Postgesetz enthält in § 18 eine Ermächtigung der Bundesregierung Einzelheiten des Vertrages und auch der Haftung durch eine Postdiensleistungsverordnung zu regeln. Wenn man aber in die Verordnung hineinschaut, erkennt man, dass dort keine besonderen Haftungsregelungen getroffen wurden. Man kommt also nach dem Ausflug ins PostG wieder zurück zum allgemeinen Frachtrecht mit der Möglichkeit, für Briefe und briefähnliche Sendungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen von den Haftungsmaßstäben des gesetzlichen Frachtrechts abzuweichen. Für den einfachen Brief kann ich den aktuellen AGBs zum Brief national keine Haftungsbegrenzung unterhalb des gesetzlichen Höchstbetrages von § 431 HGB entnehmen. Im Falle des Verlustes würde also theoretisch eine Ersatzpflicht der Post von 8,33 Sonderziehungsrechten, heutiger Kurs ca. 10,443 EUR pro Kilo des Rohgewichtes des Gutes bestehen. Rohgewicht ist das Bruttogewicht der gesamten Sendung. Bei einem Sendungsgewicht um die 5 Gramm für den Umschlag mit zwei Marken, wären dies dann (wenn ich richtig rechne), etwa 5 Cents.

Der Versand zweier Briefmarken bis zu einem tatsächlichen Wert von 25 EUR (da könnte man sich nun streiten, ob es sich im Sinne der AGBs um noch gültige Briefmarken handeln muss) im einfachen Brief dürfte dabei nach den AGBs sogar zulässig sein (habe mir die AGBs jetzt nicht in allen Einzelheiten angeschaut, im Zweifel mal bei der Post nachfragen), da es sich dabei noch nicht um sog. Verbotsgut handelt, welches eigentlich gar nicht im einfachen Brief versandt werden dürfte. Nun, jedenfalls dürften wegen des geringen zu erwartenden Betrages und der Beweisprobleme zum Versand sich wohl Ersatzansprüche zu den verlorenen Briefmarken gegen die Post erledigt haben, bleibt die Frage der Erstattung des Portos wegen der Nichterfüllung des Frachtvertrages.

Beste Sammlergrüße in die Runde

Jens

Nachtrag für die Erheiterung suchenden Leser: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=17787&pos=0&anz=1
Postschaffner der alkoholisiert auf Postsäcken in der Wertkammer schläft, während Scheinpostler aufgrund von Insiderinformationen eines anderen Postbediensteten die Wertsendungen erschleichen. Was ist (war) das für ein Laden !! ;-)
 
Quelle: www.philaseiten.de
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