Thema: Sonntagsrätsel
Max78 Am: 20.02.2017 10:32:04 Gelesen: 959934# 876@  
Ja, mit der Ganzsache aus der Schweiz war es wohl ein wenig übertrieben und zu zeitaufwendig, das gebe ich ehrlich zu. Doch wollte ich trotzdem noch erwähnen (ohne verärgert zu sein), dass ich es schade finde, dass man anscheinend mittlerweile so auf Stempel fixiert ist, dass man das "Sonntagsrätsel" im eigentlichen Sinne auch in "Ortsbestimmungsrätsel" umtaufen könnte. Schaue ich mir das 1. Rätsel von Filunski an (und andere aus den Anfängen), war da damals noch wesentlich mehr Kreativität gefordert und vor allem Witz dabei. Schade, dass man mittlerweile wie in einer Altherrenrunde beim Skat retuschierte Abschläge als Grundvoraussetzung nimmt, so weit man das aus den Reaktionen erkennen kann. Ich hoffe, man nehme mir diese Kritik nicht übel, es ist ja auch nur eine Meinung.

Um die Stempelliebhaber, zu denen ich im übrigen auch zähle, noch ein wenig über den Bahnpoststempel AMBULANT zu zeigen, hier der Inhalt der Karte. Ja, Stempel der Bahn lassen sich nicht immer nur durch das Lesbare des Abschlags zuordnen. Der textliche Inhalt der kompletten Karte kann hier oft eine wesentliche Rolle spielen. Das werden mir die Autoren der Stempelkataloge mit Sicherheit bezeugen können, und somit wäre der "philatelistische" Bogen dementsprechend gespannt. Mit den 2 Bahnstreckenkarten der Schweiz ist es hoffentlich ein wenig nachvollziehbarer, auf welcher Strecke dieser Stempel eventuell abgeschlagen wurde (der Schreiberling kam aus Köln).

textlicher Inhalt Karte:

Spiez. 30. Mai 1914.

Wir sind eben von unserm ersten Tourchen [kleine Tour] zurück, das heißt dem ersten, zu dem wir etwas anderes als unsere Beine benutzt haben. Heute hat nämlich zum ersten mal kräftig die Sonnen geschienen und einige Schneeberge haben sich endlich auch gezeigt. Aber so ganz bombensicher sieht das Wetter doch noch nicht aus, leider. Wir waren mit dem Schiff in Gunten [Dorf am Thunersee], gingen von da zu Fuß am See entlang nach Merligen und Beatushöhlen, von wo wir mit dem Schiff hierhin zurückfuhren. 2 Bekannte haben wir heute Nachmittag gesehen, eine Stettinerin und eine aus Noordwijk [niederländische Gemeinde].
Hammer [Nachname] kam Dienstag Abend, Georg ist Mittwoch Nachmittag abgereist. Mein Pflanzenbestimmungsbuch macht mir viel Spaß. ich bin immer strahlend, wenn ich glücklich etwas richtig herausgekriegt habe. Immer gerät es mir noch nicht, aber es geht doch schon besser als im Anfang. Hoffentlich bleibt es nun wärmer, bis jetzt mußte geheizt werden. Abends zeigt uns ein alter Schotte immer Kartenkunststücke, manchmal sehr verblüffende, aber gestern Abend ein so schwieriges, daß wir es nicht nachmachen konnten. Er ist nämlich Mathematiker und versuchte es mir durch mathematische Berechnung zu erklären. Sehr schade, daß du nicht da warst, du wärst doch bei deinem rechnerischen Genie eine viel gelehrigere Schülerin gewesen. Heute Morgen waren wir ohne Hammer, der schreiben wollte, in Einigen [Gemeinde im Kanton Bern], wo eine entzückende alte Kirche ist, leider war sie kaum photografisch erreichbar, ich mußte eine Leiter an einen Birnbaum lehnen, und hinaufklettern, um die Aufnahme zu machen. Du siehst, ich habe von Herrn Grohs gelernt. Nachher habe ich auch noch ein bisschen gezeichnet, von Martchen [Kosename] beschirmt, aber die Zeit war zu knapp und der Sitz zu unglücklich, ich glaube nicht, daß ich es fertigmachen werde. Denk dir, neulich kamen per Post die Visitenkarten von Pitcairns [Insel Pitcairn], Frieda Wischnath (!), von Rennes für 20 Pfennig nachgeschickt. Ich erleide große Verluste auf dieser Reise. Dein in Olten zerbrochenes Kneiferglas habe ich hier machen lassen. Dafür nahm der biedere Schweizer 2 frcs. Ich gab ihm ausversehen ein Fünfmarkstück und als ich heute hinging und es ihm sagte, behauptete er, es wären 5 frcs. gewesen. Ich besaß aber gar kein 5 frcs.-Stück, dagegen ist mein Fünfmarkstück verschwunden, die Sache ist also klipp und klar, aber hin ist hin. Tausend Dank für deine Karte und viel Liebes von Deiner...


Bahnstrecken SBB heute und damals:



einen guten Start ins Alltagsleben, Max
 
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