Thema: (?) (172) Altdeutschland Bayern Auslandspost
bayern klassisch Am: 22.03.2017 17:37:15 Gelesen: 93346# 86@  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portobrief aus dem schönen Bad Dürkheim in der Pfalz vom 6.11.1860 nach Schwarza bei Rudolstadt im Thüringischen. Eigentlich simple, wie es simpler nicht mehr geht: Postverein über 20 Meilen = 12 Kr. Porto für die Aufgabepost und fertig.



Aber da hätte man die Rechnung ohne Taxis gemacht; die kannten nämlich 2 Währungen und beide kamen hier zum tragen!

Doch erst der Reihe nach: Die Aufgabepost = Dürkheim hatte in der Währung der Abgabepost zu taxieren, wusste sie die Währung nicht, dann in Kreuzern, wenn es kein Postvereinsgebiet nördlich von Preussen war. Die großen, mittigen 12 Kr. in blauer Kreide sprechen dafür. Die Leitung nach Taxisgebieten, die vor Frankfurt am Main von der Pfalz aus lagen, kannten das Problem dieses Briefes nicht und bleiben daher auch unbesprochen.

Aber die Post nach und über Frankfurt unterlag den taxischen Postlern hinsichtlich der eventuellen Reduzierung eines fremden = bayerischen Portos in die jeweils eigenen Abgabewährungen. Zuerst reduzierte man daher paritätisch (1 Groschen = 3,5 Kreuzer) die 12 Kr. Bayerns in 3 1/2 Groschen mittig in blauer Tinte. Dann stellte man aber fest, dass man dem Empfänger postalisch auch 4 Groschen abknöpfen konnte, denn im Postverein galt 1 Groschen = 3 Kreuzer und somit 12 Kr. = 4 Groschen!

Folglich strich man die 3 1/2 Groschen durch und notierte 4 Groschen oben in blauer Tinte. Im Laufe des weiteren Transports bemerkte man aber, dass der Zielort im Kreuzerbezirk lag. Nun hatte Frankfurt am Main aber schon intern Weimar (Transitpost Taxis) mit 4 Groschen belastet, so dass Weimar nun nichts mit Groschen anfangen konnte und daher 14 Kr. notierte, die dem paritätischen Äquivalent von 4 Groschen entsprachen.

Dann bemerkte jedoch ein Freigeist, dass man keine 14 Kr. fordern konnte, sondern nur deren 12, wie sie einst die bayerische Aufgabepost notiert hatte, also strich man die falschen 14 Kr. ab und notierte final 12 Kr. rechts in blauer Tinte.

Schwarza bekam aber erst 1876 eine eigene Poststelle - vorher war sie von der Post in Rudolstadt bedient worden. Von Rudolstadt nach Schwarza kostete es 2 Kr. für den Landbestellgang, so dass nun die siegelseitig notierten 14 Kr. in Rötel korrekt waren.

Viel Mühe, viel Rechnerei, ein ewiges Belasten und Entlasten von Poststelle zu Poststelle wegen 1/2 Groschen bzw. 2 Kr.. Trotzdem ganz amüsant für den kleinen Postgeschichtler, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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