Thema: Fälschungsbekämpfung: Der Kampf gegen Windmühlenflügel
Reinhard Fischer Am: 04.04.2017 22:17:32 Gelesen: 20944# 5@  
Hallo an alle,

das Problem ist doch, dass die Fälschungen praktisch unbegrenzt nachkommen. Man kann vieles für wenig Geld bei Ebay kaufen und wenn das nicht reicht, wird in Osteuropa und Fernost genug produziert. Wenn man da einzelne Fälschungen aus dem Verkehr zieht, bringt das wenig.

Man muss also gegen den vorgehen, der Fälschungen als echt anbietet. Nun ist Betrug grundsätzlich ein Offizialdelikt, d.h. die Justiz muss auch gegen den Täter vorgehen, wenn die Anzeige nicht vom Geschädigten kommt. In der Praxis wird natürlich dann doch meist eingestellt, schon deswegen, weil man dem Anbieter nachweisen muss, dass er wußte, dass er da eine Fälschung anbietet. Das ist aber sehr schwierig, auch, weil der Richter normalerweise kein Philatelist ist.

Ich bin in den achtziger Jahren Zeuge gewesen in einem Prozess geben den Verkäufer von gefälschten China-Handstempelmarken (Deutsche Post in China 8-14). Er hatte es damals geschafft, den Verbandsprüfer im BPP Kilian zu überlisten, der für Fälschungen eine große Zahl von Attesten ausstellte. Schaden so um 400.000 DM ++, die meisten der Fälschungen hatte der (ebenfalls Verbandsprüfer) damalige Eigentümer des Auktionshauses Wittmann, Dr. Lantelme gekauft und in seiner Auktion angeboten.

Gegen den mutmasslichen Fälscher, den Vater des Verkäufers, wurde das Verfahren bald eingestellt. Man hatte keine Aufdruckklischees oder ähnliches gefunden, außerdem war der Mann über 70 und kriegsbeschädigt und konnte sich wohl hinter einem Attest verstecken.

Der Verkäufer selber wurde dagegen in 10 oder 11 Orten angeklagt, immer dort, wo er Fälschungen erfolgreich oder auch erfolglos angeboten hatte. Bei mir war er nicht erfolgreich, aber auch ein versuchter Betrug ist strafbar.

In jedem einzelnen Fall ist der Mann frei gesprochen worden. Es war sogar so, dass der Mann einschlägig vorbestraft war und wenigstens bei mir unter Falschnamen aufgetreten war. Zudem waren bei Dr. Wittmann die Fälschungen schon zurückgezogen, so dass der Mann sich eigentlich nicht mehr gutgläubig geben konnte. Trotzdem reichten dem Richter die Beweise für eine Verurteilung nicht aus. Ein Philatelist als Richter hätte es sicher anders gesehen, aber ich bin trotzdem der Meinung, dass der Richter es sich nicht einfach gemacht hat.

Gruß

Reinhard
 
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