Thema: Der Krimkrieg 1853 - 1856
Heinz 7 Am: 02.05.2017 22:59:49 Gelesen: 9241# 2@  
@ 10Parale [#1]

Lieber 10 Parale,

Du eröffnest ein neues Thema, das mir natürlich sehr gefällt, und gerne steuere ich auch etwas dazu bei. Betrachten wir diesen unscheinbaren Brief, ohne Marken. Die meisten Briefmarkensammler interessieren sich nicht für solches "Altpapier", aber gerne zeige ich, dass es vielleicht lohnt, auch solche Briefen Beachtung zu schenken.



Auf den ersten Blick erkennen wir: es ist ein gesiegelter Falt-Brief mit einem "FELDPOST" Stempel an einen Ort in Ungarn. Abgangsort und Verwendungsjahr sind nicht erkennbar. Naja. Das ist noch nicht besonders aufregend.

Beim Studium des Briefes entdecken wir aber noch viel, viel mehr...

1.) Im Text innen erkennen wir Abgang und Zeit: "Jassy am 2 februar 1855" und sind plötzlich hellwach.
2.) Wir prüfen den Stempel und erkennen erfreut: Es gibt tatsächlich einen Stempel "Feldpost No. 2" von Jassy, Rumänien. Siehe: Tchilinghirian fig. 756
oder Edwin Müller, Nr. 3443 a
oder Norbert Blistyar, Seite 109, Jassy, R 1
oder Gertlieb Gmach, Band I, Seite 202: Stempel "Jas7FP"

... und wir erkennen, dass der Brief während dem Krimkrieg verschickt wurde! Und zwar mit der österreichischen Feldpost vom Gebiet des damaligen Fürstentums Moldau!

3.) Auf der Rückseite sehen wir noch zwei Stempel:



"WIEN 13/2" und "NAGY-K.. 15/2"

Betrachten wir die Adresse genauer: Wir lesen: "Grosskanischa in Ungarn" und erkennen also hinten den Ankunftsstempel "NAGY KANISA", denn Grosskanischa ist die deutsche Schreibweise von "Nagykanizsa" oder eben Kanisa. Andere Schreibweise auch Canischa; ein militärhistorisch wichtiger Ort während den Türkenkriegen des 17. Jahrhunderts!

4.) Auch der Absender deutet auf die Feldpostverwendung, denn wir lesen schön: "Carl Ludwig 7. Uhlanen Regiment". Ich kopiere aus Wikipedia: "Als Ulanen, auch Uhlanen, poln. Ułani, bezeichnet man eine mit Lanzen bewaffnete Gattung der Kavallerie".

5.) Auch die Notiz links unten hat ihre Bedeutung. Sie heisst nicht etwa Ese otto, sondern "Ex offo", das ist die Abkürzung von "ex officio" und heisst "von Amtes wegen". Es war ein Dienstbrief, der von der Feldpost portofrei, ohne Frankatur, zu befördern war.

6.) Auch das Wachssiegel ist schön. Und zudem
7.) der Brief wurde gerastelt.

Für mich ein wunderbarer Brief! Er erzählt uns Geschichte.

Heinz
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/10260
https://www.philaseiten.de/beitrag/151519