Thema: Erfahrungen mit Klebestreifen und selbstklebenden Gummierungen
Cantus Am: 05.09.2017 15:38:43 Gelesen: 6018# 9@  
Auf vielen alten Postkarten aus der Zeit um 1920 und davor, aber auch auf Umschlägen findet man rückseitig mittig oder an der Kante oder, für mich nicht nachvollziehbar, auch vorderseitig irgendwo mehr oder minder großflächig anhaftende Klebestreifen oder irgendwelche runden Klebeteile. Oft schaut unter dem aufgeklebten Papier am Rand schwärzliche oder bräunliche Masse heraus. In vielen Wühlkisten findet man solche Belege, die die meisten Sammler als grob beschädigt ansehen und deshalb nicht erwerben, ich jedoch kaufe immer mal wieder auch solche Belege, denn ich habe nach langem Herumprobieren eine Methode zum Ablösen entwickelt, die meistens, wenn auch nicht immer, zu einem für mich akzeptablen Ergebnis führt.

Wir wissen, dass Wasser üblicherweise die Struktur von Papier oder Pappe zerstört mit der Folge, dass das eingeweichte Gut wellig wird. Bei Briefmarken ist das nicht weiter schlimm, da diese nach dem Trocknen und anschließenden Pressen wieder glatt werden, bei Postkarten oder Umschlägen geht das aber nicht so einfach, zumal man sie üblicherweise nicht zur Gänze einweichen kann. Nicht jede Schrift ist wasserfest und zuweilen kleben da auch noch Briefmarken drauf, die man nicht ablösen möchte. Was also tun? Ich gehe folgendermaßen vor.

Zuerst nehme ich ein Blatt Küchenkrepp, das zweimal gefaltet wird. Dann feuchte ich das Krepppapier mit klarem Leitungswasser in etwa der Größe des abzulösenden Klebestreifens an und lege es - mit der feuchteren Seite nach oben - auf eine glatte nicht-saugende Oberfläche. Dadurch kann die Feuchtigkeit nur nach oben abgegeben werden. Anschließend lege ich den Beleg mit der Klebestelle nach unten auf das Küchenkrepp, und zwar so, dass möglichst wenig Umgebungsfläche um den Klebestreifen herum mit der Feuchtigkeit in Berührung kommt. Zum Schluss beschwere ich den Beleg leicht und lasse das Ganze etwa 15 Minuten so liegen.

Nach dieser Zeit erneuere ich die feuchte Stelle am Krepppapier, teilweise ist dafür ein weiteres Blatt Küchenkrepp erforderlich. Dann wiederhole ich das Ganze. Nach etwa 30 Minuten ist das abzulösende Papier, oft ein dickes Papier und nicht nur ein dünner Klebestreifen, soweit feucht geworden, dass es sich problemlos vom Beleg abziehen lässt. Darunter kommt dann meistens eine dunkle und oft klebrige Masse zum Vorschein, die ebenfalls noch entfernt werden muss.

Zunächst versuche ich, sie mit der unteren Seite einer Briefmarkenpinzette vorsichtig vom Untergrund zu lössen, denn anfangs ist sie ja noch ausreichend feucht. Man kann das als leichtes Schaben bezeichen, man muss dabei aber äußerst vorsichtig vorgehen, damit man beim Entfernen der Klebemasse nicht versehentlich auch noch Teile der Oberfläche des philatelistischen Beleges mit abkratzt. Das geht in aller Regel ganz gut. Wenn aber Teile davon sich nicht sofort von der Oberfläche lösen lassen, dann muss man sie mit der oben beschriebenen Methode nochmals anfeuchten. Zwischenzeitlich die Pinzette immer wieder an einem sauberen Papiertaschentuch säubern, denn nur so läuft man nicht Gefahr, die Klebemasse lediglich umzuverteilen.

Wenn die Klebemasse komplett oder weitgehend entfernt ist, bleibt oft noch eine starke Verfärbung der Postkarte oder des Umschlages zurück. Ganz entfernen geht nur im Ausnahmefall, aber in aller Regel lässt sich diese Verfärbung so weit mindern, dass der Originalbeleg anschließend als akzeptables Sammelgut ins Album wandern kann.

Die beste Erfahrung habe ich dabei mit Spucke gemacht. Ich nehme also ein sauberes Papiertaschentuch, das ich mit Spucke an einer Stelle ausreichend anfeuchte ud reibe danach vorsichtig, um die Oberfläche des Beleges nicht zu beschädigen, aber dennoch mit leichtem Druck über die verfärbten Bereiche. Irgendein Bestandteil der menschlichen Spucke muss so beschaffen sein, dass man mit seiner Hilfe die Reste des Klebstoffes und damit auch die unerwünschen Verfärbungen aus dem Papieruntergrund herausreiben kann. Dabei bitte das Papiertaschentuch an immer wieder anderen sauberen Stellen mit Spucke befeuchten, da man sonst Gefahr läuft, das schon Abgeriebene an anderer Selle wieder aufzubringen.

Bis hierhin dürfte die Klebestelle bereits wieder weitgehend getrocknet sein. Sofern erforderlich lässt man die Restfeuchtigkeit noch an offener Luft entweichen. Der dann trockene Beleg ist entweder bereits in einem Zustand, dass er ins Album gepackt werden kann, oder man legt ihn noch für ein paar Stunden zwischen zwei etwas schwerere Buchdeckel, um ihn nachhaltig zu glätten.

Versucht es so, dann braucht man nicht Teile des Beleges abzuschneiden, denn jeder beschnittene Beleg ist im Ergebnis weniger wert als zuvor.

Viele Grüße
Ingo
 
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