Thema: Tschechoslowakei Luftpost 1919 bis 1938
saintex Am: 05.02.2018 22:15:16 Gelesen: 180770# 24@  
@ Detlev0405 [#21]

Hallo Detlev,

zu Deinen Fragen im Posting [#21] vom 01.02.2018:

1. Nach meiner Ansicht sollte sich die Luftpostbeförderung – egal ob Bedarfsbrief oder philatelistischer Erstflugbrief – durch zeitgerechte Abgangs-, Durchgangs- und Ankunftsstempel mit klaren Stempeldaten und/oder entsprechende Luftpost-Bestätigungsstempel auf dem Luftpostbrief nachweisen lassen. Dies jedenfalls bei Luftpostbriefen aus dem Zeitraum 1920 bis zum Beginn des 2. Weltkrieges als die Dokumentation der Beförderung des Briefes mit Luftpost durch derartige Poststempel in vielen Ländern aufgrund postalischer Vorschriften vorgeschrieben war, zumindest aber einer postalischen Praxis entsprach.

Insbesondere ohne einen lesbaren Ankunftsstempel würde ich derartige Luftpostbriefe grundsätzlich nicht in meine Sammlung aufnehmen. Ausnahmen mache ich dort, wo (wie z.B. in Großbritannien ab ca. 1920 und Deutschland ab 01.11.1934) aufgrund postalischer Vorschriften auf einfachen Luftpostbriefen keine Ankunftsstempel mehr angebracht wurden. So hätte ich den in meinem Beitrag [#13] gezeigten tschechischen Luftpostbrief nach Marokko ohne einen zeitgenössischen Ankunftsstempel aus Casablanca voraussichtlich nicht erworben, da sich ohne Ankunftsstempel eine Luftpostbeförderung nicht nachweisen lässt. Andererseits würde ich einen Luftpostbrief ohne Durchgangsstempel aus den von buzones in seinem posting [#22] genannten Gründen nicht als „unvollständig“ und damit als „nicht sammelwürdig“ ansehen.

Bei Luftpostbriefen nach Südamerika ist für mich ein lesbarer Ankunftstempel jedoch ein „Muss“, da es nach meinen Beobachtungen – zumindest in den ABC-Staaten – bis in die Zeit des 2. Weltkrieges gängige Praxis war, auch auf einfachen Luftpostbriefen bei der Ankunft rückseitig einen auf die Luftpostbeförderung hinweisenden Ankunftsstempel anzubringen.

2. Etwas anders verhält es sich nach meinen Beobachtungen mit Luftpost aus Europa in die USA. In der Zeit bis 1938 gab es noch keine durchgehenden Flüge mit Postbeförderung über den Nordatlantik, so dass Luftpostbriefe über den Nordatlantik mit dem Schiff nach New York und von dort aus weiter über das inner-amerikanische Luftpostnetz und daran anschließend auf den Foreign Airmail Routes (F.A.M.) ins Ausland (z.B. China oder Mittel- und Südamerika) befördert wurden. Auch wenn Durchgangsstempel auf derartigen Flugpostbriefen aus europäischen Zwischenstationen nur selten vorkommen, wäre ich bestrebt in meine Sammlung in erster Linie Luftpostbriefe mit einem Durchgangsstempel von New York (gibt es fast nur auf Luftpost-R-Briefen) und einem Ankunftsstempel vom Zielort aufzunehmen.

3. Die Anforderungen an die Rückseite eines Luftpostbriefes hinsichtlich Durchgangs- und Ankunftsstempel ist für mich kein Selbstzweck. Die Stempel dienen zum einen dem Nachweis des genauen Leitweges und ermöglichen über die Stempeldaten häufig auch den Nachweis, dass der Brief tatsächlich auch mit Luftpost befördert wurde. Heute existiert eine umfangreiche aerophilatelistische Fachliteratur, in der die Flugdaten der englischen, französischen, italienischen, niederländischen und deutschen Flugpostlinien nach Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika aus den 1920er und 1930er Jahren aufgeführt sind und mit deren Hilfe man einen Luftpostbrief einer konkreten Flug-Nr. inklusive Flugzeugtyp mit konkreten Abflug- und Ankunftsdaten sowie den Namen der Besatzungen und etwaigen Unregelmäßigkeiten der Luftpostbeförderung wie z. B. Notlandungen, Abstürzen und Verspätungen sowie den Grund hierfür zuordnen kann, wenn Abgangs- und Ankunftsdatum auf dem Brief durch entsprechende Poststempel dokumentiert sind. Dass Luftpostbriefe mit zahlreichen rückseitigen Durchgangs- und Ankunftstempeln, die den Laufweg des Luftpostbriefes dokumentieren, seltener sind als solche ohne hattest Du schon selber zutreffend festgestellt. Dies beeinflusst auch den Wert des Luftpostbriefes beim Weiterverkauf, was zumindest für mich ein wesentliches Kriterium beim Erwerb eines Luftpostbriefes ist.

4. Fälschungen der hier bislang gezeigten Luftpostbriefe lagen mir bislang noch nicht vor. Nach meiner Erfahrung steht der Zeit- und Kostenaufwand für eine Fälschung der hier bislang gezeigten Erst- und Bedarfsflugbriefe in keinem sinnvollen Verhältnis zum Wert der hier bislang gezeigten Luftpostbriefe, der nach meiner Einschätzung im mittleren zwei- bis dreistelligen Euro-Bereich liegen dürfte. Fälschungen von Luftpostbriefen sind mir bislang in erster Linie nur bei Zuleitungspost zu den Zeppelinfahrten der 1930er Jahre aus exotischen Staaten und den Zeppelinbriefen der Lakehurst-Katastrophe im Mai 1937 bekannt geworden.

Ich hoffe dies beantwortet Deine Fragen aus Deinem Posting [#21] vom 01.02.2018 erschöpfend. Falls nicht, frage einfach nochmal nach.

MfG saintex

P.S. Im nächsten Beitrag von mir wieder was mit Bild zum Anschauen
 
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