Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 19.05.2018 13:31:49 Gelesen: 285992# 264@  
Liebe Freunde,

eine kleine, eierlegende Wollmilchsau aus Immenstadt vom 21./25.11.1853 darf ich heute vorstellen. Der mit 3 Kreuzern korrekt frankierte Brief war an Herrn Joseph Wiedemann, Schran(n)enke(h)rer in Kempten gerichtet. Noch am selben Tag traf er im nahen Kempten ein, konnte jedoch nicht zugestellt werden. Daher hatte man den Grund der Nichtzustellung siegelseitig zu spezifizieren: "Dieser Name ist nicht zu erfragen in Kempten nach polizeilicher Nachfrage. Laitz, Briefträger".





Somit war der Brief dem Absender in Immenstadt zurück zu schicken, was die Rückseite am 27.11. zeigt.

Jetzt wird es aber interessant: Woher wusste man in Immenstadt, wer der Absender war? Außer einem Trockensiegel ist nichts zu erkennen! Doch wenn wir den Inhalt lesen, wissen wir, warum selbst das nicht benötigt worden wäre:

"Immenstadt den 21. Nov. 1853

Herrn Jos. Wiedemann Schranenkerer in Kempten

Schon unterm 8. d(ieses Monats) kam mir laut Frachtbrief von Ihnen 1 Fäßle Bierzeug mittelst Eisenbahn zu, ohne weitere Bestimmung, wem es gehört und war auch keine Nachfrage hienach, wahrscheinlich wird es izt (=jetzt) unbrauchbar geworden seyn; ich hatte dafür 34 Kreuzer Spehsen. Ich ersuche Sie daher hierüber zu verfügen. In deren Erwartung grüßt Sie

Johann (?) Wels (?) Posthalter"

Es wird den Posthalter von Immenstadt sicher nicht gefreut haben, 34 Kreuzer Spesen für schales Bief und 3 Kreuzer Porto ausgelegt zu haben, wenn sein Brief am nächsten Tag wieder zurück kam. Dazu kam, dass jede Ware Lagergeld kostete, welches sich auch zu recht erheblichen Beträgen aufsummieren konnte. Da war unser Posthalter jetzt ganz schön in der Bedouille und leider wissen wir nicht, wie man damals die "Kuh vom Eis" brachte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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