Thema: Kanadische Stempelgeschichte - die Werbestempel
Carolina Pegleg Am: 14.09.2009 06:27:34 Gelesen: 35997# 1@  
Schon lange juckt es mir in den Finger wieder etwas vernünftiges hier auf den Philaseiten zu schreiben. Ich habe hier soviel gelernt -- von Rohrpostbelegen und Bischofsbriefen -- so dass ich einfach auch wieder etwas an die Gemeinschaft zurückgeben möchte. An Themen mangelt es mir nicht. Mir fehlt zumeist immer die ein oder andere Marke oder Beleg, um die ganze Geschichte so darstellen zu können, wie ich es mir idealerweise vorstelle. So ist es auch bei dem Thema, was ich hier anfange.

Ich habe mich aber entschieden einfach einmal anzufangen, auch wenn es ein paar Lücken gibt und ich nicht immer den super idealen Brief dazu zu zeigen habe. Vielleicht kann ja der ein oder andere noch mit Anschauungsmaterial aushelfen. Ausgangspunkt war hier jedenfalls, dass ich meine Sammlung (mehr Ansammlung, als Sammlung) kanadischer Sloganstempel neu organisiert habe. Dabei ist mir dann der Gedanke gekommen, dieses Gebiet auch einmal hier vorzustellen. Ich habe kanadische Briefmarken etwa schon seit 20 Jahren gesammelt und finde es ein sehr schönes Gebiet, dass einem Allgemeinsammler ebenso Freude bereitet wie dem Spezialisten. Da ich auch eine besondere Liebe zu Maschinenstempeln habe, ergab es sich natürlich, dass jeder kanadische Brief mit entsprechendem Stempel bei mir in eine Kiste gewandert ist.

Nun habe ich die Briefe einmal systematisch organisiert und glaube damit eine ganz gute "Geschichte der kanadischen Maschinenstempel unter besonderer Berücksichtigung der Maschinenwerbestempel" erzählen zu können. Wenn man einige wenige fehlgeschlagenen Testläufe und Eintagsfliegen ausser Acht lässt, ist die kanadische Geschichte der Maschinen(werbe)stempel eine wirklich runde Sache -- so viel einfacher als die vergleichbaren Abläufe in Deutschland oder (noch viel schlimmer) den USA, die jeden Einsteiger in das Gebiet doch recht entmutigen können. Zunächst werden wir einigen "alten" Bekannten begegnen, wenn es in die Neuzeit geht, mit den ab Anfang der 1990er in Kanada auftretenden Multi Line Optical Character Reader (MLOCR) - Maschinen und ihren jet-spray (ink-jet) 'Stempeln' sind wir allerdings der Zukunft in Deutschland voraus.

Die Geschichte der kanadischen Maschinenstempel beginnt in März 1896 mit der Inbetriebnahme von insgesamt sieben Maschinen der Imperial Mail Marking Machine Co. (einer Tochtergesellschaft der American Postal Machine Co. -- Stichwort "US Flaggenstempel") in Montreal (6) und Ottawa (1). Die kanadischen Postverwaltung hatte die Maschinen angemietet und bereits nach Ablauf des ersten Jahres gelang es der Firma nicht eine Verlängerung des Vertrages zu erreichen. Obwohl nur sieben Maschinen in zwei Städten für nur etwas über ein Jahr in Betrieb waren produzierten die Maschine eine grosse Vielfalt von Balken-, Wellen-, und Flaggenstempeln. Ein richtiger "Werbestempel" war aber nicht dabei, und so kann ich diese Stempel -- obwohl sehr sammelwürdig -- für Zwecke dieser Darstellung getrost übergehen.

Nachfolger waren Maschinen der Canadian Postal Supply Co., die einen fünf Jahresvertrag für den Einsatz ihrer "Bickerdike" Maschinen gewann. In Montreal und Toronto waren je 6 Maschinen im Einsatz, 2 weitere in Hamilton und eine in Ottawa. Die Bickerdike-Maschine sind natürlich auch in Deutschland bekannt (Stichwort: die beliebten Stempel mit Reichspostflaggge), da die CPS Co. ihre Bickerdikes auch international zu vermarkten suchte.

Bickerdike-Flaggenstempel von Montreal, 25. März 1899:



Der erste echte kanadische Maschinenwerbestempel stammt von den Bickerdike-Maschinen in Toronto und wurde in 1901 für die dortige kanadische Ausstellung aufgelegt. Ein Exemplar kann ich nicht zeigen. Es handelt sich um einen Flaggenstempel (wie oben) bei dem aber in der Mitte der Fahne ein Schild mit der Inschrift "Canada's Expostion Toronto Aug. 26 to Sep. 7" eingefügt ist.

Mit Ablauf des Fünfjahresvertrages Mitte 1902 war aber auch für die Canadian Postal Supply Co. Schluss -- auch ihr Vertrag wurde nicht verlängert. Dies erklärt in der Gesamtschau auch die internationale Ausrichtung der Firma, die ihre home base verloren hatte. Den Vorzug der kanadischen Post erhielten nun die Maschinen der amerikanischen International Postal Supply Co.

Maschinenstempel des Modells "Flier" der International Postal Supply Co. von Montreal, 1. Dez. 1902, dem ersten Jahr der Verwendung dieser Maschinen in Kanada:



In 1902 wurden zunächst neun Postämter mit Maschinen des neuen Vertragspartners ausgestattet. In 1907 (mit zwei Nachzüglern in 1908) kamen dann 30+ weitere Einsatzorte hinzu. Verwendet wurden das elektrische Hochgeschwindigkeitsmodell Flier als auch das handbetriebene Modell 'L' (kenntlich am im Vergleich kürzeren Entwerter). Für zehn lange Jahre liefen beinahe alle kanadischen International Maschinen ausschliesslich mit Entwerter im oben gezeigten Wellendesign. Einige wenige Maschinen hatten identische Wellenstempel ohne Aussparung für Maschinennummer und service letter; und eine weitere kleine Anzahl hatte Killer mit 7 Balken anstelle von 7 Wellen. Abgesehen davon, insgesamt also eine recht langweilige Sache.

Stempel von Niagara Falls, Ontario, 9. September 1912 mit International-Stempel mit Strichentwertung:



In 1912 änderte sich jedoch einiges -- und da geht es morgen weiter.
 
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