Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 02.10.2021 09:29:47 Gelesen: 155396# 739@  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der anhand seiner äußeren Umstände in Nürnberg am 8.2.1806 als reiner Portobrief nach Beaune in Frankreich zur Post gegeben wurde. Der Empfänger zahlte 10 Decimes.





Der Siegelseite entnehmen wir kein ausgeworfenes Franko bis zur franz. Grenze bei Rheinhausen, aber den Vermerk "Norimberga li 8. Febr. 1806. Pr. Scheidlin & Compagnie". Im Inhalt lacht uns aber ein Inhalt aus dem sächsischen Plauen vom 3.2.1806 an, wobei der Absender, ein Johann George Steib sich das Franko von Plauen nach Nürnberg ersparte. Auch schrieb er noch innen "1805", war also Anfang Februar noch nicht im neuen Jahr angekommen ...

Zur Historie: Nürnberg war nicht bayerisch, sondern noch immer freie Reichsstadt und unterstand als solche nur dem Kaiser Franz II. Der hatte aber abgedankt und damit war die Stadt Spielball der Mächte geworden.

Postalisch gab es noch keine bayer. Staatspost, so dass alle Postsachen noch von der thurn und taxischen Lehenspost verwaltet wurde.

Im Inhalt ging es um Geschäfte mit Wein und die allgemeine Lage, was nicht uninteressant war, waren Napoeleons Heere doch recht aktiv in Mitteleuropa unterwegs und hinterließen überall ihre Spuren:

"Als ich letzhin das Vergnügen hatte Ihren Schwieger Sohn bey mir zu sehen, wurde ich veranlaßt selbigen eine Comission in Burgunder Wein zu übertragen. Nun aber sind jetzt die Frachten durch schlechte Witterung und die Kriegstroubles so enorm hoch gestiegen, daß es mir nicht conveniren kann, solcen mit den starken Spesen zu beziehen.

Dahero wollte ich Sie bitten die Absendung dieses Weins solange zu unterlaßen, bis ich durch geänderte Zeit Umstände in Stand gesetzt bin, Ihnen deshalb schreiben zu können. Uebringes empfiehlt sich Ihrer fernerer Freundschaft Johann George Steib".

Die siegelseitige Absenderangabe war clever, denn im Falle der Annahmeverweigerung hätte man den Brief geöffnet und gesehen, dass es eben kein Nürnberger Brief war - so hätte man ihn nach Nürnberg geschickt, was von Frankreich aus günstiger war, als nach Sachsen und der Nürnberger hätte ihn dann wieder günstig nach Plauen retournieren können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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