Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 04.11.2022 17:37:30 Gelesen: 85370# 862@  
@ Frankenjogger [#861]

Hallo Clemens,

danke für deinen Mut und schön, dass du einiges weißt über komplizierte Tarifstrukturen im 19. Jahrhundert.

Bis 30.6.1856 war bei unterfrankierten Briefen in den Postverein wie hier zu rechnen:

1. Gewicht unfrankiert = 9x bzw. 3 Sgr. plus 3x bzw. 1 Sgr. Zuschlag (Strafgebühr klingt vlt. ein bisserl hart) = 12x bzw. 4 Sgr..

Ein unfrankierter Brief von Ludwigshafen nach Bonn hätte also genau 4 Sgr. gekostet (12x).

Ein unterfrankierter Brief der 1. Gewichtstufe (unter 1 Loth = 15,625g) hätte auch 4 Sgr. gekostet, abzüglich des Wertes der verklebten Marke(n).

Also bei 6x Marke = 12x minus des Wertes der Marke = 6x Nachgebühr = 2 Sgr. beim Empfänger zu kassieren.

Aber bei schweren Briefen wie diesm hier galt: Beide Gewichtsstufen mit Zuschlag zu belegen und erst dann den Markenwert abzuziehen.

Also: 4 Sgr. für das 1. Gewicht und 4 Sgr. für das 2. Gewicht = 8 Sgr. minus der verklebten 9x = 5 Sgr. Nachporto.

Ab 1.7.1856 hätte man anders gerechnet: 1. Gewicht mit 9x korrekt frankiert und nur das 2. Gewicht unfrankiert, daher jetzt nur noch 4 Sgr. Nachporto. Aber der Brief ist von 1852 und damals konnte noch keiner wissen, welche Verordnung 1856 mal in Kraft treten würde.

Oder man hat es einfach falsch gemacht, wovon ich ausgehe.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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