Thema: Deutsches Reich Feldpost 1. Weltkrieg
evwezel Am: 29.06.2023 10:41:36 Gelesen: 62110# 725@  
@ DFP14-18 [#723]

Hallo Uli,

ich habe deine Information gelesen, aber für einen Neuling wie ich gehst Du ein bisschen zu schnell (ich habe inzwischen auch das Handbuch "Die Deutsche Feldpost im Ersten Weltkrieg 1914-18" angefordert von deiner Arbeitsgemeinschaft). Habe ich folgendes richtig verstanden?:

Postaufgabestempel - Die Postaufgabestempel von deutschen Orten sind auf Feldpostsendungen von der Heimat an die Front oder wenn ein Soldat keinen direkten Zugang zur Feldpost hatte.

Zum Beispiel:



(Soldaten-)Briefstempel / Truppenstempel - Soldatenbriefstempel, kurz auch SB-Stempel genannt, sind Stempel der verschiedenen Truppenverbände, die auf Feldpostkarten und Briefen abgeschlagen die Portofreiheit der Feldpost bekundeten. Briefstempel durften keine Inhalte aufweisen, die der Geheimhaltung widersprachen. Soldatenbriefstempel wurden aber z.B. bei Unterstellungswechsel direkt bei der Truppe entsprechend verändert (Herausschneiden und/oder Hinzufügen von Teilen des Stempels). Das war bei den Feldpoststempeln nicht möglich, denn dieses war ausschließlich nach Weisung übergeordneten Feldposteinrichtung (Armeepostdirektor / Oberste Heeresleitung) per Anordnung durchzuführen.

Zum Beispiel:



Vollstempel – Aufgabestempel mit der offenen Formationsangabe. Die vom Kriegsanfang bis zum Februar 1917 benutzten („Voll-ˮ)Stempel gaben im Text die Formation von der Division aufwärts an.

Zum Beispiel:



Tarnstempel – Anonymiosierter Aufgabestempel (aptierter Vollstempel) - Tarnstempel wurden verwendet, um dem Feind den Standort der deutschen Kriegsstandorte nicht zu offenbaren. Zur Verschleierung der Heereszusammensetzung mussten die Vollstempel durch Ausstanzung geändert (=aptiert) werden. Der Urstempel als sogenannter Vollstempel musste alle Hinweise auf die zugehörige Division aufwärts verlieren. Dies geschah zumeist durch Herausstanzen oder Auskratzen dieser Merkmale. Außerdem wurden sogenannte „stumme“ Stempel neu hergestellt. Nur diese beiden Arten von Stempeln durften für die gewöhnlichen Sendungen verwendet werden. Verwendet ab Februar 1917.

Zum Beispiel:



„Stumme“ Stempel - Tarnstempel mit dem alleinigen Text „Deutsche Feldpost“. Verwendet ab Februar 1917

Zum Beispiel:



Tarnnummerstempel - Für nachzuweisende Sendungen (Einschreib-, Wert- und Geldsendungen), sowie für die Leitmaterialien (Briefbundzettel, Beutelfahnen) bekamen die Feldpostanstalten der Formationen von den Divisionen aufwärts neu hergestellte „Tarnnummern“-Stempel. Diese zeigten fast ausschließlich den Text „Deutsche Feldpost Nr…“. Bestimmungsgemäß durften - aber auch mussten - ausschließlich diese dafür verwendet werden, denn nur somit konnte die Herkunft der Sendung zurückverfolgt werden. Verwendet ab Februar 1917.

Und jetzt die Praxis

Ich zeige Dir eine Feldpostkarte aus meiner Sammlung, geschrieben am 12. Februar 1917. Hier würde ich einen Tarnstempel erwarten. In diesem Fall bin ich mir aber nicht sicher. Handelt es sich hier um ein sehr schlecht lesbarer Urstempel oder ein nicht besonders gut gelungen Versuch zum Auskratzen der Merkmale (= Tarnstempel)?



Transkription:
Den 11. Febr. 1917.

Lieber Jakobus!

Vor wenigen
Tagen empfing ich Deine
Karte. Schicke Dir diese als
Erwiederung. Du siehst ein
wahres Bild darauf.
Viele Grüße, auch an
Eltern u. Geschw. Dein Br. (…)

Abs. (…) Anen Inft.=Regmt. 77, 3. Bataillon,
9. Kompagnie

Feldpostkarte

Herrn
Jakobus Anen
In Marienchor[1]
b./ Bunde, Ostfriesland
Prov. Hannover.


(Soldaten)Briefstempel:
2. Han. I.R. 77 [2]
9. Komp.

Urstempel oder Tarnstempel (?):
Hier bin ich mir nicht sicher. Ist das nun ein sehr schlecht lesbarer Urstempel oder ein nicht besonders gut gelungen Versuch zum Auskratzen der Merkmale (=Tarnstempel)?

[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Marienchor.
[2] Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/2._Hannoversches_Infanterie-Regiment_Nr._77

Viele Grüße,

Emiel
 
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