Thema: Deutsches Reich Feldpost 1. Weltkrieg
evwezel Am: 17.07.2023 13:33:12 Gelesen: 57091# 741@  
@ DFP14-18 [#734]

Hallo Uli,

Du schreibst: "Und sicher war in Kriegszeiten der "Druck" auf die Beurteilung anders als in Friedenszeiten."

Genau das war auch die Erfahrung von Heinrich Maassen. In einem anderen Brief geschrieben am 14. Oktober 1917 fuhr er fort:

Ja ich sitze wieder im Elend drin. Das ich unglücklich ohne vorhergegangene Musterung eingezogen wurde, habe ich Dir ja schon mitgeteilt. Natürlich stellte sich wieder prompt mein altes Leiden ein und meldete ich mich krank. Der Arzt entschied daß ich ins Lazarett sollte. Ich wurde dann nach Cüstrin ins Barackenlazarett gebracht und bin ich seit dem 1 Oktober hier. Als ich hier ankam fuhr mich der leitende Arzt an was ich dann wolle, daß sei doch ein altes Leiden was ich habe und zudem sei ich ja bei der Armierung und die wären alle krank. Zu heilen sei ich doch nicht und da ich solange mich dabei gehalten würde es zur Armierung noch reichen etc. etc.

Also Franz ich kann Dir sagen, es gehört beim Preußen schon Mut dazu um sich krank zu melden. Da ich mich nun nicht gleich duckte und dem Arzt zur Antwort gab, er möge sich an seinen Kollegen in Soldin wenden mit seinen Bemerkungen, denn ich sei auf Befehl des Arztes hier, hatte ich’s bei dem gleich verdorben und wollte er mich sofort zur Truppe schicken als a.v.[1] Etappe.

Bis jetzt bin ich jedoch noch hier, doch werde ich in den nächsten Tagen wohl abgeschoben. Hier im Barackenlazarett ist’s genau so angenehm glaube ich wie im Zuchthaus. Das Essen wenig u. schlecht.

Ich bin überhaupt so herunter gekommen, daß ich mich gar nicht mehr als Mensch fühle.


[1] a.v.= arbeitsverwendungsfähig

Eine traurige Geschichte.

Viele Grüße,

Emiel
 
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