Thema: Deutsche Post Neuheiten: Cryptowahnsinn erreicht auch Deutschland
DL8AAM Am: 29.11.2023 05:39:35 Gelesen: 9526# 205@  
@ Eric Scherer [#202]

Auch hier gilt: Die Vielfalt der Philatelie ist riesig und jeder soll Sammeln, was er will, und jeder soll das motzen seinlassen. In den USA gibt es Leute, die Sammeln mit Begeisterung die verschiedenen Cachets auf FDC-Umschlägen. Wir halten das hier in Deutschland für schräg. In den USA gibt es dafür eine eigene Ausstellungsklasse und an Börsen sind die Stände der lokalen Cachet-Künstler (die wirklich tolle Sachen machen!) umringt. Mir macht es Freude, wenn andere Freude haben. Und es gibt so einige, die an den Kryptomarken Freude haben.

Du verwechselst hier fortlaufend Äpfel mit Birnen. Die angesprochen Cachets stammen aus dem Bereich der "flankierenden" Kartonphiliatelie. Die Krypto-Briefmarken werden aber von den postalischen Herausgebern, als vollwertige Postwertzeichen bezeichnet und als solche verkauft. Entweder mit schon als wahnwitzigen zu bezeichnenden Nennwerten oder mit unverhältnismäßigen Zuschlägen zum "brauchbaren" Frankierwert. 8 Euro für Produkte der Kartonphilatelie wäre ja auch nicht zu kritisieren, aber ein 8 €-Zuschlag.

Kartonphilatelie gab und gibt es von jast jeder Postverwaltung (und auch von vielen kommerziellen "Veredlern"). So etwas will und kann ich nicht negativ beurteilen. Das ist etwas, dass der Kunde kauft, wenn dieser einen zusätzlichen Spass bzw. Mehrwert für sich sieht. Gerne. Hier darf und soll natürlich jeder Sammeln was er will, das wird ja auch von keiner Seite bestritten - auch wenn das den Kritikern gerne als Totschlagargument untergeschoben wird. Wenn die Posten die Kryptoschiene im Rahmen der Kartonphilatelie begangen hätten, wäre ja alles vollkommen OK gewesen. Angebot und Nachfrage. Aber über den Weg von separaten "echten Freimarken" zu gehen, die entweder postalisch sinnlos sind oder übermäßig hohe Zuschläge abfordern, die man aber trotzdem "haben muss", um weiterhin komplett zu sein, ist eine ganz andere Hausnummer.

Und es geht hier auch nicht um Deine vielbeschworenen "innovativen" Blocks, denn diese können eine sinnvolle postalische Aufgabe übernehmen. Und eventuelle Aufschläge zum Frankaturwert sind/waren üblicherweise im Bereich des Verhältnismäßigen bzw. "übermäßige" Zuschläge waren zumeist karitativen (o.ä.) Zwecken geschuldet. Hier arbeiten die Posten jetzt aber rein mit FOMO und Lootboxen.

Bei (fast) allen Kryptoausgaben haben die Traditionssammler "Komplett - nach Nummern" ein echtes Problem. Ich gehe davon aus, dass es von dieser Spezies immer noch viele, viele Tausend geben dürfte (z.B. die mit "Post-Abo"), auch wenn diese hier im Forum vielleicht zahlenmäßig etwas unterrepräsentiert sind. Für diese Gruppe ist diese sogenannte Innovation aber das faktische Ende ihres Hobbys, zumindest so wie es seit vielen Jahrzehnten betrieben haben. Diese reinen Sammler sind aber die Basis der Philatelie. Die wenigsten Bisher-Immer-Noch-Komplett-Sammler werden mit den entstandenen Lücken trotzdem Neuheiten weitersammeln. Auch werden die wenigsten "sammelnden Philatelisten" deshalb nun zu "wissenschaftlichen Philatelisten", vielmehr geht diese Basis unserem Hobby verloren.

Und dem was Jürgen zum Thema Innovation & Post geschrieben, ist im Kern nichts mehr hinzuzufügen. Innovation im Postwesen sind beispielsweise ETOS Schaltergeräte, Datenmatrixcodes, Internetmarken, Handyporto, Poststationen und die neuen "Digital-ATM" o.ä. Aber sicherlich beschreiben Krypro-Briefmarken bzw. NFTs keine postalische Innovation. Welche postalische Aufgabe übernehmen denn NFTs oder 500 € Briefmarken mit im Zierfeld aufgeklebtem Goldbarren [im Wert zu 50 €] ? Und solange diese Ausgaben keine sinnvollen postalischen Aufgaben erfüllen können, können diese auch keine postalische Innovation darstellen. So einfach ist es. Es geht ja nicht um "Innovation nur der Innovation halber", sondern um Innovation, die postalische Prozesse verbessern und an die jeweils aktuellen Realitäten anpassen - dieses ist gut, richtig und notwendig (und dieses muss natürlich von der Philatelie entsprechend begleitet werden). Die einzige hier erkennbare Innovation, ist eine Innovation, um höhere Gewinne zu generieren.

NFTs auf Produkten der Kartonphilatelie könnten wirklich eine Innovation im Bereich der "Karton-Philatelie" darstellen, hier hättest Du sogar vollkommen Recht. Ein NFT ist ja wirklich nur eine andere bzw. neue und innovative Darreichnungsform eines "alten" Kartons oder auch eine innovative Zugabe zu einem Karton. Aber ein Karton ist eben kein Postwertzeichen.

Beste Grüße
Thomas

FOMO: https://de.wikipedia.org/wiki/Fear_of_missing_out
Lootbox: https://de.wikipedia.org/wiki/Lootbox
 
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