Thema: BDPh: Vorschlag Ron Alexander: Unterstützung im Bereich der sozialen Medien
Zackensonne Am: 28.12.2023 13:16:10 Gelesen: 1004# 27@  
@ Richard [#25]

Ich befürchte Du hast mit Deinen Einschätzungen recht.

Und ich denke ebenfalls nicht, dass ein anderes online-Angebot andere Formen der Organisation ersetzen kann oder sollte … kann ich mir gar nicht vorstellen. Mir ging es um einen Gegensatz, der sich mir sehr deutlich zeigt. Ich dachte dabei an Architekten, die überlegen, wie viele Pfeiler sie brauchen, um eine Brücke zu bauen … dazu den Abstand messen.

Ein Beispiel aus meiner Praxis: Eine Gruppe, die ich mit gestalte, trifft sich an einem Ort - seit vielen Jahren. Wir haben den Kontakt erst über normale Medien wie WhatsApp/Telegram oder PNs hergestellt, haben uns dann dort getroffen und etwas mehr oder weniger Regelmäßiges vereinbart. Die Betreiber des Ortes haben gefragt, ob sie das Event auch auf die Homepage des Ortes stellen sollen, doch das war uns eher egal. Irgendwann, nach Jahren, saßen wir an einem Tisch, im Gespräch, die Finger spielten mal mit dem Glas, am Handy, mal mit den Zetteln, die auf dem Tisch lagen, und eher durch Zufall sah ich einen ausgedruckten Veranstaltungskalender bzw. Flyer, in dem auch unsere Veranstaltung zu finden war. Ich zeigte darauf, und ein paar andere schauten auf den Zettel/Flyer, staunend und etwas ratlos. Und die erste Reaktion war: Sollen wir darum bitten, unser Event von dieser ausgedruckten Liste wieder rausnehmen zu lassen? Dann fanden wir es eigentlich ganz OK, denn wir wollten ja offen für allerlei Menschen sein, auch solche, die mit dem Internet nicht gut klar kommen oder andere Gründe haben, nur so zu uns zu finden. Wahrscheinlich fanden wir das zwar nicht, aber wir wollen offen sein.

In der organisierten Philatelie, so wie ich sie in den Vereinen kennen gelernt habe, läuft es manchmal genau andersrum. Die Haltung: „Homepage, na gut, können wir ja mal machen, auch wenn es eh nicht viel bringt“ ist das genaue Gegenstück zu dem Erlebnis am Tisch, wo wir einen ausgedruckten Flyer mit unser Veranstaltung fanden - und „na gut, warum nicht“ sagten.

Ich habe das absichtlich so gegenübergestellt, um einen Blickwinkel von verschiedenen Positionen aus sichtbar zu machen.

Ich selber gehöre zum frühen Rand der Digital Natives … darum meine ich, die Boomer Generation (jetzt um die 55) wird die letzte sein, die Strukturen überhaupt noch zur Kenntnis nimmt, die nicht digital zumindest erreichbar sind. Irgendwo habe ich mal die radikale These eines Marketing-Spezialisten gehört: Produkte, die nicht in den sozialen Medien auftauchen, gibt es schlichtweg nicht. Statische Homepages sind, so sehe ich das, der äußerste Rand digitaler Welten, danach beginnt das Nichts, von dem die Marketing Person sprach …

Ich weiß ja nicht welche Interessen die Landesverbände und einige Vereine haben, denke aber, dass sie offen sein wollen … Es kann z.B. passieren, dass Leute, die sich bereits organisieren oder organisieren wollen, die Idee haben, mal auf die bestehenden Verbände und Vereine zuzugehen, aus Neugier, aus Respekt vor alten gewachsenen Strukturen, dann mal so was altmodisches wie eine email schreiben oder sich ein Forum ansehen, wie es ab den 90er Jahren typisch war … wenn so ein Kontakt dann auch noch scheitert, dann, so denke ich, klappt das mit der Offenheit einfach nicht. Auch hier möchte ich mal einen Blick auf die Richtung der Aktivität lenken: Leute gehen aus ihrer Position heraus, mit ihrer Art zu sammeln, ihrer Art der Vernetzung, auf die Vereine/Verbände zu, einfach um mal zu gucken, ob sie mit ihrer Position dort andocken können - und drehen vielleicht auf der Türschwelle wieder um. Oder bleiben. Erzählen, was sie so machen. Hoffen, dass jemand zuhört und Interesse zeigt. Das ist die Gegenrichtung zu: Wir als Verband gehen auf unsere Art auf die Welt dort draußen zu. Wir erklären den Sammler*innen dort draußen, wie Philatelie funktioniert, auch ungefragt.

Ich sehe die organisierte Philatelie an einem Ort, der für sehr viele Menschen nahezu unerreichbar ist, und der sich immer weiter entfernt.

Wo siehst Du, Richard, denn die Interessen der Landesverbände? Ich habe jetzt eine Form konträr gegenüberstehende Positionen mal notiert, bin nicht sicher ob Du in etwa so etwas damit gemeint hast …

Ich könnte noch andere Formen konträr gegenüberstehender Positionen formulieren. Z.B. stelle ich mir mal die Situation vor, dass eine Person tatsächlich den Weg über eine Homepage, eine email bis zu einem Raum in einem Seniorentreff schafft, Samstag früh um neun oder Mittwoch um 15 Uhr … im Beutel ein paar Doubletten und ein Album mit Eichhörnchenmarken, auf die sie stolz ist, und die Helgolandmarken vom Opa, die vielleicht Neudrucke sind … irgendwie so … also auf der Schwelle zu diesem Raum im Seniorenzentrum steht … und das erste mal realen Kontakt zur organisierten Philatelie hat. Dazu kann ich sagen: So wie ich Vereine in Erinnerung habe, werde ich mir für diesen Schritt eine Begleitung suchen, die mich auffängt, sollte was nicht klappen oder irgendwie cringe werden. In englischen Foren haben Menschen diesen ersten Eindruck auf der Türschwelle so beschrieben: „It was intimidating“

Das muss ja nicht so sein. Neulich war ich ja auf der kleinen Börse in Berlin, das war ganz OK. Aber ich will einfach mal sehr grundsätzlich die Frage stellen: wer ist, auf welche Weise, denn seitens der bestehenden Strukturen überhaupt willkommen? Du sagtest ja: Möglichst viele neue Mitglieder. Ich denke, die Möglichkeiten, viele neue Mitglieder zu erreichen, sind noch nicht ausgeschöpft, in vielerlei Hinsicht. Und ich denke, die Positionen, aus denen heraus Menschen aufeinander zugehen müssen, um in bestehenden Vereinsstrukturen zueinander zu finden, liegen sehr weit auseinander, wobei die Distanz die zu überbrücken ist vielen möglicherweise gar nicht klar ist. Deshalb die Gegenüberstellung. Vielleicht irre ich mich ja auch. Ich merke nur, wie schwer mir es fällt, und denke, Menschen die jünger als ich sind, werden es eher noch ungewöhnlicher finden, oder herausfordernder, die Distanz zu überbrücken oder sich gar gestaltend einzubringen.
 
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