Thema: Farben bestimmen: Michel Farbenführer oder was ist besser ?
DerLu Am: 27.11.2011 12:55:33 Gelesen: 99000# 27@  
Hallo Chuck,

meiner Meinung nach begehst du einen großen Denkfehler. Ich erlaube mir das so zu schreiben, da ich durch mein weiteres Hobby, der Digitalphotographie, mich etwas mit Farbwerten, Farbräumen und Kalibrierung, kurz dem Farbmanagement auskenne.

Ein RGB-Wert an sich sagt zunächst rein gar nichts über die tatsächliche Farbe aus! Es ist ein rein gerätespezifischer Wert. Ein RGB Wert von z.B. 200/0/0, also ein "fast volles Rot" wird bei zwei verschiedenen Monitor ganz unterschiedlich aussehen. Ein Scanner wird einem noch anderem Rot diesen RGB-Wert zuweisen und ein Drucker (die meistens nicht mit RGB sondern mit CYMK Werten arbeiten) wird ein wieder anderes Rot ausdrucken.

Ein RGB-Wert wird erst zu einem "absoluten" Farbwert, wenn er mit einem Farbraum verknüpft wird. Einer der bei Computer verwendeten Farbräume ist z.B. sRGB ( wichtig ist das kleine s!). Vergleiche es mit der Angabe: "Eine Strecke ist 5 lang" sagt überhaupt nichts aus - sind es 5 Kilometer, 5 Meilen, 5 Lichtjahre ?

Ein Farbraum beinhaltet aber auch nur eine bestimmte Untermenge aller möglichen Farben, das sogenannte Gammut. Ein weiterer in der Photographie verwendete Farbraum ist z.B. AdobeRGB, der wesentlich mehr darstellbare Farben als der sRGB Farbraum beinhaltet. Ein RGB-Wert von 200/0/0 im sRGB-Farbraum entspricht daher einem anderen Rot als der gleiche Wert im AdobeRGB Farbraum! Das heißt aber auch mit einem bestimmten Farbraum kannst du nicht jede Farbe darstellen, alle Farben die außerhalb des gewählten Farbraumes liegen sind nicht darstellbar! In der Praxis passt man die Farbräume eben an die begrenzte Darstellungsmöglichkeiten der Ausgabegeräte an (und sRGB ist der so ziemlich kleinste Farbraum!).

Um überhaupt mit RGB-Werten Messungen anzustellen must du zuerst deine Ein- und Ausgabegeräte kalibieren, d.h. die Übersetzung zwischen gerätespezifischen RGB-Werten in einen RGB-Wert des ausgewählten Farbraum ( z.B. sRGB ) messen. Als Photograph kalibriere ich z.B. meinen Monitor regelmäßig mit einem Farbmessgerät. Dazu stellt ein Programm bestimmte RGB-Werte auf dem Monitor dar und misst mit einem Farbmessgerät den "absoluten" Farbwert und erzeugt so ein Profil des Gerätes. Damit ist die Umrechnung RGB-Farmraum in RGB-Gerät möglich. Hinterlegt werden diese Profile als sogenannte ICC-Profile. So wird dann z.B. der RGB Wert 180/10/6 den der Scanner liefert im sRGB-Farbraum als 200/0/0 gespeichert und auf dem Monitor als 210/5/5 ausgeben. Idealerweise siehst du dann auf dem Monitor das gleiche Rot das der Scanner gesehen hast. Wenn dir der Michel also einen sRGB-Wert für eine Markenfarbe nennt, kannst du ihn mit dem Farbwert den dein Scanner liefert, nur vergleichen wenn du deinen Scanner kalibriert hast, also kennst welchem sRGB-Wert welcher Geräte RGB-Wert gegenüber steht. Und sicher bist, das dein Scanner diesen Farbwert auch sieht!

Du wirst also, unabhängig von der Frage ob man die Farbunterschiede bei Briefmarken so messen kann, mit zwei Problemen kämpfen müssen: striktes Farbmanagement bei Scanner und Monitor sowie ein Bildbearbeitungsprogramm das ein Farbmanagement unterstützt. Die Auswahl eines geeigneten Farbraumes der alle Farben die du zur Unterscheidung benötigst auch beinhaltet zusammen mit einem Scanner der diese Farben auch "sieht". Und du kannst davon ausgehen, dass der Preis eines Gerätes mit zunehmenden Geräte-Farbraum (Gammut) sehr schnell explodiert.

Gruß

DerLu
 
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