Thema: Saalauktionen: Ergebnisse viel zu niedrig - wer ist schuld daran ?
drmoeller_neuss Am: 02.07.2013 12:46:22 Gelesen: 59336# 18@  
Ich habe anhand des Satzes "Marienkirche" von 1951 (Michel-Nr. 139 und 140) ein wenig Marktforschung betrieben, zu welchen Preisen Spitzenwerte des Sammelgebietes Bund gehandelt werden: Einfach bei ebay in der Suche "Marienkirche" in der Kategorie "Briefmarken" eingeben und unter "beendete Auktionen" suchen. In den letzten 90 Tagen sind 660 Auktionen zum Thema "Marienkirche" ausgelaufen. Das Material ist also reichlich am Markt vorhanden. Der Michel bewertet den postfrischen Satz mit 200 EUR und gestempelt mit 160 EUR.

Zusammengefasst: Postfrische Sätze liegen zwischen 25 und 30 EUR, bei gestempelten Marken ist je nach Stempelqualität die Spanne grösser, das Gros liegt aber zwischen 10 bis 20 EUR. Für einen einwandfreien Satz in guter Durchschnittsqualität sind etwa 15% in Relation zum Michel-Katalogwert zu erwarten. Extras wie Randstücke bringen einen Aufschlag, aber auch keine Rekorderlöse. In diesem Beispiel wurden 20% vom Katalogwert bewilligt.





Auch bemerkenswert: Eine Prüfung lohnt sich bei Standard-Material nicht. Der Markt honoriert den Aufwand nicht, der Mehrerlös für geprüfte Marken deckt noch nicht einmal die Prüfkosten. Lediglich bei Besonderheiten wie Eckrandstücke holt man die Prüfkosten heraus.

Zurück zum Thema "Rauhut-Auktion": Der Posten wird als en-gros-Los angeboten. Mit Aufgeld kommt der Käufer auf knapp 10%-Katalogwert. Solche Posten im fünfstelligen Euro-Bereich richten sich in erster Linie nicht an Sammler, sondern an Händler und Profis, die das Material vereinzeln. Die 10% sind auch eine Mischkalkulation und setzen sich aus fast unverkäuflichem Material mit einem Marktwert von 3% Michel und Spitzen wie die "Marienkirche" mit einem Marktwert von 15% vom Katalog zusammen. Damit ist der Posten für Wiederverkäufer schon fast unrentabel, da auch bei ebay 10% Verkaufsprovision anfällt.

Nun kann man sich fragen, warum verkauft Rauhut diese Sätze nicht einzeln? Die Frage beantwortet sich beim Studium des Kataloges. Etwa 1000 Sammlungsposten finden sich in jedem Katalog zum Thema Bund/Berlin/DDR. Wer soll Herrn Rauhut die Zeit bezahlen? Und wir wollen Herrn Rauhut mindestens den Stundensatz eines durchschnittlichen Handwerkers gönnen (45 EUR pro Stunde).

Und ein weiteres Thema, dass unweigerlich beim Studium der ebay-Angebote aufkommt: (Ver-)fälschungen. Nach meinem Bauchgefühl ist jeder vierte angebotene Satz faul, entweder nachgezähnt oder mit verfälschten Stempeln. Jeder en-gros-Posten enthält auch solche Gurken. Ein ehrlicher Wiederverkäufer schreibt solche Stücke als Totalverlust ab, die meisten Händler arbeiten lieber in der Grauzone und helfen sich mit beschönigenden Beschreibungen, in eckigen Klammern meine Interpretation dieser Aussagen ("sauberer Gummi") [die Nachgummierung hat sich gelohnt, der Nachgummierer hat handwerklich sauber gearbeitet], "kann keinen Falz [auf dem Nachgummi] erkennen", "Saubere Rundstempel [leider 20 Jahre später ausserhalb des Gültigkeitszeitraumes]", "bitte genau anschauen [damit Sie mich hinterher nicht auf Erfüllung verklagen können]" etc.)

Stempel von 1964:



Postleitzahlen unten:



Nachgezähnt links:



Als letzter Kommentar an zackeingo: Sich um einen sechsstelligen Betrag zu verrechnen, spricht nicht gerade für einen Vereinsfunktionär. Das mindeste wäre eine Entschuldigung in Richtung Herrn Rauhut.
 
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