Thema: (?) (157) Grossbritannien: Stempel bestimmen
buzones Am: 17.11.2013 15:48:24 Gelesen: 93679# 31@  
Hallo volkimal & bignell,

durch das Stichwort „Madrid“ bin ich auf diesen Thread aufmerksam geworden und möchte zu beiden Fragen auch meinen „Senf“ dazu geben:

1) Brief nach Toronto von 1864:

Der nach Kumpf-Mikuli identifizierte rote Kreuz-Stempel auf der Vorderseite gehört zu den sog. examiners' oder inspectors' marks, ist also ein interner Kontrollstempel der Londoner Hauptpost. Kumpf-Mikuli hatte wohl nur die 1. Auflage von John Hendy's Werk über die britischen Poststempel von 1905 vorliegen, denn dort wird dieser ausschließlich als Markierung für Briefe erkärt, die in London an die Stadtpost abgeleitet wurden - was beim vorliegenden Brief eindeutig nicht der Fall war, da er ja nur über, aber nicht nach London lief. In der Auflage von 1909 wird darauf hingewiesen, dass „it was employed on foreign letters that missed the mail owing to being missorted.“ (zit. nach Alcock/Holland: The postmarks of Great Britain and Ireland, 1940).

Schaut man sich die gültigen Postverträge und Ausführungsbestimmungen des GPO an, so findet sich am 23. März 1854: „By British packet to Canada and Prince Edward Island – 6d | Letters to Canada not endorsed “via Halifax” go via the US and the US transit rate of 2d must be added – making 8d“. (zit. nach: United Kingdom Inland & Overseas LETTER RATES. A reworking by Allan Oliver and Stuart Tanner. 2006)

Wahrscheinlich wurde der Brief also (vermeintlich) korrekt mit 6d per british packet nach Canada freigemacht, dann aber bei einer postinternen Überprüfung festgestellt, dass ohne den Leitvermerk „via Halifax” 2 Pence extra für den Weg über die USA fällig waren. Der Fehlbetrag wurde mit „2d“ notiert bzw. gestempelt und der Brief weitergeleitet. Ich vermute mal, dass der Stempel UNPAID 5 kanadischen Ursprungs ist und für die fehlenden 2 Pence beim Empfänger 5¢ Straf-/Nachporto kassiert wurden.

Vielleicht kann ein ausgewiesener GB/CAN-Experte meine Überlegungen noch ergänzen, revidieren oder bestätigen?

2) Brief nach Madrid 1867:

Grundsätzlich ist zu sagen, dass die spanischen Postbediensteten nie große Freunde der Stempelgerätpflege waren. Das lässt sich zum einen an den oft nahezu unleserlichen Abschlägen belegen als auch an den wiederholten (leider erfolglosen) Appellen der Hauptpostverwaltung, doch bitte die Stempelgeräte pfleglich zu behandeln und regelmäßig zu säubern. Stark verschmutzte Stempel, in denen sich Stempelfarbe und Fasern aus dem Stempelkissen abgesetzt haben, können im Extremfall ein Stempelbild erzeugen, das an „Negativstempeln” gemahnt. Ich nehme an, dass im vorliegenden Fall ein solch stark verschmutzter Stempel auf einem anderen Brief abgeschlagen war, auf dem der gezeigte Brief auflag, bevor die Farbe trocken war. So konnte sich der vermeintliche Negativstempel seitenverkehrt auf die Vorderseite übertragen - et voilà! Anscheinend bemerkte der Postler daraufhin, dass dieser Abschlag völlig unbrauchbar war, reinigte den Stempel gründlich und schlug ihn dann rückseitig (noch einmal?) ab.

So lässt sich das ganze erklären - oder?

Saludos
Ralf
 
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