Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
volkimal Am: 10.03.2014 12:17:02 Gelesen: 303666# 61@  
Hallo zusammen,

weiter geht es mit Familie Hübner:

Als unser Wohnhaus fertig war, das später als Wirtschaftsgebäude mit einem Gastzimmer diente, holte der Vater seine junge Frau mit dem Erstgeborenen in seine Neugründung herauf. Als Missionar, der von Anfang an, solange dadurch die von ihm zu vertretende Sache keinen Schaden litt, den Sitten und Gebräuchen der Einheimischen sich anpaßte, hatte er auch der neuen Missionsstation den einheimischen Namen Bulongwa gegeben.

Die Mutter war froh, daß sie ihrem Manne nun auf der eigenen Station eindeutig zur Seite stehen konnte. Unter ihrem Mitplanen wurde nach wenigen Jahren das eigentliche Wohnhaus mit fünf geräumigen Stuben und zwei Giebelzimmern in Angriff genommen. Zum Schutz gegen die zuweilen stechende Mittagssonne hatte das Wohnhaus auf beiden Längsseiten eine durchlaufende Veranda. Zum kleinen Küchenhaus, das mit der vor Ratten sorgsam zu hütenden Speisekammer für sich stand, führte ein bis zur Höhe der Veranda aufgemauerter Gang. Hier also war unser Domizil, in dem im Verlauf von zehn Jahren dem ältesten noch vier andere Kinder folgten: ein Junge und drei Mädchen. Damit wurden wir also eine stattliche Familie.

Jeden Morgen war in unserer schlichten Notkirche mit den Lehmwänden Morgenandacht für die schwarzen Christen und solche, die sich schon dazu einladen ließen. Auch war bald im selben Gebäude ein Schulunterricht für die Jugend eingerichtet worden. Vater hatte dazu in der deutschen Heimat eine für diese Verhältnisse passende und der Eingeborenensprache Rechnung tragende Fibel drucken lassen. So fanden hier Lesen, Schreiben, Rechnen auch unter den Eingeborenen schon eine erste Übung.



Die Missionsstation Bulongwa: Wohnhaus, dahinter das kleine Küchenhaus. Vorn die schlichte Notkirche mit den Lehmwänden.

Daneben lief der Taufunterricht derer, die sich dazu bereit gefunden hatten. Als Vater dann erst die massive Kirche auf dem Hügel gebaut hatte, formierten sich die Züge der weißgekleideten Gottesdienstbesucher. An den Festtagen war die Kirche mit feingliedrigen Palmzweigen geziert. Vater, der Freund der Jugend, hatte sogar einen Kindergottesdienst eingerichtet. Zu besonderen Anlässen, wie etwa zum Heiligen Abend, hatte er mit seiner Geige Weihnachtslieder mehrstimmig eingeübt. Die Eingeborenen waren sangesfreudige Menschen. In einer gewissen Anerkennung gaben sie meinem Vater den Namen "Mualuimbo", d.h. "der Sänger".

Wir wußten ja durch unsere Eltern von der fernen deutschen Heimat, zu der wir einmal, schon um unserer Weiterbildung willen, reisen würden. Dazu schien uns in unserer kindlichen Phantasie dort so etwas wie ein Paradies mit unvorstellbaren Schätzen zu sein. So waren wir Kinder in das hoffnungsvolle Warten der Eltern auf ihren ersten Heimaturlaub, der zudem aus verschiedenen Gründen länger auf sich warten ließ, als wohl ursprünglich von der Missionsleitung geplant war, in spannungsgeladener Vorfreude hineingezogen…
Endlich war die längst erwartete Nachricht da: Die Reise nach Deutschland konnte mit Zustimmung der Missionsleitung begonnen werden.




Die massive Kirche auf dem Hügel

Viele Grüße
Volkmar
 
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