Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
volkimal Am: 27.06.2014 15:37:55 Gelesen: 301958# 70@  
Hallo zusammen,

Gustav Hübner schreibt am 19.6.1917 (Archiv Nr. 95f) aus Tanga an die Berliner Mission:

Sehr geehrte Frau Direktor! Da ich an ihren verehrten Herrn Gemahl nicht schreiben darf – es ist uns verboten – so benutze ich die Gelegenheit ihm durch Ihre gütige Vermittlung Mitteilung zu machen. Zwei Briefe erhielt ich von Herrn Direktor in dem Jahr unserer Gefangenschaft. Einen vom 16.10., der am 6.4. in meine Hände gelangte, den andren vom 15.2.17 am 8.6. hier angekommen…
Wie zuversichtlich, mehr naiv, gingen wir der Gefangenschaft entgegen. Alle unsere Anträge auf Freiheit, auf Vereinigung mit den Familien blieben erfolglos, es ist wohl auch keine Aussicht, dass wir vor dem Frieden mit letzteren zusammenkommen werden. Im Camp haben wir vieles lernen müssen, waschen, kochen, kehren, flicken, stopfen, alles muss jeder selbst besorgen. Einen Boy zu halten war meistens nicht gestattet und wenn, dann ist kein Geld vorhanden um ihn zu bezahlen.


Im Lager Tanga ist Herr Hübner schwer erkrankt und an einer Tropenkrankheit fast gestorben. Weihnachten 1917 musste er im Krankenhaus verbringen.



Die Berliner Missionare wurden nicht – wie ursprünglich vorgesehen – nach Indien verschifft. Stattdessen wurden sie nach Ägypten gebracht. Am 10. Januar 1918 erreichten sie das Lager Tura bei Kairo. Der Berliner Mission wurde die Ankunft in Kairo mit dieser Karte vom 10.8.1918 mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt war Gustav Hübner allerdings schon nicht mehr in Kairo sondern hatte das Lager noch zweimal gewechselt.

Im Brief vom 10.5.1918 (Archiv Nr. 97) von der Berliner Mission an Gustav Hübner heißt es:

Wie mag es Ihnen gehen? Meine Gedanken sind sorgenvoll zu Ihnen und ich sehne mich nach Nachricht. Dysenterie ist eine üble Krankheit. Sie schwächt nicht nur den Körper, sondern macht auch den inwendigen Menschen müde und verzagt…
Kürzlich war ich in Tübingen und habe mir das im Anschluss an das „Institut für ärztliche Mission“ von Professor Olpp dort erbaute Tropen-Genesungsheim um Ihrer aller willen angesehen. Es sucht seinesgleichen als Erholungsstätte für Tropenkranke und ist in erster Linie für Missionare bestimmt…
So habe ich in Tübingen mir gesichert, dass, wenn Sie alle heimkehren sollten, auch Ihnen dort das Heim offen steht…
Komitee hat die Pflegekosten für alle, gleichviel wie lange es dauere, im voraus sichergestellt.


Vermutlich geht es bei der Erkrankung von Gustav Hübner um die Dysenterie (= Ruhr), die er sich im Lager Tanga zugezogen hatte. Herrn Hübner taten das Klima und die Bedingungen in Ägypten gut, denn er ist wieder genesen.



Gesundheitlich hatten nicht alle so viel Glück wie Herr Hübner. Er teilt der Berliner Mission in diesem Brief mit, dass der Missionar Gustav Pröck in Maadi an der Ruhr gestorben ist.

Wie man an der Ortsangabe sieht blieben die Missionare nicht lange im Lager Tura. Die Briefe vom Mai sind schon aus dem Lager Maadi bei Kairo. Aus den Lagern Tura bzw. Maadi sind bisher keine Umschlage von Herrn Hübner bekannt

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Volkmar
 
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