Thema: Mechanische Handstempel
Carolina Pegleg Am: 28.08.2008 04:38:40 Gelesen: 57177# 1@  
Es ist ja bekannt, dass ich mich im Rahmen der Stempelkunde auch "etwas" für Maschinenstempel interessiere. Mir scheint, dass dieses Gebiet in Deutschland derzeit einen gewissen Aufschwung erlebt, wenn man die grossen Anzahl neuer Veröffentlichungen hierzu als Gradmesser nimmt.

Wie bei jedem Gebiet, gibt es Abgrenzungsschwierigkeiten, und nicht immer ist man auf einer Linie. Da es sich bei diesem Interessengebiet um Stempel dreht, die von Maschinen herrühren, kommt dem Begriff "Stempelmaschine" eine grosse Bedeutung zu. Interessanterweise (?) ist es aber gar nicht so einfach zu bestimmen, was überhaupt eine "Stempelmaschine" ist, was dementsprechend Stempelabdrücke sind, die von einer Maschine stammen und damit zum Sammelgebiet gehören, bzw. nicht. Natürlich gibt es kein anderes Hobby, bei dem es soviel individuelle Autonomie gibt, wie bei der Philatelie. Trotzdem sind Kriterien wichtig, man muss schon unterscheiden, ob eine Marke z. B. eine Steuermarke oder eine Briefmarke ist. Sammeln kann dann jeder was und wie er will.

Das Problem ist, dass die Evolution vom einfachsten, aus Kork geschnitzten Stempelwerkzeug zur modernen Briefsortieranlage ein Kontinuum darstellt. Festzulegen, welches Kriterium ein Werkzeug zur Maschine macht, ist nicht leicht. Dies zumal, da das Kontinuum keine Linie, sondern ein Fluss ist, in dem eine Vielzahl von kontinuierlichen Verbesserungen aller Art nicht nur nacheinander, sondern auch parallell eingeführt wurden und es manchmal auch wieder Rückschritte gab, bevor es dann wieder vorwärts ging.

Die Gruppe der mechanischen Handstempel bezeichnet Stempelgeräte, um das Wort Maschine zu vermeiden, die auf einfachen mechanischen Grundlagen beruhen, also Hebel, Federn, etc. Dazu gehören die englischen Pearson Hill, die ältesten Geräte dieser Art, die französischen Daguins und die amerikanischen Perfection und Tilton. In Deutschland hat es meines Wissens mechanische Stempelmaschinen nie gegeben. Auch sind mir nur diese vier Hersteller bekannt. Gibt es noch andere?

Das gemeinsame der mechanischen Handstempel ist, dass es keinen Antriebsmechanismus und keine externe Quelle von Energie gab. Insbesondere gab es keinen elektrischen Antrieb. Es gab keinen automatischen Einzug der Poststücke. Die Briefe mussten jeweils einzeln zugeführt werden. Die Betätigung oder Auslösung des Stempelvorgangs erfolgte manuell. Die Stempelgeschwindigkeit richtete sich somit ausschliesslich nach dem Geschick des den Mechanismus betätigenden Beamten. In der Tat waren diese Vorrichtungen praktisch kaum schneller als ein geübter Beamter mit dem Stempelhammer stempeln konnte. Eine Erleichterung war je nach Konstruktion der Geräte darin zu sehen, dass vor oder nach jeder Betätigung des Hebels der Stempel über eine Rolle, Band oder ähnliches mit Stempelfarbe geführt wurde und so für den nächsten Stempelvorgang automatisch vorbereitet wurde.

Hier ein Bild einer Pearson Hill "Parallel Motion" Stempelmaschine, entliehen von der Webseite des Britischen Postmuseums:



Un hier eine Zeichnung einer Daguin Maschine, ebenfalls entliehen von einer Internetseite:



Man sieht die Ähnlichkeit in der Konstruktion. Ob es sich dabei tatsächlich um "Maschinen" handelt (und nicht nur komplizierte Werkzeuge), dafür gibt es wahrscheinlich keine eindeutige Antwort. Ich persönlich habe für mich entschieden, was ein "Maschinenstempel" ist, und damit zum engeren Kreis meines Sammelinteresses zählt. Da ich etwaigen Diskussionen aber nicht vorgreifen will, behalte ich meine Ansicht dazu allerdings derzeit für mich. Die Stempel aus dieser Gruppe sind jedoch unabhängig von ihrer Einordnung als Hand- oder Maschinenstempel alle hochgradig interessant und in der Erscheinungform vielfältig. Sie sind vielleicht einfach, das, was ich sie nenne, eine eigene Kategorie, die mechanischen Handstempel. Ein weiteres ungewöhnliches Sammelgebiet, mit dem sich eigentlich kaum einer beschäftigt.

Für die Daguins kann ich diese Wikipedia-Seiten empfehlen (leider auf englisch):

http://en.wikipedia.org/wiki/Daguin_machine

Und hier gibt eine grosse Anzahl von Beispielen zu diesem Typ:

http://marques.postales.free.fr/histoire04.html.

Frage, nach dem ihr euch die zweite Seite angeschaut habt, wer hätte gewusst/gedacht, dass diese "gewöhnlichen" französischen Stempel von einem mechanischen Handstempelgerät herstammen? Niemand? Na also, wieder das philatelistische Wissen vermehrt. ;)

Zu den Pearson Hill Maschinen können wir hier sicher mit vereinten Kräften einen kurzen Abriss zusammenstellen. Die amerikanischen Modelle übernehme ich. Zum Suchen, Finden und Zeigen von Beispielexemplaren ist dann jeder aufgerufen. Bei den Pearson Hill and Daguin Stempel ist es wahrscheinlich nicht so schwer, welche zu finden. Die amerikanischen Maschinen sind nicht so häufig (Perfection) bzw. recht selten (Tilton).
 
Quelle: www.philaseiten.de
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