Thema: Deutsches Reich Inflationsbelege
inflamicha Am: 21.11.2014 20:06:44 Gelesen: 4027564# 3504@  
Guten Abend,

heute mal ein kleiner Diskurs zur Drucksachenkarte. Mit dem Gesetz über die Postgebühren vom 22.3.1921 wurde zum 1.4.1921 unter Punkt 4 die "Drucksachenkarte zu einer um 5 Pfg. niedrigeren Gebühr als die Drucksache bis 50 g (eingeführt). Außer Anschrift und Absenderangabe sind keine Zusätze und Änderungen im Sinne der Postordnung § 7, X erlaubt." Dieser Absatz X ist recht ausführlich gefasst, die Möglichkeiten der Änderung des gedruckten oder vervielfältigten Textes durch Zusätze, Streichungen, Überklebungen, Unterstreichungen u.s.w. sind auf immerhin 2 A 5-Seiten untergebracht. Bei Drucksachenkarten waren diese Möglichkeiten also eigentlich nicht gestattet. Offensichtlich wurde diese gestrenge Vorschrift jedoch meist ignoriert.

Zunächst eine Drucksachenkarte aus der PP 6 (ab 1.4.1921) von Neurode nach Hildesheim vom 23.8.1921:



Dem gedruckten Text ist hier lediglich das eingedruckte Datum hinzugefügt worden. Der Text ist übrigens recht aufschlussreich, zeigt er doch auf, woher die Berge von verschiedenen Notgeldscheinen der Inflationszeit kommen - die wurden damals schon hauptsächlich für die Sammler zur Aufbesserung der Stadtsäckel herausgebracht. Eine recht geschickte Motivwahl war dem Absatz dieses "Notgeldes" durchaus zuträglich. Richtig frankiert ist die Karte mit einer 10 Pfg.-Marke, Portoeinsparung zur "normalen" Drucksache waren also immerhin 5 Pfennig.

Mit dem Gesetz vom 19.12.1921 wurde zum 1.1.1922 (PP 7) die Drucksachenkartengebühr auf 40 Pf. heraufgesetzt, die "normale" Drucksache bis 50 g kostete jetzt 50 Pfennig.

Die folgende Drucksachenkarte vom 10.5.1922 von Berlin nach Würzburg ist mit einer 40 Pf.-Marke also richtig frankiert:



Wenn man die Rückseite betrachtet fällt allerdings auf, dass der Absender, die Warenversorgungsstelle des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes die Großzügigkeit der Post voll ausgereizt hat - es sind 2 verschiedene Daten sowie zweimal ein Geldbetrag eingesetzt worden. Diese Zusätze waren zwar bei "normalen" Drucksachen laut § 7, X Postordnung gestattet, nicht jedoch bei Drucksachenkarten. Aber es ist ja gut gegangen.

Per Gesetz zur Änderung der Postgebühren vom 1.6.1922 Punkt 3 wurde zum 1.7.1922 (PP 8) "bei Drucksachen eine Vorstufe von 20 g nach dem bisher untersten Gebührensatz (bis 50 g) gebildet. Dafür wird aber die kaum verwendete Drucksachenkarte zurückgezogen.

Die Drucksachenkarte als eigenständige Portostufe existierte also ganze 2 Portostufen lang, was jedoch immerhin 15 Monaten entsprach.

Ein schönes Wochenende und schöne Grüße

Michael
 
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