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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
dikoe Am: 06.08.2015 14:02:48 Gelesen: 331197# 1 @  
Brief Bayern - Frankreich / Frankenthal - Bischweiler, Stempel Strasbourg



Einige Fragen zu dem Briefbeleg:

Brief Frankenthal - Bischweiler, 1860

Welche Bedeutung/Funktion hat der rote Stempel "Baviere - Strasbourg? Als Grenzübergangsstempel wäre doch der von Weissenburg sinnvoll, oder?

Und warum keine Taxzahl?

Warum nach Bas-Rhin hier 12 Kreuzer und nicht 6 Kreuzer?

Warum keine Taxzahl?

Vielen Dank im Voraus für Hilfen bzw. Antworten!
 
bayern klassisch Am: 06.08.2015 16:00:21 Gelesen: 331180# 2 @  
@ dikoe [#46]

Hallo Dieter,

Einige Fragen zu dem Briefbeleg:

Brief Frankenthal - Bischweiler, 1860

Welche Bedeutung/Funktion hat der rote Stempel "Baviere - Strasbourg? Als Grenzübergangsstempel wäre doch der von Weissenburg sinnvoll, oder?

Und warum keine Taxzahl?

Warum nach Bas-Rhin hier 12 Kreuzer und nicht 6 Kreuzer?

Warum keine Taxzahl?


1. Der rote Stempel war ein Grenzübergangsstempel, der in Strasbourg auf den Brief kam. Über Wissembourg hätte er auch geleitet werden können, doch waren die Fahrpläne von Frankenthal dergestalt, dass die Leitung über Ludwigshafen am Rhein, Mannheim, Karlsruhe und Kehl schneller war.

2. Der Brief trägt einen roten P.D. - Stempel, auf dem der Stempel von Strasbourg abgeschlagen wurde. Damit galt er als voll frankiert und eine Nachtaxe war nicht notwendig.

3. Aus der Pfalz waren nur Briefe mit 6 Kreuzern zu frankieren, die in direkter Linie weniger als 30 Kilometer von einander entfernt lagen. Die Entfernung Frankenthal - Bischviller betrug/beträgt 93 Kilometer, somit war der vergünstigte Frankosatz nicht zu gewähren. Es war also ein ganz normaler Brief zu 12 Kreuzer, von denen Bayern 4,8 Kreuzer behielt und 7,2 Kreuzer an Frankreich intern vergüten musste.

4. Siehe Antwort zu 2).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 09.08.2015 09:05:00 Gelesen: 331097# 3 @  
@ dikoe [#46]

Hallo dikoe,

vielen Dank, dass ich dir den Brief erklären durfte. Mache ich gerne wieder!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
dikoe Am: 10.08.2015 10:11:21 Gelesen: 331033# 4 @  
Hallo Ralph,

Dank ist von meiner Seite von Nöten. Ich erstarre immer in Ehrfurcht vor deiner geballten Ladung von Fachwissen. Freue mich auf unsere nächste Korrespondenz oder mal wieder eine Begegnung im Pfalzkreis.



Dieter
 
bayern klassisch Am: 22.08.2015 15:20:01 Gelesen: 330900# 5 @  
@ dikoe [#118]

Lieber Dieter,

nichts zu danken - man sieht sich oder spricht sich. :-)

Liebe Freunde,

manchmal prägt man sich ein Datum ein und sucht den passenden Brief dazu. Bei mir hat das 30 Jahre gedauert, aber ich bin fündig geworden und möchte mich bei einem netten Mitglied hier für seine Zurückhaltung bedanken, sonst wäre er noch teurer geworden, als er es wurde.

Das magische Datum im Krieg 1870/71 ist der 19.7.1870. Nicht der 18.7., nicht der 20.7. - nein, es musste schon der 19.7.1870 sein und kein anderer Tag. Aber warum? Was unterschied einen Brief vom 17.7. oder 18.7. von einem des 19.7.1870? Nun ja, eine ganze Menge!

Mit Verfügung vom 19.7.1870 wurden alle bayerischen Poststellen angewiesen, ihre Post nach und über Frankreich nicht mehr direkt dorthin zu kartieren. Demzufolge gab es mit dem 19.7. nicht mehr, was es von 1822, dem 1. bayerisch - französischen Postvertrag, bis zum 18.7.1870 gegeben hatte, nämlich den direkten Austausch der Briefpakete über Strasbourg, Forbach, Wissembourg oder Saargemünd - das alles war am 19.7. ein für alle Mal vorbei und sollte nie wieder kommen.



Vor dem Auftauchen dieses Briefes galt in Insiderkreisen als fraglich, ob man es seitens der bayerischen Postverwaltung überhaupt schaffen würde, rechtzeitig alle Poststellen (und das waren ca. 1.000, davon zu informieren, dass sich nun alles geändert hatte.

Der Brief aus dem beschaulichen Baiersdorf zeigt uns aber, dass es genau so gewesen sein musste, denn er weist von der Hand des Absenders, und dergleichen hätte ich nie für möglich gehalten, den Vermerk auf "durch die Schweiz". Es musste also bereits vor dem Verfassen dieses Briefes dem Absender klar gewesen sein, dass Briefe nach Frankreich ab sofort über die neutrale Schweiz zu leiten waren und daher entschloß er sich, diesen Vermerk anzubringen, damit ihm die Post keinen Strich durch die Rechnung machte und ihn an den mittlerweile für die Post geschlossenen Grenzen abprallen ließ.

Ich kann mir dies nur dadurch erklären, dass es in Zeitungen/Postzeitungen einen Trend zu dieser Vorgehensweise gab, als diese Maßnahme noch keiner wissen konnte.

Die zeitliche Enge der postalischen Behandlung weist für mich eindeutig darauf hin, dass die Poststellen in Bayern bereits vorab per Expresstelegrammen von dieser Vorgehensweise in Kenntnis gesetzt worden sein mussten, anders wäre dies nicht zu bewältigen gewesen.

Ausweislich der Siegelseite mit schlappen 11 Stempel Abschlägen wurde er über Erlangen 19.7. nach München 20.7. kartiert, was richtig war, weil ab dem 19.7. nur noch die Hauptbriefpostexpedition München mit ihrem Pendant in Paris Briefpakete austauschte und folglich alle Postsendungen Bayerns nach München, wie auch alle Postsendungen Frankreichs zentral nach Paris kartiert werden mussten.

Da diese Briefpakete die Schweiz geschlossen transitierten, finden wir natürlich keine Schweizer Stempel auf derlei Briefen (wenn gleich einer mir bekannt ist aus 1871, der tatsächlich einen schweizer Transitstempel aufweist!).

Vorderseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Paris "Baviere Forbach 3", den es auf der Strecke von Forbach nach Paris nie gab (1 war die Tour, 2 die Retour und nur die Stempel - Nummer 3 lag in Paris).

Aber, oh Schreck, der deutsche Empfänger in Mirmande bei Loriol war bereits abgereist, denn er wollte sicher dem Alptraum entfliehen, als "Deutscher" in einen Krieg hinein zu schlittern, dessen Ausgang äußerst ungewiß war.

Folglich war der Brief zu retournieren und somit erneut nach Paris zu leiten. Siegelseitig sehen wir auch den Stempel von Paris mit der Bahnpostleitung nach Lyon, von wo aus der Brief über die Schweiz nach München lief. Entgegen der Vorschrift stempelte München nicht beim Eingang des Briefpakets auf Paris, sondern routete ihn gleich weiter nach Baiersdorf, wo er am 1.8.1870 ankam.

Jetzt fehlt mir nur noch das Pendant aus Frankreich nach Bayern vom 19.7.1870 ... aber weitere 30 Jahre werde ich wohl keine Zeit haben, um diesen Erfolg feiern zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.08.2015 13:02:57 Gelesen: 330847# 6 @  
Liebe Freunde,

mal sehen, ob sich einer an diesen Brief vom 17.9.1854 aus Gefrees nach Amsterdam traut.

Ganz einfach ist er nämlich in der Beschreibung nicht.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
hajo22 Am: 25.08.2015 13:53:34 Gelesen: 330835# 7 @  
@ bayern klassisch [#120]

Der Brief ist auf jeden Fall um 1xer unterfrankiert. Es hätten 16 Kreuzer frankiert werden müssen.

Mehr kann ich nicht dazu sagen. Das überlasse ich den "echten" Postgeschichtlern.

BG, hajo22
 
bayern klassisch Am: 25.08.2015 14:23:44 Gelesen: 330826# 8 @  
@ hajo22 [#121]

Hallo hajo22,

so ist es - 9 Kr. für Bayern und 7 Kr. für die Niederlande machten 16 Kr., nicht die frankierten 15 Kr. aus.

Mal sehen, wer weiß, warum das so passieren konnte und einen Kontext erstellt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.08.2015 09:11:07 Gelesen: 330776# 9 @  
@ bayern klassisch [#120]

Liebe Freunde,

doch nicht so einfach ...

Der Postvertrag Preußens mit den Niederlanden vom 1.4.1851 bestimmte, dass Briefe 2 Anteile am Franko (wie hier) bzw. Porto aufzuweisen hatten: 1. den Anteil für den betreffenden Postvereinsstaat, hier Bayern und 2. den Anteil für die Niederlande.

Hierbei galten für den Postverein 3 Entfernungsstufen von bis 10, über 10 bis 20 und über 20 Meilen, bei den Niederlanden nur 2: Bis 30 niederländische Meilen ab der preußischen Grenze, oder darüber.

Demzufolge waren Briefe aus dem rechtsrheinischen Bayern über 20 Meilen mit 9 Kreuzer bis zur preußisch - niederländischen Grenze anzusetzen und für die Niederlande im 1. Fall 4 Kreuzer und im 2. Fall 7 Kreuzer zu taxieren bzw. zu zahlen.

Für die Niederlande übernahm Preußen die Weitergabe des dortigen Frankos, weshalb man in der Postgeschichte auch von einem Weiterfranko spricht. Da Preußen mit den Niederlanden nur in eigener Währung, dem Silbergroschen, abrechnen konnte, war das Weiterfranko logischerweise in Silbergroschen zu berechnen, denn Kreuzer kannte man in Preußen nicht.

Die Niederlande sollten 5 Cents = 1 Silbergroschen für Briefe des 1. Rayons bekommen und 10 Cents = 2 Silbergroschen für Briefe nach weiter weg. Da Amsterdam über 30 niederländische Meilen von Preußens Ausgangsgrenze entfernt lag, waren also 2 Silbergroschen Weiterfranko vom Absender in Bayern zu vergüten.

Nur für den Postverein galt eine vereinfachte Reduktion von Silbergroschen zu Kreuzern mit einem Kurs von 1 zu 3, also 1 Silbergroschen kam 3 Kreuzern gleich. Die tatsächliche Währungsparität zwischen Groschen und Kreuzer war aber 1 zu 3,5! Diese Brüche hätten bei paritätischer Verrechnung auf Postvereinsbriefen zu einem heillosen Durcheinander geführt, so dass man zu Recht sagte, dass im Postverein 1 Sgr. nur mit 3 Kreuzern anzusetzen war und alle Taxierungen somit leicht nachvollziehbar waren.

Musste Preußen aber Gelder für das Ausland als Weiterfranko vergüten, so benötigte man natürlich die tatsächlichen Gebühren, in denen ja auch der Postvertrag abgeschlossen worden war und auf deren entsprechender Höhe die Saldierung erfolgte.

Daher waren die 2 Silbergroschen, die Bayern hier als Weiterfranko an Preußen für die Niederlande zu kassieren hatten, in 7 Kreuzer umzurechnen (2 mal 3,5 = 7 Kreuzer)und nicht, wie im Postverein, in 6 Kreuzer.

Da Bayern aber 9 Kreuzer für sich bis zur Grenze Preußens - Niederlande kassierte, hätte man 7 Kreuzer als Weiterfranko ab 1.4.1854 mit Marken frankieren müssen. Das ist unterblieben. Statt dessen hat die Aufgabepost auf der Siegelseite eine falsche Addition mit 15 Kreuzern notiert und folglich auch nur 15 Kreuzer in Marken geklebt (bis 31.3.1854 war das Weiterfranko für die Niederlande nicht in Marken frankierbar, sondern musste siegelseitig als bar kassiert aufgeschrieben werden).

Wie wir vorn (rote 2) und hinten (blaue 2 von Preußen und blaue 10 Cents = 2 Silbergroschen auch von Preußen) sehen, hat man tatsächlich 2 Silbergroschen an Preußen für die Niederlande vergütet, weshalb Bayern nun keine 9 Kreuzer von den verklebten 15 Kreuzern verblieben, sondern nur noch deren 8.

Die Aufgabepost (nicht der Absender!) sorgte also dafür, dass Bayern einen Kreuzer zu wenig erhielt und es würde mich nicht wundern, wenn man bei einer Innenrevision (die gab es auch noch Jahre später, weil Bayern nur wenige Revisoren hatte) festgestellt hätte, dass ein Kreuzer zu wenig in der Kasse war und man den Expeditor von Gefrees um eben diesen Betrag im Nachhinein erleichterte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.08.2015 19:26:04 Gelesen: 330750# 10 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, bei denen man selbst nach längerer Betrachtung keinen einzigen Grund findet, sie zu mögen und andere, bei denen gleich mehrere Gründe einen Kauf nahe legen.

Letzteres trifft wohl (hoffentlich nicht nur meiner Meinung nach) auf den folgenden Brief zu, der am 27.5.1867 als sehr großes Kuvert mit folgender Adresse in Regensburg aufgegeben wurde:

"An Seine des Herrn k. b. Oberlieutnants, Flügeladjutanten Seiner Majestät des Königs Ludwig I von Bayern etc. etc. etc. k. Kämmerers Franz von Gmainer Hochwohlgeboren in München" f(ranco) M(arke).



Die kalligraphisch ansprechende Mischschrift (deutsche Currentschrift und den lateinisch geschriebenen Namen) gefiel mir auf Anhieb und der Flügeladjutant seiner Majestät wird nicht jeden Tag solch einen Brief bekommen haben, war er doch der Vertraute des Königs zum bayer. Militär und als solches in heraus gehobener Position.

Des weiteren sind Paare der Nr. 15 auf innerbayerischen Briefen genau 1 Jahr möglich - die Marke kam zum 1.1.1867 heraus (wenn gleich nicht an alle Schalter) und ab 1868 kosteten schwere Briefe über 1 - 15 Loth wie hier schon 7 Kreuzer. Aber schaut man sich das Paar genauer an, stellt man fest, dass es einen tiefen Schnitt im Zwischenraum aufweist, jedoch oben noch zusammen hängt. Ein Blick auf die rechte und linke obere Ecke beweist außerdem, dass der Postbeamte in Regensburg sicherlich waagrechte Streifen seiner Marken gefertigt und diese dann vorgeschnitten hat, so dass sie nur noch oben zusammen hingen.

Der Vorteil lag darin, dass er nun, ohne die Schere benutzen zu müssen, stets ganz einfach und ohne weitere Perforation, eine, oder mehrere Marken aus diesem waagrechten Streifen abreißen konnte, wie es nach der Frankostufe nötig war. Gab es mal eine schwache Zeit im Schalterdienst, konnte man so ein paar Bögen präparieren und hatte dann, in der Hektik des Tagesgeschäfts am Schalter, ruck zuck die passende Frankatur beinander.

An losen Marken und auch an waagrechten Streifen konnte ich das bisher erahnen, hier kann ich es festmachen. Somit haben wir hier eine elegante Lösung bei geschnittenen Marken vor uns, denn erst zum 1.7.1870 kamen in Bayern gezähnte Bögen in Umlauf und bis dahin war es noch eine Weile.

Siegelseitig hat man sich nicht verewigt - nur 2 Siegel deuten auf einen "besseren" Absender hin, aber mir genügt das vollkommen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.09.2015 10:11:05 Gelesen: 330645# 11 @  
Liebe Freunde,

heute möchte ich einen simplen innerbayerischen Brief vorstellen, der durch Güte befördert wurde (von wem auch immer ist nicht zu eruieren), aber der eben nicht diesen bekannten Vermerk aufwies, sondern uns mit dem französischen "p(ar) bonté" erfreut, was das selbe bedeutet.





Der Absender schrieb in München 1m 25.4.1838 einen sehr wichtigen Brief an den Gerichtshalter Otto in Regensburg, in dem es um viel Geld, Probleme, gerichtliche Streitigkeiten et cetera ging.

Der Brief weist weder einen Stempel, noch sonst eine postalische Behandlung auf, so dass der Vermerk "durch Güte" sicherlich zur Versendungsweise passt.

Der Empfänger notierte innen oben rechts "praes: den 27. April 38", womit wir wissen, dass er innerhalb von 2 Tagen dort angekommen war. Schneller war die Post damals auch nicht, denn das vorherrschende Transportmedium war noch immer die Kutsche und von München nach Regensburg waren es immerhin 105 km Luftlinie und ca. 140 km damals zu fahren. Postalisch hätte der Brief bei über 12 - 18 Meilen übrigens 6x Franko/Porto gekostet, die man sich schon mal gespart hat, wenn die Dienste des Gütigen denn kostenlos gewesen sein sollten.

Der Brief war gesiegelt und wie wir wissen lag der Transport versiegelter Briefe allein der bayerischen Staatspost ob. Es handelte sich also ganz klar um einen Verstoß gegen das Postgesetz, aber da ich leider keine Contraventionen der Vormarkenzeit (VMZ) sammle, wandert er in die Mini - Sammlung der Kuvertierungen und Gütebeförderungen, wo er sich auch wohl fühlen dürfte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.10.2015 15:14:04 Gelesen: 330518# 12 @  
Liebe Freunde,

auch simple Briefe können gefallen - wo wie der hier vom 27.12.1865 aus dem württembergischen Ulm via Neu-Ulm in Bayern nach Dietmannsried aus der bekannten Streng - Korrespondenz.



Es ist einer der eher wenigen Briefe, bei denen wohl eher nichts gespart wurde, denn von Ulm sind es 78 km bis Dietmannsried, womit wir bei der damals amtsbekannt großzügigen Berechnungsweise noch den 1. Rayon mit 10 Meilen unterstellen können (jedenfalls bis mir einer einen Brief aus Ulm nach Dietmannsried zeigt, der mit 6 Kreuzer frankiert wurde).

Innerbayerisch war ab dem 1.8.1865 eh jede Entfernungszone gefallen, so dass die 3 Kreuzer auf jeden Fall bis zu 1 Loth genügten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.11.2015 14:32:18 Gelesen: 330311# 13 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich meinen besten Fang in Sifi, den ich hier vollständig zu interpretieren versuche. Für die Länge des Beitrages bitte ich jetzt schon um Nachsicht.



Uli Schmitt vermerkt in seinem Attest vom 8.10.2015 als Aufgabetag den 29.5.1864. Der einzige Stempel mit einer Jahreszahl ist der siegelseitige von Buffalo AUG 8 186?.

Da er keinen Inhalt mehr hat, müssen wir das Zeitfenster so gering wie möglich halten.



Die 3 Marken Nr. 8, 9 und 13 kamen am 1.10.1862 an die Schalter. Unser Brief vom Mai kann also nur aus der Zeit von 1863 - 1867 stammen.

Ab 6.1.1868 konnte keine 22 Kr. Frankatur wie hier mehr vorkommen bei der Leitung über Hamburg bzw. Bremen, so dass wir uns in den Jahren 1863 - 1867 befinden.

Der Stempeltyp 15 nach Winkler als Rahmenstempel von Donauwörth ist nur von 1864 ohne Jahreszahl bekannt. Aber vlt. kennen Heimatsammler heute weitere Verwendungsdaten über das Jahr 1864 hinaus.

Wichtiges Indiz ist der US - Eingangsstempel von New York vom 24.6.186? in roter Farbe als Zeichen der vollständigen Bezahlung des Frankos - hier 6 Kr. für Bayern und 16 Kr. Weiterfranko ( s. auch vorne 16 Kr. in Rötel, die 10 US - Cents entsprachen = PAID. 10 ).

Da wir hinten den Bremen - Stempel vom 1.8.186? sehen, suchen wir nach einem Schiff, dass zu dieser Zeit ausgelaufen sein musste.

Folgende Schiffe bieten sich an:

Norddeutscher Lloyd ( "North German Lloyd")

7.6.1863 ab Bremen, 10.6.1863 ab Southampton, 23.6.1863 an New York mit der BREMEN. Evtl. einen Tag später erst von der Post gestempelt.

7.6.1864 ab Bremen, 10.6.1864 ab Southampton, 23.6.1863 an New York mit der HANSA. Auch hier evtl. einen Tag später erst von der Post gestempelt.

9.6.1866 ab Bremen, 12.6.1866 ab Southampton, 24.6.1866 an New York mit der NEW YORK. Hier würde der 24.6. perfekt passen.

8.6.1867 ab Bremen, 11.6.1867 ab Southampton, 23.6.1867 an New York mit der UNION. Auch hier evtl. einen Tag später erst von der Post gestempelt.

Die anderen Jahre kommen nicht für den Brief in Betracht.

Die einzige Alternative wäre eine Leitung mit der HAPAG:

10.6.1866 ab Hamburg, 13.6.1866 ab Southampton, 24.6.1866 an New York mit der GERMANIA. Wie oben würde hier alles passen - und Briefe, die von Bremen nach Hamburg geschickt wurden, sind uns bekannt, so dass der Abgang Hamburg nicht dagegen spräche.

Zur Chronologie des Briefes: Mit 22 Kr. frankiert nach dem PV Bremen - USA vom 1.7.1857, wurde er am 8.8.186? in Buffalo siegelseitig gestempelt. Empfängerin war Frau Anna Kneitl, Metzgerswitwe, wohnhaft bei Herrn Georg Stock, Musiker und Hausbesitzer in Buffalo.

Über das Schicksal von Frau Kneitl und Herrn Georg Stock in Buffalo im Staate New York (Nordstaaten) ist mir leider nichts bekannt; auch das Internet schweigt sich hierüber aus.

Eine Zustellung dort dürfte aber nicht erfolgt sein, denn vorn sehen wir den Stempel "NOT CALLED FOR", also keine Nachfrage nach dem Brief, der wohl ausgesteckt worden war, um seine Empfängerin zu animieren, ihn abzuholen. Daher wurde er zurück geschickt (über GB und Belgien), denn der Stempel "Am Bestimmungsorte nicht abgefordert." kam in Aachen im Austausch mit der belg. Bahnpost auf Retourbriefe (vorne: "retour" in blau), s. van der Linden Nr. 110. Dort ab 1855 in rot, ab 1862 in schwarz, ab 1865 in blau und ab 1864 gar in violett bekannt, was uns hier aber nicht wirklich weiter bringt.

Interessant ist noch, dass der Absender die Adresse sicherheitshalber auch auf der Rückseite - jetzt aber in Englisch - notiert hatte.

Am 19.11186? kam er wieder nach Neuburg an der Donau zurück, jedoch war er keinem Absender zuzuordnen, weswegen er am 20.11.186? wieder über Donauwörth der Retourbrief - Commission in Augsburg zugeleitet wurde, welche allein das Recht hatte, unanbringliche Retourbriefe zur Ermittlung des Absenders zu öffnen.

Rechts können wir noch die Siegelung nach Öffnung des Briefes durch die Retourbriefcommission sehen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Retourmarken erst ab 1867 bekannt sind, was auch eine Eingrenzung des Datums im o. g. Sinne richtig erscheinen lässt.

Die doppelt vereidigten Augsburger Beamten notierten oben auf der Vorderseite "retour Binsack", womit der Absender gemeint war, dem man den Brief dann auslieferte.

Der Brief lief entweder in der Zeit des amerikanischen Bruderkrieges von 1861 - 1865, oder im Jahr 1866, wenn man dem US - New York - Stempel Glauben schenken mag, kurz vor dem deutschen Bruderkrieg.

Vlt. kann mir ein Spezialist helfen, ihn sicher zu datieren, was mich sehr freuen würde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 02.11.2015 16:36:36 Gelesen: 330299# 14 @  
@ bayern klassisch [#13]

Lieber Bayern Klassisch,

ein super Brief und eine Frage:
Waren die Ankunftstage der Schiffe geplante oder die echten Einlauftage?

Wie auch immer, ich habe mal den Stempel von Buffalo herausgezogen und versucht etwas mehr herauszubekommen.



Ob es nun tatsächlich 1864 ist, kann ich auch nicht sagen. Jendenfalls spricht m.E. dafür einiges. Eventuell reicht ein beliebiger 1864 Stempel mal aus, um dies genauer sagen zu können.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 02.11.2015 16:44:17 Gelesen: 330295# 15 @  
@ Magdeburger [#14]

Lieber Ulf,

es waren eigentlich die tatsächlichen Ankunftstage - statistisch von Hubbard und Winter ausgearbeitet, wofür diesen Spitzenforschern allergrößter Dank gebührt.

Danke für deine Mühewaltung mit dem Buffalo - Stempel; 1864 ist schon naheliegend, aber ganz sicher bin ich mir halt nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.11.2015 10:05:08 Gelesen: 330094# 16 @  
Liebe Freunde,

im Gegensatz zu einigen Postverwaltungen, bei denen Briefe häufig mit Gewichts - Notationen versehen wurden, bzw. zu Postverträgen, in denen die Notation des Gewichts der jeweiligen Briefe gar vorgeschrieben war, ließ Bayern sich hinsichtlich der Gewichtsnotationen der gewöhnlichen Inlandsbriefe nicht in den Verordnungen aus, es wurde also gar nicht erst thematisiert.

Die belegt auch die Praxis, kennen wir doch Hunderte von Briefen der 2., 3. 4. und noch höherer Gewichtsstufen, die samt und sonders ohne Gewichts - Notationen erhalten blieben.

Selbst bei Briefen mit Postsonderleistungen, als Chargé, Expreß, poste restante usw. sind Angaben über das jeweils ermittelte Gewicht nicht auf den Briefen zu finden - nur die Frankatur, wenn es eine gab, bzw. das angeschriebene Porto geben heute noch Aufschluss über die ermittelten Gewichtsstufen, mehr nicht.

Heute zeige ich 2 von etwa einer Handvoll innerbayerischen, gewöhnlichen Briefen, bei denen dies anders war.



Der 1. datiert vom 3.2.1855 und ist mit einer Nr. 2 Platte II b frankiert, der von Füssen aus nach Osterberg, Post Pleß gerichtet war. Der optisch große Brief war aber nur mit 3 Kr. frankiert, was dokumentiert, dass er in der 1. Gewichtsstufe gelegen haben muss und die ging bis 1 Loth inklusive, wobei das Loth damals bis 15.625g reichte.

Er wurde oben links mit " 9/10 l " = 9/10 Loth gewogen, lag also knapp darunter.



Der 2. Brief datiert vom 20.1.1864 und ging von Ludwigshafen am Rhein nach Speyer, wofür auch im 1. Gewicht als Sonderfranko innerhalb der Pfalz nur 3 Kr. zu frankieren waren.

Allerdings wurden in Bayern ab dem 1.4.1862 die Gewichte herauf gesetzt, so dass nun das immer inklusiv zu rechnende Loth 16,66g betrug. Hier vermerkte die Aufgabepost " 1 fach ", wobei es theoretisch auch 15 fache Gewichte bei der Briefpost geben konnte.

Im Inhalt wurden Einlagen erwähnt, so dass der Brief sicher mehr, als die 5g von heute gewogen hatte.

Es scheint also so zu sein, dass Postler diejenigen Briefe, die ganz knapp gerade noch so einfach waren, in seltenen Ausnahmefällen gewogen und das Wiegeergebnis auf den Brief oben links notiert hatten. Derlei Gewichtsangaben sind und waren m. E. extrem selten und nicht - wie etwa bei der Fahrpost - Vorschrift.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.11.2015 17:27:11 Gelesen: 330051# 17 @  
Liebe Freunde,

ich konnte in Sifi ein wunderschönes Stück ergattern, das in Deggendorf als frankiertes Avis von der dortigen Güterexpedition der königlich. privilegierten bayerischen Ostbahnen an Herrn Salegg nach Hengersdorf lief. Man schrieb den 16.2.1867 und die verwendete 9c als kleine Bogenecke auf einem Avis dürfte schon damals nicht alltäglich gewesen sein. Ob die Marke oben links noch vollrandig ist, dürfen die entscheiden, die keine Gleitsichtbrille benötigen.



Der Verschluss wurde mit einer Siegeloblate und einem Segmentstempel bewirkt. Doch was hatte man unserem Salegg denn schönes per Bahn geschickt?

1 Kiste Cigarren, 3 Rollen Brasil, 1 Kiste Conditorei, 1 Ballot Baumwollwaren und 1 Kiste Posamenten. Wer genau wissen will, welche Waren das dunnemals waren, darf gerne googlen - sie werden sich alle finden lassen.

Wohl bekomms und liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.12.2015 13:08:46 Gelesen: 329914# 18 @  
Liebe Freunde,

Bayern hatte in der Postreform vom 1.7.1850 vergessen, Briefe mit anhängendem Muster portozumoderieren. Erst zum 1.7.1858 wurde wieder die Möglichkeit eingeräumt, dass Muster und Brief je 2 Loth als einfach zu taxieren waren, wenn der Brief selbst unter einem Loth wog und das Muster anhängig (nicht anhänglich) war.



Der Brief aus München vom 13.10.1858 nach Waldmünchen hatte ein Muster inliegend und fiel auch nach dem 1.7.1858 nicht unter die Portomoderation. Es ging um ein Muster aus "croisirtem Tuch", nach welchem der Empfänger 12 Stück in Arbeit zu nehmen hatte, gefolgt von 6 weiteren später.

Verwendung einer Nr. 4 II Platte 2 zum üblichen Zeitpunkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.12.2015 16:05:36 Gelesen: 329788# 19 @  
Liebe Freunde,

und wieder hat sich so ein langweiliger, innerbayerischer Dienstbrief bei mir eingeschlichen, den ich euch nicht vorenthalten möchte.



Geschrieben am 22.6.1812 in Burgbernheim (PE erst ab 1.5.1857) nach Ansbach. Die Aufgabe erfolgte in der für Burgbernheim zuständigen PE von Markt Bergel (auch Markt Bürgel bzw. Marktbürgel). Man achte dabei auf den Aufgabestempel: Mt: Bergel R. 3.

Da Feuser den Stempel erst 1813 nominiert, kann das Verwendungsdatum nun mind. 1/2 Jahr nach vorne verlegt werden. Er sieht mir aber nicht so aus, als wäre er im Juni 1812 noch taufrisch gewesen und für 1813 gibt Altmeister Winkler noch den Stempel: Marktbergel R. 3. an, der aber m. E. von 1808 stammen muss, weil in diesem Jahr die Post in Marktbergel eröffnet wurde (1.1.1808 noch unter Taxisregie).

Obwohl der Stempel bis 1830 im Einsatz gewesen sein soll, sind Abschläge Mangelware. Nach mangelwarer sind Recobriefe - hier einen mit eigenem, schwarzen Chargéstempel, der in Ansbach nochmals mit Chargé in rot nachgestempelt wurde, obwohl das nicht leicht zu verstehen ist (Transitstempel gab es in Bayern vor dem Jan. 1843 keine, jedenfalls nicht offiziell).

Briefe mit Chargé - Nachstempelung sind nicht häufig und dürfen immer gekauft werden.

Der Absender zahlte auch 6 Kr., wobei die Aufgabepost nicht vergaß, den Punkt so zu setzen, dass man die 6 nicht mit einer 9 verwechseln konnte - gut gemacht!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.12.2015 14:12:06 Gelesen: 329712# 20 @  
Liebe Freunde,

zum Abschluss des Jahres sei mir noch ein Rosinchen zu zeigen gestattet.

Der Postvertrag Bayern - Frankreich vom 1.7.1847, der ja beiderseits noch keine Marken vorsah, weil es sie schlicht noch nicht gab, wurde zum 1.10.1851 dahin gehend modifiziert, als man von bayerischer Seite anwies, ab sofort das Franko (die Gemeinschaftsgebühr also) erstmals in Marken auszudrücken. Damit war die Geburtsstunde von 18 Kr. Frankaturen aus dem rechtsrheinischen Bayern eingeläutet (höhere Frankaturen nach Gewicht natürlich ebenso).

Aus der Pfalz gab es die Spezialität, dass Briefe in die naheliegenden Departements "Moselle" und "Bas Rhin", also das Moseldepartement und das Departement Niederrhein, von regulär 12 Kr. (3 Kr. für Bayern und 9 Kr. für Frankeich) nur noch 6 Kr. kosteten (je halbes Loth = 8,75g noch, weil das Zollloth nicht galt und auch später nur Grammgewichte von Frankreich akzeptiert wurden). Diese 6 Kr. waren halbscheidig zu teilen, also verblieben Bayern 3 Kr., während 3 Kr. (1 "Decime") an Frankreich intern vergütet werden mussten.

Von besonderem Interesse sind natürlich Briefe aus der Frühzeit, also dem Jahr 1851, die diese Spezialität aufweisen. Mit Marken frankierte 1851er Briefe sind höchst selten, ja den allermeisten Sammlern gänzlich unbekannt und es freut mich sehr, ein feines Stück dieser Besonderheit hier zeigen zu dürfen.







Es handelt sich um einen Trauerbrief (die Tante war gestorben) aus Grünstadt vom 1.12.1851 nach Bischweiler bei Strasbourg, der nur 6 Kr. Franko kostete (Nr. 4II Pl. 1). Er wurde dem lokalen Paketschlußamt Landau/Pfalz (2.12.1851) zugeleitet, wo er nach Prüfung der Gebühr mit P.D. gestempelt wurde und in das nahe Wissembourg geschickt wurde. Dort erhielt er sogar 2 Grenzübergangsstempel "BAVIÉRE WISSEMBOURG" und den Stempel 14. A.E.D. (14. franz. Grenzpostamt in alphabetischer Reihenfolge, "Affranchi Etranger Destination" = bezahlt bis zum Bestimmungsort) als Zeichen der völligen Bezahlung aller Gebühren vom 2.12.1851, ehe er am Folgetag in Bischweiler zugestellt wurde.

Nur ganz nebenbei für die Kataloggläubigen unter uns: Peter Sem erkennt dergleichen Briefen einen Katalogwert von 200 Euro zu ("Einzelfrankatur Grenzporto Frankreich", s. S. 67 der 8. Auflage). Abgesehen davon, das "Frankatur" und "Porto" Gegensätze darstellen, die in einem Satz nicht vorkommen können, ist der angegebene "Wert" ein Witz und ich bin gerne bereit, alle Briefe mit einer 6 Kr. Frankatur von der Pfalz nach Frankreich, egal von wann, von wo genau und nach wohin, mit 100% des Sem - Katalogwertes zu bezahlen. Ich fürchte nur, dafür nicht auch nur einen einzigen bekommen zu können ...

Liebe Grüsse und einen guten Rutsch für alle hier von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.01.2016 14:05:25 Gelesen: 329567# 21 @  
Liebe Freunde,

aus der Reihe "Briefe, die es gar nicht gab", zeige ich heute diesen fragmentarisch erhaltenen Riesenbrief aus Ering 26.1.1860 mit Postaufgabe in Simbach am Inn vom 27.1.1860, der an die "Königliche Post Expedition Poking (heute: Pocking)" gerichtet war und 9 Kr. Franko erforderte, womit wir einen Brief bis 12 Meilen über 2 - 3 Loth vor uns haben.



Interessant ist jedoch der Inhalt:

"Königl. Post Expedition wird gebeten das anliegende Schreiben gefälligst sogleich nach Pillham zu befördern durch eigenen Boten.
Ering den 26. Decem. 1860
Ergebenster Baumgartl
Verw(alter)

Porto 18 X ---
Chr(istian) Fischer ( = der Bote)"



Dem hier erhaltenen Brief war also ein weiterer Brief eingeschoben worden, der für den auf diesem nominierten Empfänger in Pillham vorgesehen war, der von Pocking aus für 18 Kr. (lokaler Botenlohn für 7 km Strecke einfach!) vom Boten Christian Fischer, dem Expressen, dahin bestellt wurde.



Ein "direkter" Expressbrief hätte das Franko von 3, 6 oder 9 Kr., die Recogebühr von 6 Kr. und die Expressgebühr von 9 Kr. tagsüber bzw. 18 Kr. des Nachts, jedoch bei einer Zustellung wie hier im Lokalbezirk das treffende Franko von 3 Kr., 6 Kr. oder 9 Kr., die Recogebühr von 6 Kr., 9 Kr. für den Expeditor der Abgabepost für die Beschaffung des Boten und die lokale Ganggebühr, von der wir wissen, dass sie 18 Kr. betrug. So hätte das Franko für diesen "direkte" Expressbrief minimal betragen 3 + 6 + 9 + 18 = 36 Kreuzer, bzw. 39 Kr. oder 42 Kr., je nach Gewicht des Einlagebriefes.

In diesem Fall war es nur 9 Kr. Franko und 18 Kr. für den Boten = 27 Kr., womit sich die Ersparnis leicht nachvollziehen lässt. Man muss halt nur einen Postexpeditor haben, der dabei mitspielt ...

Ich glaube nicht, dass es viele Briefe dieser Art in Bayern gab und gibt.

Für die graphische Qualität meiner Kinderzeichnung bitte ich jetzt schon um Entschuldigung.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.02.2016 15:53:14 Gelesen: 329209# 22 @  
Liebe Freunde,

ich weiß nicht, ob ich dergleichen jemals gesehen habe, denke aber eher nicht: Erstausgabe 2I vom 9.9.1850 aus Öttingen nach Ansbach - Gegen Postlieferschein.



Nun sind Briefe mit dem Vermerk "gegen Postlieferschein" eh schon selten, aber mit einer Erstausgabe kann ich mich nicht erinnern, einen gesehen zu haben. Auch fehlt die Recommandation, die man ja bei einem so wichtigen Poststück erwarten könnte, wenngleich sie nicht Vorschrift war.

Postlieferscheine waren die Retour - Recepissen (Rückscheine) der Behörden und Verwaltungen.

Empfänger war die "Freiherrlich von Eyb´sche Condominats - Verwaltung in Ansbach".

Jetzt fehlt nur noch einer mit der 4I und diesem Vermerk, aber man wird ja wohl noch träumen dürfen ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Filigrana Am: 05.02.2016 00:01:52 Gelesen: 329178# 23 @  
Hallo Ralph,

hier nur die Post in Ansbach bestätigte, dass dieser Brief angekommen ist, nicht der Empfänger selbst denke ich.

LG A
 
bayern klassisch Am: 22.02.2016 16:16:53 Gelesen: 328977# 24 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portobrief aus Pleinfeld vom 1.5.1856 nach Celle (geschrieben in Geppersdorf, das ich aber bei Pleinfeld nicht gefunden habe).



Die Aufgabepost taxierte, wie es Vorschrift war für Zielländer im Postverein, die nördlich des Guldenbezirks lagen, korrekt mit 4 Silbergroschen (3 Sgr. Porto über 20 Meilen und 1 Sgr. Portozuschlag). Via Leipzig - Magdeburg (2.5.) lief er am 3.5. in Celle ein - recht schnell für damals. Die Bahnpost hat die bayerischen 4 Sgr. (schwarz) mit 4 Sgr. (blau) verdeutlicht. Da Hannover aber in Gutengroschen rechnete, mussten die 4 Sgr. in 3 1/4 (rot) Gutegroschen reduziert werden, die unten mit 3 GGr. und 3 Pfennigen wiederholt wurden. 3 Pfennige Bestellgeld wurden siegelseitig jetzt wieder in schwarz von Celle notiert, so dass der Empfänger total 3 1/2 Gutegroschen zu zahlen hatte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 23.02.2016 14:57:07 Gelesen: 328921# 25 @  
Liebe Sammelfreunde,

bevor der Beleg eine neue Heimat findet, stelle ich ihn hier noch vor. So schön wie Bayern Klassisch kann ich jedoch nicht erklären, versuche es mal:



Der Brief wurde am 05.10.1851 in Miltenberg aufgeben und lief nach Fulda im Kurfürstentum Hessen gelegen. Die Entfernung liegt mit 13,5 Meilen somit in der 2. Entfernungsstufe zwischen 10 bis 20 Meilen innerhalb des DÖPV und somit korrekt mit 6 Kreuzer frankiert worden. Siegelseitig ist der Distributionsstempel vom 07.10. - jedenfalls brauchte man recht lange für die kurze Strecke.

Neben der Marke ist das Bestellgeld von 1/4 Sgr notiert worden.
Zu erwähnen ist jedenfalls noch, dass das Kurfürstentum Hessen erst zum 01.10.1851 dem DÖPV betrat und somit der Beleg vom 5. Tag ist.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 23.02.2016 16:40:12 Gelesen: 328911# 26 @  
@ Magdeburger [#25]

Lieber Magdeburger,

wenn ich den besser beschreiben kann, gebe ich dir Bescheid. :-)

Alles perfekt erklärt und für zeitliche Verzögerungen beim Posttransport waren allein die Taxispostler verantwortlich. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.03.2016 17:18:31 Gelesen: 328767# 27 @  
Liebe Freunde,

das Briefchen ist mir aus der Bucht zugeflogen und bedarf genauerer Betrachtung.



Aufgegeben wurde es in Augsburg scheinbar am 31.8.1850 um 21.00 bis 22.00 Uhr. Die 4I wurde akkurat mit dem gM 18 - der Type des 1. Mühlradstempels von Augsburg - entwertet. Empfänger war Dr. Franz Keller in Würzburg. Der Laufweg über München wurde dokumentiert mit dem Bahnhof München - Stempel vom selben Tag.

Siegelseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Würzburg vom 1.9.1850 - aber wir sehen auch den Augsburger Zweikreisstempel vom 30.8.1850 07.00 Uhr bis 08.00 Uhr am Vormittag. Oder sollte es 19.00 Uhr bis 20.00 Uhr sein? Eigentlich waren die römischen Zahlen für den Vormittag reserviert, während die arabischen Zahlen für den Nachmittag gelten sollten.

Es stellt sich jedoch die Frage, was ein Stempel vom 30.8.1850 auf der Siegelseite zu suchen hatte? Ich hatte zuerst an einen Probeabschlag gedacht, aber dann wäre 9 - 10 Uhr vorne nicht logisch, denn es ging ja schon Stunden früher bei der Hauptbriefpostexpedition Augsburg los.

Ein Porto war nie auf dem Brief verzeichnet, die Marke haftet aller Wahrscheinlichkeit nach original und hat am linken Rand ziemlich durch den Transport oder spätere Generationen gelitten.

Für Thesen, die diesen Brief erklären, bin ich sehr dankbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 02.03.2016 17:53:19 Gelesen: 328761# 28 @  
@ bayern klassisch [#27]

Lieber Bayern Klassich,

ich tendiere, dass der Brief abends am 30.08. erstmalig bearbeite wurde (Vielleicht noch ohne Marke?, oder nach Abgang der Post?) und so der siegelseitige Stempel angebracht wurde.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 02.03.2016 18:04:59 Gelesen: 328759# 29 @  
@ Magdeburger [#28]

Lieber Magdeburger,

wenn es so wäre, folgende Fragen:

1) Die Aufgabepost in Bayern durfte nicht siegelseitig stempeln. Man hätte vorne stempeln müssen, wie es auch später geschah.

2) Ein markenloser Brief hätte mit 9 Kr. taxiert werden müssen (Augsburg immer in schwarzer Tinte). Die sehe ich aber nicht.

Es fehlt zwar der Franco - Vermerk (kam hin und wieder vor), aber er muss schon frankiert aufgegeben worden sein.

Aber vlt. kommst du noch drauf - manchmal ist man als Bayernsammmler betriebsblinder, als man es zugeben möchte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Totalo-Flauti Am: 02.03.2016 21:22:58 Gelesen: 328746# 30 @  
Liebe Sammlerfreunde,

Siegelseitig wurde in Altdeutschland doch grundsätzlich immer die Ankunft oder Ausgabe dokumentiert. Aus Sachsen kenne ich noch die siegelseitige Dokumentation der Briefsammlungen (vor Einführung der Briefkästen) mit einem Stempel. Eventuell gab es so etwas in Bayern insbesondere Augsburg auch noch 1850. Der Brief wurde eventuell Vormittags in einer Briefsammlung eingeliefert und Nachmittags im Postamt weiter bearbeitet.

Mit lieben Sammlergrüßen

Totalo-Flauti.
 
bayern klassisch Am: 02.03.2016 22:09:25 Gelesen: 328741# 31 @  
@ Totalo-Flauti [#30]

Hallo Totalo-Flauti,

eine gute These - aber in Augsburg gab es nur die Hauptpost (hier mit Zweikreisstempel) und die Filialpost (am Bahnhof - wurde später getauscht). Da gab es leider keine Möglichkeit für dieses Procedere.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 03.03.2016 16:12:41 Gelesen: 328708# 32 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief aus Weiler in Bayern als Partei - Sache mit 6 Kr. siegelseitig frankiert nach Isny, der den 1. Stempel von Weiler überhaupt zeigt (Feuser 3819-1). Interessant ist, dass Weiler 1810 ein bayer. Postexpedition bekam, diese jedoch mangels Aufkommen wieder geschlossen werden musste (Feuser sagt zwischen 1814 und 1818). Daher sind diese Rayonstempel von Weiler sehr selten und den P.P. für Port Payé kenne ich auch kaum von diesem Ort.

In Württemberg fiel kein Porto an, weil Bayerns Postkutsche ihn nach dorthin fuhr und auch ein Bestellgeld nicht notiert wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.03.2016 17:36:20 Gelesen: 328575# 33 @  
Liebe Freunde,





heute zeige ich einen ganz simplen Brief, der zwischen einem engen Korridor lief und zwar zwischen der nördlichen Pfalz und Preußen. Geschrieben und zur Post gebraucht in Kusel wurde er am 10.4.1863 mit dem Vermerk "Grumbach p(e)r Lauterecken", also "über Lauterecken". Als Brief bis 10 Meilen mussten 3 Kr. frankiert werden, wie hier geschehen.

Siegelseitig sehen wir auch den Lauterecken - Stempel und einen preußischen Bestellstempel von Grumbach am Glan vom 11.4.1863.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.03.2016 21:25:19 Gelesen: 328494# 34 @  
Liebe Freunde,



ich freue mich sehr, heute einen portofreien Dienstbrief zeigen zu können, der am 12.5.1820 von Bamberg (leider ohne Inhalt, hinten blank) an die Polizey - Behörde in Graubünden als K(önigliche) D(ienst) S(ache) lief.

Offensichtlich hat ihn jeder, der ihn in die Finger bekam, gleich behandelt, nämlich taxmäßig gar nicht. Mal sehen, wie lange ich warten muss, um das Gegenstück zu bekommen - und nach Bamberg müsste er nicht einmal laufen.

Manchmal sind auch Briefe schön, die nicht von Marken, Stempeln und Vermerken überquellen, sondern schlicht und erhaben daher kommen - und das, obwohl sie fast 200 Jahre alt sind.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.04.2016 19:40:33 Gelesen: 328127# 35 @  
Liebe Freunde,

weil die Katzen das Mausen nicht immer sein lassen kann, fiel mir der hier in die Hände: Briefhülle, undatiert, vom Hauptzollamt Hof an das Hauptzollamt Braunschweig vom 18.2.185?



In Anbetracht der Stempel tippe ich auf 1851-1854 und wäre für Präzisierungen froh.



Hof - Leipzig 1.3., Leipzig - Magdeburg 1.3. II. Fahrt, Berlin - Minden 1.3. II. Fahrt und letztlich der Ausgabestempel von Braunschweig vom 2.3. zeigen, wie rasant die ca. 330 km zurück gelegt wurden.

Als Z.V.S. = Zoll - Vereins - Sache deklariert, mit der Expeditions - Nummer oben rechts versehen und mit dem Amtssiegel verschlossen durfte er kostenlos abmarschieren, denn Braunschweig war wie Bayern Teil des zum 1.1.1834 von dem Preußen Friedrich List gegründeten Deutschen Zoll - Vereins.

Dergleichen Briefe sind handverlesen - schon gewönliche Privat- oder Dienstbriefe von Bayern nach Braunschweig sind Seltenheiten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 07.04.2016 08:31:33 Gelesen: 328106# 36 @  
@ bayern klassisch [#35]

Lieber Bayern Klassisch,

ein super Brief von einem 28.02., meines Erachten 1853, da 1851 andere Streckenstempel, 1852 Schaltjahr kein 29.02. zu sehen ist und 1854 sind soviele Streckenstempel schon seltener.

Der Brief stand auch in meiner Beobachtungsliste, hatte ihn aber verpaßt.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 07.04.2016 08:44:49 Gelesen: 328101# 37 @  
@ Magdeburger [#36]

Lieber Magdeburger,

das klingt plausibel - es könnte auch 1850 sein, weil die Hofer Stempellage sehr unterschiedlich war, aber 1853 klingt sehr gut und in das Jahr hätte ich ihn auch eingeordnet, wenn ich hätte müssen.

Vielen Dank für dein wie immer profunde Hilfe!

Er blieb im Bereich einer Pizza, von daher war der Preis ein Witz und wenn du was Passendes für mich hast, schicke ich ihn dir gerne zu.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 07.04.2016 08:51:31 Gelesen: 328100# 38 @  
@ bayern klassisch [#37]

Lieber Bayern Klassisch,

1850 und 1851 gab es die Bahnstrecke Hof - Plauen noch nicht, erst 1852 und davor wäre die Leitung über Erfurt erfolgt.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 07.04.2016 10:45:15 Gelesen: 328086# 39 @  
@ Magdeburger [#38]

Lieber Magdeburger,

da merkt man wieder, dass du deine preußischen Bahnpost - Hausaufgaben gut gemacht hast. :-)

Ich hätte da erst auf den Seiten der ieg-maps schauen müssen, aber da steht kein explizites Eröffnungsdatum bei den Linien, sondern allenfalls das Jahr und dann wäre es wieder ein Gerate geworden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 07.04.2016 10:57:36 Gelesen: 328083# 40 @  
@ bayern klassisch [#39]

Lieber Bayern Klassisch,

wenn du jetzt noch einen bayrischen Muster-ohne-Wert-Brief nach Braunschweig während des DÖPV finden solltest, der zollamtlich behandelt wurde.

Dies wäre die einzige Option im Bereich der Briefpost, bei der Fahrpost hat man ja Pakete + Wertbriefe noch zur Verfügung. Auch Frachtbriefe wären noch zu erwähnen.

Naja, träumen darf man ja. :-)

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 07.04.2016 11:59:59 Gelesen: 328067# 41 @  
@ Magdeburger [#40]

Lieber Magdeburger,

ob du es glaubst, oder nicht, aber ich habe (leider aus der Zeit des Deutschen Reiches) einen Frachtlaufzettel von Braunschweig, der nach Bayern lief und von dort mit der Briefpost in die Schweiz lief, um von da zurück nach Bayern zu laufen, wo er nach Braunschweig zurück gegeben wurde. Leider im Format A3, daher für mich nicht hier zeigbar. Das ist auch eine Art eierlegende Wollmilchsau, aber leider ein paar Jahre nach dem DÖPV.

Ich habe noch nie einen bayerischen Musterbrief nach Braunschweig oder umgekehrt gesehen. Dann noch mit zollamtlicher Behandlung - ja, davon darf man träumen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.04.2016 12:14:43 Gelesen: 327891# 42 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief des Appellationsgerichts von Mittelfranken (das in Ansbach war!) an den kgl. Advokaten Thiem in Pleinfeld [1]:



Als R. S. portofrei gestellt und mit der Expeditions - Nummer 8083 versehen, zeigt er uns unten links den Vermerk "geg(en) Ret(our) - Rez(episse" und "ins(inuirt) d(er) Post am vierten Juliy 1852 Schwemmer".

Eine Reco - Nummer hat er nicht bekommen (4stellige Nummern auf Chargébriefen können keine bayer. Reco - Nummern sein).

Ich nehme an, das Gericht in Ansbach schickte etwas nach Eichstädt (heute: Eichstätt) und von dort aus leitete man etwas an den Advokaten Thiem in Pleinfeld weiter, was sehr wichtig war. Leider ist kein Inhalt oder weiterer Stempel zu entdecken. Trotzdem ein außergewöhnliches Poststück mit Retour - Recepisse und Insinuirung, dazu mit fehlender Reco - Nummer, dafür aber mit dem alten Rötelkreuz für die Chargierung.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://books.google.de/books?id=XTVFAAAAcAAJ&pg=PA803&lpg=PA803&dq=advokat+thiem+pleinfeld&source=bl&ots=uFNXuBnEwp&sig=YLH3MWfcvaFP2ejZtEl7ia2rFMY&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiys6_tspDMAhVM2hoKHT48A5MQ6AEIJDAB
 
bayern klassisch Am: 18.04.2016 08:30:34 Gelesen: 327827# 43 @  
Liebe Freunde,

ein bisschen außergewöhnlich darf auch mal ein schlicht anmutender Brief innerhalb der Pfalz sein, auch wenn man es ihm auf den ersten Blick kaum anzusehen vermag.



Geschrieben wurde er in Landau am 30.5.1858 und ging an "Seine Wohlgeboren Herrn Friedrich Scholler in Minfeld bei Kandel". Der Absender frankierte 3 Kr. bis 1 Loth für reine Pfalzbriefe per schmuckem Randstück (für mich eine Platte 4, obwohl es die erst seit Okt. 1858 geben soll).

Der Ort Minfeld war ohne eigene Postexpedition postalisch nur von Kandel, damals amtlich: Langenkandel zu erreichen. Demzufolge erklärt sich auch der Halbkreisstempel von Langenkandel siegelseitig.

Nur in der Pfalz wurde das Institut der Landpostboten (Ruralboten) zum 1.10.1858 eingeführt - im rechtsrheinischen Bayern erst 2 Jahre später. Doch im Mai 1858 war die postalische Versorgung "auf dem platten Lande" in der Pfalz noch den Kantonsboten überlassen, die von den Gemeinden bezahlt wurden, also keine Porti bzw. Gebühren erhielten und sich durch die Aufgabe und Abgabe von Briefschaften von und an Private finanzierten (neben ihrem Grundgehalt der Gemeinden, hier: Langenkandel).

Ergo nahm der Kantonsbote am 31.5.1858 diesen Brief vom Postexpeditor an sich und trug ihn für 2 Kr. (siegelseitig notiert und mit Rötel umrahmt) nach Minfeld (ca. 3 km), wodurch wir einen 5 Kreuzer - Brief haben.

4 Monate später wäre der Kandeler Landpostbote mit dem Brief nach Minfeld gelaufen und hätte ihn kostenlos abgegeben, weil sein Gehalt von der bayer. Staatskasse bezahlt wurde und er ein individuelles Bestellgeld nicht anzusprechen hatte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.04.2016 17:55:13 Gelesen: 327654# 44 @  
Liebe Freunde,

geschrieben von Christ & Kress in München am 22.3.1860 an Friedrich Mittler in Augsburg. Der Inhalt betrifft eine Bestellung von 25 Pfund Chromgelb.



Ankunftgestempelt wurde der Brief am 21.3.1860 im Augsburger Bahnhof um 09.00 Uhr Morgens oder Abends.

Die Marke wurde abgestempelt in der Filiale in der Stadt am 21.3.1860 zwischen 09.00 und 10.00 Uhr Morgens, oder zwischen 21.00 und 22.00 Uhr Abends, das kann man sich aussuchen. Ich halte Morgens für wahrscheinlicher, obwohl dann die Daten von München und Augsburg dann gar nicht mehr passen wollen.

Ich denke, dass der Münchner seinen Kunden im nahen Augsburg Briefe schrieb, die unter einem frankierten Kreuzband lagen. Jeder dieser Briefe war mit einer 1 Kreuzer rosa vorfrankiert worden und das "Paket" kam in Augsburg an und wurde siegelseitig gestempelt bzw. jeder einzelne Brief wurde siegelseitig gestempelt. Dann übergab die Hauptbriefpostexpedition am Bahnhof die Briefe, die in die Stadt gehörten, der Filiale, die die Aufgabestempelung und Entwertung vornahm. Einfache Briefe mit Postaufgabe in München kosteten 3 Kr. das Stück - die Ersparnis war also bereits bei wenigen, derart verschickten Briefen erheblich, denn Ortsbriefe kosteten nur 1 Kr.

Damit keiner auf die Idee kommt, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, kann ich beifügen, dass der Brief von Peter Sem lt. Zettel als in jeder Beziehung echt und die Marke entsprechend makellos geprüft wurde.

Dass der m. E. herrliche Brief aus dem Jahr 1860 stammt, macht ihn für mich noch besser, denn ich bin ein bekennender "Blauer".

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.04.2016 17:59:14 Gelesen: 327652# 45 @  
Liebe Freunde,

heute eine simple 12 Kr. Einzelfrankatur mit der Nr. 6 - nichts besonderes, oder?





Man sollte dabei aber bedenken, dass die Marke erst zum 1.7.1858 (theoretisch) an den Schaltern verfügbar war und die Leitung in dieser Weise mit 3 Kr. für den geschlossenen Schweiztransit in die Lombardei nur bis Ende April 1859 wegen des sardisch - piemontesischen Krieges überhaupt möglich war - damit haben wir ein Zeitfenster von knapp 10 Monaten, wobei etliche Poststellen diese Marke mangels Bedarf erst gar nicht führten.

Ich hoffe, meiner sieht nicht ganz so schlecht aus und der VIA DI SVIZZERA auf Marke ist auch keine Massenware, schon gar nicht auf dieser Marke.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dikoe Am: 27.04.2016 16:08:28 Gelesen: 327656# 46 @  
Bayernbriefe

Hallo "bayern klassisch" u.a.

Hier zwei Briefe aus meiner postgeschichtlichen Frankenthal-Sammlung, über die ich gerne noch Näheres erfahren würde.

Bief nach Wien von 1835: Taxierungsvermerke, Zahlen ?



Brief nach Worms (1817?)



Bedeutung der Rötelstriche zusätzlich zur 3-Kreuzer-Taxierung?

Schöne Grüße - und vielen Dank schon mal im Voraus!
 
bayern klassisch Am: 27.04.2016 17:16:57 Gelesen: 327632# 47 @  
@ dikoe [#46]

Hallo Dieter,

1. Brief nach Wien 1835:

Wenn siegelseitig kein Franko notiert wurde, was ich nicht weiß, dann hatta man ihn portofrei über Frankfurt am Main und Aschaffenburg Richtung Grenze bei Passau geschickt.

Ab dort wurden 28 Kreuzer Conventionmünze fällig, die linke über "Dienstsachen" notiert wurden. Das war das Porto für Briefe über 12 Poststationen über 1/2 bis 1 Wiener Loth (über 8,75 bis 17,5g), also das 2. Gewicht.

Die 6 - Rötel kennen wir auf Briefen dieser Korrespondenz häufiger. Es wäre möglich, dass es ein Bestellgeld war für mehrere, gleichzeitig eintreffende Briefe.

2. Brief nach Worms 1817:

Brief an den Rechtsgelehrten Graul, also ein Privatbrief.

Sonderporto 1 Kr. (links) von Frankenthal zur Postgrenze, dann 2 Kr. für Briefe bis 3 Meilen von da bis nach Worms = 3 Kr. Gesamtporto.

Ich hoffe, ich konnte etwas helfen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 28.04.2016 11:52:02 Gelesen: 327567# 48 @  
Liebe Freunde,

zuerst die VO, dann die Briefe ... :-)



Der 1. wurde in München 1860 an die Post in Augsburg gesandt, mit 1 Kr. vorfrankiert und anderen Briefen unter Band - dort wurden die Marke entwertet und Aufgabe gestempelt - jetzt als Ortsbrief nur 1 Kr., statt 3 Kr. von München aus und der Brief über den Bahnhof Augsburg dem Empfänger Mittler zugestellt.



Ein zweites Beispiel zeigt, dass man auch in Preußen bayerische Marken verwendete, um sich Geld zu sparen. Statt 3 Silbergroschen nur 1 Kr. als Ortsbrief nach Würzburg frankiert, machte eine Ersparnis von 8 Kr. postalisch und 9,5 Kr. paritätisch aus. Das war viel Geld ...



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.05.2016 12:57:57 Gelesen: 327445# 49 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen spannenden Brief aus Bamberg vom 5.12.1811, den ich interpretieren kann, ohne sagen zu können, dass es sich dunnemals auch so zugetragen haben muss. Aber der Reihe nach.



Geschrieben wurde er von Dr. Michael Laurenz HEUNISCH am 2.12.1811 und adressiert war er nach Rüdenhausen. Warum entzieht sich meiner Kenntnis, aber der gute Heunisch setzte unten links eine NULL - Paraphe hin, die auf die aktive Portofreiheit hindeuten sollte.

Das sah man in Bamberg aber etwas anders. Rechts von ihr lese ich "frey", doch ist dieser Vermerk m. E. absichtlich mit dem Zweizeiler am 5.12.1811 überstempelt und mit Rötel anulliert worden. Man strich auch die NULL und notierte "franco" über ihr, damit man sah, dass er nicht ohne Bezahlung ablaufen durfte. Siegelseitig sehen wir folgerichtig 4x in Rötel, die der gute Heunisch zu zahlen hatte.

Ich halte es für ein hübsches und außergewöhnliches Briefchen, dass zeigt, wie um 4x schon damals gerungen wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.05.2016 12:58:52 Gelesen: 327443# 50 @  
Liebe Freunde,

zu jeder Zeit war es sinnvoll und richtig, bei einem Brief den Ort des Adressaten anzugeben. Nicht immer aber war der Absender so auskunftsfreudig!

Und wenn dann die Post zwar richtig zu kassieren hatte, aber auch nicht bemerkte, welche Angabe fehlte, dann war der Sache nicht mehr zu helfen.



Am 22.2.1837 im pfälzischen Burrweiler gab man einen Frankobrief an Herrn Pfarrer Kloib auf, für den man 8x frankierte, ohne den Zielort zu benennen. Offenbar wusste die Aufgabepost in Edenkoben, wohin er zu laufen hatte, den angekommen ist er gut und auf Grund der Höhe des Frankos war er auch sicher in einer Gemeinde der Pfalz ansässig - nur in welcher, konnte ich bisher noch nicht heraus finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.05.2016 13:22:38 Gelesen: 327436# 51 @  
Liebe Freunde,





heute ein kleiner Langweiler - in Paulsdorf geschrieben (ca. 5 km östlich von Amberg) lief eine portofreie Regierungs - Sache an das Rentamt Amberg, die dort erst aufgabegestempelt wurde (Landbotenversäumnis?) am 18.4.1866.

Rückseitig lesen wir den Kaufgrund: "In Ermangelung eines Dienstsiegels" - der Brief wurde also unvorschriftsmäßig mit einem Privatsigel verschlossen.

Absender war Michael Lindner, z(ur) Z(eit) Curatbeneficiat in Paulsdorf, und daher wohl ohne Amtssiegel dort zugange gewesen. Sieht man auch nicht alle Tage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.05.2016 11:54:01 Gelesen: 327374# 52 @  
Liebe Freunde,

für den folgenden Brief ist es schwer, einen adäquaten Titel zu finden, wenn man das Englische nicht bemühen will. Wie du mir, so ich dir - das könnte noch am besten passen.



Der Stadtmagistrat Straubing ließ am 23.7.1872 ein Schreiben an die Gemeindeverwaltung Oberschneiding ab, 12 km entfernt. Man notierte franco N. E. 4571 Mit Beilage, wodurch es zwar ein Dienstbrief blieb, aber einer, für den man das Franko selbst entrichten wollte.

Just aber daran mangelte es und man gab den Brief unfrankiert auf. Die Post in Straubing staunte wohl nicht schlecht, denn Briefe mit Frankovermerk ohne Marke(n) waren zur Korrektur der Adresse dem Absender zu retournieren, was man hier aber unterließ. Stattdessen taxierte man den Brief bis 15g mit 7 Kr. Porto als Fernbrief nach, die die Gemeindeverwaltung Oberschneiding am Folgetag zu zahlen hatte.



Aber da hatte man in Straubing die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn am 4.8.1872 sandte die Gemeindeverwaltung Oberschneiding den mittlerweile gewendeten Brief an den Magistrat nach Straubing zurück, vermerkte auch P(artei) S(ache), frei, die Exped.-Nr. 171 und mit Beilage, klebte aber nur 3 Kr. auf, die leider nicht reichten. Die aufmerksame Postexpedition wog den Brief und erkannte sein Gewicht auf 22gr, die oben links korrekt in blau notiert wurden. Damit lag er über 15g und erforderte ein Franko von 7 Kr.. Weil nur 3 Kr. verklebt worden waren, war zu rechnen: Unfrankierter Brief über 15 - 250g = 11 Kr. minus der Freimarke von 3 Kr. = 8 Kr. vom Empfänger einzuheben.

Diese wurde noch am selben Tag dem Stadtmagistrat belastet und vom Empfänger auf dem Brief mit: "T.Z.N. 783 III. Q(uartal) 1872 porto 8 Xr Zugschwert" vermerkt.

Der Gewinner dieser niederbayerischen Ränkespiele war aber die bayer. Post - statt 3 Kr. hin und 7 Kr. retour bekam sie 7 Kr. hin und 11 Kr. retour, also ein Gewinn von 8 Kr.. Mich freuts und ich hoffe, euch auch!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2016 11:15:18 Gelesen: 327331# 53 @  
Liebe Freunde,



heute von einem lieben Sammlerfreund bekommen und schon im Forum: Vom Armenpflegschaftsrath Eschenbach (gehörte zur Postexpedition = PE Triesdorf, die ca. 5 km weiter östlich liegt) an den Armenpflegschaftsrath Haundorf, ca. 5 km östlich von der zuständigen PE Altenmuhr, die für Haundorf zuständig war (Altenmuhr war selbst eine Postablage von 1.7.1861 bis 30.9.1867 der PE Gunzenhausen!).

Am 6.3.1872 in Eschenbach geschrieben, gelangte sie erst am 9.3.1872 in Triesdorf zur Post, um am selben Tag bei der PE Altenmuhr einzutreffen, von wo aus sie wohl am Folgetag nach Haundorf gebracht wurde. Leider weiß ich nicht, ob dieser Ort von Landpostboten (LBT) der PE Altenmuhr angelaufen wurde, weil ich keine Vorweise von Altenmuhr überhaupt kenne.

Am 13.3.1872 beantwortete man das Schreiben und gab es in Altenmuhr auf (HKS vorn), nachdem man die Adresse geändert und die Expeditionsnummer 10 beigefügt hatte (zuvor Nr. 7 von Eschenbach). Am 14.3.1872 kam sie in Eschenbach an und erhielt 2 Ankunftsstempel. Er wurde noch am 14.3.1872 in Eschenbach zugestellt.

Im Inhalt geht es um die nicht zu leistenden Feldarbeiten des Pfleglings Schuster.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2016 11:31:40 Gelesen: 327328# 54 @  
Liebe Freunde,



hier ein krummer Hund der JHV in Landshut: 3 Kr. frankiert in Welchenberg (oM 619) "frei recommandirt" am 15.5.1866 nach Schloß Egg bei Deggendorf.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Egg

Trotz der gewünschten Recommandation mangelt aber der Chargé - Stempel, auch ist keine Nummer vergeben worden. Dennoch glaube ich, dass er unter Reco lief, weil jemand Chargé in rot auf ihn pinselte und das liegende X als Zeichen der Bezahlung aller Postgebühren mag auch hier seinen Teil dazu beigetragen haben, dass der Verwalter Georg Schmaus in nur gegen Unterschrift ausgehändigt bekam.

Siegelseitig nur der Halbkreisstempel von Straubing vom 15.5.1866, mehr nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dikoe Am: 12.05.2016 14:36:38 Gelesen: 327125# 55 @  


Zum Brief nach Wien hier auch noch die Rückseite. Der hat also doch einen Portovermerk von 29 Kreuzer, der aber dann wohl durchgestrichen wurde (warum?). Vorne also dann 28 Kreuzer. Könnten die 6 Kreuzer in Rötel nicht die Gebühr bis zur bayerisch-österreichischen Grenze sein?

Gruß
Dieter
 
bayern klassisch Am: 12.05.2016 15:52:05 Gelesen: 327102# 56 @  
@ dikoe [#55]

Hallo Dieter,

vorne stehen, wie von mir bemerkt, 28 Kreuzer CM Porto für den Empfänger. Mit einen Kreuzer Botenlohn ergab das die hinten notierten 29 Kr. CM.

Bei Dienstbriefen wie hier fiel in Bayern bis zur österreichischen Grenze kein Porto an. Leider kann ich sie nicht erklären, nur ausschließen, was es nicht sein konnte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 13.05.2016 17:10:04 Gelesen: 327068# 57 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen einfachen Brief bis 8,75g aus München vom 23.9.1857 über Frankreich nach New York, der mit 45x frankiert wurde. 2 Tage später schlug er in Strasbourg auf und erhielt, neben dem obligatorischen Vertragsstempel noch den T.F. für Transit Francais.

Der Absender hatte "P(e)r Steamer frc. Liverpool notiert, was nicht auf die gewünschte Nutzung einer franz. Linie hindeutete. Tatsächlich landete er am 12.10.1857 in New York mit dem "AM(ERICAN) PACKET" an.

Die "Atlantic" der Collins Line hatte ihn am 30.9. in Liverpool abgeholt und am besagtem 12.10. in NY an Land gebracht.

Nach dem PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1847 kosteten Briefe via Le Havre nach NY 45x, via Frankreich und britischem Packetboot 45x und mit amerikanischem Packetboot 24x. Aber wie hätte der Münchner wissen sollen, wann welches Schiff welcher Packetroute ihn übernehmen würde? Eigentlich hatten die bayerischen Poststellen Listen, aus denen die Abfahrtszeiten der Linien hervor gingen. Aber was machen, wenn das angedachte Schiff weg war, der Brief aber noch unterwegs?

Jedenfalls freue ich mich, mal einen überfrankierten zeigen zu können, denn unterfrankierte (die oft durch rutschen), gibt es schon deutlich mehr.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.05.2016 17:48:24 Gelesen: 326957# 58 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen etwas ungewöhnlichen Brief mit etwas krimineller Energie der Nürnberger Absenderfirma Berger & Ziegler. Diese schrieben am 13.9.1862 den 1. Teil eines Briefes und am 17.9.1862 den 2. und letzten Teil ihres Briefes an die Firma Dupla Hermanos in Zaragoza (auch Saragossa manchmal geschrieben). Aber frankieren wollte man nicht ... Briefe nach Spanien kosteten zu dieser Zeit 18 Kr. über Frankreich offen spediert bis zur franz. - spanischen Grenze (Tarif ab 1.7.1858 ), oder alternativ über Preußen 9 Kr. frankiert bis zur deutsch - französischen Grenze.



Hier schmuggelte man in einem Paket den Brief an eine befreundete Firma im südfranzösischen Bayonne, welches nur ca. 30 km nördlich der spanischen Grenze lag und sorgte dort für eine unfreie Versendung nach Zaragoza. Der Empfänger bezahlte stattliche 18 Cuartos, die ca. 16 Kr. entsprachen. So riesig war der Gewinn also nicht und wenn die französische Post oder der französische Zoll versiegelte Briefe in Warensendungen feststellten, war immer eine Meldung von Paris nach München fällig, mit der man sich dies verbat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2016 16:15:11 Gelesen: 326821# 59 @  
Liebe Freunde,

ich freue mich heute einen Brief zeigen zu dürfen, der einen Anachronismus seiner Zeit zeigt, denn wir schreiben den 8.8.1868 und eine Käsesendung aus Biglen bei Bern nach Ludwigshafen in der Pfalz ist angesagt.





Wir erinnern uns, dass der DÖPV mit dem 31.12.1867 seine Existenz verloren hatte und mit ihm das 3 Zonensystem eingeführt worden war.

Diese Postsystematik war auch im Oktober 1852 für die Schweiz übernommen worden, indem man sie in 2 Tarifzonen (bis 10 und über 10 Meilen) teilte.

Während also die Korrespondenten in Deutschland ab dem 1.1.1868 munter für 3 Kreuzer (Kr.) hin und her schreiben konnten, wohin sie wollten in Deutschland, Luxemburg, Ungarn usw., galt der Altvertrag mit der Schweiz vom Okt. 1852 noch immer und damit auch das Distanzsystem der 3 Rayons in Deutschland und der 2 Rayons in der Schweiz. Erst zum 1.9.1868, also 3 Wochen nach Absendung unseres Briefes, wurde ein einheitliches System aus jedem Ort der Vertragsstaaten nach jedem Ort der Schweiz von einheitlich nur noch 7 Kr. eingeführt.

Aus der Pfalz waren immer, weil über 20 Meilen zu jedem Ort der Schweiz, 9 Kr. zu frankieren. Biglen bei Bern lag im 2. Schweiz - Rayon und hätte ein Weiterfranko von 6 Kr. erfordert (20 Rappen). Weil man aber statt 15 Kr. nur deren 12 Kr. geklebt hatte, konnte man der badischen Bahnpost nur 3 Kr. an Weiterfranko (in blau notiert) für die Schweiz bonifizieren. Baden nahm diese 3 Kr., trug sie als Weiterfranko in der Briefkarte nach Basel vor (Zug 19 auch noch vom 8.8.1868 und spedierte ihn der Bahnpost Basel - Olten zu. Diese erkannte die Unterfrankatur und taxierte ihn mit 10 Rappen nach, der der Empfänger zahlen musste (in Rötel, mittig nicht leicht zu erkennen).

Nett finde ich auch den selbstklebenden Verschluss des Absenders in preussisch - blau, der noch gut mit dem Briefpapier korrespondiert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.05.2016 16:52:53 Gelesen: 326460# 60 @  
Liebe Freunde,

bei dem ein oder anderen Brief huscht einem ab und zu ein kurzes Lächeln übers Antlitz, einfach weil man das Schmunzeln nicht unterdrücken will oder kann.

So war es auch bei dem hier, den ein liebes Forumsmitglied durch seine Passivität mir günstigst zukommen ließ (besten Dank dafür!).





In München am 15.7.1847 nach Wien adressiert und mit 15 Kreuzern rheinisch bezahlt (die hälftig zwischen Bayern und Österreich zu teilen waren und 12 Kreuzer Conventionsmünze entsprachen), wusste man nicht, wo man den guten Louis Hitzelsperger (man achte auf den Namen, wenn man im deutschen und britischen Fußball Ahnung hat!), immerhin ein Brauereigeselle, dort zu vermuten hatte und notierte unten links "Postrestando". Was damit gemeint war, ist wohl klar: Poste restante, also die Anweisung an die Wiener Post, ihn nicht zuzustellen zu versuchen, sondern ihn auf der Hauptpost liegen zu lassen für 3 Monate, bis der junge Herr Hitzelsperger ihn abholte, was auch passiert sein dürfte, denn er lief ja nicht retour.

Wien stempelte artig in rot für Frankobriefe Eingang und versah ihn mit einem Vermerk/einer Nummer, die ich nicht lesen kann. Leider weiß ich nicht, ob damals dieser Postdienst in Österreich kostenpflichtig war, oder nicht. Wer es weiß, darf es gerne hier posten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.06.2016 17:41:15 Gelesen: 326345# 61 @  
Liebe Freunde,

heute ein eher langweiliger Brief aus Lindau vo 26.2.1856 an die Baumwollspinnerey Lauffermühle bey Thüngen p(resso) Constanz. Hinten jungfräulich (leider!) zeigt er aber eine Vorgehensweise, die wir erst seit der Gründung des DÖPV kennen - nämlich das Festmachen an der frankierten Versendung zwischen Kaufleuten bzw. Firmen.



Hier schön dokumentiert an dem "franco" - Vermerk, auf dem man seinen blauen Lindauer Firmenstempel abschlug um zu zeigen, dass diese Firma sich gerne die 3 Kreuzer Portozuschlag sparte und nur fankiert versandte. Sonderbarerweise kenne ich - außer Bayern - kaum ein Land, in dem dies auch so gehandhabt wurde. Aber vielleicht habe ich nur noch nicht genügend andere DÖPV - Briefe gesehen.

Der Text ist auch gut lesbar und sehr interessant, wirft er doch ein etwas bedenkliches Licht auf das Geschäftsgebaren der Lauffermühle.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.06.2016 17:30:38 Gelesen: 326293# 62 @  
Liebe Freunde,

auch ein alter Hase wie ich hat in seinem Leben nicht viele Belege mit der Nr. 3 aus dem Jahr 1850 gesehen - vlt. waren es 4 insgesamt?



Die Marke kam nur bei ganz, ganz wenigen Stellen Ende Dezember 1850 an die Schalter, wenn es überhaupt mehr als 2 Schalter waren und wurde dann, weil die schwarzen Einser aufgebraucht werden sollten, erst einmal auf Halde gestellt.
Noch im Januar 1851 sind Verwendungen der Nr. 3 handverlesen, um so mehr in dem Jahr, in dem sie zum 1.10.1850 angekündigt, aber nicht ausgeliefert werden konnten.

Heute zeige ich einen Ortsbrief, meines Wissens den ersten mit dieser Marke überhaupt, aus Augsburg vom 31.12.1850 an Fr. Mittler, dessen schöner Inhalt mir sofort gefiel. Wer sich die Marke genauer betrachtet, findet diese "Erstausgabe" noch recht schroff in den Ecken, nicht so rund, wie man sie in der Masse über viele Jahre später kennt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.06.2016 10:22:33 Gelesen: 326211# 63 @  
Liebe Freunde,

einen der wichtigsten Transitbriefe, die ich je besessen habe, darf ich heute vorstellen:





Leipzig 21.9.1852 über Bayern (sehr unüblich, weil Wohlen als Zielort in der zentralen / westlicheren Schweiz liegt und dafür Baden als Leitweg anzusehen war) am 22.9. (bayer. Bahnpost Hof - Nürnberg) nach Wohlen im Aargau.

Nach dem DÖPV - Vertrag vom 1.7.1850 je Loth über 20 Meilen 9 Kreuzer, die Leipzig brav in blauer Kreide notierte und die man, daher auch rheinische Kreuzer, Bayern belastete.

Bayern notierte 12 Kr. für seinen Transit, den es eben gerade nicht im DÖPV geben sollte und durfte!

Daher kam der Brief mit 21 Kr. belastet in der Schweiz an, die 75 Rappen entsprachen. Für die Schweiz kamen über 25 - 40 Wegstunden 6 Kr. = 20 Rappen dazu, so dass der Empfänger total 95 Rappen (= 27 Kr.) zahlen musste.

Pro memoria: Sachsen - Baden - Schweiz hätte 9 Kr. für Sachsen und 4 Kr. für die Schweiz (10 bis 25 Wegstunden) = 14 Kr. gekostet. Welch ein Unterschied und ein bayer. Affront gegenüber allen Beteiligten.

Als Kirsche auf dem Sahnehäubchen A) waren Muster eingelegt worden und B) war der Absender Isler selbst (Leipziger Messe!). Eine eierlegendere Wollmilchsau muss mir erst mal einer zeigen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.06.2016 15:42:20 Gelesen: 325839# 64 @  
Liebe Freunde,

6 blaue bzw. blauviolette Stempel (allesamt dadurch illegal) findet man in den 1870er Jahren nicht auf jedem Brief, daher war es meine vornehmste Aufgabe, ihn in meine kleine Retourbriefsammlung aufzunehmen.



Ursprünglich geschrieben vom Landgericht Mainburg am 14.5.1874 an das Landgericht Geisenfeld als portofreie Regierungssache bei 2 Meilen fast Tür an Tür gelegen. Am 15.5. lief er über Wolnzach Bahnhof (auch nur 2 Meilen entfernt), um dann am Folgetag dem 16.5. endlich in Geisenfeld anzukommen.

Noch am selben Tag (16.5) korrigierte man die Adresse und gab ihn neu versiegelt in Geisenfeld auf. Jetzt war er noch am selben Tag in Wolnzach Bahnhof und kam am 17.5. wieder in Mainburg an.

Auch simple Briefe haben ein Gesicht, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.06.2016 19:04:46 Gelesen: 325819# 65 @  
Wer A sagt, muss auch B sagen. Also sage ich mal Bamberg, 7.12.1868 nach Barmen (heute ein Stadtteil von Wuppertal) mit 3 Kr. treffend bis 1 Loth frankiert.



Aber - oh weh - der Empfänger weilte dunnemals schon nicht mehr unter den Lebenden, so dass die Abgabepost dort frontseitig "retour 8.12." und siegelseitig der Briefträger "Adressat ist gestorben. Unterschrift, Briefträger" notierte.

Am 9.12. schlug er bereits wieder in Bamberg, einer der schönsten Städte der Welt, ein und wurde seinem Absender retourniert, dem Absenderstempel sei Dank. Schade, hätte ihn noch lieber gehabt mit einem Wäppchen der Retourbriefcommission von dort.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.06.2016 16:44:29 Gelesen: 325689# 66 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein hübsches Portobriefchen aus München vom 13.10.1860 nach Wien, bei dem die Aufgabepost 20 Neukreuzer in dunkelblauer Tinte (so noch nie gesehen von München) angesetzt hat. Als Postvereinsbrief über 20 Meilen waren 15 Nkr. zu rechnen und der Portozuschlag von 5 Nkr. war auch nicht vergessen worden.



Beim direkten Paketschluß- und Abgabepostamt Wien wurden diese "fremden" 20 Nkr. umrandet, damit der Stadtbote gleich erkannte, was er zu kassieren hatte und am 15.10.1860 tat er das wohl auch gewissenhaft bei dem Herrn Doktor Friedrich von Hurter, immerhin Reichshistoriograph [1].

Ich hoffe nicht, dass aus mir noch irgendwann einmal ein Sophy - Sammler wird und ich damit in Konkurrenz zu anderen treten könnte ... :-)

Für mich etwas überraschend ist der rote Wiener Stempel, den ich bei Portobriefen eher in schwarz erwartet hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjQta7hu83NAhWpa5oKHcpzBeUQFggcMAA&url=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FFriedrich_Emanuel_von_Hurter&usg=AFQjCNFT6Cz8aORJX8Lqwj08oSm6in5CiQ&sig2=VAoxIw2Lun8P63nBjyLDVA
 
Max78 Am: 26.07.2016 11:16:01 Gelesen: 325091# 67 @  
Hallo zusammen,

das Thema heißt zwar Brief erklären, aber auf dem Gebiet Bayern bin ich ein absoluter Laie und brauche viel eher eine Erklärung. Ohne einen Beleg vorzustellen, geht es mir um die Erläuterungen im Michel, die ich nicht genau verstehe. Leider habe ich zu dieser Frage kein besseres Thema gefunden:

Es geht um die Bemerkung zu der 9 Kreuzer Mi.11: "Besondere Frankaturen: Mi. 11 als EF im Inland 250 €."

Diese höhere Bewertung muss ja einen Grund haben. Bei den anderen altdeutschen Staaten findet man etwas genauere Einzelaufführungen zu besonderen Versendungsarten.

Da der Michel nicht gerade genau ist nun meine Frage:

Welche Möglichkeiten gab es, einen Brief/Postsendung innerhalb Bayerns (Pfalz) portogerecht mit 9 Kreuzer zu versenden (Zeitraum 1.10.1862 bis 01.08.1865) ?

Wäre über ein Auskunft dankbar,

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 26.07.2016 11:43:39 Gelesen: 325081# 68 @  
@ Max78 [#67]

Hallo Max,

eine gute Frage, die der Michel sicher nicht erklären kann.

Die Nr. 11 wurde am 1.10.1862 an die Schalter gegeben. Innerbayerisch galt bis zum 31.7.1865 das Reglement vom 1.1.1861 mit Veränderung des Lothgewichts zum 1.4.1862 von 15.625g auf 16.66g, indem man das Zollpfund von 500g nicht mehr in 32 Lothe aufteilte, sondern nur noch in 30 Lothe.

Ortsbriefe oder Briefe in den Lokalbezirk der Aufgabepost konnten bei einem Gewicht von 9 bis 10 Loth mit 9 Kr. frankiert werden (größte Raritäten, die vierstellig kosten würden), aber es gibt sie von München.

Fernbriefe innerhalb Bayerns kosteten je Loth in dieser Zeit 3 Kr. bis 12 Meilen und 6 Kr. über 12 Meilen oder im Wechselverkehr zwischen der Pfalz und dem rechtsrheinischen Bayern.

9 Kr. konnten also erreicht werden durch Briefe in der 1. Entfernungsstufe bis 12 Meilen mit über 2 bis 3 Loth und für die Pfalz alle Briefe ohne Entfernungsunterschied innerhalb der Pfalz bei gleichem Gewicht.

Zum 1.8.1865 reduzierte man das Franko innerhalb Bayerns auf 3 Kr. je Loth unabhängig von der Entfernung, also auch im Wechselverkehr zwischen der Pfalz und dem rechtsrheinischen Bayern. Aber es gab nur noch 2 Gewichtsstufen, nämlich bis 1 Loth wie eben beschrieben und über 1 bis 15 Loth, für welche nun nur noch 6 Kreuzer zu frankieren waren. Ortsbriefe kosteten nun 1 Kr. bis 1 Loth und 2 Kr. bis 15 Loth. Der Wert von 9 Kr. war also im normalen Briefpostverkehr nicht mehr erreichbar und auch Drucksachen, die zuvor noch 1 Kr. je Loth gekostet hatten, waren nun mit 1 Kr. je 2 1/2 Loth zu frankieren, so dass wir hier auch keine 9 Kr. mehr erreichen konnten.

Theoretisch möglich wären ein innerbayerischer Expressbrief mit einer Nr. 11, bei dem der Absender portofrei gestellt war, die Rekommandationskosten von 6 Kr. bar bezahlt wurden und nur die Expressgebühr als Weiterfranko für die Abgabepost/den Expressboten in Höhe von 9 Kr. durch Marke(n) frankiert wurde. Einen derartigen Brief habe ich jedoch in 40 Jahren Bayernsammelei nie gesehen und es ist fraglich, ob es ihn so je gegeben hat.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 26.07.2016 12:19:41 Gelesen: 325072# 69 @  
Hallo Ralph,

vielen Dank für Deine Erläuterung, die ich erst 3-4 mal durchlesen mußte, bis ich sie wirklich verstanden habe. Ich werde mir das auf jeden Fall mal ausdrucken zum Eigengebrauch, wenn es ok ist.

Ich hatte bei der Tabelle vom Michel tatsächlich die Gewichtsstufen übersehen, da hätte ich eventuell noch auf etwas "portogerechtes" kommen können. Aber die Tabelle ist im Vergleich zu Deiner Ausführung natürlich dürftig.

Ich finde es noch ganz interessant mit den Barzahlungen auf Abholschein bei Einschreiben. Das kenne ich von anderen Gebieten nicht. Eventuell dürfte ja auch das dafür gesorgt haben, das manche Einzelfrankaturen höherer Kreuzerwerte selten sind.

Schönes Sammelgebiet und lehrreich,

mit einem herzlichen Dank Max
 
bayern klassisch Am: 26.07.2016 12:45:21 Gelesen: 325068# 70 @  
@ Max78 [#69]

Hallo Max,

klar darfst du das ausdrucken - wirst nicht der Einzige bleiben, der das macht (hoffe ich). :-)

Ich finde es noch ganz interessant mit den Barzahlungen auf Abholschein bei Einschreiben. Das kenne ich von anderen Gebieten nicht. Eventuell dürfte ja auch das dafür gesorgt haben, das manche Einzelfrankaturen höherer Kreuzerwerte selten sind.

Das hat aber nichts mit der Briefpost zu tun - Fahrpost war erst zum 1.2.1872 mit Marken frankierbar, so dass es keine Nr. 11 bei dieser Verwendung geben konnte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 26.07.2016 13:44:43 Gelesen: 325060# 71 @  
Hallo Ralph,

vielleicht habe ich es falsch verstanden oder mal wieder missverständlich ausgedrückt, aber ich dachte, dass wenn zu Zeiten der Mi. 11 ein Brief per Einschreiben versendet wurde, die "Zusatzleistung" nicht in Frankatur verklebt wurde, wie in manch anderen Staaten. Somit eine höhere Frankatur auf Brief innerhalb Bayerns noch unwahrscheinlicher war.

Bringe ich da irgendetwas durcheinander? mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 26.07.2016 16:06:28 Gelesen: 325034# 72 @  
@ Max78 [#71]

Hallo Max,

zu Zeiten der Nr. 11 betrugen die Kosten für die Recommandation ("Chargé") 6 Kreuzer. Diese waren Teil des Gehalts der damaligen Postexpeditoren bzw. kamen bei der Aufgabe von Briefen dort, wo bayerische Postbeamte saßen, den verschiedenen Postbeamtenkassen zugute. Erst zum 1.3.1874 mussten die Kosten für die Recomamandation in Marken geklebt werden (ab 1.1.1868 war sie von 6 Kr. auf 7 Kr. zur Freude der Postler angehoben worden).

Die Kosten für Rückscheine = Retour - Recepissen waren denen von Chargé gleich gestellt, wurden aber auch praktisch nie auf dem Brief selbst verklebt (es gibt Ausnahmen).

Haben wir also einen eingeschriebenen Brief der 3. Gewichtsstufe vor uns, müssten wir von einer 15 Kr. Frankatur sprechen, wäre dieser noch mit einem Rückschein versehen worden, gar von einer 21 Kr. Frankatur. So mache ich das auch, wenn ich meine Sammlungen ausstelle. Die meisten begreifen das aber nicht, weil sie die Höhe der Nominale der verwendeten Marken mit der Höhe der Kosten = Frankatur gleichsetzen und nicht erkennen, was nicht zu sehen ist.

Da machst du es schon gedanklich besser.

Zum Sammelgebiet Bayern allgemein [#69]: Es gibt kaum etwas ergiebigeres als Bayern, wenn man die deutsche Klassik sammelt, weil es Unmengen von Briefen gibt, von denen die allermeisten nicht fälschungsgefährdet sind, sie wenig kosten, man viel aus ihnen lernen kann, die Literatur umfangreich ist und immer umfangreicher wird (s. http://www.arge-bayern.net ) und doch vieles nicht geklärt ist, so dass man bis zum Sanktnimmerleinstag forschen und sich austoben kann.

Wenn du also zum Bayernsammeln findest, darf ich dich herzlich beglückwünschen - ob hier im Forum, oder in der Gemeinschaft meiner ARGE, oder wo auch immer. Bayernsammler gibt es überall und das ist spitze!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 26.07.2016 16:39:22 Gelesen: 325029# 73 @  
Vielen Dank nochmals, Ralph, für diese 2. Erläuterung. Es kommt langsam Licht ins Dunkle. .-)

Dass einem auf diesem Gebiet nicht langweilig werden kann, kann ich mir bis jetzt nur vorstellen. Eines gefällt mir an den Kreuzerwerten auch noch: die einfache und praktische Gestaltung. Große Ziffern, keine knalligen Farben, kein Porträt und wenig Schnickschnack. Man sollte sich bei der 6 nur nicht auf den Kopf stellen.

Ich werde mal schauen, dass ich in Zukunft ein wenig mehr über das Medium "Lektüre" lernen werde, wende mich aber bei Fragen gerne wieder über diesen Weg an Dich.

Einen schönen Abend noch

mit herzlichen Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 26.07.2016 18:14:45 Gelesen: 325007# 74 @  
@ Max78 [#73]

Hallo Max,

gerne doch - doch Vorsicht: In der Sekundärliteratur (Michel et altera) steht viel Mist bzw. Halbwahrheiten. Lieber hier nachfragen, dann helfe ich gerne, wenn ich kann, denn ich habe die Primärliteratur praktisch komplett und brauche in der Regel keine Sekundärliteratur, wenn es ums Inland geht.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 27.07.2016 13:43:49 Gelesen: 324947# 75 @  
Liebe Freunde,

ein kleines Schmankerl zeige ich heute, welches eine Spezialität nach nur diesem Postvertrag war.



Geschrieben in Hof am 11.1.1827, erhielt er am selben Tag den Aufgabestempel des Grenzpostamts Hof. Doch es wird wohl schon der 12.1.1827 gewesen sein, als man ihn abspedieren konnte.

Ausweislich des Vertrages, hier: Dr. Joachim Helbig, Bayerische Postgeschichte 1806 - 1870, S. 80 + 81) stand Bayern das Porto von Hof bis Erfurt zu, damals 2 Gutegroschen. Diese wurden auch unten links mit Rötel notiert. Preußen strich diese und notierte statt deren 2 ?/?, was ich leider nicht sicher lesen kann, ich denke, es hieß 2 3/4 Sgr..

Dazu kam das Porto von Erfurt bis Langensalza (heute: Bad Langensalza), das dann 1 3/4 Sgr. betragen haben müsste, mit dem sich ein Gesamtporto von 4 1/2 Silbergroschen ergab.

Anmerkungen und Korrekturen sind ausdrücklich erwünscht!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 27.07.2016 15:27:50 Gelesen: 324936# 76 @  
Hallo Ralph,

jetzt bin ich mal froh, dass ich Dir eventuell weiterhelfen kann: ich glaube, dass allein dieser Schriftzug schon 4 1/2 bedeutet:



Das andere könnte eventuell das Währungskürzel oder irgendetwas mit Meilen zu tun haben (Zahl + Meilen; mit großem ?),

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 27.07.2016 15:35:30 Gelesen: 324932# 77 @  
@ Max78 [#76]

Hallo Max,

ja 4 1/2 Silbergroschen, das Gesamtporto, hatte ich auch so gesehen und geschrieben. Das Problem der Zeit war, dass der Postvertrag Bayerns mit Preußen vom 1.7.1816 noch auf den preußischen Gutegroschen fusste, die einen Tick über 4 Kreuzer wert waren, während Preußen Ende 1821 intern auf den billigeren Silbergroschen abwertete, also aus dem Thaler mehr Groschen schlug, als zuvor (jetzt: 1 Sgr. = 3,5 Kreuzer).

Bayern bestand aber hinsichtlich der Verrechnungen der beiderseitigen Porti auf die vertraglich fixierten 4 Kreuzer und wollte natürlich keine 3,5 Kreuzer haben. Erst der neue Postvertrag vom 1.4.1835 änderte das, weil jetzt der Sgr. aktuell war und nur noch 3,5 Kreuzer angesetzt zu werden brauchte. Alles gar nicht so einfach damals.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 04.08.2016 08:25:51 Gelesen: 324769# 78 @  
Hallo Ralph,

Du hattest geschrieben:

Preußen strich diese und notierte statt deren 2 ?/?, was ich leider nicht sicher lesen kann, ich denke, es hieß 2 3/4 Sgr

Und das ist definitiv falsch. Aber es soll ja anscheinend Menschen geben, die fehlerfrei sind.

Mit geducktem Gruss an den Altmeister
 
bayern klassisch Am: 04.08.2016 09:24:36 Gelesen: 324762# 79 @  
@ Max78 [#78]

Hallo Max,

Preußen strich diese und notierte statt deren 2 ?/?, was ich leider nicht sicher lesen kann, ich denke, es hieß 2 3/4 Sgr.

Und das ist definitiv falsch.


Diese Briefe nach Langensalza haben im gleichen Vertragszeitraum unterschiedliche Gebühren von Erfurt bis Langensalza, die sich über das Gewicht allein nicht erklären lassen. Ich denke, es gab da

a) neue Regelungen, die uns heute nicht mehr bekannt sind, oder
b) einen, der gerne mal einen Fehler machte.

Wenn es aber nicht 2 3/4 hieß, wie wäre es dann richtig gewesen?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 04.08.2016 12:51:57 Gelesen: 324737# 80 @  
Moin Ralph,

wieso so kompliziert ?

Ich glaube, man könnte bei Dir die handschriftlichen Vermerke verdecken, und Du könntest anhand der Orte und Datum das Porto trotzdem genau berechnen. Fast schon "Wetten Dass - reif".

Nun war mir aber Deine Rechnung mit 2 3/4 Sgr. plus Porto 1 3/4 Sgr. (Erfurt - Langensalza) doch ein wenig zu "verkompliziert" ausgedrückt/gerechnet.

Einfacher ausgedrückt:

Die 2 Gutegroschen wurden gestrichen und 2 Sgr. notiert, die dann vom selben Beamten durchgestrichen wurden und auf das Gesamtporto 4 1/2 "verbessert" wurden.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses hier 2 3/4 bedeutet:



Um einen Vergleich zu geben, hier einen Beleg aus dem Beitrag # 327 von Magdeburger zum Thema "Altdeutschland Preussen: Schöne Belege" (ich hoffe das geht in Ordnung):



mit besten Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 04.08.2016 13:35:01 Gelesen: 324720# 81 @  
@ Max78 [#80]

Hallo Max,

du überschätzt mich - leider!

Bayern verlangte immer das Äquivalent von Guten Groschen, also 1 Guter Groschen = 4 Kreuzer. Wenn Preußen 2 Gute Groschen = 2 Silbergroschen gerechnet hätte, wie du es annimmst, hätten sie eine Währungsverlust gehabt, weil sie Bayern hätten 8 Kreuzer vergüten müssen, aber 2 Sgr. nur 7 Kr. wert waren.

Oder heißt es vielleicht 2 1/4 Sgr.? Oder 2 1/3 Sgr.? Das hätte man in 8 Kreuzer reduzieren können. Der Vergleich der Hände ist zwar geschickt und oft auch zielführend, aber halt nicht immer, weil viele in ihren Ligaturen stark differierten.

Alles nicht so einfach, diese alte Zeit.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 04.08.2016 14:18:41 Gelesen: 324712# 82 @  
Hallo Ralph,

Wenn Preußen 2 Gute Groschen = 2 Silbergroschen gerechnet hätte, wie du es annimmst, hätten sie eine Währungsverlust gehabt

Mir ist es leider nicht möglich, die Gedanken des Postbeamten zu lesen, aber ich gehe nicht davon aus, dass die "durchgestrichene 2" etwas mit der Verrechnung der Guten Groschen zu tun hatte.

Folgendes Gedankenspiel:

Ein Brief von Erfurt nach Langensalza (ca. 37 km = ca 5 Meilen) kostete mit einem Gewicht von 3/4 Lot 2 Silbergroschen. Auf die Schnelle vermerkte es der Postbeamte so, bis ihm klar wurde, dass er ja noch die Verrechnung der Guten Groschen hinzufügen mußte, und verbesserte auf 4 1/2. Somit 2 1/2 Silbergroschen für 2 Gute Groschen.

Das Gekritzel hinter der 2 sieht für mich nicht wie ein "Bruch" aus.

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 04.08.2016 15:53:17 Gelesen: 324694# 83 @  
@ Max78 [#82]

Hallo Max,

ja, das Gekritzel ist ein Briefteil eines Groschen.

Das Problem bei deiner Theorie ist aber, dass Bayern seinen Anspruch mit 2 Guten Groschen notiert hatte (Rötel unten links) - die musste Preußen mit seinem eigenen Porto beim Empfänger wieder reinholen. Da 2 Gutegroschen knapp 20% wertvoller waren, als die Silbergroschen, in denen Preußen damals schon zu rechnen pflegte, musste hinter der "2" noch was (ein Bruch - Silbergroschen) kommen, sonst machte Preußen minus.

Aber vlt. finden wir es nie heraus, ob diese Ligatur 2 1/4, 2 1/3, 2 1/2, 2 2/3, 2 3/4 bedeuten sollte - die damals werden es schon gewusst haben und wenn man sehr alte Briefe nicht 100%ig beschreiben kann, dann ist das auch kein Beinbruch - der Hang zur Perfektion sollte beim Sammler der Vormarkenzeit nicht allzu ausgeprägt sein.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 04.08.2016 16:33:05 Gelesen: 324688# 84 @  
Hallo Ralph,

und wenn es eine Ligatur wäre, dann ist es wurscht, schließlich wurde sie DURCHGESTRICHEN und es wurden mit 4 1/2 Groschen kein MINUS, sondern Plus gemacht.

Ich habe Dir als Vergleich extra den Brief von Magdeburger herausgesucht. Schau Ihn Dir bitte noch einmal genau an. 2 1/2, 1/4 oder sonst was würden da auch absolut keinen Sinn machen, eher ist es ein Anhängsel wie "n" oder "m".

Genau sollte man bei diesem Thema schon hinschauen, gerade als Sammler. Du zeigst es uns ja anhand von vielen Beispielen sehr anschaulich. Leg doch das Brieflein einfach noch auf eine Waage, eventuell läßt sich daraus noch etwas schließen (wenn Inhalt vorhanden).

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 04.08.2016 17:02:04 Gelesen: 324681# 85 @  
@ Max78 [#84]

Hallo Max,

ja, das wurde gestrichen, floß aber mit der preußischen Taxe in das Endporto von 4 1/2 Sgr. ein. Die Frage ist halt: Wüsste wir sicher das Porto von Erfurt nach Langensalza, wüssten wir auch, was Bayern bekommen hat.

Der Brief muss für 2 Gutegroschen in Bayern einfach (bis 1 Loth) gewesen sein. Heute wiegt er auch klar darunter, da brauche ich nicht mal eine Waage.

Es ist hinter der gestrichenen 2 ?/? sicher kein "n" oder "m", auch wenn es so aussieht. Glaub mir, ich mache das schon über 35 Jahre. Aber die Preußen haben halt manchmal in Stresszeiten den Bruch schludrig geschrieben, auch wenn sie sonst vorbildlich akkurat waren.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 04.08.2016 17:54:44 Gelesen: 324674# 86 @  
Na dann, Ralph, werden wir es wohl so hinnehmen.

Es gibt bestimmt einige Sammler hier im Forum, die es mit dem Porto in Preussen besser drauf haben wie ich. Da wird der wikipedia-Artikel wohl auch nur an der Oberfläche kratzen.

Einen schönen Donnerstag Abend miteinander
 
bayern klassisch Am: 06.08.2016 08:24:12 Gelesen: 324629# 87 @  
Liebe Freunde,



heute wieder ein Fund aus der Bucht - angeboten war eine hübsche, vollrandige Nr. 14a auf Ortsbrief von Kaufbeuren. Nun sind Ortsbriefe ja nichts besonderes bei Bayern, aber für gewöhnlich steht als Ortsbezeichnung "Dahier" oder "Hier" auf ihnen und eher seltener der Ort. Daher ahnte ich, was auch so war: In Wirklichkeit war es kein Orts-, sondern ein Fernbrief aus Regensburg, der am 20.1.1868 dort verfasst wurde. Wie er genau nach Kaufbeuren kam, wissen wir nicht.

Als Möglichkeiten biete ich an:

1. In einem anderen Brief versteckt ("Unterschleif"),

2. Von einem Reisenden (eigene Firma, Bekannter, Spediteur usw.), der nach dorthin unterwegs war, mitgenommen,

3. In ein Paket eingepackt zu einer Warensendung nach Kaufbeuren an einen anderen Händler dort (dann war er sicher in Regensburg vorfrankiert worden), oder

4. hatte man am 20.1.1868 zahllose Drucksachen auf blauem Papier aufgegeben und diesen hier unerkannt untergeschmuggelt, was ich aber eher für eine leicht gewagte These halte, auch wenn ich dergleichen kenne/habe.

In jedem Fall kam der Brief am 22.1.1868 unter die Fittiche des Kaufbeurers, der ihn nicht mit dem Mühlradstempel, sondern seinem Rahmenstempel bedruckte, aber das ist ja ein anderes Thema.

Oft wird in der Sekundärliteratur der 1.1.1868 (Erster Tag des Norddeutschen Bundes, damit des Norddeutschen Postbezirks und die Übernahme der meisten Postvorschriften in Bayern) als das Datum gefeiert, an dem man von dem veralterten DÖPV endlich in die Neuzeit katapultiert wurde und alles moderner und wohlfeiler wurde.

Für Bayern traf das aber nicht so ganz zu: Waren zuvor schon alle einfachen Briefe mit 3 Kreuzern bayernweit sehr günstig geworden, so kosteten zuvor Briefe über 1 - 15 Loth nur 6 Kr., ab dem 1.1.1868 jedoch um die Einheitlichkeit zu wahren 7 Kr., dem Äquivalent der anderen Währungen in den Vertragsstaaten mit 2 Silbergroschen bzw. 10 Neukreuzern. De facto erhöhte sich also das Franko bei schweren Briefen um 17%! Am Franko für Ortsbriefe von nur 1 Kr. änderte sich nichts. Porto kosteten sie 3 Kr., schwere 6 Kr. (statt 7 Kr., wie man annehmen könnte, aber das war eine rein interne Gebühr und da wollte man einfach mal zeigen, dass man sein Postregal noch immer besaß).

Auch bei Portofernbriefen gab es zuvor nur die Stufen 6 Kr. bis 1 Loth und 12 Kr. über 1 bis 15 Loth, welche danach 7 Kr. und 11 Kr. kosteten, also wieder 17% teurer bei den Standardbriefen und bei den schweren eine moderate Senkung um 8%.

Nimmt man noch die Erhöhung der Chargégebühr von 6 Kr. auf 7 Kr. und die für Rückscheine von ebenfalls 6 Kr. auf 7 Kr. hinzu, so wurde zum 1.1.1868 so gut wie nichts günstiger, aber viele teurer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 06.08.2016 11:28:13 Gelesen: 324617# 88 @  
@ bayern klassisch [#83]
@ Max78 [#86]

Hallo ihr beiden,

ich bin relativ sicher, dass oben bei dem Brief hinter der 2 ggr. als Währungsabkürzung steht und kein Bruch. Es ist nur die Wiederholung der linken "2".

2 ggr entsprechen 2 1/2 Sgr., nur dies kann ich beim besten Willen nicht erkennen.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 06.08.2016 18:43:05 Gelesen: 324593# 89 @  
@ Magdeburger [#88]

Lieber Magdeburger,

das kann natürlich auch sein - aber dann sind wir wieder da, wo wir immer schon waren: Ganz am Anfang. Aber egal, es macht doch Spaß hier im Forum gemeinsam zu knobeln, wie es gewesen sein könnte. Der Weg ist das Ziel. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 06.08.2016 18:58:00 Gelesen: 324591# 90 @  
@ bayern klassisch [#89]

Lieber Bayern Klassisch,

mit Hilfe der Taxquadrate ergibt sich zwischen Erfurt und Langensalza 3 Meilen Entfernung und das Porto betrug hierfür dann 2 Sgr. laut preussischer Portotaxe.
Wenn Bayern 2 ggr. = 2 1/2 Sgr. zustanden + 2 Sgr. preussisch, ergibt sich 4 1/2 Sgr. -> habe ich jetzt einen Denkfehler?

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 06.08.2016 20:03:08 Gelesen: 324579# 91 @  
@ Magdeburger [#90]

Lieber Magdeburger,

es gibt aus dieser Korrespondenz aber Briefe der 1. Gewichtsstufe mit 1 Sgr. Porto von Erfurt nach Langensalza, von 3/4 Sgr., von 1 1/2 Sgr. - Kann es sein, dass man die Gebühren modifiziert hatte?

Ansonsten würde deine Rechnung aufgehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 06.08.2016 20:07:15 Gelesen: 324577# 92 @  
@ bayern klassisch [#91]

Lieber Bayern Klassisch,

dazu kann ich leider nichts sagen.

Mit freundlichen Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 26.08.2016 09:14:54 Gelesen: 324167# 93 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief aus meiner pfälzischen Heimat, genauer gesagt aus dem schönen Neustadt an der Haardt, vom 19.12.1853 nach Langnau in der Schweiz. Der Absender frankierte 15 Kreuzer, die sich aus dem Postvereinsfranko von 9 Kr. per Marke und 6 Kr. Weiterfranko bar erklären ließen. Diese 6 Kr. Weiterfranko wären der badischen Bahnpost zu bonifizieren gewesen, die sie dann der Schweiz gutzuschreiben hatte.



Dass alles in den Büchern o.k. war, bezeugt der in Rötel ausgeführte "Erledigungsstrich" von Basel, wo man vergessen hatte, zu stempeln.

Nicht vergessen zu stempeln hatte man in Bern am 21.12.1853 und am selben Tag in Langnau.

Ich danke der Aufgabe- und Transitpost für ihre fehlerhafte Behandlung - so wandert er in die Bayern - Schweiz - Sammlung.

Diese Spielart war nur bis zum 31.3.1854 möglich - davor galten Marken für das Ausland nicht und wären auch nicht angerechnet worden, daher gibt es nicht viele Briefe mit dieser geteilten Frankoabgeltung.

Ich kenne mit diesem 3 Briefe aus der Pfalz mit geteilter Frankoabgeltung in die Schweiz.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2016 14:15:31 Gelesen: 323892# 94 @  
Liebe Freunde,



netter Brief der Firma Jenisch aus Kempten an die Firma David in Francomont in Belgien vom 22.01.1831 (Belgien war frisch gegründet worden - der früheste Bayernbrief nach Belgien, den ich kenne). Es war ein Teilfrankobrief. Der Absender zahlte 14 Kreuzer (Kr.) bis Aschaffenburg. Die vorn vermerkten 2 Silbergroschen (Sgr.) waren an Taxis für deren stillen Transit (Aschaffenburg - Koblenz). Mit ihnen verlangte Preußen 4 1/2 Sgr, also ca. 14 Kr.. In Belgien war es aber ein Brief der 2. Gewichtsstufe (PV Bayern - Preußen 1.5.1816 war bis 1 Loth einfach, in Belgien aber nicht!), so dass er total 15 Stuiver = 40 Kr. kostete. Die Gesamtgebühr betrug daher 54 Kr., fast einen Gulden! Das waren immerhin 15 Mittagessen, also nicht gerade wenig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.09.2016 16:53:20 Gelesen: 323850# 95 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief aus München vom 21.8.1865, der doppelt interessant ist. Absender war die General - Bergwerks- und Salinen - Administration in München an das K. Salinen - Forstamt in Ruhpolding. Die Absenderbehörde notierte, und das finde ich hochinteressant, "Rekommandirt" und fügte hinzu "Gegen Recepisse". Nun lernt ja jeder bayerische PO - Schüler, dass Chargé, Recommandirt, gegen Schein usw. das Gleiche darstellt - und das ist auch richtig. Nur beim Begriff Recepisse kennen wir zwei unterschiedlichen Deutungen: Einmal wollte der Absender die Einschreibung, einmal wollte er einen Rückschein, amtlich "Retour - Recepisse" genannt.

Hier darf angenommen werden, dass das Wort Recommandirt für die Einschreibung und das Wort Recepisse für die Beibringung eines Rückscheins (Post - Lieferscheins) gewählt wurde.

Nett zu sehen, dass siegelseitig der 7A - Stempel von Traunstein den Transit nach Ruhpolding dokumerntiert. Wie der Stempel aussieht, war er damals sehr frisch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.09.2016 14:50:12 Gelesen: 323586# 96 @  
Liebe Freunde,

der Threadtitel heißt eigentlich "erklären", aber hier möchte ich mal einen Bayernbrief zeigen und euch raten lassen, warum er etwas ganz besonderes ist und war.



Nun zu den Fakten: Geschrieben in Lindau am 6.12.1852 war er gerichtet an den Weinhändler Otto Vogler in Kreuzlingen im Kanton Thurgau. Der Absender frankierte 6 Kreuzer, mehr nicht. Über den Bodensee kam era m 7.12.1852 nach Romanshorn und wohl am selben Tag oder einen Tag später in Kreuzlingen an.

Wo liegt die Besonderheit (oder gar die Besonderheiten?)?

Ich bin mal gespannt, wer sich den Brief zu beschreiben wagt. Nur Mut - er wird wie immer belohnt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 23.09.2016 14:18:00 Gelesen: 323532# 97 @  
Hallo Ralph,

auch wenn ich wenig Ahnung habe, versuch ich es mal und ich greife dabei auf Daten zurück, die Du in diesem Forum schon für die Allgemeinheit bereitgestellt hast!

1. Nach Infos zum Postvertrag 1.10.1852 würde man für einen einfachen Brief 3 Kreuzer für Bayern und 3 für die Schweiz berechnen (jeweils 1. Rayon bis 10 Meilen), dann wäre dieser Brief portogerecht. Allerdings fehlt da doch etwas: der Rötel seitens der Schweiz, die 3 Kreuzer hätten auf dem Brief vermerkt werden müssen?

2. Aus einem anderen von Dir geschriebenen Beitrag habe ich gelesen, dass Kreuzlingen bei "Entfernungsbemessung" vergessen wurde. Hat das eventuell damit zu tun? Somit könnte man es vielleicht so erklären: der Brief war im eigentlichen Sinne überfrankiert. Das Porto für "Lindau/Romanshorn" (über den Bodensee per Schiff) berechnete sich aus dem vereinbarten Porto 3 Kreuzer für Sendungen unter 5 Meilen (3 Kr. für den Staat, wo der Brief abgesendet wurde). Die Schweizer Seite verzichtete auf ihren Teil, da Kreuzlingen nicht zu verrechnen war. Bayern freute sich über 3 Kr. mehr im Beutelchen.

Alles nur Spekulation, aber einen Versuch wert. Das auffälligste auf jeden Fall: Kein Rötel seitens der Schweiz,

herzliche Grüße Max
 
mljpk Am: 23.09.2016 17:32:26 Gelesen: 323503# 98 @  
Mmmh, lieber Ralph,

jetzt geselle ich mich mal als völlig blindes Postgeschichtshuhn dazu und mache aus Jux und Dollerei mit (man lernt ja bekanntlich spielend):

Die gerade Linie Lindau-Kreuzlingen beträgt 40,62 km = 5,474 geographische Meilen. Die gerade Linie Romanshorn-Kreuzlingen 17,67 km = ca. 2,3 geographische Meilen. Die gerade Linie zwischen Lindau-Romanshorn 23,52 km = ca. 3,17 geographische Meilen. Die halbe direkte Linie Lindau-Konstanz wird so etwa 2,9 Meilen betragen.

Folgende gedankliche Varianten kann ich vergleichbar mit Max erkennen:

1. Die Entfernung Lindau-Romanshorn wäre bei einer Berechnung der Entfernungen zum Taxgrenzpunkt Romanshorn von Lindau und Kreuzlingen jeweils kleiner als 5 Meilen, womit 3 Kr. Porto Konventionsmünze für Bayern angefallen wäre, für die Schweiz würden noch 10 Cent. = 3 Kr. hinzugekommen, insgesamt also 6 Kr..Der fehlende Rötel spricht aber gegen diese Annahme. Bei dieser Betrachtung wäre wegen der Gesamtentfernung zwischen den Orten Lindau und Kreuzlingen selbst, die Erleichterungsregelung in der Zusatzvereinbarung zur Übereinkunft 1852 nicht anzuwenden.

2. Wendet man die Erleichterungsregelung aber alleine für die Entfernungen Kreuzlingen zum Taxgrenzpunkt Romanshorn an, und nicht zwischen Lindau und Kreuzlingen, etwa weil der Grenzort Lindau wegen der fest definierten Dampferstrecke Lindau-Romanshorn als durch die Dampferstrecke nach Romanshorn "vorverlegter" deutscher Aufgabeort angesehen wurde, dann würde die 5 Meilen-Regelung greifen, und alleine Bayern stünde das Porto zu. Das würde den fehlenden Rötel erklären, der Brief wäre aber überfrankiert.

Da Max den fehlenden Rötel feststellte, könnte dieser Umstand mit Alternative 2 zu erklären sein, es also trotz der Entfernung von mehr als 5 Meilen zwischen Lindau und Kreuzlingen wegen der Dampferstrecke mit den in der Zusatzvereinbarung benannten festen Taxgrenzpunkten es auf die Entfernung vom Taxgrenzpunkt Romanshorn nach Kreuzlingen ankommen. Ich kann jedenfalls nach den Betrachtungen sehr gut verstehen, warum die Altvorderen Probleme mit der Strecke Lindau-Kreuzlingen hatten, da diese im Grunde entlang des Seeufers betrachtet zwischen Bayern und der Schweiz als größt mögliche Distanz gerade so zur Überschreitung der 5 Meilen-Regelung führte.Vielleicht ist es aber auch nur letzerer Umstand auf den Du aufmerksam machen möchtest.

Genug spekuliert, jetzt bin ich auf die Auflösung oder weitere Erklärungsversuche gespannt.

Grüße vom blinden Philahuhn Jens
 
SH-Sammler Am: 23.09.2016 17:35:40 Gelesen: 323501# 99 @  
@ bayern klassisch [#96]
@ Max78

Hallo Ralph und Max,

auch ich kann die Antwort nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln. Die Gedanken von Max sind jedoch schon mal gut.

Die Taxfreiheit bis Kreuzlingen könnte ich nachvollziehen, sofern der Brief nur per Schiff unterwegs war. Da ist jedoch der Stempel Romanshorn, der mir zu denken gibt. Meines Wissens ging die Schiffsverbindung ab Lindau nach RORSCHACH. Somit wäre Romanshorn eher aussergewöhnlich. Und hier komme ich ins Stocken.

Dass das Weiterfranko von 3 Kreuzern nicht vermerkt ist, kam wohl hin und wieder vor.

Ralph, Du musst (einmal mehr) weiterhelfen und meine Gedankengänge erhellen.

herzliche Grüsse
Hanspeter
 
mljpk Am: 23.09.2016 19:53:00 Gelesen: 323480# 100 @  
Hallo Hanspeter,

in Art. 3 des ergänzenden Postvertrages Schweiz-Bayern v. 1852 sind Dampfschifffahrtsverbindungen zwischen Lindau Rorschach und Romanshorn benannt. Auch im Jahr 1853 ist in einem Vertrag über die Regelung der Schifffahrtsverhältnisse zwischen Bayern und der Schweiz von einer Linie Lindau-Romanshorn die Rede. Evtl. handelt es sich hier um einen nur selten abgehenden Dampfer?

Weitere Grüße in die Runde.

Jens
 
Max78 Am: 26.09.2016 11:43:08 Gelesen: 323393# 101 @  
Hallo Ralph,

weil ich darauf brenne, was die Lösung ist (und ich hoffe, dass ich nicht der einzige bin, hier in Erinnerung an Deinen Beleg):

Dreht man den Durchgang-/ Ankunftstempel, sieht es so aus:



Rein nach Symmetrie könnte der schwarze Stempel den Ortsnamen Kreuzlingen (damals aus einem Kloster und 18 weiteren Gebäuden bestehend) oder Egelshofen aufweisen (nachgewiesen sind Stempel mit Ortsnamen Kreuzlingen ab 1842). Das "Verstümmelte" über der Monatsangabe ein Trennstrich (somit leider kein Hinweis auf den genauen Ankunftstag). Da Kreuzlingen damals keinen Hafen hatte, vermute ich folgenden Postweg: Lindau-Romanshorn per Dampfboot und Romanshorn-Kreuzlingen (oder Egelshofen) per "Uferweg".

Bin gespannt - vor allem was die Taxierung betrifft,

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 26.09.2016 12:36:40 Gelesen: 323376# 102 @  
@ bayern klassisch [#96]

Liebe Freunde,

nach einen wunderschönen Kurzurlaub zurück freue ich mich sehr, dass dieses zugegebenermaßen nicht ganz leichte Thema doch seine Knobler und Liebhaber gefunden hat, was ganz klar für das Niveau dieses Forums und seiner Mitglieder spricht.

Max hatte schon erwähnt, was eigentlich nur ganz wenige Philatelisten wissen und nicht vorausgesetzt werden kann: Zum 1.10.1852 mit dem Vertrag Bayern - Schweiz (für die Schweiz erst zum 15.10.1852 gültig) teilte die bayer. Postverwaltung ihren Poststellen mit, dass die Schweiz in 2 Rayons (Entfernungsgebiete) zu Bayern eingeteilt worden war; die Orte des 1. Rayons, also in bayerischer Nähe, waren einzeln angegeben worden und man sagte, dass alle anderen Zielorte auf den Briefen logischerweise im 2. Rayon zu Bayern liegen mussten. Briefe in den 1. Rayon kosteten für die CH - Strecke 3 Kreuzer, alle anderen in den weiter entfernten Rayon 6 Kreuzer.

Man hatte bei der bayerischen Post aber einen Fehler begangen und Kreuzlingen vergessen. Das führte unweigerlich dazu, dass Briefe in diesen kleinen und unbedeutenden Ort nahe der badischen Grenze, der geographisch im 1. Rayon (also nahe) zu Bayern lag, weil der Ort nicht in der Liste der Orte des 1. Rayons aufgeführt worden war, automatisch im 2. Rayon zu liegen schien, wofür Bayern für die CH 6 Kreuzer anzusetzen hatte.

Von Lindau mit dem Dampfboot nach Romanshorn und weiter bis Kreuzlingen waren es nur Luftlinie 40 km, aber der Grenzrayon war nur 5 Meilen (= 37,5 km) und Kreuzlingen stand auch nicht auf der Liste der Orte, von denen aus er im Grenzrayon gelegen hätte, so dass wir die Grenzrayontheorie (so schade das ist!) leider vergessen müssen.

Dazu kam, dass Bayern bei frankierten Briefen bis zum 31.3.1854 darauf bestand, dass das bayerische Franko, von Lindau aus immer 3 Kreuzer, in Marken auszudrücken war, das Weiterfranko für die CH aber bar kassiert und siegelseitig notiert werden musste. Dieses war später über die die Briefe begeleitende Briefkarte mit der Schweiz in Romanshorn (daher hatte der Brief auch dort einen Stempel erhalten, weil man das bayerische Briefepaket dort geöffnet und alles auf seine Richtigkeit geprüft hatte) abzurechnen.

Noch Ende November 1852 war in Bayern keinem aufgefallen, dass Kreuzlingen im 1. Rayon in der Liste vergessen worden war, aber zwischen Ende November und dem 1. Dezember 1852 hatte man den Fehler bemerkt und den Ort sofort "nachgemeldet", wodurch die bayer. Postexpeditoren ihre 3 Kr. Liste um eben diesen erweiterten.

Der Brief stammt aber vom 6.12.1852, so dass man in Lindau wusste, dass er nach dorthin nur 6 Kr. kosten würde - je 3 Kr. für Bayerns 1. Rayon und den 1. Rayon der Schweiz. Offenbar wusste das auch der Absender, denn er klebte etwas unvorsichtig gleich 6 Kreuzer auf.

Jetzt hatte die Post in Lindau das Problem, dass wegen der sog. geteilten Frankoabgeltung (3 Kr. in Marke für Bayern, 3 Kr. Barfrankatur für die Schweiz) schon die gesamten 6 Kr. auf dem Brief klebten. Was tun? Für diesen Fall sah der Vertrag und die Durchführungsverordnung, die ja mit jedem neuen Postvertrag einher ging, keine Lösung vor.

Hier handelte man praktisch: Man ließ die Marke auf dem Brief, wie wir sehen. Aber Bayern musste nun 3 Kr., die ja nicht in der Kasse waren, an die Schweiz weiter vergüten. Also dürfte man dem Lindauer eine 3 Kreuzer Marke verkauft haben und diese 3 Kr. als Weiterfranko für die Schweiz verbucht haben.

Daher war jetzt mit der Schweiz alles in Ordnung - auf dem Brief selbst konnte man kein Weiterfranko hinten notieren, sonst wären es ja optisch 9 Kreuzer gewesen, die er gekostet hätte und die Schweiz bekam über die Briefkarte ihre 3 Kr. von Lindau gutgeschrieben. Dafür spricht auch, dass der Empfänger nicht nachbelastet wurde, sonst hätte er 10 Rappen Nachtaxe zu entrichten gehabt.

Schwere Kost - aber wenn man sich das Geschriebene in aller Ruhe durch den Kopf gehen lässt, erschließt sich einem diese doppelte Besonderheit schnell und man erkennt, warum keine Handvoll dieser ganz besonderen Briefe bis heute erhalten blieben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
SH-Sammler Am: 26.09.2016 13:23:05 Gelesen: 323360# 103 @  
@ bayern klassisch [#102]

Woahh, Ralph

Liebe Grüsse
Hanspeter
 
Max78 Am: 26.09.2016 13:35:13 Gelesen: 323358# 104 @  
Hallo Ralph,

wirklich genial! Und auf den ersten Blick ein "gewöhnlich" frankierter Brief.

Nur noch, um das "logisch" abschliessen zu können, eine letzte Frage:

1. Gehen wir davon aus, dass ein Brief am 20.10.1852 versendet wurde (Lindau-Kreuzlingen auf gleichem Postweg). Vermutlich würde ein "regelkonformer" Brief dann folgendermaßen aussehen:

3 Kreuzer in Marken ausgedrückt und siegelseitig 6 Kreuzer notiert, da man Kreuzlingen im 2. Rayon betrachtete? Das Gesamtporto wären dann insgesamt 9 Kreuzer?

2. Nach dem 1. November 1852:

3 Kreuzer in Marken ausgedrückt und siegelseitig 3 Kreuzer notiert (für den 1. Rayon), also insgesamt 6 Kreuzer

mit herzlichem Dank und Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 26.09.2016 13:53:14 Gelesen: 323349# 105 @  
@ SH-Sammler [#103]

Hallo Hanspeter,

gar nicht so einfach, diese frühen 50er Jahre des 19. Jahrhunderts. Man könnte nur die allein sammeln und wäre schon ein glücklicher Mensch (ich jedenfalls wäre es).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 26.09.2016 14:01:50 Gelesen: 323342# 106 @  
@ Max78 [#104]

Hallo Max,

alles richtig gefolgert!

Wenn man hätte, könnte man also zeigen:

Lindau - Kreuzlingen vor dem 1.10.1852 bar frankiert 2 Kr. für Bayern (Sondertarif bis 30.9.1852, bis 8,75g) und 2 Kr. für die Schweiz (bis 10 Wegstunden = 48 km). Also siegelseitig 2 / 2 zu notieren.

Vom 1.10.1852 bis zum 14.10.1852 - für Bayern Vertragszeit, für die Schweiz nicht - 3 Kr. in Marken vorne und 3 Kr. hinten bar notiert je Loth = 6 Kr. geteilte Frankoabgeltung.

Bei über 1/2 bis 1 Loth hätte ihn die Schweiz sogar für ihren Teil als unterfrankiert ansehen können und für sich 2 mal 2 Kr. minus der von Bayern erhaltenen 3 Kr. = 1 Kr. Nachporto = 5 Rappen gerundet ansetzen können. An solche einen Brief darf ich gar nicht denken, sonst schlafe ich schlecht!

Ab 15.10.1852 dann 3 Kr. in Marke vorn für Bayern und 6 Kr. hinten bar für die Schweiz, weil Kreuzlingen nicht im 1. Rayon aufgeführt worden war. Hier hätte die CH gelacht, weil sie 3 Kr. für nichts eingesackt hätte.

Ab Ende November bzw. dem 1. Dezember 1852 bis 31.3.1854 dann korrekt 3 Kr. in Marke für Bayern und 3 Kr. für die CH = 10 Rappen jetzt bar siegelseitig frankiert.

Ab 1.4.1854 dann 6 Kr. Marke vorne drauf (wie meiner!) und alles war bezahlt.

Ab 1.9.1868 war der Grenzrayon auf 7 Meilen ausgeweitet worden - also jetzt nur noch 3 Kr. von Lindau, die allein Bayern zustanden.

Wer mir auch nur 3 der obigen Varianten zeigen kann, dem küsse ich die Füße. Hätte man alles, wäre man im Olymp der Postgeschichte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Eilean Am: 26.09.2016 14:29:43 Gelesen: 323306# 107 @  
@ bayern klassisch [#106]

Toll zu lesen, wirklich faszinierend, auch wenn ich die Gedanken fast nur auf Logik hin folgen kann. Wissen tue ich hier nichts. Mit dem Wissen um die entsprechenden Verträge, Verordnungen, etc. öffnet sich hier die Bandbreite der Philatelie oder gar der Olymp der Postgeschichte.

Weiter so!

Gruß
Andreas
 
bayern klassisch Am: 26.09.2016 15:29:17 Gelesen: 323289# 108 @  
@ Eilean [#107]

Lieber Andreas,

vielen Dank! Wie im richtigen Leben muss die Theorie sitzen, dann erst kommt die Praxis.

Cerebral weniger bedarfte verwechseln das in ihrem Sammlerverhalten oft - die Folgen davon kann man oft sehen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 26.09.2016 15:44:08 Gelesen: 323281# 109 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine kleine Besonderheit - einen Brief aus Nürnberg vom 19.8.1857 nach Hamburg "poste restante".



Bis 1 Loth und über 20 Meilen erforderten die verklebten 9 Kreuzer. Leider weiß ich nicht, ob der Postsonderdienst "poste restante", also den Brief dort 3 Monate lang liegen zu lassen, kostenpflichtig oder kostenlos war. Gerne lese ich, wie es damals dort gehandelt wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2016 10:02:40 Gelesen: 323141# 110 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein Geschenk der Bucht, weil man dergleichen nicht auf Bäumen findet (oder unter Bäumen), sondern schon ein bissi gucken muss.



Eine Parteisache vom 17.6.1856 des Bürgermeisteramts Dürkheim (heute: Bad Dürkheim) in der Pfalz lief an eine badische Behörde in Offenburg, jedoch wollte man nicht frankieren.

Es ging 112 km nach Süden, so dass es ein Brief der 2. Entfernungsstufe war (über 10 - 20 Meilen). Dafür wären 6 Kr. Postporto und 3 Kr. Zuschlag = 9 Kr. anzusetzen gewesen. Da man aber mit 18 Kr. blau taxierte, wird der Brief 1 bis unter 2 Loth gewogen haben. Die bayerische Kreide - 18 wurde von Baden als Zeichen der Portokontrolle mit blauer Tinte unterstrichen und war somit richtig.

Siegelseitig sehen wir das rote Behördenabsendersiegel (schööön) und die Transitstempel von Mannheim (18.6.) und der badischen Bahnpost Kurs Va vom selben Tag. Ein Ankunftsstempel mangelt.

Portobriefe der 2. Gewichts- und Entfernungsstufe in den Postverein sind selten. Gut für mich, denn ich habe nur noch einen weiteren in der Sammlung - nach 20 Jahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.10.2016 10:25:18 Gelesen: 322905# 111 @  
Liebe Freunde,

danke der vornehmen Zurückhaltung eines lieben Sammlerfreundes konnte ich im Internet diesen hier schnappen, den ich euch nicht vorenthalten will, weil er doch ein bisschen lustig ist - schon von außen, auch von innen.





Verfasst hat ihn das königliche Montur- und Rüstungs - Depot in München und gerichtet war er an den Magistrat der kgl. Stadt Herzogenaurach. Unter der Franchise R(egierungs) S(ache) mit der E(xpeditions) - N(ummer) 23411 wurde er bei der Hauptbriefpostexpedition München I am Mittag des 25.3.1871 aufgegeben. Er entsprach in allen Bereichen (Siegel, R.S., Exped. - Nr. und vorderseitig obige Absenderbehördenennung) den Anforderungen für einen portofreien Dienstbrief in Bayern.

Jedoch hat ihn München mit 7 Kr. Porto belastet und auf seine Reise nach Franken geschickt, warum auch immer.

Ausweislich seiner Siegelseite kam er am 26.3. in Erlangen und noch am selben Tag in Herzogenaurach an. Der dortige Magistrat nahm den mit Porto belasteten Brief erst gar nicht an, womit sich der Vermerk auf der Siegelseite "Wird unfrankirt nicht angenommen. Stadtmagistrat Herzogenaurach. Seeberger" erklärt.

Die Weigerung der Zahlung eines Portos auf einem Brief war der Annahmeverweigerung gleich gestellt, so dass die Post den Brief mit "retour" versah und zurück schickte. Nun also wieder Erlangen 27.3. und München 28.3. (danke für den netten Einkreiser, einen meiner Lieblingsstempel von Bayern!), so dass er jetzt mit 7 Kr. in München belastet der Absenderbehörde per Briefträger Numero 43 zugeleitet wurde.

Diese sah nicht ein, 7 Kr. zu zahlen, strich selbst die Taxe der Post (man hatte wohl die Schnauze voll) und notierte unten frontseitig "portofreie Dienstsache.

Ohne neuen Postaufgabestempel, wie es richtig gewesen wäre (= Contravention von München durch Absender und Empfänger!) lief er wieder nach Erlangen (30.3.) und kam dann auch in Herzogenaurach an (30.3.). Da jetzt portofrei, war die Annahme der Sendung nicht zu verweigern.

Aus dem Inhalt: "Lieferung von Schuhwerk betreffend. Der Schuhmacher Ulrich Mauser von Herzogenaurach hat 400 Paar Halbstiefel für Cavalerie und 500 Paar Bundschuhe für Infanterie in Lieferung übernommen, wofür der Ablieferungstermin schon seit Ende Januar 1871 abgelaufen war. Hierauf hat aber der Herr Mauser bis jetzt kein Paar abgeliefert und auch um eine Termins - Verlängerung nicht nachgesucht. Ich stelle daher das ergebene Ersuchen, demselben zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit anzuhalten dessen Erklärung anher bekannt zu geben und zugleich über die Vermögensverhältnisse desselben Aufschluß zu ertheilen".

Der Auftrag des Montour - und Rüstungs - Depots von Bayern in München dürfte also noch zu aktiven Kriegszeiten Ende 1870 ergangen sein und die Lieferung war sicher dringend, denn Soldaten ohne Schuhwerk dürften gerade im Winter ziemliche Probelme bekommen haben. Herzogenaurach war wohl schon in früher Zeit ein Zentrum der bayer. Schuhindustrie und heute kennen wir vor allem die beiden großen Sportschuhhersteller Puma (Rudolf Dassler) und adidas (Adolf Dassler), welche beide aus diesem Ort einen weltbekannten, kleinen Ort gemacht haben.

Wir wissen nicht, wie der Streit ausgegangen ist, aber der Krieg wurde gewonnen und das auch ohne die Schuhe aus Herzogenaurach, obwohl 900 bayerische Soldaten noch immer auf ihr ersehntes Schuhwerk aus Herzogenaurach haben warten müssen (und die Post in München durch Fehltaxierung noch ihr Schärflein dazu beigetragen hatte).

Das sind die Briefe und Geschichten, die unser Hobby ausmachen - weniger eine blaue Mauritius, oder eine British-Guyana-1-Cent. Just my 2 cents.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 08.10.2016 11:21:43 Gelesen: 322902# 112 @  
@ bayern klassisch [#111]

Hallo Ralph,

gratuliere zu diesem tollen Fund, einerseits wunderbar wie der Brief hin und her geschubst wurde, andererseits eine nette Anekdote aus Kriegszeiten. Gibt nicht viele Belege die so schön Geschichten erzählen.

Lg, harald
 
bayern klassisch Am: 18.10.2016 16:18:33 Gelesen: 322573# 113 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Bamberg vom 29.10.18?? - ich halte es für 2 Marken der Platte 4, der folgende, interessante Adress - Variante zeigt: "Herrn Julius Kindler mit Briefen des Herrn Kost Edenkoben".





Der Absender aus Bamberg hatte also Briefe eines Herrn Kost diesem, seinem Brief beigefügt, ohne dass dieser über 1 Loth gewogen hätte!

Den Inhalt zeige ich auch - von weiteren Briefen ist hierin aber nicht die Rede.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.10.2016 14:25:04 Gelesen: 322503# 114 @  
Liebe Freunde,

ein lustiger und interessanter Beleg zum Preis einer Bratwurst sollte man sich im Erkennensfall nicht entgehen lassen.



Von außen sieht er (6.9.1853) eher harmlos aus: Vom K. Kreis- und Stadtgericht Regensburg an das K. Kreis- und Stadtgericht Regensburg. Ui, dachte ich, ein Ortsdienstbrief von der selben Behörde an die selbe Behörde? Aber man hat wohl noch vor dem Abschicken das falsche Regensburg durch das richtige Würzburg ersetzt, von daher alles gut.

Ausweislich der Siegelseite kam er auch prompt 2 Tage später an - so weit, so gut. Aber der Inhalt ist ein spannender: Regensburg hatte dem Gericht in Würzburg in einem Rechtsstreif den hergeschickten Empfangsschein ausgefertigt zurück geschickt, wobei die Insinuation (die gerichtsverwertbare Zustellung) hier durch den Gerichtsboten und nicht etwa durch die Post vollzogen wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dikoe Am: 26.10.2016 10:11:17 Gelesen: 322202# 115 @  
Hallo bayern klassisch,

kannst du mir mal wieder ein bisschen was erzählen über den Brief (Taxvermerke etc.), den ich gerade bekommen habe?

Dieter


 
bayern klassisch Am: 26.10.2016 11:35:43 Gelesen: 322187# 116 @  
@ dikoe [#115]

Hallo Dieter,

ich kann dir alles transkribieren - es war ein Fahrpostbrief, daher kann ich zu den Taxen nichts sagen, weil nicht meine Baustelle.

"Anbey 1 Schachtel gezeichnet J. A. jr 1 Coburg v. Frankenthal nach Coburg

enthält Weinproben

Nachnahme 21 x (gestrichen und neu geschrieben) 21 x

Herrn Joh. Georg Appel junior
am Markt in Coburg"

"Absender G. Oberländer"

Die Sendung wog 6 Pfund und das war der Paketbegleitbrief dazu.

Sicher kann dir der liebe Magdeburger näheres zu den 28 / 50 / 12 sagen, die alle Kreuzer (x) sein müssten.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Magdeburger Am: 26.10.2016 15:30:36 Gelesen: 322164# 117 @  
@ dikoe [#115]

Hallo Dieter,

dann versuche ich mal mein Glück weiter:

Soweit ich sehe, stammt der Beleg von 1857, da auch die Taxierungsart dazu paßt.

Nachnahme 21 Kreuzer + 3 Kreuzer ProCura = 24 Kreuzer - stand Bayern zu
Nach Gewicht fielen bei 6 Pfund je 5 Meilen:

7/12 Kreuzer * 6 = 3,5 Kreuzer an.

Für Bayern nur 5 Meilen, also 3,5 aufzurunden = 4 Kreuzer + die oben notierten 24 Kreuzer ergeben die 28 Kreuzer.

Für Thurn und Taxis sollten nach Gewicht eigentlich bei fast 30 Meilen, (30/5=6), somit 6 * 3,5 = 21 weitere Kreuzer anfallen. - Berechnet hat man 22 Kreuzer, also 1 Kreuzer mehr, welche mit dem bayrischen Anteil die 50 Kreuzer ergeben.

Im Gegensatz zu Bayern Klassisch, meine ich, dass unter der 50 ein Bruchstrich und darunter eine 2 (Kreuzer) notiert wurde, was für das Bestellgeld in Coburg steht.

Eine Trennung nach einzelnen Posthoheiten war innerhalb des DÖPV bis zum 30.06.1858 bei der Fahrpost (fast) immer gegeben, da die Taxierung über vertraglich vereinbarte Taxgrenzpunkte erfolgt.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 26.10.2016 16:21:36 Gelesen: 322156# 118 @  
@ Magdeburger [#117]

Lieber Magdeburger,

das ist aber eine gewöhnungsbedürftige 2. Aber wenn du es sagst, wird es auch so sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 26.10.2016 17:38:15 Gelesen: 322149# 119 @  
@ bayern klassisch [#118]

Lieber Bayern Klassisch,

für eine 12 wäre es auch eine komische Schreibweise.

Von der Tinte und Farbe paßt es zu der "50". Theoretisch könnte es auch eine ungewöhnliche Unterstreichung sein. Der Kringel erinnert irgendwie an 1/2, jedoch ist dies hier eher unwahrscheinlich. Deshalb war es für mich nahe stehend, dass ein Bruchstrich mit einer darunter stehenden "2" zu lesen ist.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 26.10.2016 17:48:21 Gelesen: 322146# 120 @  
@ Magdeburger [#119]

Lieber Magdeburger,

ja, dieser Krakel ist für jede Zahl sonderbar ausgeführt.

An 1/2 habe ich auch gedacht, aber Groschen gab es in Coburg nie und halbe Kreuzer gab es bei der Post auch keine, daher wirst du mit der 2 wohl Recht haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 26.10.2016 17:52:54 Gelesen: 322144# 121 @  
@ Magdeburger [#119]

Hallo Ulf,

ich würde Deiner 2. Vermutung zustimmen, dass es sich um eine ungewöhnliche Unterstreichung handelt.

"logisch" betrachtet (mit tiefster Empathie dem Postler gegenüber): der erste unterstreicht die 28 mit einem fetten Strich. Da muss man doch klar und deutlich entgegenwirken! Also streicht man die 28 und setzt noch eine aussergewöhnlichere, optisch größere Unterstreichung unter die 50. Es soll ja zu erkennen sein! Er hatte ja schon mit einem schwächeren Stift zu kämpfen :-).
Zudem, wenn man sich den Schriftzug der 50 anschaut, würde der gleiche Schreiberling weder eine 2 noch eine 12 auf diese Weise darunter setzen.

Das ist nur eine Meinung von vielen, :-) und danke auch von mir an Euch beide für die Erläuterung,

mit herzlichen Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 27.10.2016 15:23:25 Gelesen: 322101# 122 @  
Liebe Freunde,

ab 1.10.1852 bis 31.8.1868 möglich waren sog. Grenzrayonbriefe, wenn Aufgabe- und Abgabepost nicht weniger als 5 Meilen = 37,5 km auseinander lagen.



Hier war das der Fall: 3 Kr. für Bayern allein bei Aufgabe in Lindau im Bodensee (nicht "am Bodensee") am 29.9.1865 des Handelshauses Schupp & Gloggengiesser

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=4&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjapuvoiPvPAhVDaxQKHUDRDqEQFggyMAM&url=http%3A%2F%2Fhttp://www.gloggengiesser.dk%2Ftng%2Fgetperson.php%3FpersonID%3DI2384%26tree%3DPGL&usg=AFQjCNFQ4U3UEjd-KbKxpB5Ndf_klllWBQ&sig2=L874bdl52mjoqrHVKPiCmw&bvm=bv.136811127,d.d24

nach Romanshorn (via Bodensee mit dem Dampfer), dort wie fast immer bei Loco - Briefen ohne Ankunftsstempel an die Firma Kinkelin mit Inhalt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dikoe Am: 27.10.2016 17:32:50 Gelesen: 322087# 123 @  
Vielen Dank für eure Expertenmeinungen, die ich jetzt erst mal sortieren und zusammenfügen muss. Toll, was man über so ein kleines Briefchen alles sagen kann. Ulf hat mit der Datierung (natürlich!) Recht gehabt. 1857 stimmt, ich hab den Hinweis aus dem Inhalt schlicht vergessen mitzuliefern.

Aus gleichem Lot hab ich ein weiteres Briefchen bekommen, das ich hier auch noch vorstellen möchte.



Vorderseite recht normal, doch rückseitig eine ganze Phalanx von Stempeln, aus denen sich der Weg des Briefes rekonstruieren lässt. Ich versuch's einfach mal:
Der Dienstbrief ging vom Königl. Bayer. Bezirksgericht in Frankenthal an das ...? Landgericht(?) in Höchst. Vorderseite grotesker Halbkreisstempel Frankenthal vom 15.9.(1865 - siehe Inhaltsscan). Auf der Rückseite dann neben dem Dienstsiegel des Prokurators die diversen Stempel, die auf dem Postweg abgeschlagen wurden: Ankunftsstempel Frankfurt a.M. (16.9., 9 1/2-10 V.), dann Höchst am Main, wo man offenbar feststellte, dass Höchst im Odenwald gemeint war. Somit vorderseitig entsprechende Ergänzung des Bestimmungsorts. Brief also zurück nach Frankfurt, dort wieder Stempelabschlag (16.9., 4 1/2-5 N.). Am 17.9., (..?-7 V.) wurde der Brief dann per Bahnpost weiterbefördert (Stempel Bahnpost Mainz-Aschaffenburg) und war 2-3 Stunden später in Höchst im Odenwald (Ankunftstempel 9-10 V.). In etwa 1 1/2 Tagen also von Bayern (Frankenthal) nach Hessen (Frankfurt), dann wiederum nach Bayern (Aschaffenburg), um schließlich im odenwälderischen Höchst den Empfänger zu erreichen.

Probleme bereitet mir folgendes: Laut Wikipedia hatte dieses Höchst im Odenwald nur ein Amtsgericht. Und im Briefinnern ist die Rede von Höchst an der Nidda, was wiederum das Frankfurter Höchst wäre. Da steht dann auch noch was vom zuständigen Großherzoglichen Landgericht Altenstadt, das wiederum an der Nidda liegt. Ist der Brief etwa noch einmal gewandert? Vielleicht kann jemand hier mehr Licht ins Dunkel bringen. Ich hab hierzu den Briefinhalt beigefügt, wo ich im Mittelteil sowie links unten Leseschwierigkeiten habe.



In der Hoffnung, dass wenigstens einiges in meinen Erläuterungen stimmt, wünsche ich viel Spaß mit dem Brief. Für Korrekturen und Ergänzungen bin ich dankbar.

Dieter
 
bayern klassisch Am: 27.10.2016 17:50:22 Gelesen: 322079# 124 @  
@ dikoe [#123]

Hallo Dieter,

"Gr. hessische ..." heißt es auf der Adressseite.

Der Brief lief postalisch von Frankenthal - Frankfurt/M - Höchst/M - Bahnpost Richtung Aschaffenburg (nicht nach Bayern, sondern nur auf dieser Linie in Richtung Bayern!) nach Höchst im Odenwald.

Wie es aussieht, ist er später, vermutlich eingelegt in einen Dienstbrief aus Höchst im Odenwald, weiter geschickt worden. Das kam recht häufig bei Dienstbriefen vor, auch wenn es nicht immer so klar ist, wie hier.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 04.11.2016 15:31:37 Gelesen: 321830# 125 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen, jedenfalls für mich, besonderen Brief. Am 24.5.1846 sandte man ein großes Kuvert mit Trauersiegel der Grafen zu Castell mit Postaufgabe in Rüdenhausen (ab 1.1.1846 erstmals eine Postexpedition!) an Seine Erlaucht den Herrn Grafen Albert von Rechberg und Rothnelöwen nach München, wo es am 26.5.1846 ankam. Es wurde unfrei aufgegeben - eventuell dachte man hier an eine Portofreiheit des Empfängers (also eine unbeschränkte), weil man selbst nicht aktiv portobefreit war.

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwix8bavqI_QAhUKtRQKHVKjBEkQFggdMAA&url=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FCastell_(Adelsgeschlecht)&usg=AFQjCNFozyXL2MGu_KGAM_vUL0LVL95H8Q&sig2=t1NELGgwDYnhQ0vv4NAaOg

Man setzte nach dem Inlandstarif vom 1.1.1843 15 Kr. fest bei einer Entfernung von 27 Meilen (24 - 30 Meilen einfach kosteten 10 Kr., hier über 1/2 bis 1 Loth den Faktor 1,5 = 15 Kr. wie notiert). In München hatten seine Genaden jedoch der Post seine neue Anschrift hinterlassen und zwar im schwäbischen Donzdorf im Königreich Württemberg, dunnemals noch von deren von Thurn und Taxis postalisch versorgt. Dazu muss man sagen, dass die deren zu Rechberg und Rothenlöwen es 1803 geschafft hatten, das Dorf Donzdorf bayerisch werden zu lassen, ehe man 1810 durch eine Grenzbereinigung dort wieder württembergisch wurde. So verquickt sich Geschichte.

Da in München keiner die 15 Kr. hatte bezahlen wollen, notierte man dort für die Weiterleitung nach dem Inlandstarif vom 1.12.1810 (der anzusetzen war, weil der Brief ins Ausland ging!) 9 Kr. für die Strecke München bis zur württembergischen Staatsgrenze bei Günzburg (13 Meilen - bei über 6 bis 12 Meilen fiel ein Porto von 6 Kr. an, hier mit Faktor 1,5 also 9 Kr., wie unter "15" notiert).

Ein nettes Bild über die Behausung unseres Empfängers mag der Illustration der Zeit dienlich sein:

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=4&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjM5JmaqI_QAhWEPRQKHTcxC0kQFggqMAM&url=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FSchloss_Donzdorf&usg=AFQjCNFB905VgVDnWYS_QoQ6e3aFjOgVGQ&sig2=Q7cVmV64Lijb76Pdd-Bdtg&bvm=bv.137901846,d.d24

https://de.wikipedia.org/wiki/Donzdorf

Ab der württembergischen Grenze wurden für die Kasse der Taxispost 4 + 2 = 6 Kreuzer fällig, die man unter die Addition von 15 + 9 = 24 Kr. schrieb, so dass wir jetzt ein Gesamtporto von 30 Kr. vor uns hatten.

Tja, das wäre es eigentlich auch gewesen - wenn nicht oben eine deutliche Rötel "39" zu sehen wäre. Im Jahr 1845 bekam Donzdorf eine Postablage! Erst 1848 erhielt es eine Postexpedition, so dass wir davon ausgehen müssen, dass jemand 9 Kr. Botenlohn (!) = 3 Mittagessen bekam, um von Göppingen nach Schloß Donzdorf zu laufen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.11.2016 13:15:52 Gelesen: 321528# 126 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der in Schweinfurt am 21.4.1870 mit 3 Kr. frankiert vom dortigen Gericht an das Gericht nach Germersheim in der Pfalz geschickt wurden.



Dort wurde die Sache bearbeitet und, umgefaltet, am 29.4.1870 wieder an das Gericht in Schweinfurt zurück zu laufen. Jetzt aber als portofreie Regierungs - Sache!



Leider mangelt der Inhalt - es wird eine meiner Aufgaben sein, hinter diesen Veränderungen ein Muster zu erkennen, denn im Moment weiß ich noch nicht, warum man mal frankierte (keine Parteisache vermerkt!) und mal nicht. Aber das kommt noch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.11.2016 09:08:49 Gelesen: 321105# 127 @  
Liebe Freunde,

sieht man auch nicht jeden Tag: Ein Reisender aus Bremen hatte fürs Reich vorfrankierte Postkarten, die er kurz vor seinem Besuch nur einzuwerfen brauchte, um sein Kommen zu avvisieren.



In Bayern galten die aber nicht - am 29.9.1875 jedenfalls gab man sie nun als Ortspostkarte in Augsburg auf, ohne sie mit der dafür notwendigen 3x Portomarke zu versehen - 3x, weil es keine unfrankierten Drucksachen gab, sondern nur unfrankierte Briefe und Postkarten waren diesen gleich gestellt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.12.2016 09:11:45 Gelesen: 320028# 128 @  
Liebe Freunde,

oft findet man Dienstbriefe mit Vermerken wie "mit Unterbund", "mit Einband", "mit Beilage" usw.. All diesen Briefen war gemein, dass ihnen i. d. R. mit Bindfaden Akten beigefügt waren, die im Inneren der Briefe keinen Platz fanden und daher "untergebunden" werden mussten. Bis 1 Pfund Gesamtgewicht fand das regelmäßig mit der Briefpost statt.

Wir erkennen auch dergleichen Briefe hin und wieder daran, dass durch das Unterbinden von Akten und Anlagen die Abgabe- bzw. Transitposten keine Möglichkeit hatten, ihre Stempel anzubringen. Weil seit 31.1.1843 aber jeder Bayernbrief mit einem Ankunftsstempel zu versehen war, halfen sich viele Postler damit, in dem sie ihren Ankunftsstempel auf die Adressseite abdruckten.

Hat man 100 Briefe mit vorderseitigen Abdrucken von Auf- und Abgabestempeln, so hat man auch 100 Briefe mit den o. g. Absendervermerken. Heute zeige ich einen, bei dem man a) entweder vergessen hat, "mit Unterbund" o. ä. zu notieren, oder die Abgabepost hätte versehentlich vorderseitig ihren Ankunftsstempel abgeschlagen. Ich glaube eher ersteres.



Würzburg - Ebern vom 16.6.1853 war das Datum und Eberns Expeditor war eigentlich immer ein 100%iger.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.12.2016 10:47:36 Gelesen: 320009# 129 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich eine frankierten Dienstbrief als Portopflichtige Dienstsache aus Neu-Ulm nach Heidenheim (das württembergische), den ich weder wegen der Marke, noch wegen der Stempel (blau ist aber immer schön!) gekauft habe, sondern nur wegen eines Wortes: HAFT.

Ich kenne Dienstbriefe aus Bayern mit HAFT - Vermerk hauptsächlich aus der Pfennigzeit und aus den Inhalten ging immer hervor, dass jemand staffällig wurde (in Bayern) und man nun weitere Anfragen zu dem Beschuldigten hatte, weswegen immer höchste Eile geboten war. Ewig konnte man einen potentiellen Straftäter nicht festhalten, heute würden wir Untersuchungshaft zu diesem Zeitraum sagen.

Absender war der stellvertretende Staatsanwalt in Neu-Ulm und der Inhalt ist uns auch erhalten geblieben:



"Verhaftet Neu-Ulm, den 31. Dezember 1872

Vom Vertreter der Staatsanwaltschaft am königlich bayerischen Landgericht Neuulm an das königlich württembergische Oberamt Heidenheim

Den Kammmachergesellen
Johann Baier von Heidenheim
wegen Diebstahls betreffend

Gestern wurde Rubrikat (= der J. B. aus Heidenheim)
wegen Diebstahls dahier eingeliefert.
Ich ersuche um umgehende gefällige
Bekanntgabe seiner allenfallsigen
Vorstrafen."

Interessant ist, dass man nicht per Express verschickte, wofür man hätte 9 Kreuzer investieren müssen. Ganz so extrem dringend war es also nicht. Es gibt aber auch expresse Dienstbriefe mit HAFT - Vermerken, so dass es schon möglich gewesen wäre, dies zu tun.

Es wäre interessant zu sehen, ob es hier noch mehr solcher Haft - Briefe gibt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.01.2017 19:36:52 Gelesen: 319562# 130 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Portobrief aus dem schönen Bad Brückenau vom 24.6.1863 via Gemunden nach Riga. Die Adresse lautet: "S(eine)r Hochwohlgeboren Dem Herrn A. von Sivers Im Petersburger Hotel abzugeben Riga über Berlin - Russland".

Ab dem 13.4.1852 gab es den Leitweg über Preußen (wie hier gewählt und gewährt), der für Portobriefe die einfache, entfernungsgemäße Postvereinstaxe von 9 Kreuzer für die Aufgabepost vorsah und 10 Silberkopeken = 3 Silbergroschen = 10,5, gerundet 11 Kreuzer für Russland vorsah.

Da wir links oben eine große 3 sehen, könnten wir zu glauben geneigt sein, dass es sich um ebige 3 Silbergroschen handeln müsste. Aber das wäre weit gefehlt, denn die Vorschrift besagte bei Portobriefen nach Russland, dass die Vereinstaxe in preussischer Währung frontseitig bei Portobriefen zu notieren war. Demzufolge hatte die Aufgabepost allein die Pflicht, die Briefe zu wiegen und je angefangenes Loth 3 Silbergroschen oder ein Vielfaches davon zu notieren (ab 1.1.1861 immer in blau, der Farbe des Portos, im Gegensatz zu rot, der Farbe des Frankos damals).

Diese 3 Silbergroschen entsprachen zwar paritätisch 3 mal 3,5 Kr. = 10,5 Kr. gerundet auf 11 Kr., doch bekam Bayern von Preussen nur 9 Kr. ersetzt, womit Bayern auch sehr zufrieden war. Preussen selbst setzte natürlich im Austausch mit Russland 3 Sgr. an und bekam o. g. 10,5 Kr. paritätisch, machte also einen Währungsgewinn von 1 1/2 Kr. je Gewichtsstufe jeden Briefes. Das war so wenig nicht. Auf der anderen Seite waren Briefe aus Russland via Preussen nach Bayern 20 Kr. je Loth teuer und Preussen erhielt dann 11 Kr. von Bayern für Russlands Anteil und durfte selbst nur 9 Kr. behalten - bei diesen Briefen erhielt Bayern also gar nichts!

Zurück zum Brief: Siegelseitig notierte man die Forderung Preussens an Russland mit 10 (Silberkopeken) und wie so oft wurde das Gesamtporto in Riga nicht notiert - es betrug 20 Silberkopeken.

Galt für Bayerns Absender ein Briefgewicht von 1 Loth = 15,625g inklusive, so galt für russische Absender bzw. bayer. Empfänger das Gewicht von 15g als einfach. Es wäre also sehr spannend, einen Brief zu finden, der über 15g, aber unter 15,625g gewogen hatte, aber den habe ich selbst noch nicht gefunden.

Beim Empfänger muss es sich um Alexander Graf von Sievers, geb. 1823, gest. 1887, gehandelt haben, der immerhin Gouverneur von Moskau war, also kein Niemand. Hier der Link zur Famile:

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwi5ocf60avRAhVBXhoKHVfqDAUQFggcMAA&url=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FSievers_(Adelsgeschlecht)&usg=AFQjCNHD_lezo3v8SsQIDggDARrPiSOBbA&sig2=oIKU5R7tR3yC1qa572piMA

Den sicherlich adligen Absender zu eruieren war mir anhand des kleinen Siegels nicht vergönnt. Ich finde diesen Damenbrief auch ohne Marken äußerst attraktiv, womit er sich in dieser Hinsicht seinem Kaufpreis annähert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.01.2017 19:20:50 Gelesen: 319494# 131 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Sofortkauf werde ich sicher nicht bereuen, auch wenn er nicht "geschenkt" war.



Optisch ein Brief aus Regensburg vom 24.9.1853 nach Stadtamhof. Dass Stadtamhof eine eigene Postexpedition war, wissen wir und als Beweis führe ich den Halbkreisstempel hinten vom selben Tag an - es war also kein Ortsbrief.

Der Brief war gesiegelt und ist komplett beschrieben, so dass die Variante Drucksache (DS) ebenso ausfällt.



Doch der Inhalt ist der Hammer: Geschrieben wurde er am 22.9.1853 in Bayreuth. Damit ist auszugehen, dass man dort wusste, dass Briefe von Regensburg nach Stadtamhof nur 1 Kr. kosteten und man somit für jeden Brief 5 Kr. einsparen konnte (über 12 Meilen hätte ein Brief 6 Kr. von Bayreuth aus gekostet).

Nach München - Au ist dies nun der 2. Bereich eines Postverkehrs, bei dem 2 Postexpeditionen ein 1 Kr. Franko kannten. Ob weitere folgen werden?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.01.2017 14:30:22 Gelesen: 319277# 132 @  
Liebe Freunde,

so einen habe ich exemplarisch schon länger gesucht.



Portobrief aus München vom 13.07.1852 nach Schaffhausen, dort am 16.07.1852 angekommen (Distibutionsstempel der alten Taxispost).



Bayern verlangte 8 Kreuzer bis Lindau und die Schweiz 50 Rappen, die 14 Kr. entsprachen, so dass die Schweiz für ihren Weg 6 Kr. bekam.

Wer in diesen Tagen damals an den Münchener Schalter ging, um seine Briefe loszuwerden, der durfte sicher gehen, dass der Annahmebeamte über ein stattliches Arsenal von Gewichten verfügte, wie er auch genau wissen musste, welche Entfernungen galten und welche sonstigen, zahlreichen Besonderheiten zu beachten waren.

Dieser Brief hier fußte auf dem Vertragsgewicht des halben Münchener Loths (8,75g), welches inklusive galt. Die Entfernung war 1829 mit dem Kanton Zürich von München bis Lindau auf 8 Kr. festgesetzt worden, nicht also nach der Entfernung. Ein innerbayerischer Brief durfte einfach damals bis 15,625g inklusive wiegen, während ein Brief nach dem Taxisbezirk 15,625g exklusiv wiegen durfte. Ein Frankobrief nach Frankreich durchte 8,75g inklusive wiegen, ein Portobrief von dort auch, aber ein Portobrief nach Frankreich und ein frankierter aus Frankreich nur 7,5g inklusive.

Ein Brief nach Österreich nach dem PV vom 1.7.1850 durfte offiziell 15,625g inklusive wiegen, de facto jedoch exklusive zu erfassen und zu taxieren sein. Dieses Spielchen könnte man nach Belieben fortsetzen.

Erst mit dem 01.10.1852 wurde alles auf Lothe geändert mit der Schweiz und die vorherigen PV und Absprachen galten nicht mehr.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2017 09:03:44 Gelesen: 318864# 133 @  
Liebe Freunde,

wovon ich stets geträumt, aber nie daran geglaubt habe, ist hier Wirklichkeit geworden: Ein Brief aus Ulm in Württemberg mit Postaufgabe im bayerischen Neu - Ulm, der in die Pfalz adressiert war, also "zurück" lief, wenn man es geographisch sieht.



Am 6.10.1864 von der Firma Theodor Kindervatter in Ulm verfasst, wurde er mit 6 Kreuzer treffend für einfache Briefe Bayern - Pfalz frankiert, in Neu - Ulm am selben Tag aufgegeben. Von Ulm aus wären 9 Kr. für Württemberg bei Briefen über 20 Meilen in den DÖPV angefallen (23 Meilen). Schon am Folgetrag gegen 16.00 Uhr kam er via württembergischer und badischer Bahnpost im pfälzischen Ludwigshafen an und erreichte noch am selben Tag seinen Zielort Neustadt an der Haardt (heute: An der Weinstraße).

Dies ist der bisher einzige Brief, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, den ich je auf diese Weise spediert gesehen habe. In der Hoffnung, dass die Firma Kindervatter an den Herrn Kaufmann nicht nur diesen einen verfasst haben sollte, könnte da irgendwann einmal noch einer auftauchen (oder, DER Traum schlechthin), einer aus Neustadt nach Neu - Ulm, den man von dort per Boten über die Donau an Firma Kindervatter reexpediert hat), um sich 3 Kreuzer zu sparen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.02.2017 19:26:40 Gelesen: 318727# 134 @  
Liebe Freunde,

auch wenn ich die Pfalz und deren zahlreiche Besonderheiten ganz gut zu kennen glaube, so einen habe ich noch nicht gesehen, zumal er aus prominentester Provenienz ist (damals, nicht heute).





Ein Brief des bekannten Bankhauses Louis Dacqué aus Neustadt an der Haardt wurde am 2.1.1846 an die Firma D. Wolff in Edenkoben (Nachbarpostexpedition, PE seit 1.6.1844) geleitet, doch finden wir keine postalische Behandlung bei dem Brief, also weder ein Porto (3 Kreuzer), noch ein Franko (auch 3 Kr.) oder einen Vermerk "Durch Güte" oder "frey", womit wir einen Dritten als Überbringer charakterisieren könnten.

Dacqué schrieb einen Brief, siegelte ihn per Trockensiegel und gab ihn - ja, wem mit? Damals gab es noch die Kantonsboten in der Pfalz - aber die bekamen 2 bzw. 3 Kr. für jeden Brief, den sie annahmen bzw. abgaben. Diese mangeln hier eindeutig. Ob man ihn selbst (wer in der Bank hätte das tun sollen?) nach Edenkoben brachte, um dann wieder nach Neustadt zurück zu laufen? Für 3 Kr. hätte man das schneller haben können.

Sowohl von und an Dacqué, als auch von und an Wolff sind mir sehr viele Briefe bekannt - doch so einer ist schon etwas besonderes, auch wenn seine Optik hinter seiner Postgeschichte weit zurück bleibt. Ich bin mal gespannt, ob sich noch einer dieser Art findet.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.02.2017 12:53:02 Gelesen: 318616# 135 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen eigentlich ganz simplen Brief, den man aber erst einmal gefunden haben will.

Ich suchte nach einem Frankobrief einer höheren Gewichtsstufe in der 1. Entfernungsstufe nach dem Reglement vom 1.12.1810 innerhalb Bayerns und war prompt in einem Konvolut fündig (!).



Aufgegeben in Nürnberg am 13.4.1817 war er nach Cadolzburg gerichtet, ca. 17 km bzw. gut 2 Meilen nur entfernt. Damit fiel er in den 1. Rayon bis 6 Meilen.

Siegelseitig sehen wir 7 Kreuzer Franko vom Absender bezahlt. Einfache Briefe bis 6 Meilen kosteten nur 3 Kr. bis 1/2 Loth, dann 4 1/2 Kr. bis 1 Loth, 6 Kr. bis 1 1/2 Loth und 7 1/2 Kr. bis 2 Loth.

Demnach kann ich nun beweisen, dass Briefe über 1 1/2 bis 2 Loth im 1. Rayon 7 1/2 Kr. kosteten, wobei abgerundet wurde und nicht, wie ich einstmals annahm, eher aufgerundet wurde.

Damals redete man von "suppliren", also etwas ergänzen bzw. hinzufügen, was für mich gleichbedeutend mit aufrunden war, was hier in der Praxis aber statt 7 1/2 Kr. nun 8 Kr. Franko bedeutet hätte.

Aber entweder man war sehr großzügig, oder die Bedeutung des Wortes "suppliren" hat sich von 1810 an im Laufe der Jahre etwas gewandelt.

Die 4 Kr. Chargégebühr flossen in die Tasche der Hauptbriefpostexpedition Nürnberg und wurden nicht notiert. Vorne oben rechts sehen wir noch die Nr. 2, unter der der Brief im Reco - Manual eingetragen wurde und mit der auch der dazu gehörige Postschein versehen worden war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.02.2017 09:21:14 Gelesen: 318545# 136 @  
Liebe Freunde,

ein nettes Auktionshaus bedachte mein Gebot mit dem Zuschlag, so dass ich dieses Vögelchen heute hier zeigen darf.



Verfasst und zur Post gebracht am 17.5.1872 im schönen Landshut, stellte der Adressat bzw. seine Nominierung das Problem dar.

Der kgl. Notar Joh. Wein aus Landshut schrieb "An Herrn Joseph Gerstl, Marktmüller in Pfaffenberg, franco Schein". Er zahlte 3 Kreuzer Franko für einen einfachen Fernbrief bis 15g und 7 Kr. Reco-Gebühr bar.

Die Postexpedition in Pfaffenberg konnte ihn jedoch nicht an den Müller bringen und strich vorne den Ort, ohne zu vergessen "verte" = rückseitig und "retour" = zurück zu vermerken.

Siegelseitig lesen wir dann auch folgendes: "Der jetziger Besitzer der Marktmühle heißt Müller Johann, der frühere Besitzer Gerstl ist schon lange nicht mehr in Pfaffenberg wo jetzt unbekannt. Kgl. Postexpedition".

Zur Marktmühle in Pfaffenberg:

https://books.google.de/books?id=4MNQAAAAcAAJ&pg=PA32&lpg=PA32&dq=marktm%C3%BChle+in+pfaffenberg&source=bl&ots=OYQ--rjZ-6&sig=32D5EiOPM1LR_nMiHk0HLMrM8wg&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjnrsSqwvjRAhVDOBQKHYVyCPYQ6AEIIjAD

Noch am 17.5.1872 lief er also wieder retour nach Landshut, wo er am 19.5. gegen Rückgabe des Postscheins unserem wackeren Notar Wein ausgehändigt wurde. Schön, dass er sich erhalten hat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.02.2017 09:35:26 Gelesen: 318539# 137 @  
Liebe Freunde,

Briefe von Mittelbehörden, also hier Oberpostämtern, sind immer interessant, auch oder gerade weil sie in ihren Inhalten den Alltag längst vergangener Zeiten widerspiegeln.



Dieser hier vom OPA Landshut datiert vom 2.9.1866 und hat leider keinen Inhalt mehr, so dass wir nicht wissen, was man dem k. Notar J. Schmidtkonz wichtiges mitzuteilen hatte.

Für mich war daher die äußere Beschaffenheit ausschlaggebend, lesen wir doch oben links "Mit 1 Recognitionsschein" und "Chargé".

http://www.fremdwort.de/suchen/bedeutung/recognitionsschein#

Briefe mit diesem Vermerk kenne ich keine 5 Stück - von daher war ich sehr froh, diesen erhaschen zu können, zumal er noch ganz manierlich aussieht.

Der falsche Datumsvermerk mit Bleistift 1860 oben bezeichnet zwar grob meinen Lieblingsfußballverein, kann aber bei diesem Brief nicht stimmen, denn 1860 stempelte man Chargé noch schwarz und nicht rot/violett, wie es erst 1861 Pflicht wurde. Trotzdem ein netter Zug des Verkäufers, mir den Brief schmackhaft zu machen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.03.2017 21:43:45 Gelesen: 317697# 138 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich den 1. Brief, mit dem ich eine neue Mini - Sammlung ins Leben rufen werde und den Titel dieser Sammlung wird keiner erraten können, weil es noch keine Sammlung mit einem vergleichbaren Titel gab, zumindest nicht von Bayern. Obs was wird, steht in den Sternen, aber interessant wird die auf alle Fälle, weil sie die Postgeschichte von einer ganz anderen Warte her zeigen wird.



Genug der Praeludiums - ein netter Frankobrief aus München nach Cannstatt vom 7.6.1851 fiel mir in die Hände, der am Münchener Chargéschalter aufgegeben wurde und den nur dort im Einsatz befindlichen Zweikreisstempel mit Zierstücken (falsch: OPA - Stempel, noch fälscher: OPD - Stempel) zeigt. Er erhielt dort die Reco-Nr. 534 und im Rahmen seiner Umspedierung die Nr. 325. In Württemberg brachte man noch nach guter, alte Sitte das Nota - Bene - Zeichen an und vergaß auch nicht den Bestellgeldkreuzer mittig in württembergischer Rottinte zuzufügen.

Bayerische Marke gab es zwar schon lange, doch hätte ihr Einsatz weder die Kosten auf bayerischer, noch auf württembergischer Seite abdecken können, galt doch noch immer der Postvertrag vom 1.1.1810 (!) mit all seinen Vorgaben aus napoleonischer Zeit. Daher war im Frankofall wie hier auf der Siegelseite zu notieren: 6 Kr. für Bayern bis zur Grenze, wie immer in Bayern im Nenner und 4 Kr. Weiterfranko für Württemberg, wie immer in Bayern im Zähler.

Das Gewicht war aber nicht das Zolloth, wie bei innerbayerischer oder postvereinlicher Korrespondenz seit Jahr und Tag gang und gäbe, sondern das alte, hälftige Münchener Loth. Auch waren die 10, 10-20 und über 20 Meilen - Schritte des Postvereins hier nicht anwendbar, sondern das inländische Taxregulativ vom 1.12.1810, auch noch unter Napoleon erlassen.

Siegelseitig erfreut uns ein Distributionsstempel in blau der 2. Zustellung am 9.6.1851. In dem Brief selbst geht es um eher belanglose Geldforderungen, auch die hier einzugehen Zeitverschwendung wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.03.2017 08:59:23 Gelesen: 317660# 139 @  
Liebe Freunde,



wer einmal wissen will, wie man für über 160 Jahren eine erfolgreiche Annonce in einer großen Zeitung zu schalten hatte, darf sich auf diesen Brief konzentrieren, der in einer meiner zahlreichen Spezial - Mini - Sammlungen aufgenommen werden wird. Die Daten sind ja klar - "just for fun" kann man solche Briefe immer kaufen, zumal der Federzug nicht aus Nürnberg stammt, wie man erwarten könnte, sondern von der Aufgabepost veranlasst war (was man bei Mühlradstempeln eigentlich zu lassen hatte). Von daher sogar eine kleine Contravention und damit zu erwerben ein klares Muss.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.03.2017 09:59:42 Gelesen: 317182# 140 @  
Liebe Freunde,

innerbayerische Briefe, noch dazu nur innerhalb der Pfalz, sind die einfachste Fingerübung, die man sich als Bayernsammler der Vormarkenzeit (VMZ) vorstellen kann. Wirklich?



Nun denn - dann ist ja dieser Dienstbrief (Dienstbriefe sind noch simpler zu beschreiben, sagen zumindest die allermeisten Sammler) aus Billigheim bei Landau in der Pfalz nach Sondernheim bei Germersheim in der Pfalz vom 16.11.1842.

Von daher bitte ich um eine kurze Beschreibung dessen, was ihr hier seht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.04.2017 17:27:05 Gelesen: 316032# 141 @  
Liebe Freunde,



von Arnstein am 18.9.1870 nach Schweinfurt ging es frankiert für 3 Kreuzer ans dortige Bezirksgericht. Innen der "Clou" - ein Empfangsschein aus Schweinfurt, den man in Arnstein ausgefertigt hatte und der nun, man achte auf das Stempelpapier von 3 Kreuzern, zurück lief, erga wie eine Post - Retour - Recepisse (bzw. ein Post - Lieferschein). Gerade weil frankiert, immer wieder schön zu zeigen. Der Vordruck ist komplett - aber größer als A4, daher unten nur fragmentarisch zu sehen.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.04.2017 15:00:47 Gelesen: 315496# 142 @  
Liebe Freunde,



aus der Reihe "Der rätselhafte Brief" folgt ein Beispiel vom 18.11.1828 aus ??? per Chargé nach Erlangen an das dortige protestantische Decanat. Als K(önigliche) D(ienst) S(ache) portofrei belassen, war das Anbringen des Rötelkreuzes, der Abschlag des Chargé - Stempels und die Eintragung im Recomanual unter der Nr. 5. wichtig - fast so wichtig, wie der Aufgabestempel, den man zu applizieren vergessen hat.

Gut, dass es kein Portobrief war, sonst wäre die Rückrechung / Rückbelastung der Aufgabepost arbeitsintensiv geworden.

Den Recovermerk "Gegen Schein!" brachte derselbe Postler an, der auch die Nr. 5 oben vermerkte (gleiche Tinte). Wieder ein Stück für die zukünftige Vormarkenzeitsammlung der Contraventionen ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.04.2017 09:55:47 Gelesen: 315298# 143 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich auch mal einen Brief aus Augsburg vom 18.12.1822 an Zumstein & Söhne von Kempten nach Burgau.



Der Absender hieß Schaezler und Zumstein beantwortete ihn am 30.12.1822 auch prompt, obwohl ihn der Brief zuerst gar nicht erreichte.

Die Abgabepost in Burgau konnte den mit 4 Kr. taxierten Portobrief wegen "abgereist retour in Grumbach" nicht zustellen und leitete ihn nach Krumbach (Schwaben, zwischen Memmingen und Augsburg) weiter.

Nun wurden 6 Kr. angesetzt (mit Bleistift!).

Augsburg - Burgau waren unter 6 Meilen, daher hätte der Brief über 1/2 bis 1 Loth schwer sein müssen (3 Kr. + 1 Kr. = 4 Kr.). Heute wiegt er ca. 6g, also muss er damals Einlagen gehabt haben.

Eine neue Postaufgabe erfolgte offensichtlich nicht. Demnach war zu rechnen das Porto von Augsburg bzw. Burgau nach Krumbach. Die Entfernung betrug über 6 - 12 Meilen und daher waren für das 2. Gewicht nun total 6 Kr. anzusetzen. Warum man auf den vorgeschriebenen Einsatz von Tinte bzw. Rötel verzichtete, weiß nur der Geizhals von Burgau.

In jedem Fall ein netter Brief mit vollem Inhalt, Weiterleitung und kleiner Contravention - was will man mehr?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.05.2017 14:07:31 Gelesen: 314839# 144 @  
Liebe Freunde,

bei Deider fündig geworden bin ich mit diesem Stück hier aus Rottendorf von der dortigen K.G.E. (Königliche - Güter - Expedition), die Waren an Johann H. Honninger in Kitzingen avisierte.



13 Fässer Wein mit 158 Zentner waren angekommen, die er abholen sollte.

Weil es wohl ein bekannter Kunde der K.G.E. war, frankierte diese im Vertrauen, ihr Franko wieder ersetzt zu bekommen, den Brief "dringend" am 2.11.1863. Er kam auch am selben Tag in Kitzingen an - ob er noch ausgetragen wurde, ist nicht feststellbar.

Dergleichen Formulare sind nicht häufig und eher mit Marken Nr. 15 und 23 bekannt - mit Quadraten eher selten und der Öffnungsmangel war technisch bedingt, weil man sie oft unten rechts ansiegelte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.05.2017 14:21:34 Gelesen: 314835# 145 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Portobrief von Augsburg, verschickt am 25.5.1849 vom Vater an seinen Sohn in München, Herrn Max Joseph Deuringer.

Der Vater wusste, dass sein Sohn als Deputierter des Landtags portofrei gestellt war und vermied zu frankieren (6 Kr.). Die Aufgabepost in Augsburg taxierte den Brief mit 6 Kr., jedoch strich diese Taxe München wieder ab, weil der Empfänger passiv portobefreit war und hier die bayer. Staatskasse für die Transportkosten aufkommen musste.

Für Graphologen: Der Absender, Johann Georg Deuringer [1], war ganz sicher höchstintelligent und ich schätze seinen IQ auf mind. 150 ff. Seine Schrift ist musterhültig für einen Hochbegabten aus dieser Zeit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikisource.org/wiki/Johann_Georg_Deuringer
 
bayern klassisch Am: 19.05.2017 13:16:44 Gelesen: 314202# 146 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, die sind von außen so unscheinbar, dass man sie leicht übersehen könnte. Erst mit ihrer Öffnung und dem Lesen des Inhalts offenbaren sie sich uns. Solch einen möchte ich heute hier vorstellen.





Geschrieben in Nürnberg am 28. und 29.11.1870 müssen wir uns in die Zeit hinein versetzen: Der Krieg zwischen den deutschen Staaten und Frankreich hatte Ende Juli 1870 begonnen und seit dem 19.7.1870 gab es keine Postgrenze zwischen Bayern und Frankreich mehr, so dass die Briefe aus Bayern geschlossen nach München zu verschicken waren, wo sie abgestempelt und in geschlossenen Briefpaketen über die Schweiz nach Frankreich zu leiten waren. Mehrkosten entstanden den Korrespondenten hüben wie drüben nicht, weil die Transite von den beiden involvierten Postverwaltungen getragen wurden, wodurch die Schweiz ein paar Sondereinnahmen bekam, auf die in Friedenszeiten nicht zu rechnen war.

Eine Firma aus Nürnberg hätte nun bei Konformität mit den Verhältnissen 12 Kreuzer für bis 10g schwere Briefe frankieren müssen. Bayern wären 4,8 Kr. verblieben, abzüglich eines pauschalen Transits durch die Schweiz und Frankreich hätte 7,2 gutgeschrieben bekommen (ohne Transitschmälerung).

Statt dessen zog man es vor, den Brief, wie auch immer, im frankreichnahen Genf in der lieblichen Schweiz frankiert aufzugeben, was 30 Centimes (Rappen) kostete, denn auch für den Postvertrag Frankreichs mit der Schweiz war er einfach und wiegt heute noch 4g! Ausweislich der Siegelseite kam er auch schon einen Tag nach Absendung von Genf aus (2.12.1870) schon dort an.

Was im Genfer Stempel unten steht, vermag ich nicht zu interpretieren: SUCC - RIV lese ich da.

Ich kenne keine weiteren Brief, der diesem gleicht und der Gewinn betrug hier nur 3 Kreuzer, dafür aber hatte man viel Mühewaltung, denn von Nürnberg nach Genf waren es immerhin satte 750 km mit der Bahn zu fahren und das war schoon ein Stück, damals wie heute.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 19.05.2017 16:51:43 Gelesen: 314181# 147 @  
@ bayern klassisch [#146]

Hallo Ralph,

hier die Auflösung der Stempelinschrift:

SUCC. = Succursale = Zweigstelle
RIVE = Ufer, Gestade. Die Poststelle aktuell in der Nähe des linken Seeufers, beim Seeende, Seeabfluss

Gruss

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 19.05.2017 17:56:01 Gelesen: 314161# 148 @  
@ SH-Sammler [#147]

Hallo Hanspeter,

darauf wäre ich nie gekommen - vielen Dank und klasse, dass du das so schnell hast klären können.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.05.2017 07:48:24 Gelesen: 314046# 149 @  
Liebe Freunde,

ich wollte den zuerst in der Rubrik "Schöne Belege Bayern" zeigen, habe mich aber dann umentschieden. Nein, Schbaß ...



Eine Ganzsache zu 3 Kreuzern auf Uffenheim wurde am 3.8.187? mit folgender, höchst interessanter Adresse beschriftet:

X X 20 Post restante Harburg Provinz Hannover f(ran)co

Nur bei poste restante gestellten Briefen war er erlaubt und möglich, den Empfänger zu anonymisieren, also weder Vor-, Nachname und Stand anzugeben. Was bei anderen Briefen Karl Müller, Schneidermeister zu Ulm war, war hier auf X X 20 reduziert worden.

Poste restante gestellte Sendungen musste 3 Monate lang bei der Abgabepost vorrätig gehalten werden. Zur Legitimation war bei gewöhnlicher Adressangabe die Vorlage des Passes und/oder das Mitführen eines ortsbekannten Honoratioren nötig, hier jedoch nicht. Jeder, der im August des Jahres 187? in Harburg an den Schalter gekommen wäre und nach Post "X X 20" gefragt hätte, hätte diesen Brief ausgeliefert bekommen, was z. B. den Vorteil hatte, daas man ihn auch problemlos abholen lassen konnte, ohne selbst auf die Post zu müssen.

Briefe mit Codes oder Chiffren gab es nur bei dem Postsonderdienst "poste restante" und auch da waren sie eher die Ausnahme, als die Regel.

Das allein konnte mich bewegen, dieses "Schmuckstück" zu erwerben und wer einen solchen Brief im Jahr schnappen kann, tut gut daran, es zu tun. Auch wenn er so aussieht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.05.2017 22:01:17 Gelesen: 313882# 150 @  
Liebe Freunde,

weil auch Kindersammlungen das Recht auf Ausbau haben, lief mir dieses Rosinchen zu:



Von der k. Güter-Expedition Rothenburg an (heute: ob) der Tauber an den Herrn Werkmeister Krämer daselbst, frankiert wie ein einfacher Ortsbrief mit 1 Kr. grün (Nr. 22, Attest liegt mir vor) vom 27.2.1874. Schön zu sehen ist die schwarze Einrahmung der rechten unteren Ecke, die zu umfalten und anzusiegeln war, weil es anderer, aufwändigerer Verschlüsse nicht bedurfte.

Aus dem Inhalt: An den dortigen Stadtmagistrag war 1 Waggon Sand (!) mit 200 Centnern Gewicht eingegangen, der gegen den Betrag von 10 Gulden und 39 Kr. (einer davon war das Franko!) innerhalb von 2 Tagen abgeholt werden musste (bei Vermeidung von Lagergeld, wenn über 48 Std. hinaus keine Verfügung über die Ware getroffen wurde).

Der Stadtmagistrat beauftragte dann den Fuhrmann Georg Michael Knausenberger von hier, die Sendung abzuholen. So geschehen am Folgetag, so dass wir davon ausgehen können, dass spätestens am 1.3.1874 der Sand vom Lager kam. Was eine Stadtverwaltung im Jahr 1874 mit 200 Zentnern Sand wollte, weiß ich jedoch leider nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2017 16:25:24 Gelesen: 313822# 151 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Briefe aus dem badischen Lahr nach Dorfen in Bayern, der eigentlich einer badischen 9 Kreuzermarke bedurfte hätte. Statt dessen gab die Firma C. Trampler (nomen est omen?) den Brief nicht bei der badischen Post auf, wie es sich gehörte, sondern sandte ihn mit anderen auch an die Münchener Firma Pichler seel. Erben, einen gewohnheitsmäßigen Kuvertierer.





Am 14.10.1858 in Lahr, kam er am 17.10.1858 in München an und wurde von Pichler seel. Erben mit 3 Kr. korrekt als einfacher Brief (3,5g) nach Dorfen an die Firma Valentin Ziegler verschickt. Später dürfte Pichler seine Rechnung an Trampler geschickt haben, deren Summe auch diese 3 Kr. beinhaltete.

Wann er in Dorfen ankam, wissen wir nicht - wohl am selben Tag noch.

So hat die badische Post 9 Kr. verloren, die Bayerische aber 3 Kr. gewonnen - auch mal nett zu sehen.

Herzallerliebst, auch wenn es sich natürlich um ein tragisches Ereignis handelte, ist der innen eingebunden Zettel von einer Brandkatastrophe 2 Tage vor Absendung des Briefes, wie ich es selten gesehen habe (obwohl das 19. Jahrhundert an Katastrophen und Unglücken sehr reich ist).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.06.2017 17:10:25 Gelesen: 313419# 152 @  
Liebe Freunde,

aus schwieriger Zeit zeige ich heute einen Brief aus Kaiserslautern vom 10.6.1809, der an Herrn Schuler, kaiserlicher Notar in Wolfstein (Pfalz) gerichtet war.



Die Entfernung Kaiserslautern - Wolfstein betrug gut 23 km, jedoch hatte man zwar in Kaiserslautern längst eine franz. Post, nicht jedoch in Wolfstein nördlich davon (ab 1840 erst eine simple Briefsammlung, später eine Postexpedition).

Die Frage war nur: Wie den wichtigen Brief (Erbschaftsangelegenheit) zu Herrn Schuler bringen? Nun, die Antwort liefert die Vorderseite, wenngleich nur bedingt präzise, notierte der Absender doch "par occ:" also "par occasion",a lso durch Gelegenheit. Im Klartext bedeutete dies, dass er seinen Brief nicht der Postverwaltung aufgab, sondern wartete, bis ein Privater, der in dieser Richtung unterwegs war, ihn mitnehmen würde.

Der Absender, Carl Brüning, hatte es also nicht eilig, was wieder einmal zeigt, dass auch wichtige Briefe nicht immer gleichzeitig eilige Briefe waren! Dass er damit gegen den Postzwang Frankreichs verstieß, ist die eine Sache. Briefe aus der Pfalz in der Franzosenzeit mit derartigen Vermerken sind relativ häufig, absolut in Zahlen gemessen jedoch eher selten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.06.2017 20:32:08 Gelesen: 312568# 153 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein kleines Schmankerl, das ich günstig (danke dafür!) bekommen konnte:



Geschrieben in Würzburg, wurde es als Ortsbrief in Mainz für nur 1 Kreuzer Franko als Ortsbrief aufgegeben und war somit weit weniger kostenintensiv, als bei regulärer Postaufgabe in Würzburg, denn von dort nach Mainz waren es 124 km Luftlinie, also über 10 bis 20 Meilen, wofür man hätte mit 6 Kreuzern frankieren müssen. Bei 5 Kr. Ersparnis konnte man schon mal so frech sein und seinen grünen, bayerischen Absenderstempel vorne anbringen.

Zu den Daten: 7.5.1866 in Würzburg verfasst, 8.5. in Mainz aufgegeben und am Folgetag dort zugestellt.

Keine Orgie in grün, aber doch ganz nett, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.06.2017 12:27:54 Gelesen: 312546# 154 @  
Liebe Freunde,

zur Abwechslung mal ein Irrläufer Richtung Front des Krieges 1870/71: In Würzburg am 7.8.1870, also noch recht früh im Krieg, frankierte jemand mit 3 Kr. an "Herrn Privatdozenten Dr. med. M. J. Rossbach bayerischer Arzt des Würzburger Hilfsvereins Weissenburg Feldpost".



Er war also nicht an einen Frontsoldaten gerichtet, sondern einen Arzt des früh gegründeten Hilfsvereins, weswegen er frankiert werden musste (Briefe an Soldaten waren portobefreit).

Wie mehrere begleitende Tetxte, mal mit Bleistift "Ungenügende Adresse", mehrfrach in blauer Kreide "wo? ret(our) Würzburg" und sogar "restante" bezeugen, wusste man nicht wirklich bei der Post und Feldpost, wohin man das Kuvert zu leiten hatte. Auch dürfte "Weissenburg" weniger das bayerische Örtchen gewesen sein, sondern eher das franzsösiche Wissembourg (pfälzisch aber Weißenburg geheißen), was man in Unterfranken aber nicht sicher wußte.

Leider habe ich zu der Person Michael Joseph Rossbach (oder Roßbach) wenig Sinnhebendes im Netz gefunden, wie leider zu erwarten war. Wer da etwas ergooglen sollte, darf es gerne hier einstellen. Danke dafür!



Fest steht, dass der Brief am 19.9.1870, also fast 1,5 Monate später, wieder in Würzburg einschlug - die Zustellung war offensichtlich missglückt; glülcklicherweise konnte die dortige Post das Siegel deuten und das Kuvert seinem Absender retournieren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 15.06.2017 19:43:15 Gelesen: 312517# 155 @  
@ bayern klassisch [#154]

Hallo Ralph,

unter diesem Link [1] findest Du etwas zu dem Privatdozenten Dr.med. M.J.Rossbach im Netz ist auch dieses Buch das er geschrieben hat abgebildet.

Gruß Rainer

[1] https://books.google.de/books?id=4JdjY7g04swC&pg=PA158&lpg=PA158&dq=M.+J.+Rossbach++%E2%80%9ELehrbuch+der+physikalischen+Heilmethoden%22+aus+dem+Jahre+1882&source=bl&ots=sVeC6UCYIU&sig=vd8Z4lQIM3_j0MwzfqwHCGc1EjE&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwitheqlssDUAhUkLcAKHS4yADcQ6AEIJTAA
 
bayern klassisch Am: 15.06.2017 19:52:04 Gelesen: 312515# 156 @  
@ Gernesammler [#155]

Hallo Rainer,

vielen Dank für den Link - verwunderlich, dass sie einen solchen Arzt damals nicht gefunden haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 20.06.2017 18:21:00 Gelesen: 312303# 157 @  
Liebe Freunde,

heute ein sehr günstiger Brief, der mir aus der Bucht (eBay) zukam:



Am 21.4.1851 in München geschrieben, wurde er recommandirt und (war nicht vorgeschrieben damals!) mit 9 Kr. für Bayern (über 1/2 bis 1 Münchener Loth) und 6 Kr. für Württemberg (gleiches Gewicht) frankiert.

Kosten also: Aufgabepost 4 Kr. für Reco, Bayern 9 Kr. für den Brief und Taxis in Württemberg 6 Kr. für den Brief - in summa ergo ein 19 Kreuzer - Brief. Hier muss man, gerade wegen der Taxen 6 Kreuzer und 9 Kreuzer wissen, wie Bayern sein Franko und das Weiterfranko für fremde Post notiert hat, sonst kann das in die Hose gehen.

Lustig zu sehen, dass ihn Württemberg (Ulm oder Stuttgart?) hinten mit einer Reconummer versah, was ich so bisher noch nicht gewärtigen konnte. Kam das häufiger vor?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.06.2017 16:53:04 Gelesen: 311837# 158 @  
Liebe Freunde,

mit dem Regulativ vom 1.7.1850 gültig war Bayern sehr auf die Eigenheiten des frischen DÖPV eingeschworen worden. Einiges wurde von vorher übernommen, anderes modifiziert. Was man aber vergessen hatte, war die Verbilligung des Frankos/Portos von Briefen mit anhängenden Muster ohne Wert. Daher war es bis 30.6.1858 auch egal, ob man ein Muster in den Brief einlegte, oder anhing - es wurde nur das Konglomerat zusammen gewogen und taxiert (bis 4 Loth Briefpost, darüber Fahrpost).



Hier ein Beispiel aus München vom 31.7.1852 an die Firma Gebr. Krämer in St. Ingbert in der Rheinpfalz, der mit "Muster ohne Werth" tituliert wurde. Wie alle gewöhnlichen Briefe in die Pfalz kostete er 6 Kreuzer bis 1 Loth, so dass wir annehmen dürfen, dass das Muster nicht allzu schwer gewesen sein konnte.

Über Baden und Württemberg lief er noch nicht, sondern über Bayern bis Unterfranken, dann mit der Kutsche ab Schweinfurt nach Frankfurt am Main, nun wieder südlich Richtung Mannheim/Ludwigshafen, wie uns die Siegelseite zeigt (Ludwigshafen, 3.8.1852). Schon ein Tag später war er per Pfälzischen Bahnpost in Sankt Ingbert. Gar nicht mal so unflott!

Ab dem 1.7.1858 galt auch im inneren Verkehr von Bayern die Regelung des DÖPV, dass einfache Briefe mit Muster zusammen je 2 Loth nur das einfache Franko/Porto kosten. Dann nahm ihre Zahl auch stark zu, weil diese Regelung einfach verbraucherfreundlicher waren, als die alte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2017 14:18:34 Gelesen: 311380# 159 @  
Liebe Freunde,

zwei ähnliche Briefe, könnte man meinen, zeige ich heute.



Der kleine Brief aus Regensburg vom 5.4.1824 wurde an Herrn Staats- Minister Grafen von Rechberg in München verschickt. Da der Absender nicht frankierte, notierte die Aufgabepost 6 Kr. für den einfachen Brief über 12 - 18 Meilen. Dann aber stellte man fest, dass der Empfänger portofrei gestellt war und man musste die 6 Kr. wieder abstreichen, weil der Herr Minister in seinem Amt keine Gebühren bezahlt hätte.

Aloys war der Adressat: https://de.wikipedia.org/wiki/Aloys_von_Rechberg



Ähnlich wirkt ein Brief aus München vom 22.5.1831 an Herrn Willibald Grafen von Rechberg in Donzdorf über Ulm und Geislingen. Dort wurden von der Aufgabepost 6 Kr. bis zur württembergischen Grenze notiert, zu denen Württemberg 3 Kr. für sich addierte und so auf total 9 Kr. Porto kam.

Willibald Graf von Rechberg und Rothenlöwen war weder in Bayern, noch in Württemberg portofrei gestellt, daher war die Portoforderung gerechtfertigt und der Herr Graf (nicht Yoster!) hat sie auch sehr wohl bezahlt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2017 15:10:45 Gelesen: 311370# 160 @  
Liebe Freunde,

heute ein kleiner Nachschlag zu diesem spannenden Thema - geschrieben in Ulm am 29.11.1860 von der Firma Regensteiner & Sternberger, Wein- und Cigarrenhandlung, an Herrn Kaufmann Ottmar Stamm in Neuburg an der Donau.



Die Entfernung von Ulm nach Neuburg an der Kammel beträgt 29 km, die Entfernung von Neu-Ulm bis dorthin mithin 28 km.

Bei ordinairer Aufgabe in Ulm wäre es somit ein Brief bis 10 Meilen (75 km) gewesen, der ein Franko von 3 Kr. nach sich gezogen hätte.

Jetzt aber in Neu-Ulm am 2.12.1860 (man brauchte also 3 Tage, um genügend Post nach Bayern zusammen zu bringen, damit sich die Überschreitung der Donau lohnte!) reichten 3 Kr. sogar bis 12 Meilen aus (90 km), wodurch es gar nicht hinsichtlich der Postgebühr notwendig war, die Donau zu überschreiten. Es werden also andere Poststücke gewesen sein, die dort aufzugeben Geld sparten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.07.2017 13:02:47 Gelesen: 310573# 161 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Hamburg vom 17.3.1860 an Herrn Kohnstamm in München, der dort am 20.3. aufgegeben wurde. Der Brief trägt den Vermerk "p.E.", also per Einschluß. Absender war R. Bernhauer in Hamburg, der eine Lieferung nach München nicht voll bezahlt bekommen hatte und eigentlich konziliant sein wollte. Doch hatte der Münchner nur 6 Thaler Nachzahlung angeboten, während der Absender auf die volle Bezahlung der Rechnung von 51 Thalern bestand und gleichzeitig wissen ließ, dass er zur Durchsetzung seiner Interessen juristigen Beistand annehmen würde.



Ich nehme an, dass er den Brief einem Anwalt in München schickte, jedoch eingepackt in einen größeren Brief. Der Jurist las seinen Brief und gab diesen verschlossen für 1 Kr. als Ortsbrief in München zur Post. Den Kreuzer dürfte er in jedem Fall wieder gesehen haben, egal wie die Sache dann ausging.

Ein frankierter Brief aus Hamburg nach Bayern war 1860 der Taxispost aufzugeben, die, was die postalische Versorgung der Hansestadt anging, für die Destination Bayern zuständig war. Ein solcher Brief hätte 3 Silbergroschen, die paritätisch 10,5 Kreuzer entsprachen, gekostet. Gezahlt hätte man in Hamburg aber wohl eher in Hamburgischen Schilling Courant und das waren deren 4 damals.

Eine Ersparnis von 90% dürfte aber nicht sooo schlecht gewesen sein, denke ich..

Alternativ hätte er auch viele Briefe am 17.3.1860 an zahlreiche bayerische Kunden verschickt haben können, das wissen wir leider heute nicht mehr, aber auch oder gerade in diesem Fall wäre die Ersparnis absolut, nicht relativ, noch eine weit höhere gewesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.07.2017 11:08:18 Gelesen: 310352# 162 @  
Liebe Freunde,

kurz vor Oldenburg noch ein Schmankerl an Land gezogen:

Allgemein sind Briefe mit dem Vermerk "mit Briefen de. XXX" sehr selten und kaum einmal anzutreffen. Daher freute es mich umso mehr, dass ich einen sehr ansehnlichen aus meiner Heimat, der Rheinpfalz, ergattern konnte.





Geschrieben in Frankeneck bei Neustadt an der Haardt, erhielt er den Aufgabestempel von Lanbrecht-GR (Grevenhausen) und einen unleserlichen Mühlradstempel der 2. Verteilung (sollte also der gM 265 sein. Da er vom 30.7.1861 datiert, kam die 5. Platte der 3 Kr. blau zum Einsatz - sogar als Randstück, immerhin.

Adressiert war unser Faltbrief an: "Herrn Mündler mit Briefen der Kühle-schen Maschinenfabrik Frankenthal". Am Folgetag kam er an.

Absender war Heinrich Gossler in Frankeneck:

Liebe Freunde,

allgemein sind Briefe mit dem Vermerk "mit Briefen de. XXX" sehr selten und kaum einmal anzutreffen. Daher freute es mich umso mehr, dass ich einen sehr ansehnlichen aus meiner Heimat, der Rheinpfalz, ergattern konnte.

Geschrieben in Frankeneck bei Neustadt an der Haardt, erhielt er den Aufgabestempel von Lanbrecht-GR (Grevenhausen) und einen unleserlichen Mühlradstempel der 2. Verteilung (sollte also der gM 265 sein. Da er vom 30.7.1861 datiert, kam die 5. Platte der 3 Kr. blau zum Einsatz - sogar als Randstück, immerhin.

Adressiert war unser Faltbrief an: "Herrn Mündler mit Briefen der Kühle-schen Maschinenfabrik Frankenthal". Am Folgetag kam er an.

Absender war Heinrich Gossler in Frankeneck.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
wuerttemberger Am: 26.07.2017 13:25:32 Gelesen: 310334# 163 @  
Ich habe hier nichts zum Erklären aber etwas zum Zeigen.

Es handelt sich um einen Brief, der nach Nürnberg gerichtet war und als Chargebrief laufen sollte. Eine postalische Bearbeitung ist äußerlich nicht erkennbar, aber ein deutlicher "Fettfleck" ist sichtbar.



Auch auf der Rückseite sieht man diesen Fleck durchschlagen und man kann schon eine quadratische Form erahnen.



Faltet man den Umschlag auseinander, so sieht man zwei 6 Kreuzer braun mit Siegelwachs befestigt.



Da stockt einem der Atem und man vermutet vielleicht zwei 4I, aber bei näherer Betrachtung erfolgt Entwarnung es sind nur zwei schmalrandige 4II.



Warum die Marken in dem Brief mit Siegellack befestigt wurden kann ich mir nicht erklären.

Gruß

wuerttemberger
 
bayern klassisch Am: 26.07.2017 14:21:27 Gelesen: 310328# 164 @  
@ wuerttemberger [#163]

Lieber wuerttemberger,

ein ganz außergewöhnlicher Brief, den wir heute, mangels Inhalt, wohl nicht mehr klären könnten.

Eine Interpretation von mir: Der Absender hatte vom Empfänger vorher Geld bekommen für einen recommandirten Brief nach Nürnberg von einem Ort über 12 Meilen von Nürnberg entfernt. Das waren 6 Kreuzer für den einfachen Brief und 6 Kreuzer für die Recommandation.

So hatte er ihn auch beschriftet, aber es kam vlt. jemand vorbei, der ihm die kostenlose Mitnahme nach Nürnberg anbot. Um nicht als schuldig dazustehen, klebte er für den Empfänger die 12 Kr. ein - nur benötigte dieser sie offenbare nicht, warum auch immer.

Ich kenne eine Reihe von vergleichbaren Briefen, die leider fast alle ohne Inhalt sind und daher auch interpretiert werden müssen.

Danke fürs Zeigen dieses Ausnahmestücks.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 26.07.2017 14:22:31 Gelesen: 310327# 165 @  
Liebe Freunde,

der hier ist sicher nicht perfekt - aber er kam aus dem schwäbischen Raum (Heilbronn) und wurde innerhalb Bayerns für nur 3 Kr. von München nach Schwabmünchen am 28.10.1864 aufgegeben.



Von Heilbronn aus wären es 155 km gewesen, was gerade so über 20 Meilen gewesen wären und damit 9 Kr. Franko bedeutete. Aber der Brief lief ja deutlich über Schwabmünchen hinaus nach München und dann wieder Richtung Augsburg/Schwabmünchen retour. Auch ganz nett.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.07.2017 19:56:48 Gelesen: 310030# 166 @  
Liebe Freunde,

vlt. kein klassischer Postbetrug, aber in Halle an der Saale schrieb man am 4.5.1871 einen Brief, den man einen Tag später in München mit 3 Kr. frankiert aufgab. Sicher war dies nicht der einzige Briefe von dort, aber das muss Spekulation bleiben.



Jedenfalls war er an J. J. (JayJay) Mayer in Nördlingen gerichtet und dafür passten 3 Kr. perfekt. Von Halle an der Saale (Preußen / NDP) hätte es aber auch nur einen Groschen gekostet, der paritätisch 3,5 Kr. wert war. Ersparnis also 1/2 Kreuzer - nicht eben viel.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 02.08.2017 23:30:21 Gelesen: 309881# 167 @  
Und auch hier gleich mehrere Fragen zur Portobestimmung. Würzburg nach Weisendorf bei Erlangen 1855:



Am Anfang war's nicht leicht den Text zu verstehen, bis ich geschnallt habe, dass die "räumliche Trennung" in linke und rechte Spalte gar nicht existiert. Somit lautet die Anschrift: An Herrn Huth Freiherrlich von Guttenberg'scher Verwalter Wohlgeboren / in Weisendorf bei Erlangen, links unten wahrscheinlich der Vermerk frei gegen Schein / mit 5 Gulden 24 Kreuzer baar. Oben links eventuell die Nummer der Sendung und das Datum 10.12.1855, das man beim noch rudimentär erkennbaren Zweizeiler Würzburg IV nur erahnen kann. Sind die roten 5 das Gesamtporto? Wäre doch zu wenig, oder? Und was bedeutet die 8 zwischen frei und gegen? Die 4 1/4 drüber dürften loth (Gewicht) sein.

Für die, welche sich für Siegel interessieren noch eine kleine Basteleinlage. Die Rangkrone deutet auf Grafenstand, die Symbole eventuell auf die Familie Abensberg, was aber nicht stimmen muss. ;-)

mit Dank im Voraus und Grüßen Max


 
Magdeburger Am: 03.08.2017 14:51:03 Gelesen: 309808# 168 @  
@ Max78 [#167]

Hallo Max,

dass dies ein Wertbrief ist, dürftest du ja schon wissen. 4 1/4 Loth ist das Gewicht, wie du schon geschrieben hast - Inhalt waren 5 Gulden 24 Kreuzer - die 8 Kreuzer ist das Franco für diesen Brief und die rote 5 ist eine Kartierungsnummer.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
Max78 Am: 03.08.2017 16:42:46 Gelesen: 309785# 169 @  
Danke Dir Ulf!

An einen Wertbrief hatte ich gedacht, mir sind aber die genauen Begrifflichkeiten zu solchen Belegen aus jener Zeit nicht bekannt und ich wußte nicht, ob man damals schon von einem Wertbrief sprach. Mit den 8 Kreuzern macht Sinn, obwohl mir das Porto immer noch wenig vorkommt (auch wenn die Entfernung unter 12 Meilen war, schließlich sind es ja 4 1/2 Loth mit "Zusatzleistung"). Ich kenne mich mit Bayern einfach zu wenig aus, dachte immer, die Rötel wurden für die Portoberechnung verwendet. Aber auch hier glaube ich Deiner Aussage, dass es sich um die Kartierungsnummer handelt.

mit Dank und Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 03.08.2017 17:03:04 Gelesen: 309776# 170 @  
@ Max78 [#169]

Hallo Max,

ich wollte dem besten Fahrpostler von allen den Vortritt lassen und du darfst mir glauben, dass die Rötel - 5 eine Manualnummer ist, unter der das Poststück bei der Aufgabepost erfasst wurde.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Magdeburger Am: 03.08.2017 17:14:54 Gelesen: 309771# 171 @  
@ Max78 [#169]

Hallo Max,

die 8 Kreuzer franco dürften schon passen - ohne Gewähr jetzt 6 Kreuzer Fahrposttaxe für den Brief + 2 Kreuzer Werttaxe - mit Bayern kenne ich mich nicht so gut aus.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
Max78 Am: 03.08.2017 17:26:29 Gelesen: 309766# 172 @  
@ Magdeburger [#171]

Hallo Ralph und Magdeburger,

ohne Euch zwei wäre man hier aufgeschmissen (was nicht heissen soll, dass es nicht andere Sammler gibt, die sich sehr gut auskennen). Danke Euch für diese Informationen,

herzliche Grüße Max
 
bayern klassisch Am: 10.08.2017 16:12:33 Gelesen: 309310# 173 @  
Liebe Freunde,

die folgende Karte macht mir viel Freude, auch wenn ich manches noch nicht weiß und sie in rechtem Lichte darstellen kann. Aber vlt. klappt das ja mit eurer Hilfe ...



Am 25.10.1874 oder 1875 wurde in Pfarrkirchen eine gewöhnliche 2 Kr. Fernpostkarte mit der Anschrift:

An Herrn Erlanger in Ulm

aufgegeben. Das ist und war wahrlich nichts besonderes. Doch die Rückseite macht sie für mich interessant:

P.P! Depesche heute erhalten. Bezeichnetes Paket sandte ich bereits am 22/10 retour (Ulm) da keine Nachfrage geschah.

Ergebenst

Hauner

Posthalter

Offenbar muss jemand in Ulm ein Paket nach Pfarrkirchen abgesandt haben, über dessen Verbleib er keine Gewißheit hatte. Wir wissen nicht, wann das Paket in Ulm aufgegeben wurde, aber am 22.10 war die Frist (wie lange war die für ein Paket damals?) wohl abgelaufen und der Posthalter Hauner schickte es zurück nach Ulm mit dem amtlichen Hinweis "geschah keine Nachfrage". Ich meine, dass die Frist für gewöhnliche Pakete 1 Woche betrug, wenn sie nicht poste restante gestellt worden waren, aber das muss nicht stimmen.

Jedenfalls scheint das Paket von Pfarrkirchen nicht mehr in Ulm angekommen zu sein, sonst hätte man sich ja die Depesche sparen können, die nicht eben günstig war. Mit dieser Karte in der Hand konnte der Herr Erlanger jedoch zur Post in Ulm gehen und die Abfertigung eines kostenlosen Laufzettels (bzw. eines amtlichen Nachfrageschreibens) initiieren.

Gerne hätte ich die Depesche und den Laufzettel noch dazu gezeigt, aber dazu werde ich die Angebote in der Bucht wohl noch eine Weile gewissenhaft zu beobachten haben.

Im Netz habe ich zum Posthalter Hauner bzw. eben nicht über ihn folgendes heraus gefunden:

Verkauf und Entstehung der „Neuen Post“

Im Juni 1874 verkaufte die Witwe Josefa Kern den gesamten Besitz – Gasthaus „Zur Post“, das „Postgütl“ in Axöd, alle Pferde – an den Bierbräu Matthias Rechl, der von Neuötting zuzog. Er wurde Posthalter, allerdings nur für ein Jahr. Die rückläufige Entwicklung des Postgewerbes mochte Rechl veranlasst haben, nach so kurzer Zeit die Posthalterei – nicht sein Anwesen – seinem Nachbarn, dem Gastwirt Franz Rottenwöhrer, zu übergeben (heute Stadtplatz 24, Kaufhaus Maier).

Aus dem Gasthaus Rottenwöhrer wurde nun die „Neue Post“ zur Unterscheidung von der „Alten Post“ des Kern. Rottenwöhrer blieb Posthalter bis zu seinem Tod 1879. Die Post übernahm nun seine Witwe bis April 1881, dann deren Sohn Franz bis Februar 1884, dessen Witwe bis März 1886. Diese hatte schon im Dezember 1885 Johann Wagner geheiratet. Wagner blieb Posthalter 1886 bis 1899, somit bis zu seinem Tod. (Quelle: regio-wiki.pnp.de )

Die beiden hier genannten Namen passen allerdings gar nicht zu diesem Namen - weder Kern noch Rottenwöhrer kann es heißen. Wer weiß mehr als Wiki?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.08.2017 19:52:54 Gelesen: 308057# 174 @  
Liebe Freunde,

von ganz wenigen Korrespondenzen abgesehen, die per se nicht gerade Wühlkistenformat haben, sind mit eigenen Boten bestellte Briefe des Königreichs Bayern (Expressbriefe) bis 1847, als der Expressdienst normiert wurde, nicht gerade häufig.



Heute zeige ich einen Brief aus Günzburg vom 11.1.1843 an:

Seine Wohlgebohren dem Herrn Thomas Schulgraf Patrimonial Richter Dachau Haßlangkreit Aichach bei München vertatur

Er wurde mit 6 Kr. als Portobrief über 12 - 18 Meilen nach dem Reglement vom 1.1.1843 taxiert.

Er zeigt einen Präsentationsvermerk, wie er bei Briefen aus dieser Zeit unüblich war und ist, jedoch keine weiteren Stempel, wie es die Vorschrift war. Wir lesen: Praes(entirt) am 16te Januar 1843.

Des weiteren vermerkte eine andere Hand hinten: Befindet sich nunmehr in Haslangkreit bei Aichach - sicher ein Vermerk aus Dachau, wohin der Brief zuerst spediert worden war.

Haslangkreit hatte zum Zeitpunkt des Briefes ca. 300 Einwohner und somit keine Post - diese kam wohl erst viel später, denn gefunden habe ich in meinen Unterlagen und im Netz hierüber gar nichts.

Interessant ist aber in dem Zusammenhang der Vermerk oberhalb des Siegels mit Bleistift, also sicher kein postalischer, da Bleistiftgebrauch nicht gestattet war: Mathias Lechner Uhrmacher in Fridberg B. Eilbote 3 f 52 x.

Inhalt hat der Brief leider keinen mehr, aber die Datierung ist gesichert und 4 Hände auf einem Inlandsbrief muss man auch erst einmal nachweisen können.

Mir scheint, dass der Empfänger für den Brief tatsächlich 3 Gulden 52 Kreuzer (abzüglich 6 Kr. für die Post) an einen Eilboten bezahlt hat, obwohl die Entfernung von ca. 8 - 9 km nicht gerade riesig war. Auf der anderen Seite: Wer wollte es machen im kalten Januar des Jahres 1843?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 22.08.2017 08:07:26 Gelesen: 308035# 175 @  
@ bayern klassisch [#174]

Mir scheint, dass der Empfänger für den Brief tatsächlich 3 Gulden 52 Kreuzer (abzüglich 6 Kr. für die Post) an einen Eilboten bezahlt hat, obwohl die Entfernung von ca. 8 - 9 km nicht gerade riesig war. Auf der anderen Seite: Wer wollte es machen im kalten Januar des Jahres 1843?

Lieber Bayern Klassisch,

für die Wegstrecke von etwas 1,25 Meilen benötigte ein Fußbote ca. 1 Stunde, für hin und zurück also 2 Stunden.

Wenn er dafür fast 4 Gulden bekam, wäre es ein Wahnsinnsverdienst für diese Zeit. Grob könnte man sagen, wenn er jede Woche 1 Brief für diese Kosten zustellen würde, hätte er für 100 Stunden im Jahr 400 Gulden bekommen (Dafür geht man in dieser Zeit auch hinaus, wenn es sprichwörtlich "Mistgabeln regnen würde.").

Im Vergleich: In Magdeburg verdiente ein Briefträger zur gleichen Zeit ca. 250 Thaler im Jahr, ein Aushilfsbriefträger ca. 15 Sgr. pro Tag. Man kann davon ausgehen, dass die tägliche Arbeitszeit ca. 10-12 Stunden betrug. In der Woche wurde 5,5 Tage gearbeitet. Die Angestellten des Postamtes hatten also in der Woche einen ganzen und einen halben Tag frei.

In Magdeburg bekam also ein Briefträger bei etwa 55-60 Wochenstunden knapp 5 Thaler, was 8 Gulden 45 Kreuzer entsprach. Ein Aushilfsbriefträger kam bei gleicher Leistung etwa bei 60 Prozent an - und das auch bei jedem Wetter.
Auch ist zu beachten, dass gerade im Winterhalbjahr, also ab Oktober das Postaufkommen deutlich höher war, als im anderen Halbjahr.

Summa summarum: Ich bin mir sicher, dass dies kein Express-Lohn für nur einen Brief sein kann. Eventuell gibt auch eine andere Erklärung, was nicht mit einem Eilboten zu tun hat.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 22.08.2017 09:30:00 Gelesen: 308023# 176 @  
@ Magdeburger [#175]

Lieber Ulf,

ich kenne einige Fälle, die weisen, sogar in den 1860-er Jahren noch, vergleichbare Botenlöhne aus, als mehrere Gulden für einen Brief.

Ich kenne die örtlichen Gegebenheiten nicht, würde es aber von der Höhe her nicht ausschließen, dass sich da einer sehr gut hat bezahlen lassen. Möglich wäre auch eine "Nachtschicht".

Geregelt wurden die Expressen ja ausschließlich zwischen der Abgabepost, dem Empfänger und dem Expressen selbst. Die Abgabepost hatte nur schriftliche Anweisung zu erhalten, wem sie die Post zu geben hatte. Der Expresse hatte die Pflicht zu fragen, ob Post für seinen Kunden da ist - der Kunde hatte die Pflicht, den Expressen für seine Tätigkeiten zu entlohnen.

Deine finanziellen Aufzählungen sind interessant und treffen so oder ähnlich für alle Bediensteten in ganz Altdeutschland zu, mal ein paar Groschen mehr, oder weniger.

Möglich wäre das Zusammentreffen von Brief- und Fahrpost und wegen dieser Beschwernis ein so hohes Expressbestellgeld; ein 20 Pfund schweres Paket und ein paar Briefe vielleicht und eine uns nicht mehr bekannte Regelung könnte diesen hohen Betrag wahrscheinlicher werden lassen.

Auch wenn wir es wohl nie mehr heraus finden werden - ich finde es toll, dass es diese Vermerke gibt und das wir uns heute über 170 Jahre später noch unsere Gedanken machen können.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 26.08.2017 13:15:11 Gelesen: 307856# 177 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief mit Fragen und wenigen Antworten. Verfasst wurde er am 30.5.1839 in München von den Gebrüdern Ma?? und gerichtet war er an die Gebrüder Wittmann in Oberhaunstadt bei Ingolstadt, mithin eine Entfernung von ca. 74 km. Das Franko bzw. Porto für ihn (unter 1/2 Loth) hätte also 4 Kreuzer gekostet.



Jedoch wollte man ihn nicht der Post übergeben, ging es doch im Inhalt um einen strittigen Betrag von satten 3.560 Gulden, also ca. 110.000 Euro. In dem Brief selbst ist nie die Rede von einer Zustellung - ich gehe davon aus, dass ein Jemand oder eine Jemandin ihn für ein gewisses Entgelt nach dorthin verbracht und zugestellt hat - vlt. gegen Unterschrift.

Der Empfänger notierte unten links innen: "Beantwortet den 12. Juni 1839, daß wir in einem Monate Zahlung leisten werden. Gebrüd. Wittmann".

Wenigstens so sollte dieses Problem aus der Welt geschafft worden sein, hoffe ich.

Da er verschlossen war, ist davon auszugehen, dass er mit der Post hätte transportiert werden müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
hajo22 Am: 29.08.2017 23:36:43 Gelesen: 307738# 178 @  
@ bayern klassisch [#177]

Katalog Bayern Kreuzerausgaben "Die Sammlung Pegnitz" schon erhalten und Sparschwein befragt?

hajo22
 
bayern klassisch Am: 30.08.2017 06:19:08 Gelesen: 307706# 179 @  
@ hajo22 [#178]

Hallo hajo22,

habe alles im Netz bei Köhler gesehen und ca. 100 Briefe als interessant empfunden - ich fürchte, das wird mein lokales Sparschwein weit überfordern. :-)

Vielleicht hat die Gattin Glück und gewinnt vorher den Jackpot, sonst wird es bei 3 oder 4 günstigen bleiben müssen, leider!

Liebe Grüsse von bayern klassisch,
der sich aber alle anschauen wird, weil fast vor der Haustür die Auktion stattfindet
 
bayern klassisch Am: 09.09.2017 09:54:26 Gelesen: 307106# 180 @  
Liebe Freunde,

eine eingeschriebene Armensache (Arm - Sache Gegen Recepisse) vom 30.3.1838 an den Armenpflegschaftsrath zu Berg K. Landgerichts Kastel (Castell) kann ich zeigen, der portofrei abspediert wurde, obwohl sicher die Absenderbehörde nicht benannte und auch keine Expeditionsnummer angab - damit war eine Portofreiheit amtlich verwirkt und die Aufgabepost hätte ein Porto ansetzen müssen und auch die 4 Kr. für die Recogebühr verlangen müssen (vom Absender!).



All das ist hier unterblieben, warum auch immer. Er wurde unter der lfd. Nr. 88 im Reco - Manual eingetragen und mit dem Rötelkreuz versehen, dem alten Zeichen der Recommandation.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.09.2017 10:17:49 Gelesen: 307100# 181 @  
Liebe Freunde,

Absender dieses Dienstbriefes war das Postamt Passau am 1.12.1844 und Adressat das Oberpostamt in Regensburg. Der Inhalt muss wichtig gewesen sein, denn man stempelte CHARGÉ, wenn auch eher etwas nachlässig. Aber wer immer in Passau den Brief geschrieben hatte - er zog keinen Postschein dafür, sonst wäre eine Reco - Nummer zu notieren gewesen.



Der Brief lief somit auch nicht in der begleitenden Briefkarte unter den recommandirten Briefen, sondern lediglich unter den portofreien Dienstbriefen mit.

Dergleichen Fälle kenne ich einige - wenn man sie unerkannt schnappen kann, macht man sicher nichts falsch (zum Preis einer Pizza usw.).

Auf den Abschlag eines Ankunftsstempels hat man bei der Hauptbriefpostexpedition Regensburg jedenfalls auch schon mal verzichtet. Ts, ts, ts ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.09.2017 10:33:25 Gelesen: 307095# 182 @  
Liebe Freunde,

bei der Adressierung von Briefen, waren sie dienstlicher Natur, oder eher privater Art, sollte der Ort des Empfängers genau bezeichnet sein. Es gab jedoch in Bayern Persönlichkeiten, die von ihrem Ort den Namen hatten, oder deren Familie dem Ort den Namen gab, je nachdem.



Wir kennen z. B. die Korrespondenz den Freiherrn von Würzburg, wobei die meisten Briefe an diesen liefen und sich das Wort "Würzburg" stets zweifach auf der Adresse befindet.

Auch kennen wir, nicht erst von Schiller, die Pappenheimer, insbesonders den erlauchten Grafen von Pappenheim, welcher in Pappenheim oft zu ruhen gedachte.

Der Dienstbrief von Ansbach datiert vom 15.9.1833 und zeigt als Absender: "Von Kgl. Rgg d. Rztkr K. d. I.", womit der Laie nun aber auch gar nichts anfangen kann. Aber diese Abkürzung machte Sinn, wenn man 100 Briefe mit ihr am Tag schreiben konnte, ohne Überstunden machen zu müssen! Ausgeschrieben lautete sie: Von der Königlichen Regierung des Rezatkreises, Kammer des Inneren", womit die Behördichkeit des Dienstbriefes klar war.

Die Anschrift war auch optimal sparsam gehalten: "An Seiner Erlaucht den Herrn Grafen von Pappenheim". Eine Ortsangabe ließ man bewußt weg und schrieb Pappenheim als Zielort, nicht als Nachname!

Was für ein Pech aber auch, dass unsere Erlaucht und gräfliche Gnaden just bei der Ankunft des Briefes nicht mehr zu Hause in Pappenheim weilte, sondern abgereist war nach München, wo ihn dringliche Geschäfte erwarteten.

Die Post in Pappenheim (Feuser Stempel 2689-3, recht selten!) hatte den Brief schon ausgegeben, nahm ihn aber mit korrigiertem Namen = korrigierter Adresse wieder entgegen und stempelte artig Pappenheim R. 3. Aufgabe (unter Benutzung des alten Rayonstempels, den sie 1830 als Ersatz für den noch älteren Rayonstempel von 1802 hatten anfertigen lassen in dem Irrglauben, dass es noch Rayons zu Frankreich gäbe, was natürlich Humbug war).

Er wird dann wohl auch ein paar Tage später in München zugestellt worden sein - auch wenn man nun lesen könnte, dass der Empfänger der Graf von München war - und so einen gab es nun wirklich nicht, weder in Pappenheim, noch sonstwo.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.09.2017 12:23:25 Gelesen: 306830# 183 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, der innerhalb Bayerns nichts so recht dahin wollte, wohin er doch gehörte, ist einer aus Augsburg, der am 4.5.1861 oder 1862 (ich meine eine Platte 5 zu erkennen) um 07.00 Uhr früh an Herrn Anton Walcher in Heinrichshofen bei Landsberg gerichtet war.





Der Zielort Heinrichshofen war ohne Post - in seiner Nähe lag das bedeutendere Egling bei Landsberg am Lech (gab auch eines zum Amt Wolfratshausen), welches erst 1893 eine Postexpedition erhielt, so dass Heinrichshofen bis dahin alleinfalls eine Landgemeinde ohne direkte Postversorgung war (von Moorenweis / Mohrenweis, das erst im November 1860 eine eigene Postexpedition bekam).

Zurück zur Ausgangslage: Augsburg hatte ihn streng nach Süden Richtung Buchloe geschickt, wo er natürlich noch am selben Tag ankam. Dort war man mit ihm aber nicht zufrieden und sandte ihn weiter nach Landsberg am Lech, wo er ebenfalls noch am selben Tag (4.5.) ankam. Landsberg hätte ihn jetzt einfach nach Moorenweis/Mohrenweis nach Norden schicken könnten, sandte ihn aber weiter nach Fürstenfeldbruck, wo er jetzt schon am 5.5. ankam. Da war er natürlich weit weg von seinem Zielort, so dass man ihn umgehend mit dem Vermerk "Morenweis" nach dorthin spedierte, wo er am 5.5. auch ankam.

Ab 1.10.1860 gab es ja das Landpostbotensystem im rechtsrheinischen Bayern, so dass ich davon ausgehen, dass Heinrichshofen noch im Landbestellbezirk von Moorenweis/Mohrenweis lag und der Brief endlich am Folgetag unserem Anton Walcher zugestellt werden konnte.

In Anbetracht der Tatsache, dass Heinrichshofen von Augsburg nur schlappe 19 Kilometer Luftlinie (!!) entfernt lag, die im Einzeltransit erfolgten Umspedierungen aber ein Vielfaches dieser Entfernung entsprachen, darf man sich nicht wundern, wenn 2 Tage für den Transport benötigt wurden.

Eigentlich war der Brief Beifang - aber jetzt wird er in eine meiner Mini - Sammlungen verbaut, denn so schlecht sieht er gar nicht mal aus und auch seine Hintergrundgeschichte ist nicht zu verachten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.09.2017 12:55:15 Gelesen: 306823# 184 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Franko - Zettel (FZ) aus Frankenthal in der Pfalz nach Le Havre vom 9.5.1860. Was war ein FZ? Nun, wenn ein Absender etwas postalisches zu erledigen hatte, aber auch die Post sich nicht sicher war, welche Kosten insgesamt zu zahlen waren, aber dem Empfänger die Sendung garantiert ohne Kosten zugestellt werden sollte, dann konnte er mit seiner Postsendung (in der Regel Fahrpost) einen behördlichen FZ mit abgehen lassen, in welchem alle Postverwaltungen ihre Auslagen zu notieren hatten und der dann nach Übergabe des Poststücks an seinen Empfänger wieder zurück geschickt wurde, wo er im Austausch zu dem ausgegebenen Postschein dem Absender gegen Bezahlung aller Kosten ausgehändigt wurde.



Absender war hier das Bürgermeisteramt in Lambsheim bei Frankenthal. Verschickt wurde eine Rolle (Geld) an das bayerische Konsulat in (Le) Havre mit 120 Franken. Die Rechnung für diesen Wertversand sehen wir rechts notiert:
Porto für Bayern 19 Kreuzer, bis Paris 56 Kreuzer und nach Le Havre 56 Kreuzer = 2 Gulden 6 Kreuzer.

Da der Absender eine bayerische Behörde war, hatte man regelmäßig vor der Absendung der Sendung von einen Depositum abgesehen; hätte ein Privater das gleiche Verfahren gewählt, hätte die Aufgabepost einen Betrag, der ihr angemessen erschien, von ihm als Depositum einbehalten und den Rest, so es einen gab, bei Abgabe des FZ wieder erstattet. Die Höhe des Depostiums war auf dem Postschein der Fahrpost selbst zu vermerken.

Der Grund der Hinsendung von 120 Franken (1 Franken war 28,5 Kreuzer wert, also eine Sendung im Wert von 2.850 Kreuzern = 57 Gulden (plus Auslagen von 2 Gulden 6 Kr.) dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darin zu suchen sein, dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Gemeinden für ihre Bürger verantwortlich waren, wenn diese in Not gerieten.

Offenbar war ein Auswanderungswilliger Mensch aus Lambsheim im Rahmen seiner Reise nach Le Havre finanziell notleidend geworden und benötigte dringend für seine weitere Reise die übermachten 120 Franken, da Mittellose niemals auswandern konnten (auch wenn sich in Laienkreisen genau diese Variante immer wieder verfolgen läßt).

Nach Rücklauf des FZ dürfte die Gemeinde Lambsheim dann von den Angehörigen des Auswandernden den Betrag von 59 Gulden und 6 Kr. zurück gefordert haben, auch wenn das sicher kein leichtes Unterfangen war, denn viele Auswanderer schieden nicht eben unter den angenehmsten Verhältnissen von ihren Angehörigen und in der Regel kamen diese auch nie wieder in die Heimat zurück, so dass man in solchen Fällen getrost den Betrag, den man auslegte, abschreiben konnte.

Aus der Pfalz kenne ich eine Handvoll FZ nach Frankreich (alle nach Le Havre). Ich freue mich sehr, endlich selbst einen besitzen zu dürfen, zumal das Thema Auswanderung, auch wenn es belegseitig nicht intoniert ist, eines der interessantesten ist, welches die (Post-)Geschichte zu bieten hat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.09.2017 12:50:09 Gelesen: 306643# 185 @  
Liebe Freunde,



von Landau in der Pfalz nach Hechingen [1] in Hohenzollern (Preussen unter taxischer Postregie) wird man wenig finden - außer dem kenne ich gar keinen anderen. Der Dienstbrief von 1847 wurde portofrei belassen, obwohl keine Expeditions-Nummer angegeben worden war, wie es die Vorschrift war und auf seiner weiteren Reise hat das natürlich auch keinen mehr gestört.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hechingen
 
bayern klassisch Am: 20.09.2017 15:25:17 Gelesen: 306412# 186 @  
Liebe Freunde,



nichts Berühmtes, aber doch ganz nett und lustig anzusehen: R.S. des Landgerichts Weiden mit Fingerhutstempel vom 3.11.1847 an das Landgericht in Nürnberg. Dort am Folgetag zuerst vorderseitig gestempelt, ehe man seinen Fauxpas bemerkte und siegelseitig nachstempelte, wie es die Vorschrift war. Um zu vermeiden, dass man Nürnberg als erneute Postaufgabe ansah, musste man mit seiner typische blau-wässrigen Tinte annullieren. Zum Preis einer Pizza konnte ich den nicht liegen lassen, auch wenn die Pizza hier etwas größer war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.10.2017 11:21:46 Gelesen: 304964# 187 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des k. Oberstaatsanwalts bei dem k. Appellationsgerichte von Schwabn und Neuburg in Neuburg an der Donau lief an die K. Regierung von Mittelfranken Kammer des Inneren nach Augsburg. am 9.5.1855.



Da wundert sich der Laie und knobelt der Fachmann, wieso eine Behörde für Mittelfranken im schwäbischen Augsburg residieren soll.

Tatsächlich kam der Brief am Folgetag am Bahnhof Augsburg (Siegelseite) an, wurde auch in die Stadt zum Filialpostamt (das mit dem Zweikreisstempel) weiter geleitet, dort jedoch der offensichtliche Anschriftenfehler bemerkt, Augsburg gestrichen und Ansbach vermerkt, wo man tatsächlich für mittelfränkische Belange örtliche zuständig war. Als Zeichen der erneuten Postaufgabe (wer hatte ihn denn entgegen genommen?) stempelte die Stadt jetzt Aufgabe und leitete ihn am selben Tag weiter, wo er scheinbar noch am selben Tag ankam!

Unten links lesen wir den Insinuationsvermerk der Absenderbehörde: Ins. d. neunten Mai 1855.

Der Brief passt hier in 4 Sammlungen (Besonderheiten bei Dienstbriefen, Insinuationen, weitergeleitete Briefe und Contraventionen beim Absender) und ich knoble noch, wohin er final wandern wird.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.10.2017 11:34:09 Gelesen: 304962# 188 @  
Liebe Freunde,

eine J.P.S. = Justiz - Partei - Sache war immer kostenpflichtig, die vom Landgericht Werneck an den Notar Förster in Schweinfurt vom 8.8.1865 auch.



Der 1.8.1865 stellte ja eine Zäsur in der bayer. Postgeschichte dar, denn erstmals (!) wurde das ganze Land rechts und links des Rheins als ein Postgebiet angesehen, was zuvor nicht der Fall war, indem man unabhängig von Auf- und Abgabepost jeden einfachen Brief mit einem Franko von 3 Kreuzer festsetzte (6 Kr. Porto) und alle Briefe über 1 bis 15 Loth mit nur noch 6 Kr. Franko (12 Kr. Porto) tarifierte.

Das zeigt sich hier sehr gut am 8. Tag dieses neuen Regulativs, mit dem ja praktisch alle Briefe günstiger wurden, teils ganz erheblich sogar.

9 Tage vor diesem Datum im Regulativzeitraum 1.7.1858 bis 31.7.1865 hätte ein Brief nach der Entfernung (bis 12 und über 12 Meilen, bzw. der Pfalz) und je Loth abgerechnet werden müssen, was schon nicht immer so einfach war.
Von Werneck bis Schweinfurt waren es nur 12 Kilometer, so dass ein einfacher Portobrief 6 Kr. gekostet hätte. Mit jedem Loth mehr hätte sich dieses Porto verdoppelt bis hin zu 16 Loth, so dass wir im Extremfall auch Briefe mit 16 x 6 = 96 Kreuzern gehabt haben dürften (noch nie gesehen).

Dieser hier war sehr schwer, blieb jedoch mit 12 Kr. weit unter dem, was kurz zuvor noch möglich gewesen wäre.

Warum der Brief einzeln nach Waigoldshausen (9.8.) geschickt wurde, weiß ich aber auch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.10.2017 18:31:57 Gelesen: 304916# 189 @  
@ bayern klassisch



Ein Brief des k. Oberstaatsanwalts bei dem k. Appellationsgerichte von Schwaben und Neuburg in Neuburg an der Donau lief an die K. Regierung von Mittelfranken Kammer des Inneresn nach Augsburg. am 9.5.1855.

Da wundert sich der Laie und knobelt der Fachmann, wieso eine Behörde für Mittelfranken im schwäbischen Augsburg residieren soll.

Tatsächlich kam der Brief am Folgetag am Bahnhof Augsburg (Siegelseite) an, wurde auch in die Stadt zum Filialpostamt (das mit dem Zweikreisstempel) weiter geleitet, dort jedoch der offensichtliche Anschriftenfehler bemerkt, Augsburg gestrichen und Ansbach vermerkt, wo man tatsächlich für mittelfränkische Belange örtliche zuständig war. Als Zeichen der erneuten Postaufgabe (wer hatte ihn denn entgegen genommen?) stempelte die Stadt jetzt Aufgabe und leitete ihn am selben Tag weiter, wo er scheinbar noch am selben Tag ankam!

Unten links lesen wir den Insinuationsvermerk der Absenderbehörde: Ins. d. neunten Mai 1855.

Der Brief passt hier in 4 Sammlungen (Besonderheiten bei Dienstbriefen, Insinuationen, weitergeleitete Briefe und Contraventionen beim Absender) und ich knoble noch, wohin er final wandern wird.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.10.2017 16:30:55 Gelesen: 304611# 190 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief des Stadtmagistrats Dinkelsbühl vom 23.12.1836 an den Stadtmagistrat Wassertrüdingen. Die Absenderbehörde notierte R.S. Nr. 540 für einen portofreie Regierungs - Sache. Da muss aber jemand der Sache einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, denn R.S. wurde gestrichen, "Partheisache" notiert und der Brief mit 4 Kr. Porto belastet.



Nach einer Verwaltungsvorschrift sollte die linke obere Ecke des Inhalts die Adresse nachspielen, was sie auch tat - nur stand dort noch "frei", was bedeutete, dass man den Brief frankiert nach Dinkelsbühl geschickt hatte (auch als Partei - Sache, steht zu vermuten) und Dinkelsbühl aber falsch das Schreiben retournierte.

Man sieht, dass sich auch bayerische Behörden nicht immer ganz im klaren waren, was wie zu verschicken war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.10.2017 16:42:14 Gelesen: 304607# 191 @  
Liebe Freunde,



von Landshut nach Asbach, k. Landgericht Arnstorf Gemeinde Ruhstorf Nächst Waisbach steht als Anschrift eines einfachen Briefes vom 24.9.1874, an N. Stahlhöfer, Bäurin von Asbach.

So präzise die Anschrift prima vista auch gewesen sein mag, die Post hatte etwas an ihr auszusetzen und strich die letzte Zeile, um sie durch eine neue oben zu ersetzen: Gehört nach Arnstorf. Post.

Siegelseitig sehe ich nur einen für mich schwer interpretierbaren Halbreisstempel, sonst nichts. Kann ihn wer lesen?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 18.10.2017 19:44:22 Gelesen: 304584# 192 @  
@ bayern klassisch [#191]

Hallo Ralph,

schwer zu sagen. B oder R, A, N oder L, D, .. D O R F.

Lg, harald
 
Gernesammler Am: 18.10.2017 19:56:07 Gelesen: 304579# 193 @  
@ bayern klassisch [#191]

Hallo Ralph,

ich habe versucht etwas heraus zu bekommen, aber aus diesem leider sehr schlecht abgeschlagenen Stempel ist das sehr schwer. Der einzige Ort, der zu der Buchstabensuppe und Niederbayern passt, wäre Patersdorf, aber dieser Ort liegt ca. 90 km von Landshut und 70 km von Arnstorf.

Vielleicht hat ja noch jemand anders eine Idee.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 18.10.2017 20:11:04 Gelesen: 304575# 194 @  
Liebe Freunde,

vielen Dank für eure Hilfe - dann bekommen wir halt nicht heraus, wie er lief, das bringt mich auch nicht um.

Schön, dass ihr mir geholfen habt, so macht Forum Spaß.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.10.2017 12:24:51 Gelesen: 304393# 195 @  
Liebe Freunde,

frühe Expressbriefe, also noch mit Quadratmarken, sind nicht häufig. Heute kann ich einen vorstellen aus einer Korrespondenz, die mir schon einen mit einer 4I zugetragen hat - jetzt mit einer blauen, was das Sammlerherz sehr erfreut, denn das wird sicher eine Bombenseite werden! Aber der Reihe nach.



Aufgegeben in Regensburg am 18.3.1853 lautete seine Anschrift wie folgt: Seiner Wohlgeboren Herrn Simon Mögginger, k. bay. Landgerichts Assessor u. Gutsbesitzer in Brun bei Fischbach, k. Ldg. Nittenau - Marke durch eigenen Boten frei".

Von Regensburg nach Nittenau (Brunn gehörte zur Postexpedition Nittenau) waren es weniger als 12 Meilen, der Brief wog unter 1 Loth, daher waren 3 Kr. korrekt.

Ein Expressbrief musste nicht eingeschrieben sein, wie manche meinen, das war erst später Vorschrift. Jedoch war jeder Expressbrief mit einem Rückschein (einer Retour - Recepisse) zu versehen, auf der der Empfänger den Erhalt des Expressbriefes zu bescheinigen hatte. Dieser lag auch die Expressgebühr bei, da der dortige Bote von Nittenau im voraus bezahlt sein wollte. Diesen Betrag kannte der Absender offenbar, weil man sich öfters schrieb. Der Rückschein ist natürlich heute nicht mehr vorhanden, aber die beiden Siegelteile, mit denen der Bindfaden, der ihn einst umschlungen hatte, sind heute noch bei geöffnetem Brief gut zu erkennen (wie auch aus dem Attest vom Stegmüller Franz hervor geht).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.10.2017 17:35:04 Gelesen: 303597# 196 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, wie man ihn weiß Gott nicht gerade jeden Tag findet - und das in so mancher Beziehung. Er war ab 1832 beim bayerischen König Otto von Griechenland zum britischen Gesandten in Athen bestellt worden.



Geschrieben am 16.8.1845 in Athen von Edmund Lyons [1], dem späteren Befehlshaber der britischen Schwarzmeerflotte im Krimkrieg.

Gerichtet war er an seine Frau Gemahling, Lady Augusta Louisa (1792–1852) Lyons, die dunnemals in Mergentheim in Württemberg weilte.

Der Brief wurde sicher mit der Diplomatenpost Bayerns nach München verbracht und dort mit dem Vermerk "Poste restante" als gewöhnlicher Portobrief aufgegeben.

Bayern taxierte 12 Kr. bis zur Grenze und Württemberg (Taxis) notierte sein Inlandsporto von 6 Kr. auf das Gesamtporto von 18 Kr.. Unterhalb der Summe von 18 Kr. lese ich 1 Kr. als Bestellgeld, was nicht richtig sein konnte, denn ein poste restante gestellter Brief sollte ja eben gerade nicht zugestellt werden, so dass keine Botengebühr hätte anfallen sollen.

Ein besonderer Brief, für den es auch einen besonderen Preis zu zahlen galt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Lyons,_1._Baron_Lyons
 
bayern klassisch Am: 31.10.2017 10:07:21 Gelesen: 303532# 197 @  
Liebe Freunde,

ein Stück, wie man es auch nicht jeden Tag sieht, sei hier vorgestellt:



Am 21.7.1869 als Bamberger Ortsbrief treffend mit 1 Kreuzer grün frankiert, war der Empfänger der Freiherr von Pölnitz wohl nicht mehr zugegen gewesen.

3 Tage später sandte man ihm den Brief, nun frankiert mit einer 3 Kreuzer rot und geänderter Adresse, nach Aschbach bei Burgwinheim (richtig: Burgwindheim) nach. Bei der Aufgabe in Bamberg war die Entwertung der 3 Kr. Marke jedoch vergessen worden, so dass dies in Burgwindheim vom dortigen Postexpeditor nachgeholt wurde.

Sind schon Nachsendefrankaturen selten, kenne ich keine weitere mit vergessener Abstempelung der Nachsendemarke. Die unterschiedlichen Gebühren (Orts-, dann Fernbrief) und Stempeltypen tragen ein weiteres dazu bei.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.11.2017 13:47:29 Gelesen: 302855# 198 @  
Liebe Freunde,

Ortsbrief, oder nicht Ortsbrief, das ist hier (ein von zweimal) die Frage.



Als ich ihn unlängst kaufte, sah es nach einem gewöhnlichen Ortsbrief von Passau nach Passau aus, der mit einer Nr. 22 korrekt frankiert worden war (von J. S. Bauer). Das Datum war der 25.9.187?

Als ich ihn öffnete / wendete, stellte es sich heraus, dass er nach Eingang beim Bezirksamt Passau am 2.10.187? an die Gendamerie Station Hutturm (falsch geschrieben: Hutturn) bei Passau (ca. 12 km entfernt, also kein Ortsdienstbrief mehr, sondern ein Lokalbrief, siehe Ankunftsstempel Einkreis von 2.10.187?) als portofreie Regierungs - Sache weitergeleitet wurde.

So häufig hatte ich das jetzt noch nicht vorliegen und zum Preis einer Pizza.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.11.2017 14:05:54 Gelesen: 302851# 199 @  
Liebe Freunde,

nach Jahren ist mir wieder so ein Rosinchen ins Netz gegangen und das bei einer öffentlichen Auktion - allerhand!



Nürnberg 20.3.1827 an das Kreis- und Stadtgericht in Ansbach als K.D.S. = Königliche Dienst Sache betitelt, doch dann mit 4 Kr. Porto und 4 Kr. für die Chargégebühr belastet verschickt.

In Ansbach mit dem roten Chargé - Stempel nachgestemplt, wie man das dort hin und wieder tat.

Juristisch war das nicht sauber: Recogebühren waren nicht dem Empfänger aufzuerlegen, auch von bayerishen Behörden nicht. Aber es gibt da so ein paar Ausnahmen und das hier ist eine davon.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
cihs Am: 12.11.2017 23:41:34 Gelesen: 302826# 200 @  
Hallo,

kann mir jemand den Postweg erklären? Warum befindet sich der Lindau-Stempel darauf? Es sieht so aus, als ob der Brief mit der Schiffspost von Romanshorn/Lindau befördert wurde und dann mit Banhpost von Romanshorn-Bern nach Mühlehorn Kanton Glarus? Wie setzt sich das Porto zusammen?

Danke und Gruß cihs


 
bayern klassisch Am: 13.11.2017 08:31:19 Gelesen: 302793# 201 @  
@ cihs [#200]

Hallo cihs,

kann mir jemand den Postweg erklären?

den hast du dir selbst erklärt - Lindau - über den Bodensee nach Romanshorn - Bahnpost Romanshorn - Bern - Zürich - Mühlehorn.

Warum befindet sich der Lindau-Stempel darauf?

Weil der Brief aus Lindau kommt. Wenn du mal in den Inhalt schauen möchtest.

Es sieht so aus, als ob der Brief mit der Schiffspost von Romanshorn/Lindau befördert wurde und dann mit Bahnpost von Romanshorn-Bern nach Mühlehorn Kanton Glarus?

Ja, siehe oben.

Wie setzt sich das Porto zusammen?

3 Kreuzer für Bayern im 1. Rayon (Lindau) und 3 Kreuzer für die Schweiz auch im 1. Rayon (Mühlehorn) = 6 Kreuzer total = 20 Rappen. Zugrunde lag der Postvertrag (PV) Bayern - Schweiz vom 1.10.1852 mit Modifikation zum 1.9.1859. Der Brief war bis 1 Loth exklusive = 15g inklusive für die Schweiz schwer. Die Gutschrift von 10 Rappen = 3 Kreuzern wurde von der Schweiz quartaliter an Bayern bonifiziert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
cihs Am: 13.11.2017 09:03:02 Gelesen: 302775# 202 @  
@ bayern klassisch

Vielen Dank.

Wer lesen kann, ist eindeutig im Vorteil. Ich habe mich auf den vorderseitigen Zürichstempel focussiert und bin dadurch nicht auf diese einfache, logische Erklärung gekommen.

Gruß cihs
 
bayern klassisch Am: 13.11.2017 11:25:13 Gelesen: 302750# 203 @  
Liebe Freunde,



der Dienstbrief aus Füssen vom 20.9.1849 zeigt noch, kurz vor der Markeneinführung, einen knallig roten Fingerhutstempel, dessen Farbe man in der Markenzeit wohl vergeblich suchen wird - schade!

Der Ankunftstempel von Nürnberg war da schon farblich angepasst an das kommende Großereignis und zeigt sich uns in kühlem Schwarz am Folgetag.

Aber es wäre doch ein eher langweiliger Brief des Landgerichts Füssen, wenn wir heute nicht mehr den Inhalt hätten, der uns gottlob noch erhalten geblieben ist:

Es war ein Rückschein! Aber es gab Post - Recourrecepissen, also Vordrucke der Postbehörde und es gab welche, die bayerische Behörden außerhalb der Postverwaltung anfertigten und ausfertigten, so wie hier. Die Füssener wollten die Zustellung gerichtsverwertbar wissen und Nürnberg tat, wie gewünscht.

Dergleichen Stücke sind nicht häufig und von außen praktisch nie zu erkennen. Da bei vielen Dienstbriefen kein Inhalt heute mehr vorhanden ist, ist davon auszugehen, dass es weit mehr dieser Belege gab, als wir heute noch vermuten dürfen. Dies ist einer meiner schönsten und ich war sehr froh, ihn zu bekommen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.11.2017 11:35:49 Gelesen: 302748# 204 @  
Liebe Freunde,

nur ein Laie kann glauben, dass Dienstbriefe immer langweilig sein müssen - den Beweis für das Gegenteil tritt ein Hin- und Herbrief aus Neuburg an der Donau vom 21.1.1845 nach Ingolstadt an. Es schrieben sich die beiden Gerichte. Zuerst als R.S. portofrei mit der Briefpost.



In Ingolstadt kam er an und wurde als Fahrpostbrief am 27.1.1845 mit 2 3/4 Loth (oben links) gewogen, was nötig geworden war, weil man ihn "Mit 1 fl 9xr baar" (also dem Betrag von 1 Gulden und 9 Kreuzer Bargeld) beschwert nach Neuburg an der Donau retournieren wollte.

Hierfür war:

1) Oben die Absenderbehörde zu ändern, was man tat,
2) eine neue amtliche Expeditionsnummer zu vergeben ("N. 2070"), was man tat,
3) die Korrekturen anzubringen (C1 und C2 = Correctur 1 und 2),
4) den neuen Zielort anzugeben und den alten zu streichen, was man tat und letztlich
5) den Brief neu mit den eigenen Siegeln zu verschließen, was man auch tat.

Am 28.1.1845 kam er dann in Neuberg a. d. D. endlich an, wobei seine Barschaft ihrer Zweckbestimmung zugeführt wurde (wohl Kosten im Gerichtsverfahren).

Das er als Dienstbrief sowohl bei der Brief-, wie auch bei der Fahrpost portofrei war, hat man auch nicht jeden Tag.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.11.2017 12:27:28 Gelesen: 302738# 205 @  
Liebe Freunde,

es gab immer wieder Ärger bei einigen Postexpeditionen, wenn kgl. Advokaten ihre eigenen Scheine zu Einschreibebriefen vorlegten und diese ausgefertigt haben wollten. Das Problem war, dass die Advokaten diesen Dienst kostenlos wollten, während der Postexpeditor seine Scheine ja von der Materialverwaltung der Post zu kaufen hatte, ehe er sie für 4 Kreuzer an den Kunden bringen durfte.



Dies gipfelte dann in einer Verordnung (die ich mühsam nachsuchen müsste), in der die Generaldirektion der k. b. Verkehrsanstalten ihre Postbediensteten anwies, diese Scheine der Advokaten kostenlos auszufertigen, andernfalls es eine Strafe für sie gäbe.

Hier haben wir einen der m. E. sehr seltenen Fälle vor uns, in denen wir das nachweisen können:

In Ellingen zur Post gegeben und in Ansbach am 24.7.1824 verfasst vom Advokaten Posching an den Advokaten Loeblein in Pappenheim und mit frei bezeichnet, wiewohl die Siegelseite blank ist und auch von einer Recommandation ist entgegen der Vorschrift vorne nichts zu lesen.

Dennoch mit Chargé gestempelt, blieb nur die Expeditions - Nummer des absendenden Advokaten 2909 erhalten, die auch für den Postschein galt und auf ihm einzutragen war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.11.2017 12:39:16 Gelesen: 302736# 206 @  
Liebe Freunde,

heute ein Brief aus Neu - Ulm vom 28.8.1867 nach Straubing an den Getreidehändler Weiß, der aber, man ahnt es nicht, gar nicht aus Neu - Ulm stammt und, das war für mich eine Sensation, auch nicht aus Ulm stammt, wie bei so vielen Briefen nach Bayern mit Neu - Ulmer Postaufgabe.



Ausweislich seines Inhalts stammte er aus dem badischen Konstanz von C. Klaiber junior. Irgendwie kam er sicher über Ulm nach Neu - Ulm und von dort mit nur 3 Kr. frankiert nach Straubing.

Von Konstanz aus hätte es 9 Kr. nach Straubing gekostet. Von Ulm aus auch. Aber von Neu - Ulm aus war es nur noch ein einfacher Inlandsbrief, der schlappe 3 Kr. kostete, so dass sich unser sparsamer Badener 6 Kr. gespart hatte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 17.11.2017 15:13:16 Gelesen: 302459# 207 @  
Liebe Freunde,

ich hoffe, ich bin hier damit richtig.



Das ist ein Brief aus der Bundesfestung Landau (die Pfalz gehörte damals doch zu Bayern, oder?) an das königliche Landgericht Sulzheim - lässt sich anhand des Stempels der Zeitraum näher eingrenzen? Inhalt ist leider nicht erhalten.

Das 10. königliche Linien-Infanterie-Regiment war von 1824 bis 1832 in Landau stationiert, also sollte der Brief aus dieser Zeitspanne stammen.

Vielen Dank,
harald
 
bayern klassisch Am: 17.11.2017 17:35:03 Gelesen: 302436# 208 @  
@ bignell [#207]

Lieber Harald,

ein netter Brief und ja, die Pfalz gehörte zu Bayern (oder andersherum, wie man will).

Ich denke, dein Brief stammt von 1830-32, wenn ich mir den Stempel ansehe.

Festungsbriefe werden bei Feuser hoch bewertet - das Gegenteil ist richtig, da sicher 50 - 60% aller Briefe aus Landau in der Pfalz Dienstbriefe aus der Bundesfestung darstellen und sie daher gar keinen Aufschlag verdienen sollten. Ich hoffe daher, du hast nicht allzu viel gezahlt.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bignell Am: 17.11.2017 17:45:40 Gelesen: 302428# 209 @  
@ bayern klassisch [#208]

Hallo Ralph,

vielen Dank für die Info. War nicht so schlimm, 50 Euro für vier Briefe mit verschiedenen Landau-Stempeln, drei davon mit Inhalt - da war das Jahr keine Herausforderung. Bei Festungsbriefen interessieren mich hauptsächlich die aus Mainz vom österreichischen Kontingent (wohl keine Überraschung).

Liebe Grüße,
harald
 
bayern klassisch Am: 17.11.2017 18:30:27 Gelesen: 302419# 210 @  
@ bignell [#209]

Hallo Harald,

ja, die zahlreichen Briefe der Österreicher aus Mainz kenne ich auch, weil die allermeisten Bayern transitierten. Wesentlich seltener sind jedoch Briefe IN die Bundesfestung Mainz, da wird es schon deutlich enger.

50 Euro für 4 Briefe - zeig doch mal die anderen 3, dann schreibe ich dir etwas dazu (wenn du willst).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bignell Am: 17.11.2017 19:12:10 Gelesen: 302413# 211 @  
@ bayern klassisch [#210]

Hallo Ralph,

immer gerne. Leider sind die meist so groß, dass ich die Rückseiten auf zwei Etappen scannen muss.





1838 vom 6. königlichen Infanterieregiment Herzog Wilhelm in Bayern (stationiert von 1818-49) an das königliche Landkommissariat Zweibrücken.





1841 ebenso 6. Regiment, diesmal an das königliche Landkommissariat in Neustadt. Brief mit Trauerrand, leider sehr schlecht erhalten, aber der Anschriftteil ist gut zeigbar.



1850 vom königlich Bayerische 1te Genie Kompagnie an das königliche Landkommissariat in Speyer. Das k.b.Genie-Bataillon war von 1830-33 stationiert, Teile davon noch bis 1868.

Lg, harald
 
bayern klassisch Am: 17.11.2017 20:08:11 Gelesen: 302396# 212 @  
@ bignell [#211]

Hallo Harald,

bei einer Auktion hättest du die 4 Briefe günstig gekauft; in der Bucht (eBay) zu einem Standardpreis am oberen Ende der Skala.

Sie sind alle gut anzusehen und auch sonst recht sauber, von daher nichts falsch gemacht.

Nur darf man halt die Angaben in den zahlreichen Katalogen nicht immer für bare Münze nehmen, das ist schon alles.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bignell Am: 17.11.2017 20:21:17 Gelesen: 302393# 213 @  
@ bayern klassisch [#212]

Hallo Ralph,

war ein Auktionslos, bin mir aber nicht mehr sicher welche Auktion. Einen weiteren habe ich noch, den habe ich schon länger.



1830 6. königlichen Infanterieregiment Herzog Wilhelm an das königliche Landkommissariat Neustadt

Lg, harald
 
bayern klassisch Am: 17.11.2017 20:55:15 Gelesen: 302388# 214 @  
@ bignell [#213]

Hallo Harald,

so, 50 Euro brutto auf einer Auktion ist kein schlechter Preis, so relativiert sich alles.

Der jetzt ist auch nicht schlecht - ich hatte auch mal 2, 3 Briefe aus der Bundesfestung und einen in diese - ob ich sie heute noch habe und wo sie schlummern, ist schwer zu beantworten.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 20.11.2017 16:21:47 Gelesen: 302184# 215 @  
Liebe Freunde,

Dienstbriefe, welche portofrei bei der Bahnpost direkt aufgegeben wurden, sind nicht leicht zu finden. Heute zeige ich einen von der k. b. Salzfaktorie Immenstadt vom 17.10.1865 an die General Bergwerks- und Salinien - administration in München, wo der Brief am selben Tag noch ankam.



Während gewöhnliche Privatpost natürlich einfach in den Briefschlitz der jeweiligen Waggons mit Bahnpostkollegen eingeworfen wurden, war dies bei Dienstbriefen so nicht möglich, da ihre Aufgabe und Portofreiheit im Dienstbuch der Aufgabebehörde quittiert werden musste.

Umso mehr freut es mich, so einen schönen Vertreter seiner Art zeigen zu können - aus diesen Gründen ist der Abschlag natürlich auch noch sehr sauber, denn die Bahn stand ja in Immenstadt bei der Aufgabe und man hat das oder die dienstlichen Schreiben dann auch gleich aufgabegestempelt und nicht erst gewartet, bis sich der Zug in Fahrt gesetzt hatte, sonst sähe der Abschlag sicher anders aus.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.11.2017 12:57:45 Gelesen: 301871# 216 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Fahrpostbrief aus Bayreuth von 1835 von der k. Regierung des Obermain Kreises nach Lichteberg Landgericht Naila als Königliche Dienst Sache portofrei zu befördern, der mit 167 Gulden und 27 Kreuzern beschwert war. Daher wog das Packerl auch 7 Pfund und 18 Loth. Der Paketbegleitbrief erhielt, wie das Paket auch, die Manualnummer 3 und weist leider keinen Inhalt bzw. Ankunftsstempel auf, wie so üblich.

Da ich keine Fahrpost sammle, wird er an ein Forumsmitglied verschenkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.12.2017 14:38:12 Gelesen: 301103# 217 @  
Liebe Freunde,

aus Ulm am 19.10.1866 sollte ein Brief an die Firma Streng in Dietmannsried abgehen. Die Entfernung betrug genau 70 km, so dass auch eine Aufgabe in Ulm nur 3 Kreuzer gekostet hätte, genau wie von Neu - Ulm aus.



Aber man hatte wohl an diesem und den nächsten Tagen keine weitere Post für bayerische Handelspartner und wartete bis zum 22.10. (!), ehe man den Brief über die Donau brachte und dort für 3 Kreuzer frankierte. Am Folgetag kam er bei Herrn Streng an.

Oft gingen bei Kuvertierungen, Postunterschleif usw. Zeit und Geld Hand in Hand. Hier waren es weder Zeit, noch Geld. Das hatte ich vorher so auch noch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.12.2017 15:25:48 Gelesen: 301099# 218 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Bayreuth vom 3.1.1844 an Firma Pfeiffer in Erlangen, bei dem der Aufgabestempel mangelte. Aber man hat wenigstens richtig taxiert mit 6 Kreuzer nach dem Regulativ vom 1.1.1843. Der Brief zeigt den Zusatz "Nebst Muster ohne Werth" und hatte ein Getreidemuster in einem Beutelchen (heute sind nur noch Wachs und ein Teil des Bindfadens vorhanden) dabei, welches innen verpackt worden war, damit es etwas geschützt war und nicht anhängen konnte, sonst wäre es wohl beim Postenlauf beschädigt worden oder gleich abgefallen.



Am Folgetag kam es an, wie der Erlanger Halbkreisstempel beweist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 06.12.2017 20:07:00 Gelesen: 301079# 219 @  
Hallo Sammlerfreunde,

habe diesen Brief bekommen von 1795 dieser ist nach München spediert worden, ich kann aber leider nur S.Georgii und ... Ordens Ritter lesen von der Anschrift.

Der Brief selbst ist im Namen des Pfalzgrafen Carl Theodor und verfasst von der Kurpfalzbairischen Hofkammer, im Text geht es um 6000 Gulden, ich würde aber gerne mehr darüber erfahren. Auf der Rückseite ist ein sehr gut erhaltenes Papiersiegel.

Gruß Rainer




 
bayern klassisch Am: 06.12.2017 20:13:35 Gelesen: 301077# 220 @  
@ Gernesammler [#219]

Hallo Rainer,

die Adresse lautet:

Dem Hoch- und Wohlgebornen
Unserem Kämmerer, Oberst der Cavallerie,
und Unserer Frau Gemahlin Lbden (= Liebden)
Oberst- Hofmeister, auch lieben Getreuen
Philipp Alexander Grafen v. Vieregg
des hohen St. Georgii und Malteser-Ordens
Ritter
München.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 07.12.2017 20:04:01 Gelesen: 301047# 221 @  
@ bayern klassisch [#220]

Hallo Ralph,

vielen Dank für das Erklären der Adresse, jetzt würde mich wirklich noch interessieren, was in dem Brief steht, vielleicht kann auch hier jemand helfen. Danke schon einmal im Voraus.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 07.12.2017 21:04:22 Gelesen: 301039# 222 @  
@ Gernesammler [#221]

Hallo Rainer,

leider laufe ich beruflich/privat seit Monaten im roten Bereich - um das gut zu transkribieren, müsste ich innere Ruhe haben, weil das nicht so leicht ist. Vielleicht kann mal ein anderer einspringen - von dem von mir Transkribierten kann man ja viele Buchstaben im Inneren des Briefes schon ganz gut ableiten.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 07.12.2017 22:25:10 Gelesen: 301031# 223 @  
@ Gernesammler [#221]

bei mir siehts zwar ähnlich wie bei Ralph aus, nur ein bisschen dunkler vom Farbton her, ;-) aber da es relativ schnell geht und Spass macht hier der Text:

Unsern Gruß zuvor, Hoch- und Wohlgeborner, Lieber Getreuer! Nachdem Wir mittelst des zu Unserer Hofkammer unterm 22ten dieses erlassenen gdigsten Rescripts, und demselben angeschlossenen Regulativs bei Unserer Frauen Gemahlin Maria Anna Leopoldine gebornen Erzherzoglichen Prinzessin von Oesterreich Liebden gnädigst bestimmten Hofstaate Euch als Oberst-Hofmeister zu ernennen, dann Euren Gehalt vom 1ten Jäners heuer angefangen auf jährlich 6000 Floren (Gulden) zu fixieren, und bei Unserem Hofzahlamte unterm heutigen zur Zahlung dergestalt anweisen zu lassen geruhet haben, daß dagegen all ehevoriger Geld- oder Naturalien Genuß von obiger Zeit an cessiren soll; So bedeuten Wir Euch Solches hirmit zur Nachricht, und sind Euch anbei mit Gnaden gewogen. München den 27ten Hornungs 1795 / Churpfalzbaierische Hofkammer. / ...graf (?) von Törring-Gronsfeld, President

An den Oberst-Hofmeister Ihrer Churfrtl. Drtl. der regierenden gdigsten Frauen & Titl. Herrn


Uups, schon wieder 'ne Gehaltsstufe nach oben geklettert. Was dachte da wohl die Magd, die täglich seinen Nachttopf leeren musste? Schade, dass dieses Personal meist nicht schreiben lernen konnte. ;-)

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 08.12.2017 14:24:02 Gelesen: 300999# 224 @  
Liebe Freunde,

ein kleines Schmuckstück aus Erlangen vom 2.12.1818 wurde als Portobrief recommandirt für 3 Kreuzer Porto aufgegeben (Chargé - Angabe fehlt auf dem Brief). Die Aufgabepost taxierte ihn mit 3 Kr. und ich gehe davon aus, dass Farnbach (Burgfarrnbach heute) weitere 3 Kreuzer für einen konzessionierten Boten nach Brunn ansetzte, wo der Empfänger, der regierende Graf von Pückler und Limpurg residierte.



Unter der Reco - Nr. oben rechts, die in Nürnberg mit einer 1 versehen wurde, wurde er in der Briefkarte geführt.

Die eigentliche Besonderheit liegt aber in der roten Chargé - Stempelung, während der Aufgabestempel üblich in schwarz gehalten wurde. Wunderschön auch das Absendersiegel, das ich leider niemandem zuordnen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.12.2017 14:35:49 Gelesen: 300997# 225 @  
Liebe Freunde,



in Erlangen gab man am 17.8.1818 eine K(önigliche) D(ienst) S(ache) unter der Expeditions - Nummer 7452 auf und erwartete die Abspedition kostenlos. Aber da hatte man die Rechnung ohne den Wirt gemacht. K.D.S. wurde gestrichen und durch einen frei - Vermerk ersetzt. Gleichzeitig wurden vom Absender 6 Kreuzer Franko kassiert und siegelseitig notiert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 08.12.2017 19:16:19 Gelesen: 300982# 226 @  
@ Max78 [#223]

Hallo Max,

vielen Dank für die hervorragende Interpretation des Briefinhaltes so kann ich diesen jetzt super beschreiben und einordnen.

Ich muss mich unbedingt mehr mit der alten Schrift befassen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 09.12.2017 09:54:43 Gelesen: 300948# 227 @  
Liebe Freunde,

mal ein kleiner Knobler nach langer Zeit mal wieder von mir:



Brief aus Rothenburg ob der Tauber (Bayern) nach Mergentheim (Württemberg) vom 9.11.1836. Der Absender (bayer. Behörde, die sich nicht außen benannte!) schrieb "P. jenseits" = Porto jenseits und gab damit zu verstehen, dass die Empfängerbehörde zahlen sollte, was eigentlich im Dienstverkehr nicht zulässig war, denn wenn ein Brief in Bayern an eine ausländische Behörde abging, sollte zur "Vermeidung von Anständen" der Brief ganz frankiert werden!

Seis drum, hier eben keine Benennung der Absenderbehörde und trotzdem porto verschickt, siegelseitig kein Franko bis zur Grenze und mit 27 Kreuzern Porto (bitter für ein württembergisches Amt) verschickt, dazu 1 Kreuzer Bestellgeld mit Rötel darunter notiert.

Mal sehen, wer auf die Besonderheit eingeht und dazu noch das Porto erklären kann (was nicht dasselbe ist).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 09.12.2017 14:30:20 Gelesen: 300932# 228 @  
@ bayern klassisch [#227]

Servus Ralph,

das Porto kann ich mir gar nicht zusammenreimen, wie immer. Aber eventuell liegt die Besonderheit darin, dass Rothenburg o. T. zu dieser Zeit einerseits zu Bayern, andererseits zu Württemberg gehörte, da der Grenzvertrag von 1810 westliche Teile der Stadt an Württemberg übertrug. Da unterhalb von Mergentheim nicht Württemberg steht, denke ich folgendes: "jenseits" spricht ggf. die innerstädtische Grenze an, man den Brief also einfach dem zuständigen Postamt im württembergischen Teil (OA Gerabronn) übergab. Zumindest würde das nicht geteilte Porto dafür sprechen.

Warum 27 Kreuzer, was ja eigentlich sehr hoch ist für die Kilometer? Ich könnte mir z. B. einen Nachnahmebetrag vorstellen, aber das ist nur geraten. Aber wenn Du von "bitteren" 27 x sprichst, wird Bayern wohl schon seine Finger mit im Spiel gehabt haben. ;-)

Bin gespannt, solche Grenzbriefe finde ich immer interessant,

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 09.12.2017 15:36:15 Gelesen: 300920# 229 @  
@ Max78 [#228]

Hallo Max,

erst einmal danke für deinen Beitrag und das Mitknoblen. :-)

Nein, es war ein Briefpostgegenstand, der nichts mit der Fahrpost zu tun hatte. Aber du liegst schon richtig - Rothenburg ob der Tauber in Bayern lag als Grenzpostanstalt direkt zu Württemberg, so dass man hier den schweren Brief der Kutsche Württembergs gleich mitgegeben hat, also sie ihre Post in Bayern abgab und wieder drehte.

Das Porto setzt sich wie folgt zusammen (jede Kreuzernotation hier bedeutet 1/2 Loth):

2,3,6,9,12,15,18,21,24,27 = 11. Gewichtsstufe!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 09.12.2017 19:05:32 Gelesen: 300902# 230 @  
@ bayern klassisch [#229]

Hallo Ralph,

wirklich ein klasse Brief. Auf diese simple Lösung wäre ich nicht gekommen und man wird wohl nicht oft auf so einen Brief stossen. Mir gefallen Briefe aus diesen Jahren, da auch die Notationen oft nur in schwarzer Farbe vermerkt wurden und einfach schön aussehen.

Die Preise waren ja wirklich krass, und das wegen jeweils ca. 7 Gramm. Die Kutschenachsen haben hoffentlich nicht darunter gelitten. ;-)

ein schönes Wochende, Max
 
bayern klassisch Am: 09.12.2017 19:30:15 Gelesen: 300895# 231 @  
@ Max78 [#230]

Hallo Max,

ja, diese Briefe sind heute nicht so leicht zu finden - ohne Hintergrundwissen, das beispielsweise hier vermittelt wird, wird es schwierig, solche Stücke zu finden, da sie in der Regel nicht so angeboten werden.

Die Achsen von Postfahrzeugen des 19. Jahrhunderts waren recht stabil - aber das war weniger dem hohen Postaufkommen zwischen Bayern und Württemberg geschuldet, sondern den oft desolaten Straßen und auch das kennen wir ja aus der Jetztzeit von Jahr zu Jahr besser.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 24.12.2017 15:27:40 Gelesen: 299615# 232 @  
Liebe Freunde,

ein hübscher Brief aus Ludwigsstadt vm 3.6.1870 an die kath. Kirschstiftung in Kronach war als Parteisache portopflichtig - allerdings auch unfrei nur mit der günstigen Frankotaxe zu belegen. Hier notierte man 7 Kreuzer, was richtig sein konnte, aber nicht musste, weil man das mit den Parteisachen gerne missverstanden hatte.



Siegelseitig lese ich den kürzesten Insinuationsvermerk der bayerischen Postgeschichte: "Am dritten Juni - Unterschrift". Die gerichtsverwertbare Zustellung war bei der Aufgabe erfolgt - am Folgetag erfolgte die Abgabe in Kronach, wie uns der sonderbar geschnittene Halbkreisstempel in Grotesk belegt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.12.2017 13:01:48 Gelesen: 298934# 233 @  
Liebe Freunde,

aus Sommerhausen von der Familie derer zu Rechteren Limpurg an den Herrn Grafen von Rechteren Limpurg, erblichem Reichsgraf, derzeit in München. Am 6.6.1849 beließ ihn die Aufgabepost ohne Taxansatz und setzte nur einen Diagonalstrich an, als Zeichen der Portofreiheit.



Am Folgetag kam er in München an, wo jemand "baysch. Hof" notierte, was ich für den Bayerischen Hof halte.

Gewöhnliche Leute hätten hierfür ab dem 1.1.1843 bis zum 30.6.1849 bei einem zu vermutenden Gewicht von unter 1/2 Loth für die 209 km = 28 Meilen immerhin 10 Kreuzer zahlen müssen. Seiner Erlaucht blieb diese Entnahme aus seiner Portokasse (hatte der überhaupt eine?) erspart.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.12.2017 13:06:12 Gelesen: 298933# 234 @  
Liebe Freunde,

ein Stück mit Prägedruck(en) habe ich gefunden (es wird irgendwo sicher noch die ein oder andere hier geben, aber wo suchen?), die es mehrfach in sich hat: Vielfach geprägt (Test für Anfänger? VHS - Kurs für Minderbegabte mit ADHS - Syndrom? - Wir wissen es nicht) von Kusel nach (Bad) Dürkheim.



Über die Gründe, Kuverts zu prägen, kann man sicher streiten - jeder Sammler sollte so eines haben und der Mehrpreis hält sich in Grenzen. Ich halte es für eine frühe Form der Werbung, aber es gibt auch ganz andere, controverse Ansichten hierzu.

Ich mag diese orangenen Kuverts, die man in der Pfalz wohl den Amerikanern abgeschaut hat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 29.12.2017 15:25:39 Gelesen: 298916# 235 @  
@ bayern klassisch [#234]

Lieber Bayern Klassisch,

schon früher (mir zumindestens bei MD-Belegen bekannt) wurde in Briefbögen der oder die Namen von Firmeninhabern meist mit dem Stadtnamen blind geprägt. Ich sehe es eher so, dass es schlicht Absenderangaben sind.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 29.12.2017 15:34:53 Gelesen: 298913# 236 @  
@ Magdeburger [#235]

Lieber Magdeburger,

dann denken wir ja (mal wieder) gleich. :-)

Es wäre sicher eine interessante Sache, diesen frühen Prägungen auf den Grund zu gehen, wie ich auch glaube, dass oft viel zu viel Wert auf Marke(n) und Stempel gelegt wird und zahlreiche andere, hochinteressante Aspekte eines Briefes unentdeckt und unkommentiert bleiben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 31.12.2017 18:02:09 Gelesen: 298816# 237 @  
@ bayern klassisch [#236]

Hallo Ralph, hallo Ulf,

ich hatte ja diesen Brief schon woanders gezeigt, aber er passt gut zu diesem Thema.

Paketbegleitbrief über ein Paket von 10 3/10 Loth vom 27.1.1864 aus Regensburg von einem Herrn J.W. Neumüller nach Sünching an die Gräfliche von Seinsheimische Renten Verwaltung. Oberhalb steht die Manual Nr.422 und es wurde ein kleiner Klebezettel von Regensburg (479) aufgeklebt, sowie mit dem L2 Zweizeiler von Regensburg gestempelt (Winkler 8b).

Auf dem Brief ist keine Taxe vermerkt die darauf hinweist das hierfür etwas bezahlt werden musste, der rote Strich sollte dafür dagewesen sein das dieses Paket übergeben wurde. Auf der Rückseite ist nichts ausser der Absenderadresse.
Im Brief selbst ist der Name des Absenders eingeprägt und dies wurde wie Ulf schon sagte des öfteren gemacht, ich selbst habe es in Briefen meist bei Rechnungsbriefen gesehen.





Siehe das nächste Stück eine Vorderseite eines Briefes aus Erlangen nach Leipzig, für das Franko waren 9 Kreuzer zu verkleben, dies geschah in Form einer Bayern 2 und 4, gestempelt mit Mühlradstempel Nr.114. Interessant zu dem Thema ist hier der eingeprägte Name des Absenders "Henninger" Erlangen und auch auf der Rückseite kann man noch erkennen das es sich um eine Lieferung von Lagerbier handelte.



Aber ich gehe davon aus das, dass Ganze schon viel früher anfing und zwar mit den Papiersiegeln in welche die Kürzel des Absenders oder wie bei Regierungssachen das Stadtsiegel mit eingeprägt wurden.



Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 31.12.2017 21:32:15 Gelesen: 298799# 238 @  
@ Gernesammler [#237]

Hallo Rainer,

der aus Erlangen ist wirklich früh - hast du gut gekauft.

Mit Prägungen innen oder als Siegel hat das aber nichts (oder zumindest nicht viel) zu tun, weil die einen anderen Zweck erfüllten bzw. man sie schon so kaufen konnte.

Liebe Grüsse und ein frohes Neues Jahr,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 03.01.2018 16:07:16 Gelesen: 298552# 239 @  
Liebe Freunde,

weil ich über die Jahre etwas Zeit hatte und fleißig war, will ich euch das Produkt meiner Mühewaltung und meiner Freude nicht vorenthalten.

Wer Fragen hat, darf sie gerne stellen, denn die Masse der Briefe sind sicher nicht für jeden ad hoc verständlich, vlt. sogar auch nach Lesens meiner Beschreibungen (was ich dann aber mir ankreiden müsste).

Liebe Grüsse von bayern klassisch














 
bayern klassisch Am: 18.01.2018 15:54:02 Gelesen: 294478# 240 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief aus Nürnberg von der Firma Volleth & Boeschel an Firma Schneider in Erding vom 19.9.1859. Der Absender schrieb folgendes:

Wir haben die Ehre Ihnen untenstehend mit Rechnung über die uns durch uns(eren) Reisenden H(errn) Huller gefälligst ertheilte Bestellung aufzuwarten, deren Betrag Sie aus nach Richtigfinden gutzuschreiben belieben.

Wir bitten um Ihre ferneren geneigten Auftraege und begrüssen Sie mit Hochachtung ergebenste J. Volleth & Böschel J. Volleth

Rechnung

Sandten Ihnen durch Boehm´s Fuhre

1/4 Tonne Heringe
1 Kistl hellbraunen Candis (= Zucker).

Ziel 3 Monate 24.1.1860

Von Nürnberg aus hätte ein Brief nach Erding, da über 12 Meilen entfernt, 6 Kreuzer einfach gekostet. Volleth & Böschel sandten den Brief aber an den Vermittler Seb(astian) ?? Seelige Erben in München, der vorne seinen roten Firmenstempel abschlug und ließen diesen den Brief bis Erding frankieren. Jetzt unter 12 Meilen, genügten 3 Kreuzer, wie am 22.9.1859 auch verklebt. Später dürften die Nürnberger vom Münchener die Rechnung für ihre Dienste erhalten haben, denn gratis war schon damals nichts.

Wenn mir einer sagen kann, wie der Münchener "Forwarder" heißt, wäre ich sehr dankbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.01.2018 10:41:28 Gelesen: 294144# 241 @  
Liebe Freunde,

die Interpretation des folgenden Briefes steht auf tönernen Füßen und wer sie aushärten lassen kann, ist gerne gesehen.



Die Anschrift lautet:

An Den k. General der Infanterie, Gesandten am preußischen Hofe pp Joseph Grafen von Rechberg
Mindelheim

Zustellgeld 4 Xr

Mandatar ad insunandum
Adv(ocat) Herele dahier

Der Brief wurde in Augsburg am 23.12.1824 unfrei aufgegeben und eine Portofreiheit schien nicht vorgelegen zu haben (beim Empfänger). Man taxierte ihn mit 6 Kr. Porto, welches man in Mindelheim abstich, um es mit einem Kreuzer Botenlohn auf 7 Kr. zu erhöhen.

Der Vermerk "Zustellgeld 4 Kreuzer" scheint mit aber in der selben Tinte und Schrift vorgenommen worden zu sein, wie die ganze Adresse auch. Ich vermute nun, dass die Post 6 Kr., der Bote 1 Kr. und eine gesonderte Zustellung weitere 4 Kr. gekostet haben müsste, wüsste aber doch gerne, wie das physisch vor sich gegangen sein sollte, weil sich eigentlich der Botenlohn von 1 Kr. nicht so gut mit einer Insinuationsgebühr von 4 Kr. verträgt, oder liege ich hier falsch?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.01.2018 14:53:40 Gelesen: 292153# 242 @  
Liebe Freunde,

eine kleine eierlegende Wollmilchsau ist mir ins Netz gegangen, die ich euch nicht vorenthalten möchte.





Geschrieben von der Zichorien - Fabrik C. Trampler in Lahr in Baden wurde die Rechnung vom 1.10.1866 zuerst in Nördlingen an der bayerisch - württembergischen Grenze mit 3 Kr. frankiert (Tarif vom 1.8.1865 ohne Entfernungsunterscheidung bis 1 Loth - da auf blauem Zigarettenpapier geschrieben unter 5 g leicht). Man teilte dem Empfänger, Ferdinand Schustetter in Thann bei Simbach in Niederbayern mit, dass die von ihm bestellten Waren "mittelst Abstoß im Bahnhofe in Vilshofen & von da durch den Thanner Boten" zukommen würden und er nach Erhalt die Bezahlung derselben an die Herren Gutleben & Weidert in München vorzunehmen hätte.

Die Postaufgabe erfolgte am 7.10.1866 in Nördlingen, die Entwertung des Randstücks der Nr. 9 durch 2 Abschläge des offenen Mühlrades 354 (eigentlicher Grund meines Kaufes). Am Folgetag kam er in Thann bei Eggenfelden an.

Bei regulärer Postaufgabe im badischen Lahr hätte es bis Tann bei einer Entfernung von 52 Meilen 9 Kreuzer gekostet, so wurden also 6 Kreuzer eingespart. Vor dem 1.8.1865 wäre es als Inlandsbrief von Nördlingen nach Tann auch teurer gewesen: Bei 27 Meilen (über 12 Meilen) hätte man damals mit 6 Kreuzern frankieren müssen.

So einen Brief aus Lahr via Nördlingen nach Tann suche ich ab jetzt noch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.02.2018 15:27:46 Gelesen: 288763# 243 @  
Liebe Freunde,

auch wenn Dienstexpressbriefe recommandirt versendet werden sollten, glaube ich nicht, dass die meisten diesen Postsonderdienst genossen haben.



Hier einen aus Mellrichstadt vom dortigen Bezirksamt, der an den funktionierenden Gemeindevorsteher Küchler in Filke gerichtet war. Die Absenderbehörde notierte R.S. dringend. Am 15.11.1866 abgeschickt, kam er am selben Tag im nahe gelegenen Fladungen (15 km) an. Filke lag ca. 6 km östlich von Fladungen, daher dürfte ein Expressbote dorthin gelaufen sein, was kostenpflichtig war.

Liest man den Inhalt, wird einem klar, warum man per Express verschickte: Die Blattern hatten Einzug in Filke gehalten und es waren mehrere Häuser dort betroffen. Man bekam zu Ohren, dass es einen Horrortourismus nach dahin gab, indem Leute zu diesen Häusern aufbrachen, um zu sehen, wie Menschen mit dieser Krankheit aussahen.

Es war also massiv wichtig, dort durch den Herrn Gemeindevorsteher Schilder vor diesen Häusern anbringen zu lassen, die das Betreten strickt verboten.

Ob der Krieg von 1866 etwas mit dieser Krankheit dort zu tun haben könnte, wage ich nicht schreiben, aber völlig auszuschließen ist es nicht, nachdem mir Kenner der Szene schilderten, dass es wohl mehr Tote durch Krankheiten 1866 gegeben haben soll, als Tote auf dem Felde der Ehre. Gerne lese ich Meinungen dazu.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:09:11 Gelesen: 286653# 244 @  
Liebe Freunde,

unscheinbar, aber nicht übel, präsentiert sich ein Brief aus Wörth an der Donau vom 5.11.1859 an den kgl. Advokaten Metz Regensburg, der den Vermerk "frco" trägt, aber keine Freimarke aufweist. Dies war aber korrekt, da darunter vermerkt wurde "Denk fürstlicher Domainenrath" und damit hatten wir die Portofreiheit derer von Thurn und Taxis im Spiel, so dass man zu Recht einen Diagonalstrich anbrachte als Zeichen, dass hier nichts zu fordern war.



Nach Wörth an die dortige Taxis - Administration kannte ich einige Briefe, von dort aber waren sie mir nicht geläufig, was jetzt anders ist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:25:42 Gelesen: 286650# 245 @  
Liebe Freunde,

hier zeige ich ein großformatiges Kuvert aus Neuburg an der Donau vom 3.3.1827 an "Das Hochwürdigste Erzbischlöfliche Consistorium als Metroplitan - Gericht Münhen - Freysing und als in Ehesache Richteramte IIter Instanz in München", welches als Terminsache frey Postschein lief.



Der Absender bezahlte 20 Kreuzer Franko bis München und 4 Kreuzer für den Postschein. Die Entfernung betrug 72 km, also unter 10 Meilen, so dass wir hier in die Entfernungsgruppe über 6 bis 12 Meilen fallen. Ein einfacher Brief hätte bis 1/2 Loth 4 Kreuzer gekostet, wonach dieser hier wie folgt gewogen und berechnet wurde: 4 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 = 20 Kreuzer = 9. Gewichtsstufe! Er wog also über 4 bis 4,5 Münchener Loth = 70 g und 87.5 g.

Oben rechts sehen wir die Reco-Nummern 3 und 49 von Neuburg und München. Ich gehe davon aus, dass er in München als Dienst - Expressbrief sofort zugestellt wurde, was bei einer Terminsache auch Sinn machen würde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:45:41 Gelesen: 286647# 246 @  
Liebe Freunde,

das lustige Stempelstück kommt heute aus Ansbach vom 19.3.1857 (Inhalt) und stammte von G. I. Gutmann aus Ansbach, der einen einfachen Brief an Jonas Nordschild nach Schweinfurt verfasst hatte.



Nach der reinen Lehre hatte der Postkunde mit seinem Brief anzustehen, den Brief, den er frankiert aufgeben wollte, vorzulegen und der Postbeamte bzw. Postbedienstete dann auszurechnen, wie hoch das Franko sein würde, um ihm dann die Marke(n) zu verkaufen. Ein Aufkleben der Marke(n) durch die Post gab es also nicht, denn der Postkunde sollte nun, ärmer um 3 Kr. und reicher um eine ebensolche Marke, von dannen ziehen, die Marke auf dem Brief applizieren und in den Schlitz (gab es innen und außen) des Postlokals werfen, wo dergleichen Stücke später eingesammelt, die Marken gestempelt und die Post dann abtransportiert werden würde.

So ganz ohne Ausnahme kann dieses Standardprozedere aber nicht gewesen sein, wie uns dieser Brief zeigt. Der Brief weist nämlich einen Mühlradstempel UNTER der Marke auf, der nicht anders genau dorthin gekommen sein kann, als dass zuerst noch gar keine Marke aufgeklebt worden war. Erst nachdem der offene Mühlradstempel 19 dort abgeschlagen wurde, wo sonst die Marke zu kleben hatte, stellte man sein Mißgeschick fest und klebte die Marke hälftig über den Stempel, um sie alsdann satt und zentrisch zu entwerten.

Dass hierfür ein Randstück herhalten musste, habe ich billigend in Kauf genommen. Ich denke, die meisten von euch hätten das auch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:55:29 Gelesen: 286646# 247 @  
Liebe Freunde,

frankierte Armensachen sind nicht so häufig, wie man sie sich wünscht. Daher habe ich bei dieser zugegriffen, die am 19.1.1858 in Augsburg beim Filialamt vom katholischen Stadtpfarramt St. Georg an den lokalen Armenpflegschaftsrath in Riedlingen bei Donauwörth mit 3 Kreuzer frankiert worden war, denn die Portofreiheit in Armensachen war bei der Briefpost an die Armenpflegschaftsrät(h)e nicht mehr gegeben.



Eigentlich müsste es Unmengen von diesen Dienstbriefen, in der Regel mit 1, 3 oder 6 Kreuzer Frankaturen geben - doch der Markt gibt dergleichen nicht her. Wer eine hat, darf sie mir gerne anbieten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 11:13:02 Gelesen: 286639# 248 @  
Liebe Freunde,

heute ein kleiner "Vortragsbrief" von mir zur bekanntesten Charaktereigenschaft unserer Schwaben beiderseits der damaligen Landesgrenze, damals wie heute denke ich.



Stuttgart 14.4.1846 als Portobrief nach Fellheim bei Augsburg. Die Aufgabepost taxierte ihn mit 9 Kr. (6 + 3 2. Gewicht) bis zur Grenze bei Ulm, Augsburg als 1. bayer. Poststelle schlug seinen Auslagestempel auf den fremden 9 Kr. ab und setzte in rot darunter das eigene Porto von Ulm bis Fellbach i. H. v. 6 Kreuzern an. In Fellbach addierte man am 16.4. diese beiden Beträge mit schwarzer Tinte und kam zu dem richtigen Ergebnis von 15 Kreuzer, die bei der Abgabe zu entrichten waren.

Nun faltete das freiherrlich von Renchlinsche Patrimonialgericht selbigen um und sandte ihn nach Stuttgart retour - ohne dass ihn die Post gesehen hätte.

In Stuttgart kam er dann auch wieder an und wurde prompt am 23.4.1846, jetzt jedoch nicht mit der Rechnung, die schwer war, sondern als Quittung über die erhaltenen Rechnung ab an den selben Empfänger. Nun waren zuerst einmal die vorherigen 15 Kr. zu streichen (Rötel) und das neue Porto bis zur bayer. Grenze mit 6 Kr. (einfach) anzusetzen. In Augsburg schlug man jetzt seinen 2. Auslagestempel auf diesen 6 Kr. ab und notierte 4 weitere Kr. für Bayern ab Ulm bis Fellheim (wieder einfaches Gewicht), so dass sich nun nur noch 10 Kr. (wieder in Fellbach mit schwarzer Tinte notiert) als Gesamtporto ergaben. Am 26.4. erfolgte die Zustellung dort und die Akte konnte endlich geschlossen werden.

Briefe mit mehr als einem Auslagestempel sind selten, egal aus welchem Grund dies vorgekommen sein mochte. Einen, bei dem man so gut die Geschäftsgänge hin und her sehen kann und der noch dazu mal schwer (1,5 faches Porto) und mal einfach war und der 6 rote Stempel je jeweils unterschiedlichen Daten von 3 Orten ausweist, muss man erst mal finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.02.2018 12:58:53 Gelesen: 286551# 249 @  
Liebe Freunde,

zum Preise einer Bratwurst ging mir dieser ins Netz und ich muss sagen, dass ich da wirklich viel Glück gehabt hatte, da mein Gebot fast noch niedriger, als der Ausruf war.





Zu sehen war lediglich die Vorderseite dieses Briefes mit Halbkresisstempel von Kempten 23.2. (Jahresangabe fehlte). Der Scan war so schlecht, dass ich die Anschrift (J. C. Göhl´s Erben Hindelang) ebenso wenig lesen konnte, wie ich die "16x" unten links auch erst beim Empfang vor Ort erkennen konnte, aber dazu später mehr.

Als ich ihn drehte, erfreute mich ein herrlich klarer Fingerhutstempel von Immenstadt 25.2., der sehr präsentabel ist, weil man nur eine Seite aufklappen muss, um ihn so präsentieren zu können.

Aber auch der Inhalt (ich wusste nicht, ob er überhaupt welchen hatte), ist ein besonderer: Er stammte aus München vom 20.2.1843 von Joseph Kölbl und betrifft die zuletzt ausgebliebenen Kerzenbestellungen des Empfängers.

Nun werdet ihr die Frage stellen, warum ich ihn überhaupt gekauft habe? Der einzige Grund war der, dass er eine riesige 3 Kreuzer Taxe trägt, die so groß ist, wie der ganze Brief in seiner Höhe.

Der Bratwurstbrief ist also von München geschmuggelt nach Kempten, obwohl es ab dem 1.1.1843 ein neues Taxregulativ gab, das die Post in Bayern vergünstigte (meistens jedenfalls). München - Immenstadt = 121 km = 16,2 Meilen = 6 Kreuzer Porto, jedoch Kempten - Immenstadt 20 km = 3 Kreuzer Porto wie notiert, Ersparnis also 3 Kreuzer oder 100%.

Beweis, dass der Empfänger in Hindelang (damals noch keine Poststelle!) mehrere Briefe am 25.2.1843 von einem Boten bekam, der das Gesamtporto auf diesen Brief schrieb mit 16 Kreuzern. Glück muss man haben!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.02.2018 10:55:21 Gelesen: 286414# 250 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief aus Nürnberg vom 8.1.1852 nach Ansbach, der unten links als R. S. = Regierungs - Sache den Vermerk trägt "Mit 1. Paß". Die Besonderheit ist nicht nur, dass ein amtlicher Paß des kgl. Landgerichts Nürnberg untergebunden war, weswegen der Brief keinen Ankunftsstempel von Ansbach aufweisen konnte, sondern dass er als R. S. portofrei lief, wie man doch eigentlich annehmen müsste, dass die Beantragung von Päßen und Ausweisen eine höchst private Sache war, die für dem jeweils Beauftragenden kostenpflichtig hätte gewesen sein müssen (und es noch heute ist).



Aber wenn wir uns den Empfänger ansehen, die kgl. Regierung von Mittelfranken, Kammer des Inneren, geht einem vlt. ein Licht auf: Womöglich hat ein Staatsdiener eine Dienstreise ins Ausland machen müssen und benötigte dafür dienstlich einen Reisepaß. Das wäre natürlich schon ein Grund, ihm diesen kostenlos zu verpassen und mit einem Brief wie diesen auf die Reise zu schicken.

Kaufpreis übrigens genau 1 Euro diese Woche in der Bucht - man sieht, wie "teuer" Altdeutschland ist!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.03.2018 12:04:29 Gelesen: 286077# 251 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief war eigentlich für ein liebes Forumsmitglied bestimmt - bis jemand bei eBay daher kam und ihn einfach überbot. Weil ich aber nicht weiß, ob er auch hier vorgestellt wird, denke ich, dass es das beste wäre, ihn zu zeigen und zu erklären, damit solch eine Pretiose nicht in mentale Vergessenheit gerät.





In Erlangen wurde er als Portobrief am 22.9.1868 nach Bremen aufgegeben. Adresse: "Mister William M. Macgrath Surgeon P & O "Indus" Care of Mess. H. Bischoff & Co. Bremen."

Als einfacher Brief in einen Vertragsstaat kostete er 2 Groschen, die auch in blau taxiert wurden und Bayern zustanden. Doch dann ging einiges schief:

Siegelseitig lesen wir: "Das Schiff "Indus" geht nach London" und darunter "Die Herren H. Bischoff & Co. verweigern unfrankiert die Annahme. Martens, Briefträger".

Weil die Weigerung der Bezahlung des Portos gleich der Weigerung der Annahme bedeutete, musste die Bremer Post ihn als unanbringlich ansehen und Erlangen zurück schicken. Nun waren aus den 2 Groschen 7 Kreuzer zu machen, was man gut hin bekam und leitete ihn am 24.9. retour.

Er dürfte 1 Tag später in Erlangen angekommen sein, was nicht ersichtlich ist, weil man später eine Retourmarke über den Ankunftsstempel klebte, womit wir schon zu der Besonderheit kommen, dass der Absender in Erlange unbekannt war (Siegel, Handschrift usw.). Ergo war die Retourbriefkommission in Nürnberg für die Öffnung des Kuverts zuständig und stellte siegelseitig den Empfänger fest: "Dr. Fr(iedrich) Wiel 7 Kr." wie immer in vorgeschriebener, roter Tinte. Bei Portoretourbriefen war von seiten der Retourbriefkommission auch darauf zu achten, dass die angefallenen Portokosten von dem zu ermittelten Empfänger bezahlt werden mussten.

Da die Zusendung von zu öffenenden Retourbriefen ja mit der (Innen-)Dienstpost erfolgte, wurde bei dergleichen Briefen intern die Abgabe- nicht von der Aufgabepost belastet und nach Eruierung des Empfängers auch nicht wieder entlastet. Das auf dem Brief haftende Porto musste also separat ausgewiesen werden, weil es sonst in Vergessenheit hätte geraten können.

Wer immer der jetzige Besitzer sein mag, er hat einen traumhaften Brief gekauft, der jeden bayerischen Postgeschichtler in Entzückung versetzt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.03.2018 10:55:59 Gelesen: 284582# 252 @  
Liebe Freunde,

nachdem ich 2 Belege mit siegelseitiger Frankatur hatte, galt es, einen 3. zu finden - und ich habe ihn gefunden (bisher habe ich eine 4II und eine Nr. 23 auf Correspondenzkarte) und kann, mit einem "normalen" Brief zum Zeigen, endlich eine A3 - Seite mit diesem Thema der Contraventionen aufziehen.



In München am 24.6.1852 geschrieben, war für den Versender wohl im Nachhinein zu wenig Platz für die breitrandige Marke, so dass er sie gegen die Vorschrift hinten anbrachte.

Wohlgebohren Fräuelin Josepha Schöll Herrn Landrichterstocher in Augsburg Ablage bey Kaffeehaus März am Klinkenthor.

Die Aufgabepost, ganz in ihrer Routine, stempelte oben rechts mit dem Mühlrad 217, ehe man bemerkte, dass dort gar keine Marke saß und holte dieses dann hinten nach. Auf den üblichen Vermerk (üblich ist relativ, weil ich keine 10 Belege kenne, die so aufgegeben wurden) "verte" = hinten, hatte man aber großzügig verzichtet.

Marken siegelseitig konnten keine Frankaturkraft entfalten, daher hätte der Brief als unfrei mit 6 Kreuzer Porto verschickt werden müssen. Aber großzügig wie man war, hat man Gnade vor Postrecht walten lassen ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.03.2018 11:02:33 Gelesen: 284580# 253 @  
Liebe Freunde,

es gab nur eine Variante bei der bayerischen Post, bei der das nicht Frankieren 800% Zuschlag erhielt - nämlich die Versendung einer Drucksache unfrankiert über 12 Meilen. Die Zeitung des Korrespondenten von und für Deutschland aus Nürnberg vom 8.8.1854 an das Königliche Kreis- und Stadtgericht in Schweinfurt wurde mit einem rosa Streifband verschlossen und hätte im Frankofall nur 1 Kreuzer gekostet, weil bis 1 Loth schwer und die Entfernung war bei Drucksachen irrelevant.



Doch man frankierte nicht und ließ den Empfänger 9 Kreuzer bezahlen - womit wir bei 800% Aufpreis wären. Dergleichen Stücke sind mit das Seltenste, was es in dem großen Bereich von Portoversendungen gibt und das mit großem Abstand. Für mich bei Köhler ein Glücksgriff und der Preis war sehr moderat. Schwein gehabt!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
12 kreuzer rot Am: 08.04.2018 21:59:52 Gelesen: 284024# 254 @  
Hallo,

an diesen Brief ist nichts Besonderes! Was ich aber nicht verstehe - wie die Post ihn mit dieser Anschrift zustellen konnte?

Bei kleinen Orten verstehe ich das schon! Aber Nürnberg ist aber um 1867 bestimmt nicht klein gewesen? Oder war der Empfänger eine bekannte Persönlichkeit?
Herrn Paul Rummel S. 388

bzw. was bedeutet „S. 388“

Mit freundlichen Grüßen
12 kreuzer rot


 
bayern klassisch Am: 04.05.2018 20:26:06 Gelesen: 282291# 255 @  
Liebe Freunde,

es gibt nicht viele Poststücke, bei denen meine Phantasie versagt, aber bei diesem für 1 Euro in der Bucht gekauften ist es so.



Halten wir uns an die Fakten: 1 Kreuzer Nr. 22 frankiert im Ortsbereich von Augsburg am 16.7.1873: "Herrn Kniewitz mit Briefen Herrn L. A. Riedinger - hier"

Seitlich vorne steht: "1873 Juli Gust. Vischer Verlobung". Innen steht gedruckt: "Fanny Schürer Gustav Vischer Verlobte. Augsburg, 14. Juli 1873".

Die Frage ist nun, da die Drucksache nicht gesiegelt wurde: War es eine Drucksache, oder hatte man eingedenkt der Tatsache, dass auch einfache Ortsbriefe nur 1 Kreuzer kosteten, dieser Drucksache noch einen Brief beigeschlossen und zwar den des Herrn Riedinger?

Was mich weiterhin etwas wundert: Warum gibt man 2 Tage nach der Verlobung diese erst bekannt? Ich hätte dies eher kurz vor dem Termin, oder doch am gleichen Tage erwartet.

Gerne lese ich eure Meinungen zu dem Stück.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2018 20:36:45 Gelesen: 282286# 256 @  
Liebe Freunde,

beim Anblick des hier gezeigten Briefes kann der geneigte Bayernsammler schon mal daran denken, dass der Absender nicht in Neu-Ulm ansässig war, sondern eher woanders, nämlich in Ulm.



Und richtig - der Brief kam auch nicht aus Neu-Ulm, aber er kam auch nicht aus Ulm, wie ich es erwartet hatte, sondern aus Erlangen!

Geschrieben wurde er in der Hugenottenstadt mit Niveau am 24.7.1864, aber seine Postaufgabe erlebte er in Neu-Ulm erst am 27.7., also 3 Tage später. Nun gut, damals war der Empfängerstatus "Jungfrau" nicht so schnellebig, wie vlt. heute, in jedem Fall kam er am Folgetag in Schwabmünchen an.

3 Kreuzer reichten von Neu-Ulm nach dorthin, während von Erlangen aus über 12 Meilen = 6 Kreuzer zu frankieren gewesen wären, von daher machte der außerpostalische Transport von Erlangen nach Neu-Ulm Sinn. Allerdings knoble ich noch, ob man nicht vlt. auch in Erlangen Sendungen nach Ulm abzuschicken hatte (Waren wie Briefe) und im Rahmen dieser Aktion das kleine Briefchen aus Gelegenheit nur dem Transporteur einfach mitgegeben wurde.

Für die Freunde des lustigen Nachnamens: Bartholomäus Hünerkopf hieß unser Erlanger Schlingel. Wer da nichts Böses dabei denkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.05.2018 16:41:40 Gelesen: 282079# 257 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portochargébrief vom 23.7.1864 an Verwalter Regensberger in Pillham, Post Pocking. Der Absender war der Graf von Lerchenfeld und der hatte es a) eilig und b) keine Marke(n) zur Hand und c) keine Lust am Schalter in Passau anzustehen, so dass es etwas schneller gehen musste, als üblich.



Dafür ließ er seinen Verwalter 6 Kreuzer Porto und 6 Kreuzer Recogebühr bezahlen - ziemlich viel Geld für einen 15 km laufenden Brief innerbayerisch.

Unter der Reco - Nr. 15 wurde er im Manual als Chargébrief geführt - weitere Notationen oder Stempelungen vermisst man, wie praktisch immer auf Briefen an diese Adresse.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.05.2018 21:11:08 Gelesen: 282060# 258 @  
@ 12 kreuzer rot [#254]

Hallo,

ohne die Zugabe in der Adresse wäre er sicher nicht leicht zustellbar gewesen, aber bei Geschäftsbriefen kannten die Postler ihre Kunden (= Empfänger) auch in großen Städten.

Wenn nicht, dann zogen sie mit dem Poststück zu allen Firmen oder Personen, die gemeint sein konnten und versuchten es dort an den Mann zu bringen.

Was der Zusatz bedeutet, weiß ich leider auch nicht. Ein Postfach war es nicht, die waren nicht nummeriert, aber es könnte ein Straßenname gewesen sein.

Nürnberg war ja die Stadt der Stadttore, also N für Nordtor, S für Südtor, W für Westtor und O für Osttor. Vielleicht solltest du mal in dieser Richtung weitersuchen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.05.2018 12:59:13 Gelesen: 281719# 259 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Brief konnte ich bei PF (Peter Feuser Auktion) erwerben - ich kannte ihn aus dem Buch von Sammlerfreund Pr. aus München, der ihn an Robert F. bei München verkaufte für dessen Sammlung "Früher DÖPV".



Von Augsburg ging er am 30.09.1851 mit 2 Loth gewogen und dem Vermerk "Inhalt ohne Werth" versehen nach Dresden, wo er am 2.10. einschlug.

Ich bitte die Augen geneigter Betrachter auf den Aufgabestempel zu richten, denn allein der ist das besondere an dem Brief und bin mal gespannt, wer den Ablauf am Schalter rekonstruieren möchte - nur Mut!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.05.2018 14:10:39 Gelesen: 281606# 260 @  
Liebe Freunde,

ein Brief der Gebrüder Marzell aus Frankfurt am Main mit Franko - Notation im grünen, vorderseitigen Absenderstempel hatte es in sich. Datiert auf den 20.9.1855, sollte er über die Grenze nach Aschaffenburg geschmuggelt werden, wo er mit 6 Kreuzern frankiert am 23.9. nach Regensburg aufgegeben wurde. Ersparnis: 3 Kreuzer!



Als Vermittler diente Franz Marzell in Aschaffenburg, der hinten seinen blauen Firmenstempel abgeschlagen hatte. Vermutlich lief der Brief mit Waren mainaufwärts von Frankfurt nach Aschaffenburg, sonst hätte er nie 3 Tage benötigt. Bayern war das hier mal recht, weil man im Falle einer 9 Kreuzer Frankatur von Frankfurt aus gar nichts bekommen hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.05.2018 14:30:19 Gelesen: 281602# 261 @  
Liebe Freunde,

die Interpretation des folgenden Briefes ist gegeben und ich will meine darlegen:



Geschrieben in Martinskirchen bei Eggenfelden, war er an Weigert, k. Schullehrer in Mariaposching unweit Plattling gerichtet, ca. 40 km in gerader Linie. Die Aufgabepost taxierte ihn mit 4 Kreuzern Porto.

Es versteht sich von selbst, dass weder Martinskirchen (400 Einwohner), noch Mariaposching (900 Einwohner) damals eine eigene Post besaßen. Der Vermerk "dringend" ist auch auf den meisten Briefen nicht für eine Expresszustellung verwendet worden, sondern sollte nur die schleunige Beförderung durch die Post anmahnen.

Aber wir haben vorne oben rechts einen Präsentationsvermerk: "präs. den 27ten Dezbr. 1844" und das deutet m. E. darauf hin, dass der Brief dem Empfänger in Mariaposching doch individuell zugestellt wurde.

Links oben steht noch: "Beilage A", was auch im inneren des Briefes vermerkt wurde. Tatsächlich drohte der Absender dem Empfänger den Gang vors Gericht an, wenn dieser nicht für die Nachhilfestunden aufkommen sollte, wogegen sich dieser wohl weigerte. Die Fristsetzung ist auch gegeben, so dass es schon Gründe gab, ihn dringend erscheinen zu lassen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2018 12:36:55 Gelesen: 281412# 262 @  
Liebe Freunde des gepflegten Vermittlungsbriefes,

heute eine Orgie in blau (liebe ich!): Blauer Absenderstempel der Firma Ferdinand Roth in Hanau (Hessen, Taxis) vo 28.11.18?? mit Postaufgabe in Deggendorf am 1.12.18?? an Firma Simon Morocutti in Passau durch blaue 3 Kreuzermarke auf blauem Brief (Rechnung undatiert, so auch noch nie gesehen).



Fast könnte man meinen, dass der Deggendorfer Expeditor den Absenderstempel von Hanau überstempeln wollte, aber das war sicher nur ein Zufall und keinem Vorsatz geschuldet. Am Folgetag kam er in Passau an.

Ersparnis: Hanau war Groschenbezirk von Taxis, daher über 20 Meilen = 3 Silbergroschen Franko = 10,5 Kreuzer paritativ. So ein billiger Briefeschmuggel Donauabwärts und für nur 3 Kreuzer innerhalb Bayerns bis 12 Meilen viel Geld gespart. Ich könnte mir vorstellen, dass es etwas mit dem Ludwig-Donau-Main-Kanal zu tun gehabt haben könnte, der seinen Segen ab 1846 entfaltete, aber auch derlei Möglichkeiten des erheblichen Briefeschmuggels nach sich gezogen haben könnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2018 13:00:11 Gelesen: 281407# 263 @  
Liebe Freunde,

es versteht sich von selbst und war darüber hinaus noch Vorschrift, dass Briefe, welche der Absender recommandirt/chargirt/eingeschrieben/bestens empfohlen versandt haben wollte, diesem Wunsch entsprechend auf der Anschriftseite gekennzeichnet werden mussten. Das konnte dann "gegen Schein", "recommandé", "Chargé" oder was auch immer sein, jedenfalls musste es eindeutig sein, damit die Aufgabepost diesen Wunsch nicht übersehen konnte und die weiteren Poststellen damit ebenso.



Heute zeige ich einen Dienstbrief des königlichen Herrschafts Gerichts Sandizell (ca. 4 km westlich von Schrobenhausen), der an die Kommandantschaft in Neuburg an der Donau gerichtet war und als K.D.S. (königliche Dienst - Sache) portofrei belassen wurde.

Ausweislich des Feuser wurde der Stempel Schrobenhausen R(ayon) 4 von 1802-1822 verwendet, wobei Bayern erst ab 1806 Königreich wurde und sich von daher die Zeit etwas eingrenzen lässt.

Mit keiner Silbe wurde aber erwähnt, dass der Brief eingeschrieben zu laufen habe! Tatsächlich hat ihn der Expeditor von Schrobenhausen mit dem Chargé - Stempel versehen und darunter die Manualnummer No. 2 vergeben, also einen Schein gezogen. Die rechts neben dem Absender notierte No. 1 war das Geschäftszeichen (früher: Expeditionsnummer) der Absenderbehörde, die mit der Reco - Nummer nichts zu tun hatte (unter der der Brief jedoch im Ausgangsbuch zu listen war).

Briefe aus der Vormarkenzeit mit eindeutiger Recommandation kommen nur sehr selten ohne den vorgeschriebenen Vermerk durch den Absender vor (nie durch die Post, das war verboten, weil es eine Änderung der Adresse gewesen wäre und Änderungen der Adresse durfte nur der Absender bewirken).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2018 13:31:49 Gelesen: 281398# 264 @  
Liebe Freunde,

eine kleine, eierlegende Wollmilchsau aus Immenstadt vom 21./25.11.1853 darf ich heute vorstellen. Der mit 3 Kreuzern korrekt frankierte Brief war an Herrn Joseph Wiedemann, Schran(n)enke(h)rer in Kempten gerichtet. Noch am selben Tag traf er im nahen Kempten ein, konnte jedoch nicht zugestellt werden. Daher hatte man den Grund der Nichtzustellung siegelseitig zu spezifizieren: "Dieser Name ist nicht zu erfragen in Kempten nach polizeilicher Nachfrage. Laitz, Briefträger".





Somit war der Brief dem Absender in Immenstadt zurück zu schicken, was die Rückseite am 27.11. zeigt.

Jetzt wird es aber interessant: Woher wusste man in Immenstadt, wer der Absender war? Außer einem Trockensiegel ist nichts zu erkennen! Doch wenn wir den Inhalt lesen, wissen wir, warum selbst das nicht benötigt worden wäre:

"Immenstadt den 21. Nov. 1853

Herrn Jos. Wiedemann Schranenkerer in Kempten

Schon unterm 8. d(ieses Monats) kam mir laut Frachtbrief von Ihnen 1 Fäßle Bierzeug mittelst Eisenbahn zu, ohne weitere Bestimmung, wem es gehört und war auch keine Nachfrage hienach, wahrscheinlich wird es izt (=jetzt) unbrauchbar geworden seyn; ich hatte dafür 34 Kreuzer Spehsen. Ich ersuche Sie daher hierüber zu verfügen. In deren Erwartung grüßt Sie

Johann (?) Wels (?) Posthalter"

Es wird den Posthalter von Immenstadt sicher nicht gefreut haben, 34 Kreuzer Spesen für schales Bief und 3 Kreuzer Porto ausgelegt zu haben, wenn sein Brief am nächsten Tag wieder zurück kam. Dazu kam, dass jede Ware Lagergeld kostete, welches sich auch zu recht erheblichen Beträgen aufsummieren konnte. Da war unser Posthalter jetzt ganz schön in der Bedouille und leider wissen wir nicht, wie man damals die "Kuh vom Eis" brachte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2018 13:51:20 Gelesen: 281391# 265 @  
Liebe Freunde,

am 1.7.1850 wurde alles ganz anders in Bayern, jedenfalls was die Post anging. Aber eine Sache hatte man glatt vergessen: Die Regelungen des DÖPV waren in vielen Bereichen der bayer. Post zu spüren, nur die Moderation für Briefe mit anhängenden Mustern ohne Werth hatte man glatt vergessen und holte das erst zum 1.7.1858 nach (fast so langsam wie die heutige Politik).



In der Zwischenzeit war es also völlig egal, ob man Muster ohne Werth einem einfachen Brief anhing, oder sie in ihm verstaute - innerhalb Bayerns gab es keinen Unterschied bis 4 Loth (darüber hinaus reichende Briefe hätten eh der Fahrpost unterlegen).

Am 19.6.1851 sandte man in Cham einen Brief nach Würzburg an Carl Möller mit dem Vermerk: "frei Mit Muster". Leider haben sich die Samenmuster heute nicht mehr erhalten, aber die verwendete 6 Kreuzermarke war tarifgerecht für einfache Briefe über 12 Meilen bis 1 Loth inklusive, so dass eine Portomoderation via anhängedes Muster auch keine finanzielle Erleichterung gebracht hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2018 14:06:36 Gelesen: 281387# 266 @  
Liebe Freunde,

der macht mir besonders viel Freude: Vom Stadtmagistrat Hirschau an den Magisgrat von Amberg. Unten steht die E(peditions) N(ummer) 532, mit der er im Postbuch geführt wurde und darunter "franco". Links sehen wir den Aufgabestempel Hirschau 18.5.1873, dann aber neben dem "franco" ein Fragezeichen und "Marke" Retour.



Offenbar hatte man die Marke vergessen und der Brief ging umgehend an den Absender zurück. Dort klebte man eine Nr. 23 auf und brachte den Brief am Folgetag wieder der Post. Die strich ihr Fragezeichen und "Marcke" durch und verschickte ihn trotz Streichung von Amberg nachdorthin, wo er am 19.5. auch ankam - um dort am 20.5. wieder Ankuft gestempelt zu werden. Mensch, da ist ja einiges schief gegangen - mich freuts!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.05.2018 13:59:36 Gelesen: 281322# 267 @  
Liebe Freunde,

anläßlich unserer JHV (http://www.arge-bayern.net) dieses Jahres durfte ich ja einen Vortrag über die Laufzettel und deren Zustandekommen halten. Der Brief hier aus Fürth vom 19.12.1870 scheint nichts mit dem Verfahren der Laufzettel zu tun zu haben und doch sehe ich ihn im Kontext zu einem später auszustellenden in Bamberg. Der Text lautet wie folgt:

Unter Bestätigung unseres Ergebenen vom 10. d(ieses Monats) wollen wir nicht unterlassen, Ihnen mitzutheilen, daß die uns am 2. d(ieses Monats) facturirte Sendung, die am 8. d(dieses Monats) von doren abgegangen sein soll, bis heute noch nicht in unseren Besitz gelangte & wollen Sie doch gefl(issentlich) recherchiren lassen, ob die Waare nicht in Bamberg liegen blieb, da wir eine so lange Verschleppung nichit erklären können, wenn die 2 Ballen am 8. wirklich abgegangen sind.

Hochachtungsvoll!




Von Bamberg nach Fürth waren es auch 1870 nur 97 Kilometer. Eine Sendung hätte wohl kaum mehr als ein paar Stunden benötigt, um von da nach dorthin zu kommen. Es darf also davon ausgegangen werden, dass eine Sendung mit Abgang in Bamberg am 8.12.1870 spätestens am 9.10.1870 dort eingeschlagen wäre. Da sie, wie wir aus diesem Brief wissen, am 19.12.1870 noch immer nicht angekommen war, ist ein Verschulden der Post offensichtlich. Gerade hierfür war dieser Brief richtig, konnte die Mechanische Baumwoll - Spinn- & Weberei in Bamberg nun mit ihm und ihrem Postschein an den Schalter treten und die Abfertigung eines kostenlosen Laufzettels verlangen. Ohne dieses Schreiben hätte man einen kostenpflichtigen Laufzettel für 7 Kreuzer auf die Reise schicken müssen.

Dergleichen Schreiben sind heute äußerst selten und blieben kaum erhalten. Ein schöneres als dieses kann ich mir nicht vorstellen, zumal die blauen Unterstreichungen vom Bamberg eindeutig sind und der ganze Brief so frisch wie gestern geschrieben daher kommt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.05.2018 14:23:26 Gelesen: 281312# 268 @  
Liebe Freunde,

umgefaltete Hin- und Herbriefe gibt es bei Bayern auch heute noch sicher viele Tausend. Aber dieses kleine Schmuckstück flog mir gegen den Wind zu und ich möchte es euch nicht vorenthalten.



Am 14.3.1872 schrieb die Gemeindeverwaltung Schmidmühlen eine portopflichtige P.S. mit 3 Kreuzern frankiert an den Oberförster Schmidt in Taubenbach, Post Ensdorf. Am Folgetag kam das Schreiben an.



Oberförster Schmidt benötigte jedoch für die Ausfertigung des gewünschten noch weitere Angaben, ohne die er nicht tätig werden konnte, so dass er das Schreiben umfaltete und an die Gemeindeverwaltung Schmidmühlen zurück sendete. Dies geschah am 21.3.1872, jetzt jedoch als portofreie R.S.. Dieses Schreiben kam tags darauf an und der weitere Weg ist postalisch leider nicht mehr dokumentiert.

Beide Halbkreisstempel sind recht selten, weil das Postaufkommen beider Orte sehr gering war.

Es ist immer interessant zu sehen, welche Probleme die Dienstleute und Behörden damals hatten und wie sie sie zu lösen versuchten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.05.2018 14:54:57 Gelesen: 281307# 269 @  
Liebe Freunde,



weil sich die Correspondenzkarte = Postkarte allmählich durchsetzte und die staatlichen Vordrucke als nicht immer optimal für die Kundschaft erwiesen hatten, stellten verschiedene Private die Anfrage in München, ob sie sich nicht ihre eigenen Postkarten bzw. Kartons drucken durften, um der allgemeinen Lebensbeschleunigung besser folgen zu können. Die bayer. Post gab klein bei, stellte jedoch gewisse Ansprüch für dergleichen Karten, damit diese nicht allzu billig und dünn ausfallen sollten, wodurch der allgemeine Postbetrieb gefährdet hätte werden können.

Wichtig war das Format, also die Größe und die Dicke des Kartons - hier haben wir einen ganz dicken, dunklen Karton vor uns, der in Bayreuth am 5.3.1874 zum Einsatz kam. Das Wort Correspondenzkarte oder moderner Postkarte kam schon gar nicht mehr vor, weil die Form diese Versendungsform vorgab. Aber hier war es keine Karte, die ja als verbilligter Brief galt, sondern eine Drucksache, wie aus der Rückseite hervor geht.

Aber auch der Vermerk "Drucksache" mangelt auf dem guten Stück und so hat die Post wohl in Anbetracht des verklebten Kreuzers schon den richtigen Schluß gezogen, dass dies kaum etwas anderes würde sein können.

Auch sollte man den Text als Numismatiker beachten, denn das Metallwarengeschäft F. Fries in Bayreuth teilte ab 1.3.1874 mit, dass ab 1.4.1874 die Goldmünzen der deutschen Staaten außer Kurs kommen und nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert werden könnten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.05.2018 13:36:53 Gelesen: 281155# 270 @  
Liebe Freunde,

keine Schönheit, aber sie hat etwas besonderes, weswegen ich sie mir schnappen musste:

Ein Brief aus Nürnberg vom 22.4.1866 zeigt 3 Marken zu 3 Kreuzer nach Reichenbach im Vogtland/Sachsen, die nötig waren, denn die Entfernung betrug 156 km und lag somit knapp im 3. Rayon über 20 Meilen.



Offenbar war man sich aber in Nürnberg nicht sicher, was reichen würde, denn alle Marken wurden vor der Aufgabe aufgeklebt und wieder abgenommen. Später klebte man sie wieder auf, wobei links neben den beiden rechten Marken die Anhaftung des Gummis der jetzt ganz links platzierten Marke noch gut zu erkennen ist.

Warum tat man dies? Nun, möglich wäre ein Versand durch Güte z. B. nach Hof, von wo aus es unter 10 Meilen nach Reichenbach waren und daher 3 Kreuzer ausgereicht hätten. Wir werden es leider nie mehr heraus finden, aber Briefe mit abgenommenen und später wieder aufgeklebten Marken darf man immer nehmen, denn viele gibt es nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.05.2018 16:22:07 Gelesen: 280908# 271 @  
Liebe Freunde,

folgendes, von Herrn Sem attestiertes (!) markenloses Feldpostbriefchen Heimat - Front aus Füssen vom 12.11.1870 darf ich zeigen.





Adressiert war es an "Seiner Excellenz Herrn Ritter Wilhelm von Walther Königl. bayerischern Generallieutnant u. Commandant der K. 3ten Infanterie Division 2. K. bayer. Armeecorps zu Malabry bei Paris Frankreich".

Gemeint ist sicher der hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Walther_von_Walderst%C3%B6tten

Dort lese ich, dass von Walther am Vortrag des Aufgabetages dieses Kuverts das Großkomuturkreuz des Militärverdienstordens und das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen bekommen hatte.

Bei Postaufgaben von Füssen, immer unter Chargé, muss ich sonderbarerweise immer an unseren Ludwig II denken. Ich meine, dass die Schrift dazu passt - leider kann ich das grüne Siegel hinten nicht deuten, aber auch das sieht nicht nach einem vom Bäckermeister Fröhlich aus.

Was glauben die anderen Royalisten hier?

P.S. Ein Sterblicher hätte nur 7 Kreuzer für die Chargierung bezahlen müssen - die Majestät natürlich nichts.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2018 14:20:43 Gelesen: 275440# 272 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Laufzettel (LZ), von dem ich nicht geglaubt hätte, ihn jemals sehen zu dürfen, geschweige denn zu besitzen, doch das Laufzettel - Wunder geschah.





Eine Fahrpostsendung von Augsburg an einen in bayerischen Diensten stehenden Militär in Frankreich war dort scheinbar nicht angekommen (was Wunder!), so dass der Absender in Augsburg zu seinem Oberpostamte lief, um Beschwerde zu führen. Diese nahm sich der Sache an und sandte ein Schreiben mit der Manualnummer 1 an ein "K. bayer. Feldpostamt in Frankreich ibi ubi" unter Chargé. "Ibi ubi" bedeutete hier kein französischer Ort, sondern war lateinisch für "wo immer das sein sollte", weil man ja in Augsburg nicht wissen konnte, wo das passende Feldpostamt lag.

Historie: Mit dem böhmischen Heer des österreichischen Feldmarschalls von Schwarzenberg marschierten bayerische Truppen unter General von Wrede ab Januar 1814 nach Frankreich, nachdem Napoleons Armeen geschlagen worden waren. Die Feldpost war auf 2 Feldpostdetachements aufgeteilt worden, weil die Grenzlinie zu lang für eines gewesen wäre. Zwischen Basel und Epinal mussten daher Feldpostrelais installiert werden. Erst nach dem Frieden vom 30.5.1814 zog sich das Feldpostamt aus Frankreich zurück, verblieb jedoch weiterhin mobil, weil der Lage angemessen.

Weiter mit unserem Stück: Irgendwann lief es per Feldpost nach Augsburg zurück, wo man den Inhalt an die K. Postwagensexpedition Obergünzburg (Schwaben) unter der Nr. 210 eingetragen hatte und unten links notierte man noch "Laufzettel Nro. 255". Wo die anderen 254 Laufzettel heute sind, weiß der liebe Gott (wenn er ein Bayernsammler ist, wovon ich mal ausgehe).

Nett auch der Verschluss des Oberpostamts Augsburg, der hier als Siegeloblate genutzt wurde und schon an sich äußerst selten zu finden ist - auf einem Laufzettel, noch dazu per Feldpost und nach Frankreich, kenne ich keinen weiteren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2018 14:28:07 Gelesen: 275437# 273 @  
Liebe Freunde,



unter dem 3.5.1815 fragte das Oberpostamt Würzburg, Abteilung Hauptbriefpostexpedition, beim K. B. Grenzpostamt Hof an, ob ein Einschreiben nach Leipzig denn auch richtig angekommen wäre. Da Hof ein multiples Postamt war, das für Bayern, Preußen und Sachsen gleichzeitig arbeitete, sandte man die Anfrage, die ein Laufzettel war, nach Leipzig weiter, wo sie bearbeitet wurde und das Untersuchungsergebnis, heute leider nicht mehr vorhanden, dem Postamt in Hof mitgeteilt wurde.



Hof faltete den Laufzettel um und adressierte ihn neu mit: "Laufzettel Nr. 67 retour An die königl. Oberpostamts - Brief - Expedition Würzburg" und vermerkte "KDS" = Königliche Dienst - Sache, um zu zeigen, dass hier keine Kosten angefallen waren, weil es sich um Leistungen für einen Dienstlaufzettel handelte. Desweiteren versah man in Hof am 27.5.1815 noch den LZ mit seinem grünen Chargé - Stempel, so dass ein ganz nettes Briefchen aus ihm wurde.

Dergleichen Belege blieben nur wenige erhalten und wir müssen dankbar sein, ein paar wenige besitzen zu dürfen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2018 14:40:39 Gelesen: 275431# 274 @  
Liebe Freunde,

ein kurzer Abriss des Geschehenen, ehe man in Weiden einen Laufzettel bei der Fahrpost aufgabe:

Am 23.12.1825 sandte man einen Brief 4 Loth schwer mit 5 Gulden und30 Kreuzern an eine Zeitung in München. Selbstverständlich erwartete man die Zusendung einer entsprechenden Quittung und alles wäre gut gewesen. War es aber nicht, denn eine Quittung, oder irgend etwas anderes, das belegt hätte, dass die 5 1/2 Gulden gut in der Hauptstadt angekommen wären, vermisste man schmerzlich.





Daher ging man am 22.2.1826 zu seiner Post und verlangte einen Laufzettel abzufertigen, um zu klären, wo das Geld hingekommen sei. Dafür legte man den Original - Postschein bei (Risiko!!), formulierte seinen Antrag und ließ das Ganze nach Amberg abgehen. Amberg erhielt den LZ, las alles gut durch und quittierte den Erhalt der Sendung und die richtige Weiterleitung nach München. Dann lief er in die Hauptstadt, wo der Empfänger, die ortsansässige Zeitung, den Erhalt des Gelden rein quittierte. Sodann lief er wieder schnurstracks der Aufgabepost in Weiden zu, die ihn, noch immer mit dem Postschein (!!) aushändigte.

Das Zusammenbleiben von Postschein und Laufzettel ist eigentlich nur dann möglich gewesen, wenn die Sendung beraubt, gestohlen, verloren oder unterschlagen wurde. Das war hier nicht der Fall. Ich habe ca. 70 - 80 Laufzettel von Bayern gelesen und studiert - einen wie den hier kannte ich zuvor noch nicht, denn jetzt hatte der Postkunde sowohl den Postschein, wie auch den Laufzettel in der Hand und das durfte natürlich nicht sein, weil nach der Postvorschrift die Aushändigung des Laufzettels nur gegen den Postschein erfolgen durfte. Wieder eine Contravention und diesmal keine kleine ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2018 14:51:54 Gelesen: 275428# 275 @  
Liebe Freunde,

dank Peter Feuser ging mir dieses Vögelchen ins Netz und ich möchte es euch nicht vorenthalten, ist es doch das zweite von dreien, die ich kenne und die alle aus derselben Korrespondenz stammen.





Lorenz von Lerchenfeld Aham schrieb am 15.10.1849 in Speyer "Mademoiselle Fanny de Lerchenfeld Aham à Wurzbourg, Dominikanerplatz No. 242, Militairbrief franco" folgendes:

"Liebe theure Fanny!
Eben erhalte ich deine leibenZeilen. Mit
welcher Freude sie mich erfüllen, kann ich
dir nicht sagen. Ich will eilen, vielleicht
geht dieser Brief noch mit fort.
Vor 8 Tagen kann ich jetzt hier nicht weg,
ausgenommen es wäre dringend nöthig.
Die Taufe laßt vornehmen.
Es muß sich ohnehin in dieser Zeit entscheien,
ob wir länger hier bleiben.
Der Armeebefehl brachte nichts, bis ganz
getröstet darüber.
In größter Eile
Dein Lorenz
Küsse Marie innig".

Natürlich habe ich weder den Absender, noch die Empfängerin und das Kind (Marie?), das wohl im Oktober 1849 in Würzburg geboren wurde, im Netz gefunden.

Siegelseitig sehen wir ein bayer. Militärsiegel, weswegen der Brief portofrei laufen konnte und den Ankunftsstempel von Würzburg vom 17.10.1849.

Kleiner Brief mit großem Kino - einfach mal nachlesen, was 1849 so in Baden (Speyer liegt ja am Rhein direkt gegenüber der badischen Seite) so alles los war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.06.2018 16:16:14 Gelesen: 274016# 276 @  
Liebe Freunde,



Neu - Ulm 17.6.1851 nach München für 6 Kreuzer als bayerischer Inlandsbrief über 12 Meilen. Von Ulm aus hätte es 2 oder 3 Kreuzer württembergisches Franko bis Neu - Ulm gekostet, zu denen 6 Kreuzer für Bayern gekommen wären (Tarif 1.12.1810 über 12 - 18 Meilen, tatsächlich 16 Meilen).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.06.2018 11:21:12 Gelesen: 273808# 277 @  
Liebe Freunde,

würde man die Häufigkeit recommandirter Sendungen klassifizieren müssen, wäre das gar nicht mal schwer:

1. Fernbriefe in Bayern - häufig.
2. Fernbriefe in den Postverein - recht häufig.
3. Fernbriefe ins Ausland - ziemlich selten.
4. Briefe im Ort - ziemlich selten.
5. Briefe in den Lokalbezirk - sehr selten.



Heute zeige ich einen Brief aus München vom 10.8.1866 mit vollem Inhalt (schwer lesbar für mich) der Firma Geist & Breuninger in München and Herrn Heinrich Liebermann "hier". Die Aufgabe erfolgte am Bahnhof mittels einer 1 Kreuzermarke für die Frankatur als Ortsbrief, während die Reco - Gebühr von 6 Kreuzern bar bezahlt werden musste. Die Aufgabepost im Bahnhof stempelte mit ihrem roten Chargé - Stempel und vergab die Reco - Nummer 419.

Er lief jedoch nach München - Stadt und wurde dort ankunftsgestempelt mit dem Einkreisstempel, den wir oft auf Münchener Briefe finden, die recommandirt wurden, von wo aus er mit der Reco - Nummer 28 versehen dem Stadtbriefträger mit der Nr. 28 zugeteilt wurde. Schon toll, dass man wusste, welcher Liebermann es in München sein sollte, zumal das ein populärer Nachname war, oft auch mosaischen Ursprungs.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.06.2018 11:00:28 Gelesen: 272438# 278 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen von Peter Sem attestierten Brief aus Ulm vom 15.10.1867 der Firma Johann Christian Laux & Compagnie dortselbst mit Postaufgabe vom Folgetag in Neu - Ulm unter Verwendung einer Nr. 15 von Bayern mit 2 Plattenfehlern: Oben rechts war die Ecke abgebrochen und unten links bahnte sich ein ähnliches Schicksal an. Ich erwähne dies deshalb, weil Peter Sem allein hierfür einen Befund anfertigte, während der Postbetrug von Ulm Richtung Neu - Ulm keine Erwähnung fand, so dass ich das hier für die Allgemeinheit nachholen darf.



Am 17.10. kam er in Plössberg bei der Firma J. M. Wild Sohn an und sparte so seinem Ulmer Absender 6 Kreuzer, denn von Ulm aus hätte es bei 229 km Luftlinie natürlich 9 Kreuzer gekostet, von Neu - Ulm aus nur deren 3. Erst mit dem 1.1.1868 waren diese Defraudationen sinnlos geworden, weil das Franko zwischen den Königreichen Württemberg und Bayern nur noch 3 Kreuzer bis 1 Loth und 7 Kreuzer über 1 - 15 Loth je Brief kostete.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.06.2018 12:10:32 Gelesen: 272425# 279 @  
Liebe Freunde,

bisweilen sehen wir Briefe, bei denen im Firmenstempel des Absenders das Wort "franco", "Frei", "franquirt" oder Ähnliches steht. Der Grund dürfte mit der Änderung der Gebührenstruktur vom 1.8.1850 zusammen hängen, als plötzlich und zum ersten Mal in Bayern und im ganzen Postverein Briefe, wenn man sie nicht frankierte, wesentlich teurer wurden und zwar um 3 Kreuzer je Loth und Entfernungsstufe.



Als der Postverein mit dem 1.1.1868 zu existieren aufgehört hatte, wurde es gar noch drastischer, denn gewöhnliche Frankobriefe kosteten nun 3 Kreuzer, dieselben unfrei aber 7 Kreuzer, so dass hier eine Steigerung der Frankorate von 133% vorlag, was wohl auch die allermeisten Korrespondenten dazu brachte, endlich Marken in die Hand zu nehmen und ihre Post damit zu bekleben, wie es die Postverwaltungen schon seit 1850 wünschten.

Ein Brief aus dem lieblichen Lindau im Bodensee vom 8.6.1869, Absender war die Firma J. G. Wartmann, wurde an die Firma J. Michael Wild Sohn in Plössberg/Oberpfalz frankiert verschickt. Im Inhalt desselben schreibt der Lindauer folgendes:

"Als Erwiderung auf Ihr Geehrtes v(om) 24. Mai pto = Porto ersuche ich Sie heimit mir als Probe ...".

Der Plössberger hatte also ein Schreiben nach Lindau unfrankiert abgehen lassen, welches im 1. Gewicht 7 Kreuzer, über 1 Loth sogar 11 Kreuzer gekostet haben musste. Diese waren dem Lindauer übel aufgestossen, denn er wollte nicht die o. g. 133% Aufschlag bezahlen. Da der Plössberger von 3 Artikeln sogar Proben schicken sollte, wollte man damit sicher gehen, dass diese frankiert abgesandt würden, um nicht noch mehr Postporto zahlen zu müssen.

Der sanfte Hinweis im Firmenstempel "fo" für franco und die entsprechende Angabe im Briefinhalt selbst dürften dafür gesorgt haben, dass man nun auch in Plössberg nur noch frankiert nach Lindau verschickte.

Weil sich Herr Sem mit einem Befund viel Mühe gegeben hat, wiederhole ich den Tenor desselben hier ganz kurz: PF XXVII (laut Vogel) = rechts unten Durchbalkung der "3". Schön, dass es diese Zugabe noch gab, genommen hätte ich ihn in jedem Fall auch ohne den Plattenfehler.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.06.2018 12:29:08 Gelesen: 272422# 280 @  
Liebe Freunde,

wie wir alle wissen, zog die bayerische Postverwaltung die Nummernstempel, die amtlich "Entwerthungs - Stempel" hießen (von uns heute Mühlradstempel genannt - ein Terminus, den man damals gar nicht kannte) zurück. Die Verordnung Nr. 1704 datierte vom 9.3.1869. Die nun nicht mehr benötigten Nummernstempel waren, wie auch die Controllverzeichnisse, alsbald (also sofort) an das vorgesetzte Oberamt zurück zu senden.

Nun gibt Peter Sem, auch der Michel und andere Abschreiber, genau diesen 9.3.1869 als Letzttagsstempel an, womit sich erklärt, dass Entwertungen nach dem 9.3.1869 zu Seltenheiten stilisiert werden.

Dabei vergisst man jedoch, dass diese o. g. Verordnung ja nicht separat veröffentlich wurde, sondern, wie die allermeisten Verordnungen in Bayern, gesammelt und dann in einem Verordnungsblatt summarisch publiziert.

Dies geschah auch hier, indem man mit dem 21. Verordnungs- und Anzeigeblatt vom 13.3.1869 "Entwerthung der Frankomarken" jeden Postexpeditor von dieser Neuerung unterrichtete.

Es ist davon auszugehen, dass am 13.3.1869, spätestens am 14.3.1869 diese Vorschrift überall in Bayerns Amtsstuben der Post vorlag und man sich danach richtete bzw. hätte richten sollen. In keinem Fall sind Entwertungen bis zum 13.3.1869 postgeschichtlich eine Besonderheit, allenfalls ab dem 14.3.1869 könnte man davon reden, wobei dann die uns bekannten Stücke schon sehr selten sind.



Als Beispiel für diesen Modus operandi zeige ich eine Drucksache aus München vom 12.3.1869 nach Plössberg, die am Folgetag dort ankam. Dieses Stück beweist auch, dass München nicht schon vor allen anderen von dieser Verordnung etwas wusste, weil sie sonst süätestens am 10.3. die dort im Einsatz befindlichen Mühlradstempel abgegeben hätten. Da sie aber noch am 12.3. (und wohl auch noch einen Tag später) die Marken auf der Briefpost bedruckten, gehe ich nicht davon aus.

Schön wäre es, wenn wir hier die Daten 9.3.1869 bis vlt. 14.3.1869 aus München, oder von anderswo, anhand netter Belege zusammen tragen könnten, um uns ein Bild von der tatsächlichen Rückgabe machen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.06.2018 12:39:40 Gelesen: 272421# 281 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Express - Frankobrief Chargé von Mühldorf, 13.10.1841, nach Marzoll bei Reichenhall. Inhalt war ein original Taufschein, der in Marzoll dringend benötigt wurde. Der Absender hatte sein Verlangen deutlichst formuliert:

"frei gegen Schein - Ist von der Post Reichenhall durch einen Expressen nach Marzoll zu senden".



Wir kennen nicht die Höhe der Gelder, die hier im Hintergrund geflossen sein müssen. Siegeleitig sehen wir 6 Kreuzer Franko von Mühldorf nach Reichenhall, eine Entfernung über 6 - 12 Meilen, für die der einfache Brief 4 Kreuzer, dieser hier aber über 1/2 Loth - 1 Loth dann 6 Kreuzer gekostet hatte.

Die Recommandation kostete 4 Kreuzer und unter der lfd. Nummer 30 wurde er im Mühldorfer Recommandations - Manual erfasst.

Extra kostete die Beschaffung eines Expressboten (bekam der Postexpeditor von Reichenhall vom Empfänger vergütet) und die Ganggebühr des Boten selbst, der hier ca. 5 Kilometer einfach zurück zu legen hatte. Ich denke, der Botenlohn dürfte ca. 1 Gulden betragen haben, wenn ich mir vergleichbare Leistungen andernorts vor Augen halte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
GR Am: 23.06.2018 13:05:04 Gelesen: 272413# 282 @  
Dieser Brief vom 10.02.1871 von Augsburg nach München ist mit der Nr. 23 frankiert und trägt einen roten Chargé Stempel. Die drei Kreuzer sind für einen einfachen Brief von Augsburg nach München wohl richtig. Die 7 Kreuzer für das Einschreiben wurden wohl gesondert über einen Postschein abgerechnet.

Was bedeutet die blaue handschriftliche "25" und das, was unter der Zeile "Recommandiert" steht?

Für jede Erklärung und Hilfe dankbar
Gerhard


 
bayern klassisch Am: 23.06.2018 13:07:35 Gelesen: 272410# 283 @  
@ GR [#282]

Hallo Gerhard,

ein schöner Brief!

Deine Annahmen sind alle richtig.

Die blaue "25" war die Reconummer von München - die schwarze "215" oben rechts war die Reconummer der Aufgabepost in Augsburg.

"Verehrliche ..." ist das Wort, das du suchtest. Empfänger war die Millykerzen- und Seifenfabrik in München.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
GR Am: 23.06.2018 14:02:38 Gelesen: 272403# 284 @  
Danke lieber Ralph,

wie immer neige ich mein darklooksches Haupt und bedanke mich für die schnelle Antwort. :-)

Liebe Grüsse
Gerhard
 
bayern klassisch Am: 23.06.2018 15:31:50 Gelesen: 272392# 285 @  
@ GR [#284]

Nichts zu danken, lieber Gerhard, mache ich doch gerne.

Man hätte noch unten links seitens der Aufgabepost in Augsburg "7 Kr. recommandirt" schreiben sollen und hatte dafür sogar einen eigenen Stempel anfertigen lassen - aber der hielt nicht lange und es war viel zu umständlich, Prosa im Dienst zu verfassen, so dass die allermeisten Recobriefe, wie deiner auch, diesbezüglich jungfräulich blieben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 25.06.2018 15:46:34 Gelesen: 272340# 286 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Armensache, die portofrei von Nördlingen am 29.9.1818 nach Speyer in der Pfalz abgegangen ist, wiewohl das so nicht ganz richtig war, was die Dienstesvorschriften betraf. Aber egal, wichtig ist der Inhalt, den ich hier transkribiert habe:

"Das Königlich Baierische Polizei-Commissariat der Stadt Nördlingen benachrichtigt das Königlich Baierische
Oberbürgermeisteramt in Speier, daß Paul Steiger, Taglöhner von Raab in Ungarn gebürtig und in Speier wohn-
haft, am 12ten dieses Monats ganz entkräftet hieher gekommen, sofort in das hiesige Lazareth gebracht worden,
und hierauf vermög anliegenden Todtenscheins den 14ten gestorben seyn.
Seine Verlaßenschaft bestand bloß in 48 Kreuzer und wenigen Habseligkeiten im Werth von 8 Gulden, die durch
seine Beerdigung gänzlich absorbirt wurden.
Indem man die bei semselben vorgefundene Legimation anschließt, beharrt mit vollkommenster Hochachtung
Nördlingen den 29. Septbr. 1818
Der Königl. Landrichter und Polizei-Vorstand"



Heute, in einer Zeit nie gekannten Überflusses, kann man sich derlei Schicksale kaum vorstellen. Wer wohl seine ungarischen Verwandten informiert hat? Vermutlich gar keiner ... und hier wird wieder klar, dass man nicht alles und nicht jeden im Internet findet, denn Tagelöhner waren und sind Individuen, um die sich niemand kümmert - nicht im Leben und nicht im Tod.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2018 12:08:03 Gelesen: 270157# 287 @  
Liebe Freunde,

telegraphische Depeschen hatten prinzipiell nichts mit der Briefpost zu tun - außer sie hätten jemanden erreichen sollen an einem Ort ohne Telegraphenstation; dann wurde das Telegramm von der diesem Zielort nähesten Telegraphenstation in ein Kuvert gesteckt und per Post an die näheste Poststelle geleitet, um von dort aus ausgetragen zu werden.





Des weiteren unterscheiden wir Staats - Depeschen, die kostenfrei waren und Privat - Depeschen, die dies eben nicht waren. Hier zeige ich eine PD = Privat - Depesche der Telegraphenstation Straubing vom 31.8.1858 an "H. Otto Schmutzer bei C. Arnold junior in Straubing".

Die Depesche hat noch vollen Inhalt, was sie für mich sehr wertvoll macht(e), denn ursprünglich stammte der Text aus Passau und wurde dort am selben Tag um 16.45 Uhr in die Feder diktiert, um 16.53 Uhr telegraphiert und war in Straubiing um 16.56 Uhr angekommen. Schon um 17.00 Uhr gab man in Straubing die eingetütete Depesche einem der dortigen Telegraphenboten zur Bestellung (nicht dem Postboten, weil das ja ein anderer Postdienst war!).

Als Text lesen wir:

"Otto Schmutzer bei C. Arnold junior Straubing
Beide Briefe erhalten. Näheres per post.
Max Wenz"

Demnach nutzte der gute Max aus Passau diese Depesche gewissermaßen als Rückschein bzw. Retour - Recepisse, die dem Absender den Erhalt von 2 sicher sehr wichtigen Briefen bescheinigte. Da die Depesche weder Gebühren noch Taxen aufweist, ist davon auszugehen, dass Herr Wenz alles in Passau bezahlt hatte bzw. ein entsprechendes Depositum hinterlassen haben musste.

Einen weiteren Beleg dieser Art kenne ich bisher nicht. Wenn man sich die Kosten hierfür überlegt, ahnt man auch, warum wohl.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2018 13:06:12 Gelesen: 270152# 288 @  
Liebe Freunde,

ein Hoch auf die Pfalz - Philatelie, bescherte sie mir doch einen der ganz wenigen Briefe "mit Briefen ..."



Leider ohne Inhalt (wie so oft bei dieser seltenen Species!), aber aus Landau in der Pfalz mit treffendem geschlossenen Mühlradstempel 267 in erster (großer = 5,2mm) Type abgeschlagen, die Peter Sem vom 9.2.1858 bekannt ist, ehe wohl zum Mai 1860 der offene 267 Einzug hielt. Über die Marke 9 Kreuzer Type II d) können wir nicht datieren, aber er sollte aus 1857-1859 stammen und das ist ja auch ein gerüttelt Maß an Präzision der Datierung, mit der ich gut leben kann.

Empfänger war Hermann Westerkamp mit Briefen d. Herrn Braselmann & Breck in Schwelm b. Elberfeld.

Vlt. kann uns ein Kenner der dortigen Materie wertvolle Hinweise auf das Versandjahr geben?

In jedem Fall wog der Brief mit seinen Briefen als Inhalt weniger als 1 Loth, was erstaunlich, aber gewöhnlich ist.

Das Absendersiegel trägt Psalm 92.11 und eine dreizinnige Krone - auch da bin ich leider überfragt. Das Einhorn kenne ich als Laie nur von Hannover her, aber ob das hier zutraf?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.07.2018 18:25:51 Gelesen: 269122# 289 @  
Liebe Freunde,

ich zeige einen Brief aus Redwitz (noch ohne eigene Post) mit Aufgabe in Wunsiedel am 5.12.1840 an Poschacher in Tittmoning. Ausweislich des Inhalts übermachte der Absender "Hosenzeuchproben" und bat um gefl. Beachtung derselben und Erteilung eines Auftrages an die Firma Schwarz.



Da ich ja eine Mini - Sammlung von Wunsiedel mein Eigen nenne (eine Heimatsammlung ist es nicht, weil Wunsiedel halt leider nicht meine Heimat ist), passt er sowohl in diese, als auch in eine andere, kleine Sammlung über Muster (Proben) ohne Wert(h).

Die Aufgabepost taxierte hier 17 Kreuzer. Die Entfernung von Auf- zur Abgabepost beträgt 227 km = 30 Meilen. Demnach kämen in Frage über 24 - 30 Meilen mit 10 Kreuzer einfach, oder 30 - 36 Meilen mit 12 Kreuzer einfach. Jeder routinierte Postgeschichtler erkennt damit auf den ersten Blick, dass weder von der Basis einer 10 Kreuzer Taxe, noch von einer 12 Kreuzer Taxe ein Betrag von 17 Kreuzern erreichbar ist, da je Gewichtsstufe immer 50% auf das einfache Porto aufgeschlagen wurden (also 10, 15, 20 usw. bzw. 12, 18, 24 usw.).

Demnach müssen die Muster dem Brief angehängt worden sein, so dass eine Portomoderation zum tragen kam. Die Verordnung sagte aus, dass Drucksachen und Muster ohne Wert die Hälfte der Taxe des einfachen Briefes kosteten. Demnach hätten wir bei bis 30 Meilen 5, 7.5, 10, 12.5, 15, 17.5 Kreuzer vor uns. Dieser hier hätte also in der 6. Gewichtsstufe gelegen, wobei von 17,5 Kreuzern auf 17 Kreuzer abgerundet worden wäre.

Ob ich so schnell einen zweiten Muster ohne Wert - Brief mit 17 Kreuzern Taxe finden werde? Vermutlich eher nicht und wenn überhaupt, dann sicher keinen mehr aus dem lieblichen Wunsiedel. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.07.2018 18:34:00 Gelesen: 269116# 290 @  
Liebe Freunde,

Briefe aus den 1850er Jahren an Carl Möller in Würzburg darf man auch gerne mal öffnen und nachsehen. Nicht intime Dinge sind darinnen zu gewärtigen, aber ab und zu auch einmal ein nettes Muster aus der Zeit, wie dieser Sofortkauf beweist (leider nicht zum Schnäppchenpreis, aber was nichts kostet, ist auch nichts). :-)



Im wunderschönen Dinkelsbühl am 13.12.1851 geschrieben, schickte man eine Probe aus Stoff der Firma Adam Kellermann an Carl Möller und gab ihm nach inliegendem Muster einen Auftrag, 1 Pack rothe Battist Band nach Muster in Baumwolle anzufertigen und per Post ihm zukommen zu lassen. Hier also kein Muster zum Verkauf, sondern ein Muster zum Kauf bzw. zur Herstellung.

Am Folgetag kam der Brief in Würzburg an und wurde ausgetragen. Die milchigblaue 3 Kreuzer blau ist nicht die schönste Farbnuance, aber da der Brief in 2 meiner Mini - Sammlungen passt, sehe ich darüber guten Gewissens hinweg.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.07.2018 12:42:29 Gelesen: 268294# 291 @  
Liebe Freunde,

aus anderen Gründen, als unbedingt einen Bischofsbrief haben zu wollen, ist mir der hier ins Netz gegangen: Nr. 21 auf Brief aus Grafing an "Seiner Excellenz Hochwüdigsten Herrn Herrn Gregorius, Erzbischof von München-Freising, Patr: Rom:, Reichsrath, Großkreuz etc: etc: Meinem gnädigsten Herrn in München

Mit drey Beilagen

Zum hochwündigsten Ordinariate frei".



Der Brief datiert vom 17.9.1869, wie man aus dem siegelseitig perfekt abgeschlagenen Zweizeiler Münchens ersehen kann und damit wären wir auch bei der Besonderheit - nämlich dass 3 Beilagen dem Brief einst untergebunden waren und trotzdem die Abgabepost (solch) einen perfekten Ankunftsstempel setzen konnte. Oft sieht man es, dass bei Briefen mit Unterbund/Beilagen gar keine Ankunftsstempel zu sehen sind, weil es keinen Platz dafür gab, bzw. man hat aus Dokumentationszwecken den Ankunftsstempel vorne abgeschlagen hatte, was natürlich sachlich falsch, aber den besonderen Umständen geschuldet war.

Sem bewertet in seinem Band "BAYERN Ortsstempel 1849-1875" den Grafinger Stempel übrigens mit 90 DM Aufschlag zum Briefpreis, aber das erwähne ich nur am Rande, jedenfalls sind mir Briefe über 1 - 15 Loth mit Nr. 21 auf Bischofsbriefen noch nicht so häufig untergekommen, nicht einmal mit nur einer Beilage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.07.2018 18:04:02 Gelesen: 267372# 292 @  
Liebe Freunde,

nach Jahren wieder mal einer im Angebot - und dann noch 2 Contraventionen; eine kleine, die unschwer zu sehen ist und eine sehr große, die man aber erst einmal erkennen muss. Wer findet die Besonderheit heraus? Nur Mut, denn Mut wird immer belohnt!



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 24.07.2018 19:37:44 Gelesen: 267344# 293 @  
@ bayern klassisch [#292]

Hallo Ralph,

hätte der Brief nicht als Partei Sache (PS) deklariert werden müssen und wofür waren die 30 Kreuzer die unterhalb stehen, ich kann leider das Kürzel nicht deuten.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 24.07.2018 19:46:11 Gelesen: 267338# 294 @  
@ Gernesammler [#293]

Hallo Rainer,

du bist auf der richtigen Spur! Der Absender hatte notiert "30 Xr" für 30 Kreuzer, die in dem Brief waren, also haben wir einen Wertbrief vor uns.

Wertbriefe gehörten zur Fahrpost, nie zur Briefpost. Aber bei der Fahrpost konnte man mit Briefmarken nichts frankieren - hier hätte man das Franko der Fahrpost bar erlegen müssen. Im richtigen Leben wäre der Wert der Marke verfallen und der Brief hätte eingeschrieben werden müssen.

All das ist nicht passiert - wohl, weil man diesen Vermerk übersehen hatte; auf der anderen Seite hätte im Falle des Verlusts der Absender keine Ersatzleistung für diese 30 Kreuzer bekommen!

Die 2. (kleine) Contravention ist die Entwertung der Marke mit 2 Stempelabschlägen - es sollte immer nur ein Stempelabschlag mittig erfolgen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 25.07.2018 15:43:34 Gelesen: 267009# 295 @  
Liebe Freunde,

von dieser Art Briefe gab und gibt es nicht viele, so dass man ruhig mal zuschlagen kann, wenn solch eine Besonderheit mal angeboten wird.



Chargébrief aus Ansbach vom 6.9.1856 nach Nürnberg. Für die 39 km reichte eine 3 Kreuzermarke. Diese klebte auch sicher auf dem Brief, den Chargébriefe von Privaten unterlagen dem Frankozwang. Der Mühlradstepel von Ansbach mit der Nr. 12 wurde etwa hälftig auf der Marke und dem Brief abgeschlagen.

Aber dann muss im Laufe des Transports die Marke abgegangen sein. Man erkannte aber, dass der Brief einst frankiert worden war, machte ein # - Zeichen an die Stelle, wo sie einst klebte und ließ es gut sein.

Im bayerischen Amtsdeutsch las sich das aber anders, denn Briefe, bei denen Marken abgefallen waren, sollten als unfrankiert gelten und mit entsprechendem Porto belegt werden.

Dergleichen Briefe kenne ich keine 10 Stück und ich bin sehr froh, mal solch eines zeigen zu können, zumal ich bisher 2 Stück habe, die aber nicht auf recommandirten Briefen belegbar sind.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.07.2018 17:32:32 Gelesen: 266752# 296 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief ist nicht datiert - und braucht es auch nicht zu sein! Dennoch kann man auf den Tag genau alles bestimmen - warum?



Für die Markenfans unter uns: Schaut euch mal die Marke genau an - die Nr. 16 wurde in waagrechten Streifen aus dem Bogen geschnitten und bei Bedarf, ohne Zuhilfenahme einer Schere, einfach 2 Mal senkrecht gerissen. Hier lief das nicht perfekt ab, aber doch recht manierlich.

Um zum 1. Punkt zurück zu kommen - ich kenne bisher genau 3 Briefe mit diesem, der das zeigt, weswegen ich ihn gekauft habe. Mal sehen, wer das Rätsel als erster knackt.

Ein Blick in die Tariflisten ist nicht nur manchmal sehr hilfreich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 23:25:50 Gelesen: 266565# 297 @  
@ bayern klassisch [#296]

Dann löse ich mal:

Abgesandt im Dezember 1867, als Briefe über 1 - 15 Loth noch 6 Kreuzer kosteten, mit 6 Kreuzern korrekt frankiert.

Zurück geschickt im Januar 1868, als die gleichen Briefe 11 Kreuzer Porto kosteten (statt zuvor 12 Kreuzer, wenn sie nicht frankiert wurden).

Am 1.1.1868 gab es die große Gebührenumstellung in Bayern, die dieser Brief sehr schön nachspielt (und dazu mal franko, mal porto, was ihn noch besser macht).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 23:32:01 Gelesen: 266563# 298 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der unterfrankiert von Nürnberg nach Frankreich lief. Der Absender frankierte nur 12 Kreuzer lila, Nr. 18, in Erwartung, dass der Brief nur bis 10g = einfach schwer sein würde. Aber er war über 10 - 20g schwer und fiel daher in die 2. Gewichtsstufe.



Daher hatte die Aufgabepost den Job, ihn dem Absender zur Auffrankatur der fehlenden 12 Kreuzer zurück zu geben, was man nicht tat, oder ihn als unterfrankiert zu kennzeichnen, was man tat.

In der linken oberen Ecke notierte man zuerst 1p für "premier port" = 1. Gewicht, dann aber "2" und "affri insuf" für "deux ports" = 2. Gewicht und affranchissement insuffisant = Freimachung ungenügend. Der zuerst abgeschlagene P.D. - Stempel war zu streichen, da sonst in Frankreich hätte kein Nachporto erhoben werden dürfen!

Frankobriefe kosteten 12 Kreuzer = 4 Decimes, Portobriefe 50% mehr. Daher rechnete man: 2 mal 18 Kreuzer = 36 Kreuzer, abzüglich des Wertes der Marke = 24 Kreuzer Nachporto. Diese entsprachen 8 Decimes, die auch notiert wurden.

Von Nürnberg ging es am 7.12.1869 über Forbach nach Paris, wo er 2 Tage später einlief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2018 17:12:24 Gelesen: 265804# 299 @  
Liebe Freunde,

die Überschrift stimmt hier nicht ganz, aber darüber bitte ich heute einmal wegsehen zu wollen.



Im DinA 5 Format findet man nicht jeden Tag etwas aus alter Zeit, zumal die Entwertung am 29.8.1872 in bläulicher Farbe dem Stück ganz gut steht - aber es ist kein Brief, wie man annehmen möchte, sondern es war und ist eine sehr große Schleife für einen heute leider nicht mehr vorhandenen Inhalt, die zusammen als Drucksache in der 3. Gewichtsstufe lagen.

Ab 1.1.1872 galten für Bayern die gleichen Maßgaben, wie für alle anderen ehemaligen Vertragsstaaten auch: Je 40g Gewicht 1 Kreuzer, so dass wir hier ein Stück über 80 bis 120g vor uns haben, das immerhin noch am selben Tag (!) in Lindau im Bodensee ausgetragen werden konnte.

Ich werde noch die einschlägigen Postvorschriften untersuchen, um festzustellen, ob man nicht hätte "Drucksache", oder "Gedrucktes" vermerken sollen, um auf den Charakter der Postendung hinzuweisen. Damals steckte wohl ein Teil des gedruckten Inhalts (Zeitung ?) vorn und hinten heraus, so dass das leicht zu sehen war, aber gerade bei höheren Gewichtsstufen schrieb man das manchmal dazu, um sie von schweren Briefen zu unterscheiden.

Im übrigen ist das hinten ein Lindauer Stempel Type 20b, kein kleiner Einkreiser, wie man ob des außerordentlichen Formats prima vista annehmen könnte!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.08.2018 13:47:05 Gelesen: 265299# 300 @  
Liebe Freunde,

lange habe ich nach einem gesucht - jetzt habe ich einen gefunden, so wie ich ihn haben wollte.

Wir erinnern uns, dass alle Ortsdaten bei den Halbkreisstempeln in der "Kurve", also dem oberen Teil zu stehen hatten. War der Ort kurz, war das kein Problem, war der Ortsnamen lang, rückten die eher dünnen Buchstaben eben etwas näher zusammen.

Aus der Lameng kenne ich nur einen Halbkreisstempel, bei dem das nicht mehr reichte: Schwarzenbach an der Saale.





Heute zeige ich einen sehr leckeren Brief mit einer Nr. 15 vom 7.9.1868 an die Firma Speiser & Haug in Sonthofen im Allgäu, der den Zusatz "A/S" zwischen dem Datum und "URG" zeigt, also hineingemurkst wurde. Diese Winkler Nr. 12a des Halbkreisers kennt Winkler nur 1863 (ich nicht) und 1869 und 1870. Bei einem mittleren Postort ist es sonderbar, dass ein Stempel 1863 zum Einsatz kam, dann aber erst wieder 1868, wie mein Brief beweist, um dann final 1870 abzutreten.

Darf ich die Sammlerfreunde bitten mal nachzuschauen, ob sie weiterführende Daten dieses Halbkreisstempels kennen/haben?

Gerne wüsste ich auch, ob es noch mehr Halbkreiser gibt, bei denen "Vergessenes" innen im Stempel nachgeholt wurde. Viele können es aber wohl nicht sein.

"On top", wie der Italiener sagt, lese ich noch im Inhalt folgendes: " ... die Beilage wollen Sie besorgen ...". Aha, also hat man dem Brief noch einen weiteren für einen Kunden im Raum Kempten beigeschlossen und damit eine Defraudation begangen, oder wie man Postbetrug damals nannte. Dann hätten wir ja schon 2 Contraventionen auf einen Schlag: Die bayerische Post vermurkst einen Dienststempel und ein Absender betrügt die Aufgabepost um 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch (glücklich heute ob dieses Briefes!)
 
Gernesammler Am: 07.08.2018 19:35:22 Gelesen: 265250# 301 @  
@ bayern klassisch [#300]

Hallo Ralph,

zu dem Stempel Typ 12a von Schwarzenbach an der Saale wird im Sem, Bayern Ortsstempel von 1849-75 hingewiesen dass dieser auf den Marken 8/13, 14/21 und 22/36 abgeschlagen wurde was ja eine Verwendungszeit ab 1862 bis 1875 inne hat.
Der Stempel von Schwarzenbach am Wald welches ja in der Nähe liegt wurde bis 1884 verwendet.

Der Helbig selbst sagt zu diesem Stempel überhaupt keine Daten aus und im Winkler steht die Verwendungszeit von 1863-69/70, vielleicht fehlt bei Deinem Winkler mittlerweile schon der Bindestrich.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 07.08.2018 19:41:59 Gelesen: 265248# 302 @  
@ Gernesammler [#301]

Hallo Rainer,

als Altbayern - Sammler habe ich den Winkler von 1951 (wenn ich mich recht erinnere); vielen Dank für deine Ergänzung meiner Daten; ich nehme auch an, dass der Stempel vielleicht sogar durchgehend von 1863 bis in die 1870er Jahre verwendet wurde, ohne das jetzt (oder jemals?) belegen zu können, denn so häufig ist er doch nicht, wie die Kataloge suggerieren könnten.

Wenn ich wieder einen sehe, melde ich ihn dir. Jede gute Bayernsammlung sollte solch eine Stempelspezialität haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 14.08.2018 21:37:17 Gelesen: 264682# 303 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief war von vorn abgebildet - ein Siegel konnte man gerade so erkennen, aber nicht, welches und ein Teil der Rückseite war gar nicht zu sehen.



Sieht man ihn sich so an, schien es ein Privatbrief gewesen zu sein, der mit folgender Anschrift aufgegeben wurde:

Seiner Hochwohlgeboren Herrn
Herrn Erasmus Freiherrn von
Malsen
k: bayer: Kämmerer, Maltheser Ordens-
Ritter, in
Marzoll Marzoll
bey Reichenhall

fr(ey)

Die Postaufgabe erfolgte in Berchtesgaden am 2.8.1847 (Teilinhalt).

Jetzt, da ich ihn vor mir liegen habe, stellt sich heraus, dass die restliche Siegelseite blank ist - dafür ist die Inschrift des Siegels wunderbar schön erhalten und sagt uns folgendes:

Hofmarschall - Amt S(eyner) Maj(estät) D(es) Königs Ludwig V(on) Bayern

Oha, dachte ich mir - vlt. geruhte die Majestät im schönen Reichenhall zur Sommerfrische zu kuren? Leider blieben meine Ergoogleungsversuche unergiebig, denn ich hätte zu gerne gewußt, ob der König damals dort weilte, oder ob es möglich war, dass das Hofmarschallamt auch ohne ihn korrespondierte.

In jedem Fall ein leckeres Stückchen Post- und bayer. Königsgeschichte, die ich so nicht erwartet hätte - und bezahlt hat hier natürlich niemand etwas, weil hier der Franco - Vermerk nur demonstrieren sollte, dass der Brief frei war, ohne dass einer hätte etwas bezahlen müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.08.2018 10:59:36 Gelesen: 264389# 304 @  
Liebe Freunde,

heute darf es gleich mal ein doppeltes Lottchen sein, was die Insinuation angeht.







Ad primum: Brief mit 3 Kreuzern frankiert des Landgerichts Türkheim an den Kaufmann Josef Gerhauser in Kaufbeuren. Als Partei - Sache "I. M. Pöppel, Anton" frankiert, zeigt er siegelseitig den Vermerk: "ins(inuirt) am drei und zwanzigsten Dezbr. 1855 - Unterschrift".

Der Inhalt datiert aber nicht auf den 23.12., sondern vom 19.12.1855, was mich doch etwas verwundert. Es ging um rückständige Hypothekenzinsen, die ein Herr Graf dem Herrn Gerhauser schuldete. Der Brief wurde aber wohl vor Postabgang vom Gerichtsboten angeschleppt, denn die Abstempelung erfolgte erst am 24.12.1855, womit auch dem letzten Sammler klar sein muss, dass an allen Sonn- und Feiertagen in Bayern die Post ihre Dienste verrichtete.







Ad secundum: Brief des Stadt- und Landgerichts Erlangen vom 1.7.1870 an den Advocaten Rapp in Bamberg als Partei - Sache portopflichtig und mit 11 Kreuzer Post für den Advocaten ein Fernbrief über 1 - 15 Loth. Innen, wie schon bei dem Brief zuvor, eine 3 Kreuzer Fiskalforderung des Absendergerichts. Siegelseitig lesen wir: "Ins(inurit) der Post am 1. Juli 1870. Wunderlich".

Der Empfänger hat oben rechts im Inhalt die Kosten aufgeschlüsselt: 11x Porto 6x Empfang. Der eigentliche Brief war am 29.6.1870 verfasst worden, die Insiunation kam 2 Tage später.

Wir werden mal genauer darauf zu achten haben, wann Briefe geschrieben und wann sie insinuiert wurden. Dazu käme noch ein Datum für die Postaufgabe.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
t.knörich Am: 18.08.2018 22:22:00 Gelesen: 264274# 305 @  
Altdeutschland Bayern

Guten Abend,

kann mir ev. jemand sagen, ob man das beigefügte Dokument irgendwo im Netz "übersetzt" einsehen kann ?

Ich kann leider nur "Einführung von Francomarken" entziffern.

Vielen Dank und einen schönen Sonntag !
Timm


 
bayern klassisch Am: 20.08.2018 17:30:59 Gelesen: 264216# 306 @  
Liebe Freunde,

1 Kreuzer gelb Ortsbriefe sind langweilig - aber nicht alle.

Hier einer aus München vom 8.2.1867 an "Seine Wohlgeboren Herrn Dr. Leonhard Kickinger, k. pensionirter Regimentsarzt in München Gabelsbergerstr. No. 6 / 2".



Es fällt mir schwer, eine präzisere Anschrift auf irgendeinem meiner Briefe zu finden, als diese, die alles aufwies, was man sich denken konnte:

Titel, Vorname, Nachname, Stand (Beruf bzw. ehemaliger Beruf), Straße mit Angabe der Hausnummer und des Stocks und den Ort.

Dennoch gelang zu Zustellung zuerst nicht - man gab den Brief dem Briefträger Nr. 46 in München, der ihn nicht zustellen konnte und siegelseitig nicht seinen Briefträgerstempel abschlug, sondern manuell "46 - Nullparaphe" anbrachte und ihn seinem Oberbriefträger zurück gab. Der entwertete die 46 nicht, weil nicht gestempelt, nicht mit seinem roten Oberbriefträgerstempel, sondern gab ihn dem Briefträger Nr. 47 weiter, der ihn offensichtlich auch nicht zustellen konnte.

Auf der Adresse strich man zuerst München, um es dann wieder zu vermerken und fügte "vertatur" = hinten dazu. Das Glück für den Absender war, dass er eine Siegeloblate aufgeklebt hatte: Advokat Dr. Hühnle München. Jetzt war der Brief dem Absender zurück zu geben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 21.08.2018 17:27:37 Gelesen: 264151# 307 @  
@ bayern klassisch [#306]

Hallo Ralph,

München durch München zu ersetzen ist schon klasse, den hätte ich gern mit Wien statt Wien ;)

Aber woran erkennst Du dass Briefträger 47 ihn nicht zustellen konnte und der Brief wieder zurückgeschickt wurde?

Lg, harald
 
briefmarkenwirbler24 Am: 21.08.2018 17:53:45 Gelesen: 264144# 308 @  
@ bignell [#307]

Hallo Harald,

vielleicht weil siegelseitig kein Ankunftsstempel abgeschlagen wurde bzw. nichts darauf hindeutet, dass der Brief zugestellt werden konnte?

But just a guess.

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 21.08.2018 17:55:54 Gelesen: 264142# 309 @  
@ bignell [#307]

Hallo Harald,

ich mache das daran fest, dass man vorne "München" gestrichen und wieder notiert hatte. Ein Beweis ist es nicht, aber ich stelle es mir so vor.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 23.08.2018 19:24:00 Gelesen: 264035# 310 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, der in mehrere Sammlungen passt, ist immer eine Überlegung (zum Kauf) wert. Diese gekauft zu haben bereue ich keine Sekunde.



In Tegernsee am 23.8.1874 als H.D.S. = Herrschaftliche Dienst Sache portofrei aufgegeben, fällt er in meine Mini - Sammlung der persönlichen Postportofreiheiten. Schön!

Adresse: An das Hochwürdige k(öniglich) b(bayerische) prot(estantische) Pfarramt (in) Birk. Über München (23.8.) lief unser Brief nach Birk bei Seybottenreuth, wo er am Folgetag ankam. Der Brief wurde vom Landbriefträger (Landbriefträger - Mini - Sammlung) an den Pfarrer von Birk bei Seybottenreuth ausgehändigt, der ihn öffnete und las.

Siegelseitig sehen wir, dass er nicht gemeint war, denn man notierte: Wurde vom Pfarrer in Birk bei Seybottenreuth geöffnet, gehört aber nach Birk bei Weißenstadt; daher amtlich versiegelt: Kgl. Postexpedition Seybottenreuth, Unterschrift.

Die beiden dunkelroten Dienstsiegel der Postexpedition verschlossen den Brief wieder und man sandte ihn nach Birk bei Weißenstadt, wo er via 25.8. (Markt Schorgast) kurze Zeit später ankam.

Die Adresse musste natürlich auch geändert werden und man ergänzte "Weißenstadt" und unterstrich es blau (fast hätte man es durchgestrichen). Der Pfarrer dort dürfte sich gewundert haben, solch einen Brief ausgehändigt zu bekommen und immerhin war jetzt der 2. Landbriefträger involviert worden (immer noch die Landbriefträger - Mini - Sammlung).

Wegen seiner Weiterleitung passt er auch in die Hin- her und zurück - Mini - Sammlung, so dass ich bald zwei Kopien vorn/hinten anfertigen darf, damit er überall, wo er Sinn macht, vertreten ist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.08.2018 07:53:10 Gelesen: 263529# 311 @  
Liebe Freunde der gepflegten Bayernphilatelie,

in diesem und anderen Threads spielen die Öffnungszeiten bei der bayerischen Post oftmals eine große Rolle und viele Sammler verstehen davon recht wenig bis gar nichts, wodurch die Interpretation ihrer Briefe gerne Schwierigkeiten bereitet.

Ich versuche hier mal, ohne auf eine konkretes Beispiel eingehen zu wollen, eine Erklärung, wer, wann, wo Poststücke aufgeben konnte.

Für die gesamte Kreuzerzeit galt folgendes:

Alle Hauptexpeditionen am Sitz der Bezirksämter = Hauptbriefpostexpeditionen, Hauptfahrpostexpeditionen und Hauptzeitungsexpeditionen hatten die Schalter von 8.00 bis 20.00 Uhr permanent geöffnet. Es gab keine Mittagspause!

Alle Postämter und Postverwaltungen waren von 8.00 bis 12.00 Uhr und dann wieder von 14.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.

Alle Postexpeditonen (die Masse der Poststellen) waren von 8.00 bis 12.00 Uhr und dann wieder von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

An Sonn- und Feiertagen waren diese Öffnungszeiten reduziert, jedoch hatte auch die kleinste Postexpedition an allen Tagen von Weihnachten, Ostern, Pfingsten und dem Neujahr geöffnet!

Gewöhnliche Poststücke konnten noch bis 1/2 Stunde vor Postabgang bzw. Schalterschluß aufgegeben werden, Poststücke mit Sonderdiensten wie Einschreiben, Wertbriefe, Nachnahmen usw. mussten zwingend 1 Stunde vor Postabgang bzw. Schalterschluß aufgegeben werden.

Hierbei war zu beachten, dass die Pausenzeiten auch verkürzt (nicht verlängert!) werden konnten, wenn es der Dienstbetrieb sinnvoll erscheinen ließ.

Davon völlig getrennt zu sehen sind die Dienstzeiten des Personals bei der Post - diese konnten zu jeder von der Postverwaltung gewünschten Zeit notwendig sein, also auch Nacht- und Wochenenddienste beinhalten.

Beispiel: Wenn eine Kutsche oder ein Zug um 23.00 Uhr bei einer Poststelle mit Poststücken vorfuhr, musste sichergestellt sein, dass mindestens ein Packer und eine Aufsichtsperson anwesend war, der die Poststücke vom Zug in die Poststelle transportierten, um sie dort evtl. weiter zu bearbeiten. Auch dies galt für sämmtliche Sonn- und Feiertage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.08.2018 09:14:02 Gelesen: 263516# 312 @  
Liebe Freunde,

ein besonders bezeichnendes Beispiel, wie die sog. Briefestempler bei den großen Poststellen ökonomisierend arbeiteten, zeigt dieser Brief vom 30.5.1873 von Nürnberg nach Raab (Györ).



Um die zahllosen Briefe schnell abstempeln zu können, legte er sie sich so zurecht, dass man die Frankatur sehen und entwerten konnte und auch Platz für den Abschlag des Aufgabestempels blieb.

Legte man nun die Kuverts, die ja i. d. R. Einzelfrankaturen aufwiesen, so schräg überlappend auf seinen Arbeitstisch, so kann man sicher 50 - 60% des Platzes, den man brauchen würde, täte man dies nicht, einsparen, bzw. doppelt so viele Briefe vor sich legen, um sie abzustempeln.

Am unteren Abschlag des Einkreisstempels kann man schön sehen, dass dieser für eine Marke auf einem anderen Brief gedacht war, denn bei diesem Brief waren ja schon Marke und Briefpapier selbst gestempelt worden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.09.2018 12:05:52 Gelesen: 261953# 313 @  
Liebe Freunde,

wer noch eine superschlaue Idee für eine erstklassige 1-Rahmen-Sammlung braucht, darf sich an dieser einen Vorschrift ergötzen, die sicher auch vice versa taugt und an geeigneten Briefen mangelt es sicher nicht.



Nur eine Vorschrift, aber eine hochinteressante und einen besseren Thread habe ich nicht gefunden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:44:32 Gelesen: 261852# 314 @  
Liebe Freunde,

wie der Guru der bayerischen Stempelkunde, unser lieber und allseits geschätzter 1. Vorsitzender der ARGE Bayern klassisch e. V. Peter Zollner, in seinen überaus lesenswerten Ausführungen stets so schön schreibt, war die Entwicklung der Stempel in Bayern geprägt vom Willen zum dokumentarischen Stempel. Was hat man nicht alles unternommen, um diesem gerecht zu werden.



Dem gegenüber sehen wir hier die schnöde Praxis im dunklen Abteil eines Bahnpostwagens in Landshut am 14.12.1866 bei einem Brief nach Nürnberg. Die Marke sollte mit dem offenen B.P. - Stempel entwertet werden, was hier unterblieb.

Die Aufgabe mit dem Aufgabeort im Sehnenkasten des Bahnpost - Halbkreisstempels sollte dokumentieren, wo die Auflieferung erfolgte (hier: Direkt im Zug durch Einwurf in den Briefschlitz des Bahnpostwagens).

Darüber hinaus war der Tag, der Monat und die Linie so einzustellen, dass sie im Abschlag gut gesehen werden konnten.

Nichts von alledem erfolgte bzw. klappte hier - so wird der Brief Eingang in meine Contraventions - Sammlung finden und auf einer Seite mit einem perfekten Bahnpostbrief zeigen, wie es damals ging und gehen konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:50:56 Gelesen: 261849# 315 @  
Liebe Freunde,



nach langer Zeit kann ich endlich wieder einen 7A - Stempel zeigen: Brief aus München vom 13.6.1863 nach Trostberg, der in Traunstein als Transitstempel am Folgetag mit dem dortigen 7A - Stempel bedruckt wurde, ehe er in Trostberg einlangte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:54:38 Gelesen: 261848# 316 @  
Liebe Freunde,

bei diesem Brief schwanke ich noch zwischen Platte 5 und 6, tendiere aber doch zur 5, auch weil das Datum hier, der 27.3.1862, ein paar Tage vor dem frühesten einer 6. Platte liegt (liege ich da noch richtig?).



Trotzdem ein netter Brief, wie ich finde, der nach Ullersrieth in den Landpostbezirk von Weiden lief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 12:19:08 Gelesen: 261845# 317 @  
Liebe Freunde,

was tat ein Postler, hier einer der Briefestempler in München, wenn er nicht sicher war, ob er einen Stempel schon auf die aktuelle Stunde umgestellt hatte, oder nicht?



Richtig - er stempelte bei einem Brief hinten, um zu sehen, ob es noch stimmte, was er da eingestellt hatte.

Hier zeigt ein Brief aus München vom 15.3.1857, dass man sicherheitshalber hinten am Nachmittag mit römischer II abstempelte, dann den Stempel auf III = 15.00 Uhr vorstellte und vorne als Aufgabe frisch ins Stempelkissen getaucht, einsetzte.

Dergleichen ist kaum einmal zu beobachten und er passt dadurch perfekt zu meinen Briefen, die dokumentieren, dass nicht jeder Fehler bei der Stempeleinstellung vermeiden konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 12:55:14 Gelesen: 261838# 318 @  
Liebe Freunde,

bei der Porto Nr. 1 finden wir, im Gegensatz zu den Nrn. 2 und 3, die ja fast zeitgleich bis zum Ende der Kreuzerzeit miteinander verwendet wurden, hin und wieder Belege und Marken, die allein mit einem Federzug entwertet wurden.



Zwar war die Entwertung dieser Portomarke nicht expressis verbis vorgeschrieben, aber das war die Entwertung anderer Bayernmarken auch nicht, wenn diese erschienen, so dass doch viele mit Mühlrad- und Ortsstempels annulliert wurden.

Meiner Meinung nach sind Belege mit attraktivem Federzug gar nicht so häufig, wie uns die Katalognotierung Glauben machen will, steht da doch ein Brief mit gestempelter Marke mit 1.100 Euro im eher hochpreisige Segment, während der gleiche Brief mit einer federzugentwerteten Marke lediglich bei 400 Euro angesiedelt ist.

Eine Parteisache aus Kemnach vom 25.5.1870 des Bezirksamtes Kemnath an die Gemeindeverwaltung Kaibitz, ca. 2 km von Kemnatz entfernt, zeigt eine nette Tintenentwertung "Mit 1 Beilage", war also über 1 - 15 Loth schwer.

Bei Parteisachen galt, im Gegensatz zu Briefen der Privaten, der günstigere Frankosatz, zu dem kein Strafporto dazu kam. So kosteten Portobriefe bis 1 Loth in Parteisachen nur 1 Kreuzer, solcher der Privaten aber 3 Kreuzer. Bei höherem Gewicht als Parteisache 2 Kreuzer, bei Privaten 6 Kreuzer!

Leider hatte die bayerische Post diese moderaten Gebühren nicht in 1 Kreuzer Portomarken ummünzen können, so dass schwere Parteisachen aus Gründen der Nominale bis zum März 1871 immer mit einem Kreuzer zuviel = 3 Kreuzer beklebt werden mussten. Erst mit dem 1.4.1871 trug man diesem Umstand Rechnung und emittierte endlich die passende 1 Kreuzermarke, die Nr. 2.

Dazu machte man oft Fehler bei der Taxierung und Behandlung von Parteisachen und klebte sogar hin und wieder Portomarken zu 6 Kreuzern auf die Briefe, was es bei der Briefpost so gar nicht geben konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.09.2018 10:41:16 Gelesen: 261724# 319 @  
Liebe Freunde,

zu den liebenswerten, kleinen Besonderheiten der facettenreichen Postgeschichte Regensburgs zählen Chargébriefe der 2. Verteilung der Mühlradstempel. Regensburg hatte den geschlossenen 418 zwar von Geiselhöring am 1.12.1856 übernommen, jedoch auch gleichzeitig bereits den offenen 418 von der Regie- und Materialverwaltung Münchens mitgeschickt bekommen. 2 Mühlradstempel braucht kein Mensch, könnte man jetzt denken, doch das wäre vorschnell geurteilt, da Regensburg doch einen erheblichen Arbeitsanfall hatte.



So gab man den alten, geschlossenen 418 an den Chargéschalter und überließ die Normalpost dem offenen 418, weswegen letzter auch absolute Massenware ist, ersterer aber eben nur auf recommandirten Briefen auftaucht.

Hier zeige ich einen 3 Kreuzerbrief an das Bezirksgericht Freising vom 20.12.1863, der unter der Reco-Nr. 675 abgefertigt wurde. Schön auch der rote Versalien - CHARGÉ - Stempel, wie es ab 1.1.1861 die Vorschrift war.

Ich denke, dass er auch gut unter "Schöne Bayernbriefe" gepasst hätte. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.09.2018 10:20:46 Gelesen: 261558# 320 @  
Liebe Freunde,

Brief der Firma K. Weinschenk junior (!!) aus Fürth vom 25.2.1816 an Firma Wertheimber Philipsohn in Regensburg. Man präferierte hier die Recommandation, weil man dem einfachen Brief einen Wechsel über 2.000 Gulden beifügte.



Wenn wir kaufkraftmässig 40 Euro für einen Gulden rechnen wollen, hätte das einem heutigen Wert von ca. 80.000 Euro entsprochen.

Da fielen die 4 Kreuzer Chargékosten, die ihn mit 25 Gulden versicherten, kaum ins Gewicht, ebenso wenig wie die 4 Kreuzer Porto, die der Empfänger zu tragen hatte. Dergleichen Briefe waren damals praktisch immer recommandirt, aber nur ganz selten frankiert, weil man der Post halt doch nicht so ganz traute - nicht mal der Bayerischen! :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.09.2018 23:14:10 Gelesen: 261465# 321 @  
Liebe Freunde,

nicht jedem Beleg sieht man seine Kriegsrelevanz auf Anhieb an. Diese harmlose Correspondenzkarte vom 5.5.1871 aus Bamberg nach Zwickau (Ankunft am Folgetag) würde niemand ernsthaft in eine Sammlung Bayern - Frankreich Krieg 1870/71 einordnen, wenn er nicht die Rückseite gesehen hätte, die zeigt, und das war mir nicht bewußt, dass noch lange nach dem Krieg Auswirkungen in Deutschland vorhanden waren und sowohl Bamberg, wie auch Zwickau, lagen ja nicht eben in französischer Grenznähe.



"An Herrn Theodor Paulus, Kohlenversandgeschäft Zwickau, Comptoir Schneeberger Straße".

Text:" P.P. Bamberg, 6/5 (1871)
Ersuche Sie mir bis auf Weiteres
keine Kohlensendungen zu machen
da ich gegenwärtig gar keinen Platz
zum lagern habe indem schon jetzt jeder
Lagerplatz dahier vollgepropft ist und
mein großes Lager an der Bahn an
die Militairverpflegskommission ver-
miethet ist. Wenn ich was brauche schreibe ich schon.
Viel Grüße J. B. Bayer".

Kann wer etwas über Militärverpflegungs - Kommissionen sagen?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.09.2018 12:11:26 Gelesen: 261355# 322 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus München vom 28.10.1868 an David Königsberger in Floss hatte das Problem, dass der Absender, Firma Geist & Breuninger in München, den Namen des Empfängers falsch geschrieben hatte.



In solchen Fällen wäre der falsche Name des Empfängers zu streichen gewesen und derselbe richtig daneben zu schreiben. Stattdessen hat man ein schwer lesbares Wort gebastelt, aber man konnte ausweislich des Zierstempels von Floss wohl zustellen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 11:00:38 Gelesen: 260219# 323 @  
Liebe Freunde,

ich zeige ein Kuvert (leer) des Festungscommandos in Ingolstadt vom 13.12.1870 eines französischen Kriegsgefangenen an die Adresse:

"Monsieur Duprat Capitaine adjudant-major du 23. d´Infanterie prisonnier de guerre Brême Prusse"

Der Brief war also nach Bremen gerichtet, zwei eine Hansestadt, aber Preussen als Hinweis konnte man auch noch verstehen.



Im Netz habe ich (natürlich wieder) nichts zu franz. Kriegsgefangenen in Bremen gefunden.

Der Brief wurde portofrei befördert und kam am 15.12.1870 dort an, konnte jedoch nicht zugestellt werden. Siegelseitig lesen wir: "Addressat befindet sich nicht in Bremen. Unterschrift ??? Adjutant".

Er wurde dann wieder seinem Absender in Ingolstadt retourniert. Vorne ergänzte man: "Retour 17/12 W.". Am 19.12.1870 kam er in Ingolstadt wieder an. Da hat die Suche wohl etwas gedauert in dem Kriegs - Chaos.

Kriegsgefangenenbriefe unter sich, die retour liefen, kenne ich von Bayern sonst keinen weiteren, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Dergleichen Briefe waren offen der Kommandantschaft aufzuliefern, wo sie gelesen (u. U. auch zensiert), verschlossen und mit dem Dienstsiegel bedruckt wurden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 11:07:44 Gelesen: 260215# 324 @  
Liebe Freunde,

schöner, aber vielleicht nicht ganz so interessant und selten, ist dieses Damenkuvert (Frauen kämpften aber wohl eher nicht damals) an "Monsieur Foatelli 1ere Commis D´Economat au Lyeée Imp. de Bourges Cher" von Dillingen nach Frankreich, bei dem der Absender (siegelseitig genannt) am 29.12.1870 natürlich wußte, dass seine Post über "Suisse" nach "France" geleitet werden würde, also über die Schweiz nach Frankreich.



Offen aufgeliefert, klebte die bayerische Kommandantschaft dort den Brief zu und versah ihn mit ihrem Dienstsiegel. Über die Bahnpost Bayerns, Württembergs und Badens lief er quer durch die Schweiz und wurde mit dem Bahnpoststempel "SUISSE - AMB - M-CENIS B" am 2.1.1871 versehen nach Bourges geleitet, wo er am 6.1.1871 (!!) eintraf.

Mit der Farbkombination blau, orange und schwarz macht er mir viel Spaß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 11:16:21 Gelesen: 260214# 325 @  
Liebe Freunde,

Briefe mit Mustern ohne Werth habe und kenne ich seit über 35 Jahren. Aber solch einen Brief habe ich noch nie gesehen, geschweige denn besessen.



In Memmingen am 21.2.1859 mit 3 Kreuzern frankiert aufgegeben, lesen wir oben auf der Adresseite:

"Inliegend & Anhängend Probe ohne Werth".

Im Text dazu heißt es, dass man Caffebohnen (ganz) und gemahlenen Caffe verschickte, so dass man unterstellen darf, dass die Bohnen in einem Säckchen anhingen, das feine Pulver aber für einen Außentransport völlig ungeeignet gewesen sein dürfte, so dass man es im Inneren des Briefes verpackt haben dürfte.

Abgesehen davon, dass ich beide Arten zusammen nominiert nie gesehen habe, dürfte sich für die Aufgabepost in Memmingen die Frage gestellt haben, ob jetzt der günstigere Tarif für Muster anhängend, oder der gewöhnliche Brieftarif für Muster in Briefen anzuwenden war.

Der mit 3 Kreuzern frankierte Brief nach Heimenkirch bei Röthenbach im Allgäu (knapp 50 km Entfernung) lag also in jedem Fall in der 1. Entfernungszone und war "mit allem" bis 1 Loth, oder bis 2 Loth schwer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 12:25:56 Gelesen: 260203# 326 @  
Liebe Freunde,

nicht schön, aber auch nicht häufig: Brief mit Briefen aus München nach Coburg (nein, damals nicht bayrisch!) vom 2.9.1858 mit Ankunft am Folgetag. 1 Kreuzer Bestellgeld in blau notiert.



Absender war M. C. Mönch ("armer Mönch") in München, der bald nach Tirol verreisen wollte. In München traf man die Familie Damcke nebst Tochter, die der Empfängerin noch ein paar nette Worte schicken wollten. Wie es aussieht, hat wohl Damcke alles gemacht und Mönch den Brief außen beschriften lassen. Auch mal ne Variante.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 21.09.2018 13:13:33 Gelesen: 260189# 327 @  
@ bayern klassisch [#324]

Hallo Ralph,

sehr schöner Beleg, sagt ein Schweiz Sammler! :p

Auch ziemlich außergewöhnlich ist hier die Laufzeit, was aber sehr wahrscheinlich dem Krieg zu schulden war.

@ bayern klassisch [#325]

Schön und selten, was will man mehr? Hoffentlich sind dem Empfänger die Kaffeebohnen auch gut bekommen. :D

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 30.09.2018 08:37:11 Gelesen: 258679# 328 @  
Liebe Freunde,

jahrelang gesucht, nun bei Köhler endlich gefunden:



Brief mit privatem Taxstempel "6" aus Immenstadt vom 18.8.1851 nach Kaufbeuren an Gerhauser.

Diese privaten Taxstempel machten erst dann Sinn, als die innerbayerischen Regulative so normiert waren, dass 6 und 9 Kreuzer Porti regelmäßig vorkamen, so dass die Anschaffung eines solchen, nicht dienstlich gelieferten Stempel überhaupt Sinn machten.

Mit dem Regulativ vom 1.7.1849 gab es ja die Vereinfachungen von Gebühren (Porto und Franko 3, 6 oder 12 Kreuzer), so dass eine "6" schon Sinn machte.

Ab 1.7.1850 gab es Portobriefe für 3 Kreuzer (Ortsbriefe), 6 Kreuzer (bis 12 Meilen) und über 12 Meilen (9 Kreuzer). Da unfreie Ortsbriefe von Immenstadt Raritäten waren, vielen diese nicht ins Gewicht.

Aber die Masse der Briefe waren Portobriefe zu 6 und 9 Kreuzern, und so konnte man durch drehen des Stempels beide Gebührenstufen bedienen.

Für meine Minisammlung "1851" ist das ein sehr schönes Stück - danke Köhler!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2018 08:43:27 Gelesen: 258678# 329 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen gewöhnlichen Brief aus München vom 29.10.1851 nach Guillaume Fischer in Paris mit einem netten Paar der 5d. Mit dem schönen, roten BAVIÉRE STRASB. vom 3.11.1851 und dem Ankunftsstempel von Paris des gleichen Tages, wird das Datum mehrfach bestätigt, denn auf dieses kam es mir an: Erst ab dem 1.10.1851 durfte man von Bayern aus nach und über Frankreich mit Marken frankieren.



Achtung: Nur von der Pfalz aus war ab dem 1.5.1851 eine Markenfrankatur ins Ausland nur in die Schweiz möglich, nicht aber aus dem rechtsrheinischen Bayern!

Vom rechtsrheinischen Bayern konnte man erst ab dem 1.10.1851 nach Frankreich Marken aufkleben und ab dem 1.10.1852 in die Schweiz; zuvor waren Vollfrankaturen ins Ausland nicht mit Marken darzustellen.

Dergleichen Briefe sind sehr selten und ich freue mich sehr, nach meinem Pfalzbrief aus 1851 nach Frankreich diesen hier aufziehen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2018 09:02:54 Gelesen: 258673# 330 @  
Liebe Freunde,

Briefe des Postvertrages vom 1.1.1822 zwischen Bayern und Frankreich sind vielfältig und interessant, vor allem dann, wenn man Portobriefe mit Frankobriefen vergleicht.



Heute zeige ich einen weit selteneren Frankobrief aus München vom 1.3.1847 nach Paris, bei dem der Aufgabebeamte zwar das Tagesdatum "1" falsch herum einsetzte, aber das war nicht der Kaufgrund. Dieser geht, neben der leckeren Optik, allein aus der Siegelseite hervor, die abzubilden vom Anbieter clever war, weil ich ihn sonst nicht beboten hätte.

Hinten lesen wir: 56 im Zähler und 36 im Nenner. Der Bayernspezialist weiß, dass in der Vormarkenzeit (VMZ) Bayern gehalten war, sein eigenes Franko als Nenner, das Weiterfranko für ausländische Posten, aber als Zähler schreiben sollte.

Demzufolge zahlte der Absender 36 Kreuzer für Bayern und 56 Kreuzer für Frankreich, in toto 92 Kreuzer = 1 Gulden und 32 Kreuzer. Das waren 18 mal Mittagstisch im München des Jahres 1847, um die Kaufkraftparität mal aufzuzeigen.

Wie setzen sich nun diese Franki zusammen? Ein einfacher bayerischer Brief wurde für die deutsche Strecke mit 18 Kreuzern je 1/2 Münchener Loth = 8,75 g berechnet. Demnach war der Brief bei einem Gewicht über 1/2 bis 1 Loth mit dem 1,5fachen = 27 Kreuzer und wie hier bei einem Gewicht über 1 bis 1,5 Loth mit 36 Kreuzern zu frankieren. Für Bayern war es also die 3. Gewichtsstufe über 17,5 bis 26,25 g.

Für Frankreich galten andere Gewichtsgrenzen, nämlich 7,5g. Der einfache Satz für Frankreich von der Grenze, hier Strasbourg, bis Paris belief sich auf 20 Kreuzer, jedoch war die Steigerung bei höheren Gewichten als dem Einfachen degressiv. Bis 7,5 g = 20 Kreuzer, über 7,5 bis 15 g + 18 Kreuzer, über 15 - 22,5 g + 18 Kreuzer, so dass wir hier bei 56 Kreuzern auch in der 3. Gewichtsstufe lagen, allerdings wog der Brief demnach über 17,5 g bis 22,5 g, weil er Einschlüsse enthielt.

Vorne sehen wir 2 Abschläge des P.P. - Stempels von München, die auswiesen, dass alles bezahlt worden war, den Vertragsstempel BAVIÈRE - STRASB. von Strasbourg und den 11 A.E.D. - Stempel von Strasbourg, damit Paris wusste, über welchen Leitweg der Brief instradiert worden war.

Strasbourg reduzierte die bayerischen 56 Kreuzer in 21 Decimes; 1 Decimes entsprach paritätisch 2,85 Kreuzern, so dass wir eigentlich nur auf 19,65 Decimes kommen sollten, aber gegenüber Bayern konnte man sich auch gerne mal etwas mehr herausnehmen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.10.2018 09:01:56 Gelesen: 258126# 331 @  
Liebe Freunde,

mit der früheste Stempeltyp mit vollem Dokumentationscharakter war der Zweikreisstempel, der von den Hauptbriefpostexpeditionen am Sitz der Oberpostämter geführt wurde. Nur bei Augsburg war es ein bisserl anders, da hat ab 1851 die Hauptbriefpostexpedition von der Stadt an den Bahnhof gewechselt, aber den Zweikreisstempel beließ man dort, auch wenn die obige Definition, die man sich selbst gegeben hatte, nun nicht mehr stimmte. Aber egal - in diesem kleinen Wunderwerk, wessen Abschläge in perfekter Form für mich zu den schönsten Stempeln Bayerns gehören, waren der Ort, der Tag, der Monat, das Jahr und die Stunde der Aufgabe vorhanden (von - bis), was im Vergleich zu den anderen, damals typischen Stempeln ein Quantensprung darstellte.



Heute zeige ich einen Brief vom 31.10.1871 aus Augsburg an Herrn Carl Berzinger in Pleinfeld mit einer Rechnung für gelieferten Tabak, bei dem die Umstellung des Datums offensichtlich Probleme bereitete.



Letztlich brachte man 3 Abschläge seines Zweikreisstempels am 1.11.1871 auf dem Brief an, die alles in allem gerade so noch das Datum erkennen lassen. Aber zwischen 4 und 5 Uhr morgens mag das mal passieren und der Brief kam auch so noch am selben Tag an. Eigentlich sind die Frühaufsteher immer die besseren Leute, aber in Augsburg mag es mal hier und da eine Ausnahme gegeben zu haben - ich freue mich darüber, denn 3 Stempel auf einer Marke findet man (schon gar nicht) in der späten Kreuzerzeit sehr selten.

"On top" ist die Verwendung genau dieser Marke im Inneren mit 3 Kreuzern in Rechnung gestellt worden, was man auch nicht jeden Tag dokumentieren kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.10.2018 09:09:21 Gelesen: 257135# 332 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Landshut vom 27.9.1870 nach Doulevant (heute: Doulevant-le-Chateau), der für einfache Frankreichbriefe mit 12 Kreuzern korrekt frankiert wurde.



Ab der Kriegserklärung vom 19.7.1870 mussten alle Briefe aus Bayern nach Frankreich, egal von woher genau, immer und ausschließlich der Hauptbriefpostexpedition München zugeleitet werden - dieser hier zeigt dieses Vorgehen in perfekter Weise, da er noch am selben Tag dort eintraf.

Dort wurden alle Briefe Bayerns nach Frankreich täglich gebündelt und in einem Paket verschickt und über die Schweiz nach Paris geleitet, wo sie den Stempel "BAVIERE STRASBOURG 3", oder "BAVIERE FORBACH 3" von Paris erhielten.

Dies galt jedoch nur bis zum 18.9.1870, weil am Folgetag Paris von deutschen Truppen eingeschlossen war und die Postleitung somit unterbrochen wurde. Folglich waren die Briefpakete von München ab dem 19.9.1870 über Basel und Pontarlier nach Dijon zu leiten, wo sie geöffnet wurden und die Briefe von hier aus weiter nach Frankreich geleitet wurden.

Ab dem 7.11.1870 leitete man dergleichen Briefe übrigens über Basel, Genf und Lyon nach Dijon, womit mein Briefchen an Madame Berthelin, auf dem Schloß zu Doulevant residierend, ihren Brief in der Phase 2 erhielt, die vom 19.9.1870 bis zum 6.11.1870 währte und also nicht eben lang galt.

Siegelseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Doulevant vom 4.10.1870, so dass man getrost sagen kann, dass sich die Leitung in Frankreich sehr verzögert hatte, weil in Friedenszeiten ein solcher Brief bei den schnellen Franzosen maximal 3, eher nur 2 Tage bis dorthin benötigt hätte.

Der Zielort lag im Niemandsland, weil die deutschen Truppen ihn und seine Umgebung nicht abdeckten und die französische Post dort noch funktionierte.

Für mich sind alle Briefe Bayerns (oder über Bayern, da noch seltener) in das Frankreich der Kriegsmonate Juli 1870ff immer sehr spannend und begehrenswert. Leider findet man sie weder in 1 - Euro - Kisten, noch gibt es sie zuhauf, so dass man als wohlsortierter Sammler froh sein kann, einen pro Jahr abzufischen, wenn man Glück hat und, wie hier, solche nicht eben günstigen 12 Kreuzerbriefe im Netz schnappen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.10.2018 08:56:36 Gelesen: 255609# 333 @  
Liebe Freunde,

hätte man einem Menschen zu erklären, dass innerbayerische Briefe der Markenzeit das Einfachste Kapitel der bayerischen Postgeschichte darstellt, würde einem sicher geglaubt werden, benötigt man doch selbst kaum eine Viertelstunde, um die Höhe der Porti in der Zeit von 1849 bis 1875 auswendig zu erlernen und vlt. eine weitere Viertelstunde, um sie cerebral in einen plausiblen Zusammenhang zu stellen und damit komplett zu verinnerlichen.





Zeigte man dann aber einen simplen Brief, hier aus dem Jahr 1851, einem solchen Aspiranten der bayerischen Postgeschichte, wäre der wohl damit überfordert und fühlte sich womöglich sogar von einem wohlmeindenden Mentor veräppelt.

Sagte man, dass innerbayerische Portobriefe nur noch eine Taxe aufweisen können, sieht man hier deren 2.

Sagte man, dass seit 1844 kein Bestellkreuzer mehr zugelassen war, sieht man ihn hier doch noch (oder das, was man für ihn hält).

Sagte man, dass niemals mit Bleistift Taxen zu notieren waren, so sieht man hier doch eine.

Und doch ist alles so einfach.

Der Absender der am 27.10.1851 ausgefertigten Rechnung war die Firma Lorenz Hüttner, Empfänger war die Firma Caspar Göhl seelige Erben in Hindelang bei Kempten. Frankieren wollte man nicht, also zahlte der Empfänger drauf. Statt 6 Kreuzermarke also lieber 9 Kreuzer Porto - die aber in Nürnberg vergessen wurden, sonst hätte man sie in typisch blau-grauer Tinte vermerkt. Im Rahmen des Transports fiel dies auf und man notierte in schwarz links unten fast unleserlich eine korrekte 9.

Weil die in Art und Ausführung kaum zu erkennen war, wiederholte, wohl Sonthofen, man diese 9 mit Rötel, so dass sie nur schwer zu übersehen war. Da Hindelang ohne eigene Post war, der Empfänger aber mit der Postexpedition Sonthofen aber eine Vereinbarung hatte, Post für ihn einem konzessionierten Boten zu übergeben, notierte dieser zwischen den beiden Neunern seine 10 Kreuzer, denn die 9 hatte er in Sonthofen ausgelegt und wollte für seinen Lauf von ca. 4 Kilometern auch seinen Kreuzer notiert wissen.

Diese Doppeltaxierungen, wie ich sie nenne, kenne ich hin und wieder innerbayerisch und im Postverein, nicht ins Ausland. Sie waren einer Zeit geschuldet, die für viele Postler höchst verwirrend war, begrenzt sich also auf die Zeit von 1850 bis 1852, am ehesten noch 1851, dem mit weitem Abstand schwierigsten Jahr für bayerische Postbedienstete. Der eine traute dem anderen nicht und wollte unbedingt selbst ausrechnen, was ein Brief kostete und notierte dann auch voller Stolz "sein" Ermittlungsergebnis gerne auf dem Brief. Ich kenne sogar Briefe mit 3 (!!) identischen Taxen in den Postverein (aus Zweibrücken), wobei 2 identische Taxen selten sind, 3 aber schon große Raritäten darstellen.

Wohl dem, der solch ein paar kleine Schmuckstücke in seinen Sammlungen weiß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.10.2018 11:29:19 Gelesen: 255590# 334 @  
Liebe Freunde,

alte Schlachtschiffe der Postgeschichte wie ich glauben manchmal, schon (fast) alles gesehen zu haben. Oft haben wir Recht - hier aber nicht, denn solch einen Brief kannte ich bisher noch nicht, jedenfalls nicht in dieser Schwere.





Geschrieben am 1.8.1843 in Englburg, ca. 25 km Fußmarsch nach Vilshofen, dort am Folgetag aufgegeben und gerichtet an:

Seiner Excellenz dem Hochgebornen Herrn Herrn Maximilan Grafen von Seyssel d´Aix, K. Bayer. Kämmerer, Generallieutnant, Capitaine des Gardes, Inhaber mehrerer hohen Orden in München

Die Aufgabepost setzte als innerbayerisches Porto für Briefe über 12 bis 18 Meilen sagenhafte 1 Gulden 15 Kreuzer fest. Ein einfacher, bis 1/2 Loth schwerer Brief kostete bei dieser Entfernung 6 Kreuzer, jedes weitere halbe Loth kostete folglich 3 weitere Kreuzer, so dass wir hier einen Brief der 24. Gewichtsstufe vor uns haben.

Bei einer Entfernung von 17,6 Meilen nach München ist von Vilshofen auszugehen - der Absender hätte den Brief auch nach Grafenau oder Freyung bringen können, was nicht weiter war, als nach Vilshofen, aber dann wäre der Brief in die nächst weitere Entfernungszogen über 18 bis 24 Meilen gefallen und hätte einfach 8 Kr. und so wie hier 1 Gulden 42 Kreuzer gekostet.

Im Inhalt oben links sehen wir auch den Grund für das Gewicht, schrieb doch der Empfänger "Beilagen remitirt" (also zurück gegeben) und tatsächlich waren Grundstücksauszüge damals beigefügt worden, die ihn so schwer machten (11 1/2 bis 12 Loth = 66g bis 75g).

"By the way" - oft fragen mich Sammler anderer Gebiete, ob das Porto/Franko eines Briefes von Bayern stimmen könnte, weil es ihnen so hoch erscheint, schließlich weisen diese Briefe keinerlei Gewichtsnotationen oder Vermerke wie "mit Beilage", "mit Unterbund", "mit Akten" usw. auf und ich entgegne dann immer, dass sie das nicht mussten und die bayer. Post i. d. R. nur Fahrpoststücke wog und das Wiegeergebnis vermerkte, bei der Briefpost wie hier aber einfach hoch taxierte und es damit bewenden ließ.

Aber zurück zu unserem Brief - der Empfänger war einer der höchsten Würdenträger Bayerns und die festgesetzte Taxe wurde auf Kosten der Staatskasse gestrichen, weil dieser passiv portofrei in Bayern war, also eh nie etwas bei Portobriefen zu zahlen hatte. Daher hatte auch der Absender auf die Frankatur verzichtet, wäre er doch hier mit 1 Gulden 15 Kreuzer dabei gewesen und das Geld wäre fort gewesen.

Oft wird der Begriff "Unikat" in Beschreibungen eingesetzt, aber nur besserer Standard gezeigt - hier dürfte dieses Wort keiner Fehleinschätzung unterliegen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.11.2018 10:23:28 Gelesen: 253930# 335 @  
Liebe Freunde,

bei der Leitung und Zustellung von Briefen war es unabdingbar, dass der Zielort vom Absender klar definiert war. Ein Brief aus Neustadt an der Haardt nach Dudweiler war eigentlich auch ohne Zusatz gut leit- und zustellbar, weil es nur das Dudweiler im Saarland (damals: Preussen) sein konnte.

Aber weil die Menschen oft phonetisch vorgingen, hätte man auch in der Pfalz annehmen können, dass man den kleinen Ort Duttweiler in der bayer. Pfalz hätte gemeint haben können und eben dies wurde von der Aufgabepost als die wahrscheinlichere Variante gehalten und der Brief prompt auch dahin spediert, weil man Joseph Levy dort vermutete.





Der am 15.1.1868 geschriebene Brief wurde am 16.1. um 14.00 Uhr aufgabestempelt und traf noch am selben Tag im nahe gelegenen Hassloch ein. Von dort aus hätte nach Duttweiler auch per Landpostboten zugestellt werden können/sollen, aber der Hasslocher Postexpeditor kannte keinen Empfänger dieses Namens und auch sein Landbriefträger konnte ihn nicht ausliefern.

Ergo brachte man am 17.1.1868 den Brief wieder dem Hasslocher Expeditor zurück und selbiger vermerkte unter Dudweiler "b(ei) Saarbrücken" und leitete ihn dementsprechend weiter, wo er auch am ??.1.1868 ankam und mit dem 2. Botengang ausgetragen wurde.

Die ab dem 1.1.1868 greifende Gebührenmoderation sorgte dafür, dass in einem vergleichsweise riesigen Postgebiet alle Briefe nur noch 3 Kreuzer kosteten, so dass über die verwendete Markenhöhe (Nominale) eine Zuordnung über die Entfernung nicht mehr möglich war.

Von Neustadt nach Duttweiler waren von je her schon nur 3 Kreuzer zu frankieren, aber ein Brief von Neustadt nach Dudweiler in Preussen hätte bis 31.12.1867 noch 6 Kreuzer (über 10 bis 20 Meilen) gekostet, so dass ein mit 6 Kreuzern frankierter Brief wohl gleich nach Dudweiler geleitet worden wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.11.2018 13:07:28 Gelesen: 253918# 336 @  
Liebe Freunde,

heute mal ein Postbetrug mit Attest - hat man ja auch nicht alle Tage.



Lohr, 14.8.1851, nach Hain im Spessart (siegelseitig blank) mit 3 Kr. treffend frankiert, aber leider hat man die schwach gestempelte Marke von einem gelaufenen Brief entfernt, hier künstlich aufgepappt und voll mit dem gM 189 der 1. Verteilung von Lohr so gut und fett gestempelt, dass nur ein Adlerauge wie Peter Sem sehen konnte, dass es sich hier um einen Postbetrug handelte.

Weil ein Schönstempler von hohen Gnaden, hatte der Lohrer Postexpeditor bei mir bisher (posthum) immer ein Stein im Brett - jetzt nicht mehr! Schämen soll er sich, mit diesem Frevel den bayerischen Staat fast in den Ruin getrieben zu haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.11.2018 12:37:34 Gelesen: 253806# 337 @  
Liebe Freunde,

auch wenn mir manchmal nachgesagt wird, die Übersicht über eigene Bestände (schon lange) verloren zu haben, gelingt es mir doch ab und an mich eines Stücks zu erinnern, das ich bereits habe und für welches ein unscheinbares Pendant auftaucht.



Die Seite aus meiner Mini - Sammlung der persönlichen Postportofreiheiten mit dem Brief aus Augsburg vom 2.10.1862 von Post - Official Karl Berchem nach Neuburg an der Donau war mir noch geläufig - und auch die damit verbundenen Probleme, den Namen richtig zu interpretieren, denn Berchem schrieb nicht gerade perfekt.



Der Zufall wollte es, dass in der Bucht ein äußerst unappetitlicher Chargébrief aus dem wunderschönen Starnberg vom 17.8.1862 angeboten wurde. Ich überflog routinemäßig die Adresse und lese da: S(einer) Wohlgeboren Herrn Karl Berchem k(öniglicher) Oberpostamts Official in Augsburg". Donnerknöttich! War das vlt. jener, dessen Namen ich nicht lesen konnte ("Berobette" hatte ich zuerst gelesen)?

Die 3 Kreuzermarke ist eine zusammengezimmerte Platte 5, wenn ich es recht sehe. Der Chargéstempel eine Sonderform privater Machart unseres Starnberger Expeditors.

So habe ich jetzt einen Brief von unserem Post - Official und einen an ihn aus anderer Korrespondenz - ich bin gespannt, wie viele ich noch zusammen bekomme, sowohl in die eine, wie in die andere Richtung.

Liebe Grüsse von einem glücklichen bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.12.2018 10:20:17 Gelesen: 252020# 338 @  
Liebe Freunde,

in Amberg sandte die Firma Rall & Ruoff am 20.4.1857 einen einfachen Brief an ihren Kunden, Herrn Louis Scheibler Sohn in Montjoié in Belgien ab. Als Franko dachte man sich 9 Kreuzer aus. Das war aber falsch.



Ein Brief nach Belgien kostete zu diesem Zeitpunkt aber 9 + 4 = 13 Kreuzer für Sendungen nach den Provinzen Limburg, Lüttich und Luxemburg in Belgien, für alle anderen aber 9 + 7 = 16 Kreuzer.

Damit galt der Brief als komplett unfrankiert (Postvertrag Preussen - Belgien vom 1.4.1852 bis zum 30.6.1863) und war von der Aufgabepost mit dem gewöhnlichen Postvereinsporto von 3 Silbergroschen für Bayern vorzutaxieren. Der Wert der Marke wäre verfallen gewesen.

Bayern belastet also nun Preussen mit 3 Silbergroschen = postalisch 9 Kreuzern. Preussen nahm den Brief an sich und versuchte ihn nach Belgien zu leiten. Im Rahmen dessen stelle man aber fest, dass der Zielort "Montjoié" gar nicht in Belgien lag, sondern in Preussen zu vermuten war, denn Monschau bei Aachen in Preussen hieß bis 1918 auf französisch Montjoié. Daher hatte der Absender alles richtig gemacht - nur den Zusatz "in Belgien" hätte er weglassen sollen.

Preussen strich also die von Bayern notierten 3 Groschen auf dem Brief blau und in der Briefkarte ab, da die 9 Kreuzer von Bayern bis zu jedem Ort Preussens ausreichten. Im Gegenzug musste Preussen jetzt in der Briefkarte aus dem unfrankierten (es gab keine unterfrankierte Briefe nach Belgien damals, weil entweder franko, oder porto gezählt wurde) Brief nach Belgien eine korrekt frankierten für sich selbst machen und das durch Bayern belastete Porto zurück rechnen, so dass eine Korrektur der Briefkarte erforderlich wurde.

Am 23.4.1857 wurde er, spät aber doch, in Monschau zugestellt. Ich habe ihn von Peter Feuser kaufen können und bin sehr froh, solch ein Schätzchen zeigen zu können, auch wenn er prima vista recht harmlos daher kommt, steckt doch eine schöne Postgeschichte in ihm drin.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.12.2018 11:25:47 Gelesen: 252008# 339 @  
Liebe Freunde,

das Pfarramte Rohr bei Abensberg, ca. 5 km südöstlich von Abensberg gelegen, gab eine Parteisache zum katholischen Pfarramte Hofendorf Post Neufahrn bei Markt Ergoltsbach auf. Die portopflichtige Parteisache war wichtig, also notierte man unten links artik: "Frei gegen Schein". Doch dann scheinen, als es darum ging, 7 Kreuzer zusätzlich zu bezahlen, Zweifel gekommen zu sein, ob man auch wirklich recommandiren müsste und letztlich hat man sich dann dagegen entschieden.



In Fällen, in denen die Recommandation auf dem Brief korrekt ausgedrückt worden war (gegen Schein, recommandirt, eingeschrieben, Chargé, besonders empfohlen usw.) war dieser Passus vom Absender selbst (niemals von einem Postbediensteten, weil das als eine verbotene Korrektur der Adresse galt) zu streichen. War der Brief aber in der Boite eingeworfen worden, so hatte die Aufgabepost den Vermerk daneben zu setzen: "Wurde kein Schein gelöst". Allein dadurch war jedem kenntlich, dass das Poststück unrecommandirt anzunehmen und auszufertigen war.

Hier war man aber praktisch - statt den Vermerkt mühsam mit Tinte und/oder Lineal zu streichen, klebte man einfach eine sehr breitrandige Marke über jenen, so dass davon fast nichts mehr zu sehen war und schrieb nur "frei" daneben, was ja reichts.

Vielen Briefe mit dieser Technik kenne ich allerdings nicht. Ein Zweiter in der Bucht ist wegen eines übergeschnappten Routers leider an mir vorüber gezogen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.12.2018 21:01:39 Gelesen: 251827# 340 @  
Liebe Freunde,

nur im 1. Semester des Jahres 1843 führten eine Handvoll Hauptbriefpostexpeditionen die Stempel "Morgens" und "Abends", weil sie mindestens 2 Postäufe hatten, die man beim Abgang der Post unterschieden wissen wollte.



Hier aus München vom 23.2.1842 ein Portobriefchen an den Baron von Malsen in Marzoll bei Bad Reichenhall, dunnemals für 6 Kreuzer auszulösen. Ein netter Beifang, wie ich finde.



Demzufolge hätte dieser hier aus derselben Korrespondenz vom 17.1.1843 auch entweder "Morgens", oder "Abends" gestempelt werden sollen - das sehe ich aber nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.12.2018 21:08:19 Gelesen: 251822# 341 @  
Liebe Freunde,

aus der doch recht engen Periode 1.7.1849 bis 31.10.1849, als der Tarif für die Markenbenutzung schon da war, nur die Marken halt noch nicht, zeige ich einen mit Doppeltaxierung aus Bayreuth vom 14.7. nach Bad Kissingen, wo er 2 Tage später ankam. Ein typischer Sommerbrief, der zuerst mit einer schludrigen 6 taxiert wurde, ehe man in Bad Kissingen mit einer Rötel - 6 nachbesserte.



Dergleichen Wiederholungen von korrekten Taxen kenne ich noch bis zu Anfang der 1850er Jahre - danach tauchen sie nicht mehr auf.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.12.2018 10:50:01 Gelesen: 251656# 342 @  
Liebe Freunde,

weil auch kleine Besonderheiten "Besonderheiten" sind, zeige ich diesen hier aus München vom 30.7.1842 nach Nancy, für den der Absender 12 und 18 Kreuzer bezahlte.



Wer die Besonderheiten findet, ist richtig gut.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 08.12.2018 14:20:17 Gelesen: 251640# 343 @  
@ bayern klassisch [#342]

Lieber Bayern Klassisch,

also ich sehe, dass unten links schön "gemalt" P:P: wurde und das zwei solche Stempel abgeschlagen wurden. Weiterhin ist der nette Nebenstempel N(ach) Abg(ang der Post) zu erwähnen. Der Absender bezahlte insgesamt 30 Kreuzer - also alles komplett bezahlt.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 08.12.2018 14:41:45 Gelesen: 251633# 344 @  
@ Magdeburger [#343]

Lieber Magdeburger,

dein feiner Blick von geschultem Auge hat natürlich sofort erkannt, dass der Münchener Beamte zuerst den P.P. - Stempel nicht gefunden hat und also P.P. manuell notierte. Später fand er ihn wieder und bedruckte damit dem Brief, wie damals in München üblich, gleich mehrfach.

Die 2. Besonderheit zeigt aber die Siegelseite - kleiner Tipp: Frankreich notierte das in München bezahlte Weiterfranko zusätzlich in französischen Decimes, da Frankreich natürlich nicht mit Kreuzern rechnete.

So, jetzt bist du wieder dran.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 08.12.2018 15:07:02 Gelesen: 251625# 345 @  
@ bayern klassisch [#344]

Lieber Bayern Klassisch,

die 18 Kreuzer für Frankreich dürften die 6 Decimen entsprechen - Briefpost ist leider nicht so mein Bereich.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 08.12.2018 15:28:39 Gelesen: 251619# 346 @  
@ Magdeburger [#345]

Lieber Magdeburger,

du bist nah dran - Fahrpost hin, Briefpost her.

Bayern hatte sein Franko immer im Nenner zu notieren - hier 18 Kreuzer von München bis Kehl, was auch richtig war für Briefe bis 1/2 Münchener Loth (8,75g).

Das Weiterfranko für Frankreich hatte demzufolge stets und ausnahmslos im Zähler zu stehen - hier 12 Kreuzer.

Aber das war zu wenig - Frankreich notierte 6 Decimes = 18 Kreuzer, die ihm für den Brief bis Nancy zustanden. Bayern hatte also vom Empfänger 6 Kreuzer zu wenig kassiert.

Von den zahllosen Vormarkenzeitbriefen Bayerns, die ich gesehen habe, kenne ich nur eine Handvoll, die unterfrankiert waren - das hier ist einer davon.

Postgeschichtliches Procedere: Frankreich korrigierte die bayerischer Briefkarte um eben diese 2 Decimes = 6 Kreuzer, belastete also München mit dem fehlenden Franko, das in Nancy wegen der P.P. - Stempel nicht nacherhoben werden konnte. Jetzt hätte man in München vom Absender diese 6 Kreuzer nachfordern müssen - aber das war wohl eher theoretischer Natur, weil man sicher nach 5 oder 6 Tagen nicht mehr wusste, wer einen unterfrankierten Brief verbrochen hatte. Diese dürften daher aus der "Mannschaftskasse" genommen worden sein.

Danke fürs Mitknobeln - immerhin hat sich das kein Bayern hier gewagt!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.12.2018 10:55:51 Gelesen: 251507# 347 @  
Liebe Freunde,



in Nürnberg war man am 29.10.1825 spät dran für seinen Chargébrief an Herrn Rechtsanwalt Grimmer in Ansbach. Bei Chargébriefen musste man mindestens 1/2 Stunde vor Postabgang erschienen sein und das war hier nicht der Fall, weswegen die Aufgabepost den schnuckeligen Verzögerungsstempel "Nach Abg" abschlug, so dass er wohl erst am 30.10. auf seine Reise gehen konnte.

Unter der Reco - Nr. 1 (nach einer solchen hatte ich auch lange gesucht) ging er mit schwarzem CHARGÉ - Stempel Richtung Ansbach ab und 4 Kreuzer hatte Nürnberg als zutreffendes Porto notiert.

Wann er ankam, wissen wir nicht, aber ich vermute dass Ansbach ihn mit rotem CHARGÉ - Stempel in anderer Type nachgestempelt hat, sicherheitshalber.

Die Überraschung für mich war aber, als ich den Brief öffnete und irgendeinen gerichtlichen Inhalt erwartete, was nicht der Fall war. Statt dessen stellte ich fest, dass es eine Umfaltung war, die als neue Adresse folgendes zeigt:



An den Kgl. Adv(ocaten) H(errn) Greiner durch H(errn) v(on) ??igsthal zu Ansbach Citissime

Offenbar hatte jemand den Brief von Ansbach wieder nach Ansbach verschickt, aber einen Adligen als Boten gedungen, der ihn schnellstens auszutragen hatte, ohne die Post zu involvieren. Dergleichen Praxis habe ich noch nicht gesehen und für Kommentare aller Art bin ich offen und dankbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 09.12.2018 12:02:53 Gelesen: 251495# 348 @  
@ bayern klassisch [#347]

Hallo Ralf,

wie Du Dich sicherlich erinnern kannst, sind meine philatelistischen Kenntnisse bei Weitem nicht so ausgeprägt wie bei manch anderem. Aber ggf. hilft Dir die Info weiter, dass ich "durch Hr. von Königsthal" lese, welcher laut "Netz" zu jener Zeit ebenfalls als Advokat in Nürnberg beschäftigt war. Vielleicht hatte dieser zuerst eine Fahrt nach Ansbach geplant, diese aber dann doch nicht angetreten. Ich sehe sonst nur noch eine Registernummer 702, die auf etwas "amtliches" schließen lassen könnte. Es kann sich aber auch nur um eine fehlerhafte Anschrift handeln, die man dann durch Umdrehen des Umschlagblattes korrigiert hat.

Etwas Vergleichbares habe ich noch nicht gesehen.

liebe Grüße Max


 
bayern klassisch Am: 15.12.2018 11:22:45 Gelesen: 250657# 349 @  
@ Max78 [#348]

Hallo Max,

vielen Dank für deine Antwort und den Scan, die ich leider eben erst sehe. Ja, so könnte es gewesen sein - in jedem Fall, da sind wir beinander, ein hoch interessantes Stück und so wohl nicht häufig zu finden.

Liebe Grüsse,
Ralph

Liebe Freunde,

wenn ein Brief in Bayern geschrieben, aber an einem anderen Ort, als dem, wo er geschrieben wurde, aufgegeben wurde und dieser Zielort (deutlich) näher lag, als der Ort seines Schreibens, hatte meist einer die Finger drin, der diese Ersparnis bewirkte, ein "Gütiger", oder ein Forwarder, der einem Absender auch Geld sparte.





Hier haben wir aber den seltenen Fall eines Absenders aus Bamberg, der einen Brief über 1/2 bis 1 Loth (also die 2. Gewichtsstufe) an jemanden in Marzoll bei Reichenhall verschickte, aber ihn nicht in Bamberg zur Post gab, sondern erst im Rahmen seiner Reise nach München und wenn wir uns die Entfernungen ansehen, wird der Grund auch sonnenklar:

Bamberg - Reichenhall 282 km = 7. Entfernungsstufe, aber München - Reichenhall 107 km = 3. Entfernungsstufe. Da der Brief darüber hinaus noch schwer war, kostete er von München aus nur 6 + 3 = 9 Kreuzer, die der Absender siegelseitig bezahlt hatte und nicht wie von Bamberg aus 14 + 7 = 21 Kreuzer. Eine Ersparnis von 12 Kreuzern war eine Menge Geld, wenn man nicht gerade mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden war und das war hier sicher nicht der Fall.

Da machte es auch nichts aus, dass man den Brief in Bamberg am 21.11.1839 geschrieben, aber erst 2 Tage später in München aufgegeben hatte - 12 Kreuzer waren halt 12 Kreuzer und das waren 2 volle Mahlzeiten mit Getränken.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.12.2018 12:14:02 Gelesen: 250353# 350 @  
Liebe Freunde,

es hat ein bisserl gedauert und ich habe mehr für ihn bezahlt, als er wohl wert ist, aber jetzt ist alles gut, denn ich wollte so einen immer schon haben.

3 Kreuzer aus Aschaffenburg von der Firma Franz Dessauer an die Gebrüder Bethmann in Frankfurt am Main. Franz Dessauer war mosaischen Glaubens, wie auch die Gebrüder Bethmann. Was genau er machte, weiß ich nicht, aber er war wohl spanischer und portugiesischer Konsul in Aschaffenburg und das ist ja nicht eben wenig.

https://www.geni.com/people/Franz-Johann-Dessauer/6000000023726856041

https://de.wikipedia.org/wiki/Bethmann_Bank

Wichtig war mit das Datum - der 7.5.1851, denn erst ab dem 1.5.1851 trat die freie Reichsstadt Frankfurt am Main dem DÖPV bei (unter der Ägide derer zu Thurn und Taxis), so dass es vor dem 1.5.1851 keine Markenfrankaturen gab, die gültig waren. Sicher ist das heute einer der ersten Briefe, die sich erhalten haben, denn Mai - 1851 - Briefe von Bayern nach Frankfurt am Main, oder in taxische Land überhaupt, sind handverlesen. Das wusste aber wohl auch die gut informierte Gegenbieterseite, aber ich wusste es halt noch ein bisserl länger.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.12.2018 12:20:23 Gelesen: 250351# 351 @  
Liebe Freunde,

nicht alle Ulmer Firmen habe ihr Briefe über die Donaubrücke geschmuggelt, um vom vergünstigten, bayerischen Inlandsfranko bzw. Inlandsporto zu profitieren.



Hier als Beweis ein simpler Portobrief der Firma Heinrich Berger vom 23.2.1857 an den Geigenbauer Baader & Cie in Mittenwald, der immerhin 12 Kreuzer Porto kostete. Bei einer Aufgabe in Neu-Ulm wäre er 3 Kreuzer günstiger geblieben.



Im Inneren des Briefes machte sich aber Herr Berger anheischig, zukünftig nur noch franko gegen franko zu korrespondieren - ich nehme daher an, dass der Hinbrief von Baader nach Ulm auch porto gelaufen war und man sich in Ulm nur ein wenig "rächen" wollte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.12.2018 12:46:17 Gelesen: 250348# 352 @  
Liebe Freunde,

groß war die Freude beim Anblick dieses Briefchens, welches am 1.5.1852 in Eichstätt vom dortigen Appellationsgericht an den kgl. Advocaten Thiem in Pleinfeld abging und das als portopflichtige Partei - Sache mit 6 Kreuzer Porto taxiert worden war. Unten lesen wir: "Ins(inuirt) der Post am ersten May 1852. Schwemmer."



Offenbar ließ sich der gute Advocat Thiem seine Post für 1 Kreuzer je Stück ins Haus bringen, sonst wäre keine Rötel für den Botenlohn ersichtlich. Insinuationen mit Botenlohnvermerken sind m. E. sehr selten und zum Preis eines Pizza-Dollars habe ich da wohl keinen Fehler begangen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.12.2018 13:15:25 Gelesen: 250340# 353 @  
Liebe Freunde,

in Chemnitz (Sachsen) am 17.2.1826 geschrieben, gelangte der Brief zur Firma Leonhard Kalb, Forwarder aus Nürnberg, wo die Postaufgabe erfolgte. Kalb zahlte 12 Kreuzer siegelseitig bis zur bayerisch - österreichischen Grenze. Ab da für 6 Crazie (ca. 14 Kreuzer rheinisch) pauschal zwischen Österreich und der Toskana für einfache Briefe verrechnet.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2018 10:36:10 Gelesen: 250310# 354 @  
Liebe Freunde,

heute kann ich einen Brief der Stuttgarter Firma Adolph Epting an J. J. Wellhöfer in Leutershausen zeigen, der am 22.9.1858 geschrieben wurde.



Zur Postaufgabe gelangte er am 25.9.1858, also erst 3 Tage später - jedoch in Nördlingen, nahe an der württembergischen Grenze. Ab da kostete er nur ein Franko von 3 Kreuzern innerbayerisch bis 12 Meilen (hier: 50 km), wohingegen er bei einer ordentlichen Postaufgabe in Stuttgart als Postvereinsbrief über 107 km = 10 bis 20 Meilen immerhin 6 Kreuzer gekostet hätte.

Unser sparsamer Schwabe hat also 3 Kreuzer auf die Schnelle sparen können - leider ging Württemberg leer aus, musste aber dafür auch nichts tun, während Bayern etwas tun musste für den Brief, aber wenigstens noch etwas Geld für ihn sah. Am Folgetag wurde er zugestellt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.01.2019 13:30:13 Gelesen: 249554# 355 @  
Liebe Freunde,

Briefe mit Briefen habe ich ja schon mehrfach hier das Glück gehabt, vorstellen zu dürfen und diesmal ist mir gar ein Doppelfang geglückt, der es "in sich" hat.

Leider sind beide Briefe nicht datiert, aber das tut meiner Freunde über ihren Besitz keinen Abbruch.



Der 1. aus Fürth vom 22.7.186? zeigt einen Brief über 1 - 2 Loth (trotz Damenformat!) mit folgender Anschrift:

"Herrn Moritz Bauer mit Briefen des Herrn Heinrich Bauer in Augsburg". Zur Verwendung kamen 2 Marken der Nr. 4II Platte 3, so dass 1860-1862 höchst wahrscheinlich als Aufgabedatum dienen.

Einen Inhalt, wie die allermeisten Kuverts, hat dieses hier auch nicht - sieht man von der Innenseite der Kuvertklappe ab, in der die Absenderin sich verewigte:

"Guten Nachmittag mein theurer Schatz
Mit Bedauert sehr, daß ich dem Enveloppe für Theresen Brief
Einlagen kann, ich ersuche Dich meinem Liebsten es zu tun."

Ich denke, hier hat die Schreiberin ein Wort vergessen ...



Der 2. aus Fürth vom 11.1.186? (wohl 1863-1865) zeigt die gleiche Adresse und weist wieder Text auf der Klappe des Damenkuverts auf:

"Lasse dir den Moca gut schmecken ..." der Rest geht bei mir unter und am Ende steht noch etwas auf Französisch. Wer hier besser lesen kann, als ich, darf es gerne tun.

Jetzt waren nur 2 Stück der 3 Kr. Marke verwendet worden, daher war der Brief wohl noch einfach über 12 Meilen.

Als Freund von A3 - Seiten kann ich mir jetzt schon ausmalen, wie diese Seite aussehen wird, auch wenn die Qualität der beiden Damenkuverts sicher nicht die Beste ist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 05.01.2019 14:49:32 Gelesen: 249543# 356 @  
@ bayern klassisch [#355]

Hallo Ralph,

ich lese den französischen Text folgendermassen:

Je vous aime de tous les (cj)ours, tous les jour vingtquatre heures. Wobei "tous les jours" 2x geschrieben steht. Evtl. wegen dem kleinen Schreibfehler.

Ich denke mal, dass Du dafür keine Übersetzung brauchst.

Liebe Grüsse
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 05.01.2019 14:57:38 Gelesen: 249539# 357 @  
@ SH-Sammler [#356]

Hallo Hanspeter,

danke für die Übersetzung - nein, dafür brauche ich keine Übersetzung. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Magdeburger Am: 05.01.2019 16:13:23 Gelesen: 249532# 358 @  
@ SH-Sammler [#356]
@ bayern klassisch [#357]

Hallo ihr beiden,

es lesen auch noch andere und es wird ihnen vielleicht ergehen wie mir: Ich kann es nicht ohne Hilfe übersetzen.

Es wäre sehr freundlich, wenn dies noch geschehen würde.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
SH-Sammler Am: 05.01.2019 17:09:16 Gelesen: 249523# 359 @  
@ Magdeburger [#358]

Hallo Ulf,

hier in deutsch:

Ich liebe Dich die ganzen Tage, (die ganzen Tage) 24 Stunden

Liebe Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 08.01.2019 15:46:27 Gelesen: 249311# 360 @  
Lieber Hanspeter,

diesen Text darfst du deiner Liebsten auch ungekürzt übermitteln - ich hoffe, sie freut sich über diese innige Liebeserklärung. :-)

Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portobrief aus dem lieblichen Wunsiedel vom 25.10.1855 nach Waldsassen, wo er in Ermangelung eines lesbaren Ankunftsstempels sicher nicht viel später eingetroffen sein dürfte. Die P(artei) - S(ache) war mit 12 Kreuzern Porto belastet auf die Reise gegangen.



Mit der Ergänzungsverfügung vom 26.5.1850 kosteten Portobriefe bis 12 Meilen (hier: 22 km = 3 Meilen) bis 1 Loth 6 Kreuzer und über 1 bis 4 Loth 12 Kreuzer.

Der Grund für das höhere Gewicht wurde auch genannt: "Mit 1 Beilage". Dem Brief selbst war als ein sog. "Unterbund", also etwas mit Bindfaden untergebunden worden, was nicht in ihn passte, ohne seine Transportfähigkeit zu gefährden.

Der Kaufgrund war aber das, was neben dem Beilagenvermerk notiert wurde: "Eingetragen".

Nun wird man sich fragen, warum, wer auch immer, eine "Beilage" irgendwo eintragen sollte, schließlich gab es doch den Brief. Aber so einfach war das nicht, denn der Briefpostgegenstand, der hier zur Auflieferung kam, bestand aus a) dem Brief selbst und b) seiner Beilage (heute würden wir Anlage dazu sagen).

Dazu ist zu bemerken, dass die Post ihren Versendungsauftrag nur dann pflichtgemäß durchgeführt hatte, wenn a) Brief und b) Beilage zusammen dem Empfänger ausgehändigt werden konnten. Der Absender hier war das Landgericht Wunsiedel, der Empfänger das Landgericht Waldsassen - und in gerichtlichen Angelegenheiten waren Beilagen eben sehr wichtig, oft wichtiger, als der Brief selbst, der oftmals nur als Begleitdokument fungierte und jeden Tag neu hätte verschickt werden können. Das "Unikat" aber war i. d. R. die Anlage, auf die es ankam.

Große Probleme bereiteten allen Beteiligten, also Absender, Empfänger und der Post selbst die Fälle, in denen zwar der Brief selbst, nicht aber die Anlage zugestellt werden konnte, weil aus der Anlage allein, so sie überhaupt offen, zugänglich und lesbar war, kaum abgeleitet werden konnte, unter welchem Rubrum sie geführt wurde und wer ein Anrecht auf den Erhalt derselben ableiten konnte.

Dadurch, dass man "Eingetragen" notierte, bestätigte man im Postbuch des Landgerichts Wunsiedel, genau diesen Brief unter der laufenden Geschäftsnummer 323 MIT einer Anlage verschickt zu haben und war als Absenderbehörde fein raus.

War z. B. ein recommandirter Brief mit einer solchen Anlage versehen und ging dieselbe auf dem Transportweg zum Empfänger verloren, war auch dies allein schon ein Reklamationsgrund und es konnte ein Laufzettel nur für diese Anlage kostenlos abgefertigt werden! Viele Sammler wissen davon nichts und wundern sich, warum man damals doch so viel Wert auf diesen Terminus legte, der uns Philatelisten doch gar nichts sagt, weil die damaligen Anlagen heute natürlich alle vom Brief selbst getrennt sind und nicht mehr eruiert werden können. Aber damals waren sie äußerst wichtig und jede Besonderheit mit einem Brief mit Anlage ist schon eine Besonderheit in sich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.01.2019 19:44:14 Gelesen: 249200# 361 @  
Liebe Freunde,

wer findet die Besonderheit? Nürnberg, 10.11.1875, nach Ellingen in Bayern für 3 Kreuzer Porto.

Bin gespannt, wer ihn mir erklären kann - jeder Tipp oder Hinweis wird besprochen, garantiert.





Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.01.2019 16:13:57 Gelesen: 248808# 362 @  
Liebe Freunde,

heute ein 3 Kreuzer Brief von Ering vom 10.1.1866 nach Landshut an den berühmten Advokaten Dr. Götz. Das Landgericht Erding hatte ihn siegelseitig mit Insinuationsvermerk versehen.





Interessant ist die rechte Schnittlinie der Marke - so noch selten gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 14.01.2019 18:29:12 Gelesen: 248779# 363 @  
@ bayern klassisch [#361]

Von einem Armenpflegschaftrath an einen anderen, wo es um den Ersatz von Kur und Verpflegungskosten für Johann Kreiner von Ellingen ging. Sehr schön!

Als Dienstbrief gab es kein Portozuschlag, also 3 Kreuzer richtig.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 14.01.2019 19:42:33 Gelesen: 248770# 364 @  
@ Magdeburger [#363]

Lieber Magdeburger,

hier spricht der Kenner - natürlich alles richtig.

Die Besonderheit in der Besonderheit: In Bayern hat man diese portopflichtigen Partei - Sachen bzw. Armen - Sachen i. d. R. falsch taxiert, also MIT Portozuschlag, statt ohne, wie es die Vorschrift war.

Wenn du also 100 dieser Dienstbriefe siehst, haben sicher 95 falschte (weil zu hohe) Taxen und nur wenige sind korrekt taxiert. Aber das korrekt taxierte Stück kann man nur am 3 Kreuzern Porto feststellen, weil aus 3 Kreuzer Franko 7 Kreuzer Porto und aus 7 Kreuzern Franko dann 11 Kreuzer Porto wurden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2019 16:20:20 Gelesen: 248536# 365 @  
Liebe Freunde,

einen netten Dienstbrief aus dem pfälzischen Landau vom 9.9.1862 nach Weißenburg (Wissembourg) im Elsaß darf ich zeigen, der mit dem Landauer B.S.P. - Stempel für Bavière Service Public korrekt aufgegeben wurde und der so auch in beiden Ländern portofrei belassen wurde.



Einen Ankunftsstempel gibt es von Wissembourg nicht, weil Briefe dorthin (i. d. R. aus der Pfalz) nur den Vertragsstempel "BAVIÈRE - WISSEMBOURG" erhielten und sonst nichts (was wir auch von Strasbourg kennen, wo das genau so gehandhabt wurde).

Dass er für die paar Kilometer einen Tag bis Wissembourg brauchte, dürfte daran gelegen haben, dass er am 9.9. erst nach Postabgang auf seine Reise ging (Luftlinie nur 23 km).

Eigentlich sollten die B.S.P. - Stempel in roter Farbe abgeschlagen werden, aber sie finden sich auch in Orange und, wie hier, Violett wieder (was aber auch seinen Reiz hat).

Von Bayern sind ca. 180 Briefe mit B.S.P. - Stempeln nach Frankreich (und 2 über Frankreich!) bekannt. Umgekehrte Dienstbriefe von Frankreich nach Bayern mit Stempel F.S.P. für "FRANCE SERVICE PUBLIC" habe ich in meinem ganzen Leben nur 3 gesehen - den letzten vor ca. 20 Jahren - Massenware ist anders.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2019 08:47:49 Gelesen: 247833# 366 @  
Liebe Freunde,

eigentich brauche ich den nicht, aber er hat mich halt doch sehr angesprochen, zumal in Mühldorf die meisten Briefe mit vorausentwerteten Marken in ganz Bayern zu finden sein dürften - da ist es mal eine angenehme Abwechslung, mal einen übergehenden Stempel auf feinem Brief sein Eigen nennen zu können.



Vermutlich lag es daran, dass die Absenderbehörde eigene Marken vorrätig hatte und nicht auf die gestempelte Ware des Expeditors schielen musste.

Und schöne Briefe mit dieser schwierigen Marke als Teilvordruck muss man auch erst einmal finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2019 08:59:48 Gelesen: 247829# 367 @  
Liebe Freunde,



am 1.1.1843 trat in Bayern ein neues Regulativ in Kraft, das die eher komplizierten Tarifstrukturen des Alten vom 1.12.1810 modifizierte. Aber entweder war das am 1.1.1843 noch nicht jedem bekannt, oder die Gebühren waren immer noch zu konsumentenunfreundlich, wie dem auch sei, in Nürnberg am 1.1.1843 (geschrieben noch 1842, weil man sich noch nicht am Neujahrstag an das Neue Jahr gewöhnt hatte!) wollte die Firma G. A. Schleicher keinen Frankobrief nach Tittmoning aufgeben, weil ihr das zu teuer war. Das waren nämlich satte 199 km und damit lagen wir in der neuen Zone von über 24 - 30 Meilen, wofür 10 Kreuzer hätten berappt werden müssen.

Das musste günstiger gehen und es ging auch - elegant wurde der Brief bis 1/2 Loth nach München (wie?) transportiert, ohne die teure Post einzuschalten und erst dann aufgegeben, wobei es selten ist, dass dergleichen Briefe frankiert wurden, gab es doch keinen Unterschied hinsichtlich franko und porto. Man zahlte also 4 Kreuzer (hinten kaum lesbar vermerkt) für jetzt nur noch 6 - 12 Meilen und sparte sich daher satte 6 Kreuzer.

Im Adressbuch der Stadt Nürnberg für 1842 findet sich just jeder G. A. Schleicher:

https://books.google.de/books?id=WLNAAAAAcAAJ&pg=PA115&lpg=PA115&dq=firma+g.+a.+schleicher,+n%C3%BCrnberg&source=bl&ots=7cgdfEdBCE&sig=ACfU3U2CWmgRiH_vqRSH8PBpXW6cLoZG2g&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiA-e-Yvo3gAhWFLVAKHRPzD6IQ6AEwCHoECBEQAQ#v=onepage&q=firma%20g.%20a.%20schleicher%2C%20n%C3%BCrnberg&f=false

Ob er a la longue damit finanziell reüssierte, wissen wir nicht und auch die erhebliche Verzögerung von mindestens 2 Wochen, bis der Brief in Tittmoning war, hat man wohl nolens volens hingenommen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2019 09:08:56 Gelesen: 247827# 368 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen gewöhnlichen Portobrief aus München vom 18.11.1859 an den Stadtmagistrat in Freystadt bei Neumarkt in der Oberpfalz. Die Aufgabepost hatte ihn angenommen, obwohl Briefe von Privaten unfrei nicht an bayerische Behörden anzunehmen waren und eigentlich hätten frankiert werden müssen.



Immerhin notierte man 9 Kreuzer Porto und da es keine Retoure gab, hat man diese wohl zähneknirschend in Freystadt auch bezahlt (einen Tag später).

Aber war der Absender tatsächlich ein Privater? Nein - nur hat man den Brief mit einem heute fragmentarischen Dienstsiegel verschlossen, aber sonst alle Pflichtaufgaben einer Absenderbehörde vergessen, so dass die Aufgabepost ihn wie einen Brief eines Privaten ohne Portofreiheitsprivileg behandelt und das ist wahrlich nicht häufig!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2019 09:18:25 Gelesen: 247826# 369 @  
Liebe Freunde,

harmlos von vorne, harmlos von hinten und doch wahrlich nicht alltäglich!



In Monheim sandte man am 2.9.1847 einen Portobrief "Dem Magistrat der Königlichen Stadt Oellingen". Die Aufgabepost taxierte ihn korrekt mit 3 Kreuzern, wobei dies schon inkludiert, dass man den Zielort, den es weltweit gar nicht gab und gibt, gekannt hatte, weil man sonst nicht auf eine Entfernung von bis zu 6 Meilen gekommen wäre, für die allein 3 Kreuzer zu taxieren gewesen wäre.

Siegelseitig sehen wir den Stempel von Donauwörth vom Folgetag und dann erst wieder 2 Abschläge von OETTINGEN vom 7.9., was auf eine vorübergehende Nichtauffindung eines Ortes wie Oellingen schließen lässt. Monheim ist von Oettingen nur 26 km Straße (!) entfernt und ein regulärer Brief wäre nur einen Tag nach dorthin unterwegs gewesen, bei morgendlichem Postabgang wäre er sogar noch am selben Tag zugestellt worden.

Aber irgendein Schlauer vermerkte unter Oellingen "Oettingen" und hatte natürlich Recht. Derart erleichtert unterstrich man die 3 mit Rötel und war froh, diesen schludrig adressierten Brief endlich losgeworden zu sein, auch wenn es ein paar Tage länger gedauert hatte, bis man sein Geld bekam. Auch hier nahm die Empfängerbehörde den Portobrief an, was eigentlich gegen die Vorschrift war, da dergleichen Briefe an bayerische Behörden zu frankieren waren, aber es gab halt auch Briefe, bei denen nichts klappte - schön für mich/uns.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2019 09:24:28 Gelesen: 247822# 370 @  
Liebe Freunde,

wer sagt mir, ob die Taxierung des Briefes aus München vom 28.11.1840 nach Tittmoning eine 3 oder eine 4 sein soll? Ich könnte es nicht sicher lesen, aber ich kläre auf - es soll eine 4 sein! Muss man wohl dazu schreiben.



Die nette Besonderheit ist aber eine andere - der kleine Stempel des Absenders S. Pichler s Erben, den ich so schnuckelig noch nie gesehen habe, obwohl diese Firma uns schon einiges hinterlassen hat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.01.2019 09:30:41 Gelesen: 247818# 371 @  
Liebe Freunde,

so noch nicht gesehen und daher sofort eingesackt:



Portochargébrief an die fürstlich von Seckendorfsche Gutsherrschaft in Obernzenn, bei der 3 Kreuzer Portoporto anfielen. Die Recogebühr von 4 Kreuzern hatte immer der Absender zu tragen. Der Aufgabestempel von Langenfeld zeigt den 17.9.1842.

Angekommen war der Brief am 21.9. lt. inseitigem Präsentationsvermerk - und eben dort steht: "7 xr Porto".

Da der Brief eine Stempelpapiernominale von 3 Kreuzern aufweist, ergäbe die Addition aus Porto und Stempel nur 6 Kreuzer.

Aber wenn man die 3 Kreuzer Porto und die 4 Kreuzer Chargégebühr addiert, kommt man auf die notierten 7 Kreuzer, auch wenn es kein reines Porto darstellt, damals aber sicher so bezeichnet worden wäre.

Ich kenne bis dato keinen Brief, in dem sich der Empfänger eines Recobriefes dazu bereit erklärt hätte, auch die Kosten für die Chargierung zu übernehmen - hier also der erste, den ich habe.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.02.2019 12:57:59 Gelesen: 247397# 372 @  
Liebe Freunde,

Bayern wurde zu diesem Vertrag hin eingeteilt in 5 Rayons: 1. + 2. Rayon waren die Orte der Pfalz, 3., 4. + 5. Rayon waren die rechtsrheinischen Orte.

Briefe aus diesen Rayons sind alle Massenware - nur der 5. Rayon ist eine große Seltenheit, weil er praktisch nur die Stadt Passau und deren nähere Umgebung umfasste, also ein räumlich sehr kleines Gebiet, in dem Korrespondenten nach Frankreich leichter zu finden waren, wie Nadeln im Heuhaufen.



Ich habe neben diesem einen weiteren Brief aus Passau nach Strasbourg und meines Wissens sind keine 10 Briefe aus dem 5. bayerischen Rayon nach Frankreich bekannt geworden. Umso mehr freue ich mich, hier einen vorstellen zu können: Geschrieben in Passau am 23.6.1847 von Andreas Dafinger an G. F. Herrnschmidt in Strasbourg. Es dürfte sich um den letzten bekannten Abschlag des C.B.R.5 (Correspondance Bavarois Rayon 5) handeln, da zum 1.7.1847 bereits der neue Postvertrag in den Startlöchern stand und in den nächsten 7 Tagen sicher keine Zeit mehr war, nach Frankreich zu schreiben.

Bis 1841 notierten Portobriefe aus dem 5. Rayon mit 10 Decimes für Bayern und 2 Decimes für Frankreich, wenn sie nach Strasbourg liefen, in Summa also 12 Decimes. Danach aber wurden die Gebührenvormerkungen für die bayer. Seite abgesenkt und nur noch 9 Decimes (intern) angesetzt, zu denen weiterhin 2 Decimes für Frankreich bis Strasbourg kamen, so dass dann diese Portobriefe nur noch 11 Decimes wie hier kosteten.

Ab dem 1.7.1847 hätte der Brief nach dem Postvertrag franko noch 18 Kreuzer (6 Decimes) gekostet, aber weil Frankreich sein Portosystem auch mit dem neuen Vertrag nicht umzustellen bereit war, wäre er auch nicht günstiger geworden und 11 Decimes entsprachen postalisch ca. 33 Kreuzer (!!).

Bayern bekam je 30g Briefe aus dem 3. Rayon 80 Kreuzer intern vergütet. Dieser wiegt 5g, so dass man de facto für ihn von Frankreich gut 13 Kreuzer bonifiziert bekam (intern).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.02.2019 13:25:54 Gelesen: 247382# 373 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, von denen man träumen kann, aber nicht immer werden diese Träume erhört. Bei diesem wurde ein Traum von mir erhört und ich will ihn euch gerne vorstellen.



Die K. B. Polizey - Direktion in München sandte am 7.1.1842 einen frankierten Brief an die "Mairie", also das Bürgermeisteramt der Stadt Strasbourg im Elsaß. Auf den Inhalt gehe ich später ein - er ist rein staatsdienstlich. Daher war der Brief auch zurecht mit der Franchise R.S. unten links zu versehen, was die Portofreiheit in Bayern zwingend nach sich zog. Weil man aber nicht wollte, dass der Brief vlt. in Frankreich als portopflichtig anzusehen wäre, notierte man ursprünglich unten links "franco Gränze".

Dann aber entschied man sich um und nahm den Brief wieder zurück. 3 Tage später erschien man wieder auf der Bildfläche, jetzt aber mit gestrichenem Vermerk "... Gränze", beließ aber das "franco", so dass man in Bayern gebührenfrei blieb, aber das französische Franko tragen wollte. So zeigt uns die Siegelseite im Nenner für Bayern die klassische NULL - Paraphe, also nichts bezahlt worden, weil portofrei, aber im Zähler das Franko eines einfachen Briefes in den 1. französischen Rayon mit 6 Kreuzern, die von Strasbourg später korrekt in 2 Decimes reduziert worden sind.

Welche Probleme die Post damals bei solchen sehr seltenen Briefen hatte, wird deutlich, dass ein C.B.R.4 - Stempel abgeschlagen wurde, aber auch zwei Abschläge des P.P. - Stempels angebracht wurden. Der 1. weist auf einen bayer. Portobrief aus dem 4. Rayon (München) nach Frankreich hin, die beiden anderen aber auf einen voll frankierten Brief, wie er es auch tatsächlich war. Das liegende X verdeutlichte nochmals die Frankatur.

Inhalt: "Die Polizey - Vorschriften für die Eisenbahn betreffend.

Höheren Auftrage zu Folge, gibt man sich die Ehre, um gefällige Mittheilung der Polizey - Vorschriften für die von der Stadt Strasburg ausgehende Eisenbahn das freundliche Ansuchen zu stellen, und erbietet sich unter Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung zu den bereitwilligsten Gegendiensten. München den 7ten Jaenner 1842 - In Geduld".

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.02.2019 13:37:11 Gelesen: 247378# 374 @  
Liebe Freunde,

bei folgender Briefrosine wäre mir Hilfe recht:



Geschrieben vom Kreiß- und Stadtgericht Ansbach am 5.11.1825 als Armen - Sache (!!) An das Kaiserlich französische Bezirksgericht zu Valencienne, wurde der Brief in Nürnberg mit dem Gewicht von 11g (oben links) verwogen und mit 26 Kreuzern Porto taxiert. Dazu setzte Nürnberg als Kartenschlußpoststelle unter "Valencienne" den Vermerk "par Rheinbaiern", wollte also die Leitung über Strasbourg vermeiden und präferierte hier Forbach.

Dann aber strich jemand die 26, sandte den Brief aber über Forbach, wie man am Stempel "BAVIERE PAR FORBACH" sehen kann, also doch die Leitung über die Rheinpfalz und Saarbrücken (Preussen).

In Valenciennes kam der Brief auch an, wurde jedoch siegelseitig mit einem Deboursé - Stempel 57 VALENCIENNES versehen (am 19.11.1825).

Frontseitig lese ich neben "An" noch "Dr de L´Hospice".

Leider kann ich den Brief nicht öffnen, ohne ihn zu beschädigen, sonst würden wir den sicher nicht uninteressanten Inhalt kennen.

Eine Armensache nach Frankreich hatte ich bisher noch nie gesehen und dieser Brief wird die Krönung meiner Sammlung Armensachen darstellen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.02.2019 16:29:43 Gelesen: 246572# 375 @  
Liebe Freunde,

einfach mal beboten und gekauft, ohne etwas gesehen zu haben vom Jahr - dann den Brief geöffnet und festgestellt, dass ich Glück hatte:





Hof, 13.3.1869 nach Burtscheid bei Aachen, dort 2 Tage später angekommen.

Am 9.3.1869 wies Bayern seine Poststellen an, die Mühlradstempel von den Schaltern zurück zu ziehen und der Materialverwaltung zu überstellen. Diese Order kam vlt. am 10.3., oder spätestens am 11.3.1869 an und wurde en masse auch beachtet. Hier aber nicht, obwohl die bayer. Beamten von Hof die absolute Elite des Königreichs waren.

Schön zu sehen, dass der späte offene 211 von Hof, eine nette Sondertype, schon etwas verschlissen war und es wohl nicht ins neue Jahr geschafft hätte. So kann man sich auch über kleine Dinge sehr freuen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.02.2019 09:00:16 Gelesen: 246152# 376 @  
Liebe Freunde,

wenn man nicht innen rein schaut, kann man auch nichts sehen. So ergeht es vielen Sammlern, die oft erstaunt sind, welche Rosinen vor ihnen liegen und die sie achtlos beiseite legen in Unkenntnis ihrer postalisch interessanten Eigenschaft(en).



Äußerlich haben wir es hier mit einem Dienstbrief "An die Kirchenverwaltung Berglern, Post Moosburg" zu tun, der mit R.S. und der dazu gehörigen Expeditionsnummer versehen wurde. Die Nennung des Absenders vorne hatte man vergessen, aber immerhin war er mit dem Dienstsiegel verschlossen worden.

Sein Reiz offenbart sich aber erst im Innenern, lesen wir doch dort folgendes:

Lieferschein über 15 f 13 x zehnfünf Gulden, dreizehn Kreuzer, welche unterfertigte Kirchenverwaltung von der Kirche Berglern als Conkurrenz - Beitrag erhalten hat.

Kirchenverwaltung Trudering den 1ten September 1860

Mathias Kreuzer Kirchenpfleger".

Hier sehen wir mal wieder, dass unterschieden werden muss zwischen einem Post - Liefer - Schein bzw. einer Retour - Recepisse und einem Dienstbrief, auch wenn dieser in seiner Funktion den beiden Vorgängern entsprach.

Dergleichen Belege hab es damals sicher zuhauf - nur haben sich nicht so viele erhalten, wie es der Postgeschichtler gerne hätte, daher bin ich froh, diesen hier zum Dumpingpreis geschnappt zu haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.02.2019 10:32:54 Gelesen: 245693# 377 @  
Liebe Freunde,

vom 20.7.1873 stammt eine Regierungs - Sache als portofreier Dienstbrief vom Bezirksamt Mellrichstadt an den Herrn Bürgermeister in Fladungen, wo der Brief noch am selben Tag ankam (waren auch nur 18 km).



Die Besonderheit lag in dem Zusatz unten links: "Dringend mit Recepisse". Nur bei Dienstbriefe galt "dringend" als Aufforderung per Express zu versenden - da es hier ein Brief in den Ort mit Postexpedition war, kostete der Expresse nichts. "Mit Recepisse" hieß mit Rückschein - dieser konnte angehängt gewesen sein (mit Bindfaden), dann wäre es eine postalische Retour - Recepisse gewesen, oder eine selbst gebastelte, die auch portofrei unter R. S. hätte laufen können, das weiß man so nicht und einen Inhalt hat der Brief auch nicht mehr - aber die Kombination von Dienst - Express und Recepisse ist schon auch bei Dienstbriefen nicht so häufig, als dass ich mir den hätte entgehen lassen wollen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.02.2019 20:31:42 Gelesen: 245618# 378 @  
@ bayern klassisch [#374]

Liebe Freunde,

ein weiterer Brief aus Ansbach nach Valenciennes, jetzt vom 29.8.1823, sorgte erneut für große Probleme. Via Nürnberg - Forbach - Paris nach Valenciennes. Dort taxiert, trotz "Armensache" mit 26 Decimes, wurde wohl die Annahme durch den Bürgermeister dort verweigert. Den Text unterhalb der Vorderseite kann ich leider nicht ganz lesen.



Hinten sehe ich 13, oben vorn 11 - diese Zahlen kann ich nicht deuten.

Jedenfalls scheint der Brief wieder zurück gelaufen zu sein und der Absender musste wohl 21 Kreuzer (?) bezahlt haben für einen Brief, der nicht ankam.

Für Hilfe bei der Beschreibung wäre ich sehr dankbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 16.02.2019 04:42:53 Gelesen: 245561# 379 @  
@ bayern klassisch [#378]

Hallo Ralph,

viel sehe auch ich nicht. Was ich lesen kann, ist: ref. par le xxxxxxxx du loi.

refusiert durch den (xxxxxx des Rechts), abgelehnt durch den (Rechts.. xxxxxx)

Liebe Grüsse
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 16.02.2019 08:21:04 Gelesen: 245545# 380 @  
@ SH-Sammler [#379]

Lieber Hanspeter,

vielen Dank für deine Hilfe - vlt. liest noch ein alter Franzose mit. Im Notfall kenne ich eine Französin, die aber abseits aller philatelistischen Pfade wandelt.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 23.02.2019 11:12:01 Gelesen: 244857# 381 @  
Liebe Freunde,

auch Auktionshäuser halten für uns Sammler Belege bereit, die es in sich haben - so geschehen bei einem Brief aus Ulm von der Firma Steiner & Friedmann, der am 6.9.1860 geschrieben und am Folgetag in Neu - Ulm mit 6 Kreuzer frankiert aufgegeben wurde. Empfänger war die mechanische Baumwollspinn- und Weberei in Bamberg. Von Ulm aus hätte der Brief (180 km = über 20 Meilen) 9 Kreuzer Franko erfordert, von Neu - Ulm aus aber nur innerbayerische über 12 Meilen 6 Kreuzer, wie verklebt.





Interessant ist noch der Ankunftsstempel von Bamberg - den kann man lesen oder interpretieren, wie man will, aber auf 1860 käme ich nie. Das wieder mal zu den Daten, die als gesichtert gelten und ich muss sagen (wie weiland schon in einem früheren Rundbriefartikel von mir der ARGE Bayern klassisch), dass man auch hier aufpassen muss, Stempeldaten als Wahrheit zu erkennen, denn das kann man oft nicht (hier würde ich auf 1859 wetten, wenn ich nicht den Inhalt usw. hätte).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 23.02.2019 12:25:48 Gelesen: 244849# 382 @  
@ bayern klassisch [#381]

Hallo Ralph,

der Stempel ist beim Abschlag verrutscht und somit quasi zweimal abgeschlagen, sieht man schön unten bzw am Bindestrich bei "7 - 8" und auch am inneren Kreis. Die Jahreszahl 1860 ist auch zweimal verschoben abgeschlagen, und die beiden 0 übereinanderliegend sehen aus wie eine 9, aber die untere Null ist auch leicht rechts verschoben.

Lg, h.
 
bayern klassisch Am: 23.02.2019 12:38:45 Gelesen: 244842# 383 @  
@ bignell [#382]

Hallo Harald,

da hast du sicher Recht - aber prima vista hätte doch jeder von uns 1859 gesagt und ich habe auch zwei Mal schauen müssen, ob die Absenderangabe 1860 wirklich stimmt.

Danke fürs Mitschauen - immer gerne gesehen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.03.2019 08:57:34 Gelesen: 244268# 384 @  
Liebe Freunde,



eine Fürstliche Dienst Sache bekommt man nicht jeden Tag zu Gesicht, selbst wenn sie aus St. Emeran in Regensburg stammt - aber aus dem Jahr 1851 hatte ich noch keine, daher lief mir diese zu. Gerichtet war sie an das Thurn und Taxische Rentamt (Finanzamt heute) Buchau. Da Taxis mit all seinen Behörden in Bayern portofrei gestellt war, kostete der Brief nichts. Am 11.6.1851 aber war Württemberg noch taxisch und ich kenne Briefe davor, die für die württembergische Strecke taxiert wurden (oft 6 Kreuzer).

Weiß jemand, ab wann dergleichen Briefe auch in Württemberg portofrei belassen wurden?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.03.2019 09:09:05 Gelesen: 244265# 385 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus Traunstein vom 5.12.1841 nach Langenau bei Ulm im Württembergischen ist ein kleiner Knobler für mich.



Taxiert mit 10 Kreuzer Porto bis zur bayer. - württembergischen Grenze bei Neu-Ulm / Ulm, kam nur noch 1 Kreuzer Botenlohn dazu (Bleistiftnotierung und daher nicht von der Post, die dergleichen nicht vornehmen durfte), so dass ich denke, dass die 10 Kreuzer bis Neu-Ulm berechnet wurden nach dem Inlandstarif vom 1.12.1810 und Ulm = Württemberg hier gar nichts bekam, obwohl Briefe umgekehrt von Ulm nach Bayern für Ulm immer ein Porto kosteten. Immerhin liegt Langenau ca. 10 km von Ulm entfernt.

Siegelseitig nur der Distributionsstempel von Ulm vom 7.12.1841.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.03.2019 10:15:06 Gelesen: 243734# 386 @  
Liebe Freunde,

heute darf ich eine kleine Spezialität zeigen, die mir die Bucht ermöglicht hat.



Ein Brief aus Geislingen mit dem nicht häufigen Stempel GEISLINGEN R.3. = 3. Rayon zu Frankreich, bekannt unter der Nr. 1105.3 bei Feuser. Die Besonderheit Geislingen war es, dass man zuvor württembergisch war, aber 1803 bayerisch wurde. Zuvor gab es zwei Rayonstempel GEISLINGEN R.2, also im 2. (näheren) Rayon zu Frankreich; aber als man bayerisch wurde, fiel man in den 3. (entfernteren) Rayon zu Frankreich, obwohl sich die Plattentektonik dort sicher nicht anderes abspielte, als im übrigen Bayern. Immerhin ist der Stempel so bis 1808 bekannt und wurde dann von einem ohne Rayonangabe (warum auch immer, war ja Vorschrift) abgelöst, der dann wiederum 1810 von einem mit Rayonangabe abgelöst wurde. Alles ein bisserl verwirrend dort.

Final kam Geislingen dann 1810 unter württembergische Oberhoheit, wo man auch verblieb.

Der hiesige Brief war gerichtet an Herrn Maximilian Emanuel, Reichfreiherrn von Rechberg und Rothenlöwen in München, wo er am 3.2.1806 mit Präsentationsvermerk versehen seinem hohen Herrn ausgehändigt wurde.

Ein Porto fiel nicht an, das versteht sich bei dem Empfänger von selbst - siegelseitig ist nichts, nur ein undefinierbares Trockensiegel.

Zum Empfänger des Briefes:

https://www.geni.com/people/Maximilian-Emanuel-Graf-von-Rechberg-und-Rothenl%C3%B6wen/6000000004097643383

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Stamps99 Am: 09.03.2019 14:18:56 Gelesen: 243659# 387 @  
Hallo,

aus der umfangreichen Korrespondenz des Tuchhändlers Nicolaus zum Stein aus Memmingen/Kempten ist auch bei mir ein Brieflein gelandet. Es ist im Feb. 1800 samt Unterbund von Augsburg mit der Reichspost nach Kempten befördert worden.



Wenn ich den Inhalt richtig lese, waren Stoffmuster angehängt. Der Brief war vorausbezahlt, leider ist weder das Franco noch das Gewicht notiert. Nach dem Tarif von 1784 wären für einen einfachen Brief 4Kr angefallen - gab es damals schon Moderationen für Warenproben? Augsburg führte schon lange Stempel - warum ist keiner abgeschlagen?

Gruß Ralf
 
bayern klassisch Am: 09.03.2019 14:26:13 Gelesen: 243654# 388 @  
@ Stamps99 [#387]

Hallo Ralf,

ich habe die liebe und kompetente Adriana von deinem Brief informiert und hoffe, dass sie uns hier schlauer macht.

Meines Erachtens war das hier ein Fahrpostbrief - siehe die Manualnummer oben rechts. Daher auch kein Poststempel (hatte nur die Briefpost) und die fehlende Franko - Notation (Fahrpost war notierungsfaul).

Aber Adriana wird alles wissen, nicht nur Bruchstücke wie ich.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Stamps99 Am: 09.03.2019 14:58:37 Gelesen: 243645# 389 @  
@ bayern klassisch [#388]

Hallo Ralph,

der Scan läßt sich besser lesen als das Original - hätte ich besser vorher dem Fragen mal gelesen.

Mit dem Paketbegleitbief hast du Recht: Es war ein Paket mit Waren angehängt, die nach zuvor von zum Stein geschickten Mustern zusammengestellt waren.

Schade, dass die Fahrpost faul war. :-)

Gruß Ralf
 
bayern klassisch Am: 21.03.2019 21:33:18 Gelesen: 243027# 390 @  
Liebe Freunde,

auch wenn meine Contraventionssammlung der Vormarkenzeit klein und unbedeutend ist, muss ich jedoch erkennen, dass Briefe, die in dieses thematische und zeitliche Spektrum fallen (1.1.1806-31.10.1849) nicht häufig sind. Insbesonders dann nicht, wenn es gilt, Verfehlungen der bedeutenderen Poststellen wie der Hauptbriefpostexpeditionen zu belegen.



Ein Brief aus Nürnberg vom 30.8.1842 wurde am Folgetag aufgegeben und der dortige Beamte rechnete ein Porto von 10 Kreuzern aus - wie immer in blauer Tinte, die sonst in Bayern um diese Zeit keiner hatte. Der Brief an die Firma Göhl seelige Erben in Hindelang bei Kempten kostete aber 12 Kreuzer, so dass eine uns unbekannte Hand diese Taxe später korrigierte. Dazu kamen 2 Kreuzer Botenlohn von Kempten bis Hindelang, so dass er den Empfänger total 14 Kreuzer kostete.

Die schöne Rechnung mit nettem Vordruck des Kaufmannssiegels hielten mich auch nicht vom Kauf ab. Jetzt gilt es noch einen vergleichbaren Brief einer anderen Hauptbriefpostexpedition zu finden, am besten einen Frankierten, der auch falsch berechnet worden war. Aber ich fürchte, das kann noch ein wenig dauern.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.04.2019 21:05:25 Gelesen: 242503# 391 @  
Liebe Freunde,

der hier gezeigte Brief dürfte Probleme haben, auch nur irgendeinen Schönheitspreis zu gewinnen, weil er schon an der Vorauswahl des lokalen Blindenclubs scheitern dürfte. Aber ich habe ihn trotzdem genommen, weil er eine kleine Geschichte erzählen kann und das kann halt mal nicht jeder Brief.



Verfasst wurde er in Wallerstein und gerichtet war er an Herrn Ad(olf) Leyerer in Nensling bei Thalmässing. Am 14.8.1860 geschrieben, lag er mit einer passablen 3 Kreuzer blau am Folgetag auf dem Tisch und wurde recht gut gestempelt. Allerdings strich man den Vermerk "Thalmässing" aus und notierte "per Weissenburg".

Das heute Nennslingen genannte Dorf lag zwischen den Orten Thalmässing und Weißenburg, erhielt aber erst zum 1.7.1865 eine eigene Postexpedition, so dass es möglich sein konnte, dass es von einer Postexpedition zur anderen "gewandert" ist, weil es Umstrukturierungen gegeben haben könnte.

Interessant ist siegelseitig der Stempel der Güter Expedition Nördlingen vom 15.8. und der Ankunftsstempel von Weißenburg vom 17.8.. Es gibt noch einen völlig unlesbaren Halbkreiser, den ich Thalmässing zuweisen würde und der erklärte, warum der Brief so lange unterwegs war.

Stempel der Königlichen Güter - Expeditionen (K.G.E.) hatten eigentlich auf Briefen nichts zu suchen, kamen aber hin und wieder vor - im Rahmen eines Transits sind sie nicht häufig zu beobachten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.04.2019 21:16:39 Gelesen: 242501# 392 @  
Liebe Freunde,

weil eine sehr angenehme Dame dieses Forums, wer wird nicht verraten, Zurückhaltung übte, gelang es mir, diesen hier zu schnappen:



Verfasst in Münchberg am 26.11.1823 von Johann Friedrich Roeßler lief er an Nikolaus Zumstein & Söhne, derzeit in Ulm residierend. Die Absendung dieses Briefes erleichterte die Tatsache, dass er jemanden hatte, der ihn im näher zu Ulm gelegenen Nürnberg als Portobrief aufgab, wofür die dortige Hauptbriefpostexpedition 6 Kreuzer mit blauer Tinte ansetzte. Bei einer regulären Leitung hätte er dann auch nicht 4 Kreuzer für Württemberg gekostet, sondern deren 2, aber Bayern hat ihn nicht direkt ausgetauscht, sondern wo anders über die Grenze gehen lassen, so dass die Taxispost in Württemberg noch 2 Kreuzer extra kassieren durfte und in summa der Empfänger mit 10 Kreuzern belastet wurde.

Münchberg - Ulm wären 237 km gewesen = gut 36 Meilen und das hätte damals ein Porto von mind. 12 Kreuzern nach sich gezogen (exakt gerechnet sogar 14 Kreuzer, aber man war damals großzügig mit der Vermessung des Königreichs gewesen).

Nürnberg - Ulm waren 141 km gewesen = knapp 19 Meilen, was bei idealer Leitung 8 Kreuzer ergeben hätte. Um auf 6 Kreuzer zu kommen, muss man die Post zu Ungunsten der bayerischen Postkasse schnell nach Württemberg geleitet haben, wodurch sich die kürzere Entfernung für Bayern und die größere für Württemberg ergab. Generös die einen, sparsam die anderen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.04.2019 21:25:17 Gelesen: 242498# 393 @  
Liebe Freunde,

einen solchen Brief hatte ich zuvor auch noch nicht in Händen: Absender ?? gerichtet "An die großherzoglich hessische Cabinetts - Cassa - Verwaltung in Darmstadt" mit der Beisetzung NULL fr(anco). Leider ohne Inhalt heute, so dass man nicht mehr feststellen kann, wer alles verfasst hatte.



Die Aufgabepost in München akzeptierte ihn so am 18.2.1851 und ließ ihn untaxiert abgehen (Marken hätten eh keine verwendet werden dürfen, da dieser Teil Hessens erst später in den DÖPV aufgenommen wurde).

Laut Siegelseite mit dem 2. Bestellgang am 20.2.1851 zugestellt - alles in allem recht unspektakulär das Ganze, aber ungewöhnlich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.04.2019 09:44:28 Gelesen: 241948# 394 @  
Liebe Freunde,

Dienstbriefe der Pfalz nach Frankreich sind nichts Besonderes - aber immer nett anzusehen.

Hier zeige ich einen aus Bergzabern vom 8.10.1863 nach Strasbourg, der nicht, wie man annehmen könnte, über den Kartenschluss Wissembourg (nur 8 km entfernt!) lief, sondern durch die Südpfalz nach Baden und von dort mit der Bahn nach Süden Richtung Kehl, wo er über den Rhein nach Strasbourg kam und dort den Stempel BAVIERE 1 STRASB. erhielt.



Wer eine gepflegte Pfalz - Frankreich - Sammlung hat, kann vlt. weitere Stücke mit dieser Leitung, oder welche über Wissembourg zeigen, damit man u. U. eine Systematik erkennen kann. Den B.S.P. - Stempel von Bad Bergzabern kennen wir in ca. 30 Abschlägen, so selten ist er also nicht, auch wenn das hier optisch ganz gut zusammen spielt, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.04.2019 10:18:22 Gelesen: 241667# 395 @  
Liebe Freunde,

verschlossene Briefe waren der Post zum Transport zu übergeben (Postzwang) und die allermeisten, die sich heute noch finden lassen, zeigen auch Siegel bzw. die Reste davon. Das war zwar illegal, kam aber recht häufig vor.

Seltener sind m. E. aber die legalen Briefe, also die, die nicht verschlossen waren und die man selbst, oder durch andere zustellen ließ.



Einen solchen "Abgrenzungsbrief", wie ich sie nennen möchte, zeige ich heute. Die Anschrift lautet: Wagner Leute for den Herrn Bothschacher Handelsmann alhier.

Damit dürfte Franz Xaver Poschacher in Titmoning gemeint sein.

Der Inhalt ist als Nachweis für Geleistetes zu verstehen, dessen Kosten sich total auf 7 Gulden und 30 Kreuzer belaufen. Gefertigt wurde der Brief am 1.1.1826, so dass die Kosten wohl 1825 angefallen sein dürften.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.04.2019 10:38:18 Gelesen: 241660# 396 @  
Liebe Freunde,

einen netten Inhalt hat der folgende Vermittlungsbrief, der in Aschaffenburg am 3.1.1848 verfasst wurde, jedoch erst am 8.1.1848 in Kempten als Portobrief mit 3 Kreuzern taxiert nach Nesselwang aufgegeben wurde. Nach dem Regulativ vom 1.1.1843 hätte er als einfacher Brief von Aschaffenburg nach Nesselwang (280 km direkte Linie, somit 37,5 Meilen) über 36 - 42 Meilen aber 14 Kreuzer gekostet, so dass man sich hier satte 11 Kreuzer (2 Mittagessen) sparte.



Neben dem lustigen Inhalt oben und dem Unterschleif war für mich auch ein Kaufgrund der letzte Satz des Briefes: "Um Verwechslungen zu vermeiden, belieben Sie meiner Addresse stets Roßmarkt C. 54 1/2 beizufügen".

Es war also nicht immer so, dass eine Angabe wie z. B. An Firma Karl Müller in München 100% zum Erfolg der Zustellung führte, sondern, wie dieser Brief zeigt, gelegentlich Präzisierungen notwendig waren, um das richtige Handelshaus zu eruieren, an den der Brief gehen sollte. Hier gehe ich davon aus, dass der letzte Brief an Franz Dessauer in Aschaffenburg wohl dort falsch zugestellt wurde. Wenn ich den jetzt noch hätte ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 19.04.2019 10:38:34 Gelesen: 241660# 397 @  
@ bayern klassisch [#395]

Hallo Ralph,

verschlossene Briefe waren der Post zum Transport zu übergeben (Postzwang) und die allermeisten, die sich heute noch finden lassen, zeigen auch Siegel bzw. die Reste davon. Das war zwar illegal, kam aber recht häufig vor.

Könntest Du dies vielleicht etwas näher ausführen, ich verstehe nicht genau, was jetzt daran illegal gewesen ist?

LG

Kevin
 
bayern klassisch Am: 19.04.2019 11:07:30 Gelesen: 241654# 398 @  
Liebe Freunde,

das kann einmal den besten Beamten passieren, dass sie in einem Gebührenregulativ einfach etwas vergessen. Bayern vergaß nämlich ab dem 1.7.1850 bei der inneren Umstellung der Tarife, die Versendung von anhängenden Mustern günstig zu stellen, wie das zuvor immer der Fall war und erst zum 1.7.1858 änderte man dies und vergünstigte Briefe mit anhängenden Mustern ohne Wert um 50%.

Die Folge war, dass das Publikum, das mit dergleichen Versendungen bewandert war, praktisch alles an Mustern ohne Wert in die Briefe stopfte, weil nur Auslandsbriefe und Briefe in den DÖPV mit anhängenden Mustern noch portobegünstigt waren. Bei Inlandsbriefen aber gab es keine Portomoderation, so dass sie wie gewöhnliche Portobriefe (oder frankierte Briefe) taxiert bzw. frankiert wurden.



Hier ein Beispiel aus Bamberg vom 3.1.1851 an Poschacher in Tittmoning. Oben lesen wir: "Inliegend Muster ohne Werth" und die Aufgabepost taxierte den Brief mit 9 Kreuzern (über 12 Meilen, aber bis 15,625g leicht trotz Muster.

Inhalt: In Erwiederung Ihres Werthen vom 26. v. Mts v. Js (vorigen Monats vorigen Jahres) reiche Ihnen bekommend Muster von schönen neuen Kleesaamen welchen Ihnen ad 23 1/2 ab hier ohne Sack pr. compt gegen 2 Monat rime p. Ffurt (Frankfurt) Augsburg oder Nürnberg äußerst erlaßen kann und worauf Ihnen angl. Auftraegen entgegen sehe, schöne Waare wird bei uns immer rarer, da der größte Theil der Ernte vom Regen gelitten hat und roth wurde, Sie werden daher wohl thun wenn Sie bald für Ihren Bedarf sorgen. Von 1 & 2 jährigen Saamen besitze ich keinen Vorrath dagegeben habe ich noch ein Partiechen 3 jährigen welchen Ihnen ad 18- erlaße, neue Zweschen 10 Es soll mir angenehm seyn mit Ihnen in Geschaeftsverbindung zu kommen, und können Sie überzeugt seyn bei mir eine reele & billige Bedienung zu finden. Mit Achtung zeichnet Johann Gabriel Keilholz".

Wieder ein kleiner Mosaikstein der wachsenden Sammlung "1851".

Wer an der altdeutschen Kurrentschrift noch etwas üben muss, darf sich den Brief hier gern als Muster nehmen und selbst versuchen, ihn zu transkribieren - auf gehts, Buam!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 10:29:38 Gelesen: 241569# 399 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief aus Bad Bergzabern in der Südpfalz an den Bürgermeister ("Maire") von Wissembourg (Weißenberg falsch geschrieben) vom 9.4.1859, der die 8 km innerhalb kürzester Frist zurück gelegt hatte und am Folgetag dort ankam. Ankunftsstempel, das kennen wir auch von anderen französischen Kartenschlußämtern, mangeln oft, weil man die sog. "Loco - Correspondenz", also diejenigen Poststücke, die am Ort bzw. im Lokalbereich verblieben, erst gar nicht ankunftstempelte, sondern gleich dem oder den Briefträger(n) zur schleunigen Bestellung aushändigte.



Das Eigentümliche daran war, dass er mit 3 Decimes (Taxstempel von Wissembourg) dem Herrn Bürgermeister ausgehändigt wurde, was für 8 km nicht eben wenig war, nämlich fast 9 Kreuzer! Absender war der königliche Revierförster Perges, der in seinem Schreiben Bezug nimmt auf einen Holzkauf des Gemeindedieners Heinz von Barbelroth.

Da Revierförster, der Name sagt es ja schon aus, in ihrem Revier weit herum kamen, so auch an die pfälzisch - französische Grenze, hätte es mich nicht verwundert, wenn sich dieser über Schweigen (500 Meter von Wissembourg damals wie heute entfernt) begeben hätte und den Brief kostenlos dem Bürgermeister übergeben hätte, vlt. noch mit einem sinnerweiternden Kommentar versehen.

Im Falle der frankierten Absendung hätte der Brief nur 6 Kreuzer gekostet, also ein Drittel weniger als hier. Ein ganz früher Druck auf die Korrespondenten zur Frankatur nach dem Ausland.

Liebe Grüsse von bayern kassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 10:50:28 Gelesen: 241565# 400 @  
Liebe Freunde,

noch etwas zu Briefen nach und von Frankreich:



Weil ich es bisher vergessen hatte, jetzt aber nachholen möchte, zeige ich euch die VO Nr. 11,934 vom 28.6.1858, die im VO - Blatt Nr. 34 vom 30.6.1858 gerade noch so rechtzeitig zum Postvertrag Bayern - Frankreich ab dem 1.7.1858 heraus kam und die zeigte, wie präzise hier nach neuem Muster zu verwiegen war.

Das in der VO mit "bayerisches Gewicht" genannte, uralte Münchener Loth (17,5g!), war somit endlich obsolet geworden, denn Frankobriefe nach Frankreich und Portobriefe aus Frankreich waren bis dato noch immer nach diesem Gewicht zu taxieren und zwar so, dass bis 1/2 Münchener Loth inklusive einfach war (also 8,75g inkl.).

Auch hatten nur die Poststellen Gewichte in fanzösischen Grammen, die Kartenschlüsse zu Frankreich führten, also nur ganz wenige, so dass man mit den ab 1850 international üblichen Zollgewichten (1 Loth = 15,625g) arbeiten musste und darauf bedacht war, die richtigen Teil - Loth - Gewichte vorrätig zu haben, um die Taxen korrekt zu ermitteln. Hierfür wurden ausgegeben: 3/10, 4/10, 5/10 und 6/10 Loth - Gewichte, womit alle möglichen Gewichtsstufen nach/von Frankreich messbar waren (bis 10g inkl. - bis 20g inkl. - bis 30g inkl. usw. mussten umständlich mit 1 Zollpfund = 32 Zolloth - Teilgewichten abgewogen werden, also fast so kompliziert wie heute der Alltag in der EU!).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 11:00:12 Gelesen: 241563# 401 @  
Liebe Freunde,

falsch taxierte Auslandsbriefe sind bei Bayern so selten, wie Kettenraucher in Filmen der 1950er Jahre - dennoch ist es immer wieder schön, mal einen nett daher kommenden zeigen zu können.



Als selbiger präsentiert sich ein einfachre (bis 1 Loth) Portobrief aus München vom 23.12.1858 an Firma Frowein & Co in Arnhem (deutsch: Arnheim) an der preussisch - niederländischen Grenze. Die doch sehr erfahrene Aufgabepost taxierte ihn zuest wie einen gewöhnlichen DÖPV - Brief über 20 Meilen nach Preussen mit 4 Silbergroschen, ehe man bemerkte, dass dergleichen falsch war. Nun strich man die falsche 4 und ersetzte sie durch die korrekte Portoforderung Bayerns an Preussen mit 3 Sgr., die Preussen auch siegelseitig im Rahmen ihrer Abrechnungen mit der NL - Post wiederholte.

Die Niederlande beließen den blauen Wirrwarr und notierten einfach ihr Gesamtporto von 25 Cents, die der Empfänger am 26.12. berappen durfte.

Der Absender, Max Wassermann in München, teilte der Fa. Frowein mit, dass der Java - Caffee der letzten Zeit in Preis und Qualität nicht dem entsprechen würde, was man als Proben damals nach München geschickt hatte und man darüber sehr erbost sei. Auch so erklärt sich mancher Portobrief, der frankiert aber auch nicht viel günstiger gewesen wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 11:06:38 Gelesen: 241561# 402 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Vorschuß - Rückschein von Erlangen nach Aub vom 20.1.1866. Er war unter Chargé ausgefertigt und sollte nach Einlösung des Post - Vorschusses wieder vollzogen und unterschrieben nach Erlangen zurück laufen.



Im Rückschein Nr. 43 sandte man der Postexpedition Aub einen Vorschuß über 1 Gulden an Brennhäuser in Gülchsheim zu (Aufgabepostler Schiller), der dort kassiert werden sollte. Aber das scheint in die Hose gegangen zu sein, denn der Vordruck wurde nicht ausgefüllt und somit auch nicht der Vorschuß eingelöst, sondern nur kommentarlos retourniert. Hat man auch nicht alle Tage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 08:22:03 Gelesen: 241497# 403 @  
Liebe Freunde,

Portochargébriefe sind Geister, die Insider kennen, sonst aber hat sie keiner, hat sie keiner gesehen und haben tut man sie auch nicht. Aber es gibt sie! Nachdem ich einige davon zusammentragen konnte (innerbayerisch und im Postverein bzw. den Vertragsstaaten), gelang es mir heuer erstmals, einen Retour - Portochargébrief zu schnappen, auch wenn der Preis für ihn üppig war, aber bekanntlich ist die Erinnerung an das ausgegebene Geld schneller verschwunden, als die Freude, die man mit dem Stück hat, von daher ist alles gut.





Aufgegeben wurde er in Thalmässing am 27.4.1864, also genau 1,5 Monate nach dem Tode seiner Majestät Maximilians II am 10.3.1864, weshalb sich der Trauerrand und das schwarze Siegel, wie wir später sehen werden, erklären wird.

Gerichtet war er an Jakob Bauer aus Wettstetten, ca. 40 km südlich von Thalmässing und etwas nördlich von Ingolstadt gelegen. Der Absender wollte weder die Postgebühr, noch die Recommandation bezahlen und überließ folglich beides dem Empfänger. Daher notierte die Aufgabepost 6 / 6 für 6 Kreuzer Porto bis 12 Meilen und 6 Kreuzer ihr zustehende Recogebühr.

Damals hatte Wettstetten nur ca. 500 Einwohner, daher war die Post nicht sicher, wo es genau liegen würde und man notierte unter den Zielort Kipfenberg, strich dies dann aber und verblieb beim richtigen Ingolstadt. Ausweislich der Siegelseite war er am 28.4. in Ingolstadt und am Folgetag in ??heim.

Doch konnte die Zustellung und Berichtigung des 12 Kreuzer Portos nicht bewirkt werden, wie man aus der Notiz hinten ersehen kann: "Jakob Bauer seit drei Jahren tod, von dessen Verwandten nicht angenommen, Präßer, Postbote".

Warum niemand der "Relikten" den Brief annehmen wolte, geht wohl aus dem Inhalt hervor, den aber nur der Absender kannte: "Jakob Bauer von Wettstetten schuldet zur unterfertigten Rentenverwaltung Lehenbodenzins pro 1862 41 Kreuzer 3 Pfennige, Lehenbodenzins pro 1863 41 Kreuzer 3 Pfennige, in Summa 1 Gulden 23 Kreuzer 2 Pfennige.

Derselbe wird deshalb beauftragt, diesen Betrag innerhalb längstens 8 Tagen bei Vermeidung der gerichtlichen Einklagung portofrei anher zu senden.
Bemerkt wird hiebei, daß dem Geld nach für Porto u. Scheingebühr 9 Kreuzer, und als Austragergebühren für den Postboten 3 Kreuzer, sohin in Summa 12 Kreuzer, beizulegen sind.

Syburg, am 22. April 1864 Die freiherrlich Schenk v. Geyerische Rentenverwaltung - Schenk.

Fassen wir also zusammen: Portochargébrief, retourniert, Empfänger verstorben, Relikte nicht annahmewillig, Chargéstempel in schwarz, statt roter Farbe, Probleme mit der Findung des Zielortes, Trauerrand wegen kurz zuvor verstorbenem König und innen eine Postgebührenauflistung, die man auch nicht jeden Tag findet. Ich finde, viel mehr geht kaum noch, oder?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 08:35:11 Gelesen: 241494# 404 @  
Liebe Freunde,

nach langer Zeit (hihi) ist mir wieder mal eine schnuckelige Armensache ins Netz gegangen. Im wunderschönen Regensburg ließ am 14.9. 1853 das dortige Kreis- und Stadtgericht eine portofreie A.S. = Armensache "Zum hochwürdigen Consistorium des Bißthums Passau in Passau" ab, also fast ein Bischofsbrief, könnte man sagen.



Die Bestätigung als Armensache war von einem für die Richtigkeit haftenden Beamten zu unterzeichnen, was hier auch getan wurde. Am Folgetag kam das Schreiben an und wanderte in die Akten - jetzt ist das gute Stück in meine Mini - Sammlung der Armensachen gewandert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
wuerttemberger Am: 21.04.2019 08:36:52 Gelesen: 241493# 405 @  
@ bayern klassisch [#403]

Er lief über Eitensheim. Das liegt westlich von Wettstetten.

Gruß

wuerttemberger
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 08:56:28 Gelesen: 241485# 406 @  
@ wuerttemberger [#405]

Lieber Axel,

deine Augen möchte ich haben - tausche auch gerne ein paar Briefe dazu. :-)

Vielen Dank - ich saß 10 Minuten vor dem Brief und kam nicht drauf, weil ich vorne ein "G" gelesen hatte und partout nichts passen wollte mit einem "G".

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 09:09:56 Gelesen: 241481# 407 @  
Liebe Freunde,

das Königreich Hannover war nicht völlige Terra incognita für einen Bayern, aber aus der Welt war es schon!



Die Aufgabepost in Hollfeld hatte einen Postkunden am 8.1.1854 vor sich, der einen einfachen Brief aufzugeben gedachte. Für dergleichen besagte die Vorschrift (ab 1.6.1851 war Hannover im DÖPV), dass nach Ländern nördlich von Preussen die Taxe für Portobriefe in preussischer Währung = Silbergroschen zu notieren war, denn die tatsächliche Währung Hannovers, der Gutegroschen, war in Bayern abrechnungstechnisch unbekannt, weil man hier nur in rheinischen Kreuzern und Silbergroschen verrechnen konnte.

Daher waren die zuerst notierten 12 Kreuzer sinnentleert, denn die kannte keiner in Preussen und Hannover, weswegen man sie auch bald wieder mit dem feuchten Daumen auswischte. Richtig waren und wären gewesen 4 Silbergroschen für einfache Portobriefe über 20 Meilen via Preussen.

Bei der Ankunft in Hildesheim am Folgetag (Respekt!) strich man die 4 Silbergroschen durch und ersetzte sie korrekt mit 3 1/4 Gutegroschen, die unser Tischlermeister H. Bayer sicher freudig erregt berappte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 09:31:47 Gelesen: 241471# 408 @  
Liebe Freunde,

bei dem folgenden Brief passte vieles - nicht!



Absender war der k. Notar M. Maunz in Sulzbach am 26.5.1873. Er ließ einen unfrankierten Brief an den k. Advokaten Herrn Ernst Gaßner in Amberg abgehen und fügte nur seine Expeditions - Nummer 329 hinzu, heute würde man Geschäftszeichen dazu sagen.

Zuerst wähnte ihn die Aufgabepost als Partei - Sache, für welche schon lange nur der Satz für Frankobriefe = 3 Kreuzer auch im Falle der unfreien Versendung vorgesehen war. Dann aber sah sie keine Notiz "P.S.", wie es hätte der Fall hierfür sein müssen und taxierte ihn wie einen gewöhnlichen Privatbrief mit 7 Kreuzern.

Oder: Man sah zwar keinen Vermerk "P.S.", tat aber so, als wäre es nur vergessen worden und taxierte eine Partei - Sache der 2. Gewichtsstufe richtig mit 7 Kreuzern, die andernfalls sogar als Privatbrief 11 Kreuzer gekostet hätte. Das werden wir wohl nicht mehr heraus finden.

Damit kommen wir zum nächsten Problem - der Stempelschneider hatte 1869/70 bei Sulzbach das "Z" falsch geschnitten. Das war dem Sulzbacher Postexpeditor aber egal und er verwendete diesen Stempel noch bis 1875 weiter!

Allerdings war der 1. Abschlag kopfstehend völlig desolat, weil a) kein Ort, b) kein Tag und c) kein Monat zu erkennen war (was mich eher an einen schweren Brief glauben läßt, da diese auch oft nur mangelhaft gestempelt werden konnten).
Der 2. Abschlag war nun gerade, immerhin, zeigte aber einen verschmierten Tag (26. mühsam zu erahnen) und einen kopfstehenden Monat (Mai) an, was auch nicht gerade im Sinne des Erfinders war.

Aber an diesem 26.5.1873 war dieses mangelhafte Produkt unserem Expeditor allemal gut genug und er ließ es dabei bewenden. Es versteht sich von selbst, dass dieser Brief auch keinen Ankunftsstempel aufweist, weil wenn alles zusammen kommt, dann kommt halt alles zusammen und auf einen Fehler mehr oder weniger kam es hier schon lange nicht mehr an.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.04.2019 08:06:25 Gelesen: 241340# 409 @  
Liebe Freunde,

für meine wachsende Mini - Sammlung "1851" konnte ich den hier schnappen, der mir aber hinsichtlich seines Portos Probleme bereitet:



Augsburg, 28.2.1851, nach Isny in Württemberg, Taxe von Bayern 7 Kreuzer. Wieso 7 Kreuzer? Nach der Entfernung von 99 km zwischen beiden Postorten wären von Bayern aus nur 6 Kreuzer (über 12 - 18 Meilen) zu taxieren gewesen. Hat Augsburg gleich den einen Kreuzer für die Bestellung in Isny addiert? Wenn ja, wo steht das?

Fest steht, dass die bayer. Postkutsche ihn bis Isny gefahren hat (von Kempten aus) und ihr dafür nichts zustand, wie umbekeht eine württembergische Postkutsche bis Kempten gefahren wäre für Post nach Bayern und ihr hierfür auch nichts zugestanden hätte (waren nur 5 km).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.04.2019 09:11:32 Gelesen: 241331# 410 @  
Liebe Freunde,



eine Retour - Recepisse (RR) der Briefpost aus Würzburg vom 11.4.1864 des Reichsrathes von Würzburg zu Würzburg nach Öttershausen bei Volkach an Verwalter Eberhardt lief unter Reco - Nr. 418 für 6 Kreuzer mit einem recommandirten Brief (leider hier nicht vorhanden) ab und traf am Folgetag in Volkach ein. Der dortige Landpostbote gab ihn mit dem Brief dem Empfänger zur Unterschrift ab und nahm in auch gleich quittiert wieder mit auf seine Tour.

Am 13.4. ging die RR wieder auf ihre Rückreise, wo sie am Folgetag in Würzburg eintraf und unserem Herrn Reichsrath zugestellt wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.04.2019 09:19:14 Gelesen: 241329# 411 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Teilfrankobrief aus München vom 8.4.1835 an:

Monsieur Monsieur le Chevalier J. G. Eynard aus soues de Monsieur Snell, Consul Suisse Rome



Nach dem Postvertrag Bayerns mit Österreich vom 1.5.1819 waren Briefe in den Kirchenstaat mit Leitung über Österreich bis zur bayer-österreichischen Grenze zu frankieren. Hier zahlte man 6 Kreuzer, die siegelseitig notiert wurden (bis Salzburg).

Österreich rechnete im Paket mit dem Kirchenstaat ab, weswegen öster. Taxen für dergleichen Briefe eigentlich obsolet waren (Österreich bekam je Unze = 30g 100 Bajocchi vom Kirchenstaat vergütet). Dennoch finden wir hier eine 13 Kreuzer Conventionsmünze in Rötel, die nirgendwo sonst auf den Brief gekommen sein kann.

Über Bologna (Grenzeingangspostamt des Kirchenstaats zu Österreich) lief er nach Rom, wo er am 16.4.1835 ankam und für 27 Bajocchi dem Empfänger ausgehändigt wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2019 10:02:47 Gelesen: 240558# 412 @  
Liebe Freunde,

üblicherweise wurden Armensachen mit A.S., oder mit Armen - Sache verschickt. Causa paupera ist da schon sehr selten und auch Arm: S. kenne ich kaum, daher war mir dieser Brief aus Lauf vom 8.9.1864 recht, der nämlich erst am 13.9.1864 zur Post gebracht und am Folgetag in Schweinfurt ausgetragen wurde.



Gerade bei Armensachen ist oft eine hohe zeitliche Diskrepanz vom Schreiben des Briefes bis zu seiner Postaufgabe zu erkennen - hier 5 Tage, die für mich nicht (immer) erklärlich ist. Den Inhalt habe ich beigefügt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2019 10:31:19 Gelesen: 239357# 413 @  
Liebe Freunde,

die kgl. Staats - Schuldentilgungs - Haupt Cassa in München schrieb am 15.11.1852 an die Kirchenverwaltung in Reuth eine portopflichtige Partei Sache, die man mit 9 Kreuzern taxierte (über 12 Meilen bis 1 Loth). Aber Reuth war das Problem, denn dieses gab es in Bayern mehrfach. Manuell fügte man "bei Weißenburg" und darunter "Landgerichts Hilpoltstein" bei, unterstrich die 9 und verfügte darunter "9 Xr Porto", als ob man das überlesen könnte.



Siegelseitig sehen wir einen Fingerhutstempel von Roth vom Folgetag und den Halbkreiser von Hilpoltstein. Und tatsächlich gab es in Bayern ein Reuth in der Oberpfalz (Postexpedition ab 1864) und die beiden Reuth bei Weißenburg und Hilpoltstein, denen beide (was für ein Zufall!) erst ab 1900 eine Posthilfsstelle zuteil wurde, die aber beide zum Oberpostamt Nürnberg gehörten und das hätte man in München auch wissen können.

Gab es mehrere Orte gleichen Namens, hatte der Absender dafür Sorge zu tragen, dass mit näherer Bezeichnung die Post keine Fehlversuche zu gewärtigen hatte, also eine klare Contravention in diesem Falle, auch wenn die schnelle bayerische Post noch die Zustellung am 16.11. bewirken konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.05.2019 10:48:10 Gelesen: 239248# 414 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine kleine Besonderheit - Brief aus dem badischen Lahr vom 18.5.1867 nach Thann bei Simbach in Bayern, wobei die Postaufgabe erst in München am 21.5.1867 erfolgte. Die 3 Kreuzer reichten bis 1 Loth ohne Entfernungsbeschränkung innerhalb Bayerns - von Lahr aus hätten aber sowohl bis München, als auch bis Thann immer 9 Kreuzer frankiert werden müssen, so dass sich der Absender 6 Kreuzer gespart hat.







Inseitig sehen wir 2 Seiten mit vielen Angaben - und den Original - Postschein von Thann vom 13.9.1867 an unseren Absender in Lahr, der den Versand eines Wertbriefes mit 9/10 Loth Gewicht über 27 Gulden belegt.

Dergleichen findet man heute nur noch alle paar Jahre einmal und ich bin sehr froh und stolz, das hier präsentieren zu dürfen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.05.2019 10:55:48 Gelesen: 239246# 415 @  
Liebe Freunde,

erneut fand sich in einem Konvolut eine nette Armensache, diesmal aus Bayreuth vom 30.1.1866, an das Bezirksgericht in Hof mit Ankunft am selben Tag.



Links lesen wir: "Armensache des k. Advokaten Herding bestätigt das k. Bezirksgericht Voigt" und daneben, ganz nach Vorschrift, das Dienstsiegel des Gerichts.

Interessant ist noch, dass beim Bayreuther Stempel der Einsatz des Monats wohl vergessen wurde.

In letzter Zeit kaufe ich so viele Armensachen, dass ich selbst davon fast arm werde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.05.2019 16:41:35 Gelesen: 238978# 416 @  
Liebe Freunde,

für meine Sammlung 1851 und Muster ohne Wert gleichermaßen war dieser ein Kauf - Schweinfurt 10.10.1851 an Herrn Jacob Degerl in Sulzbach mit inliegendem Muster. Für einfache Briefe bis 1 Loth inkl. waren 6 Kreuzer treffend frankiert worden - eine Moderation gab es nicht.



Ganz nett, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2019 09:50:52 Gelesen: 238812# 417 @  
Liebe Freunde,

zu den absoluten Seltenheiten gehören Muster ohne Wert - Briefe innerhalb der Pfalz, von denen ich kaum eine Handvoll kenne. Heute darf ich einen Teilbrief aus Rülzheim vom 21.12.1852 von Julius Hans an Friedrich Georg Zumstein, Ölmühle in Bad Dürkheim "Ein(liegend) Muster ohne Werth" vorstellen. Am 22.12. war er in Speyer und am Folgetag wurde er seinem Empfänger in Bad Dürkheim zugestellt.



Da es nie eine Vergünstigung bei einliegenden Mustern gab, war der Brief wie ein gewöhnlicher Brief innerhalb der Pfalz über 1 bis 4 Loth zu frankieren, also mit 6 Kreuzern (Tarif 1.7.1850).

Der Absender war Mitglied der mosaischen Gemeinde von Rülzheim und die Familie Haas erlebte das gleiche traurige Schicksal, wie viele andere Familien auch im 20. Jahrhundert.

Frankiert wurden 2 unterschiedliche Farbnuancen der Nr. 2 Platte 2a. Sehr selten ist jedoch auch der Mühlradstempel 443 in der 1. Verteilung von Rheinzabern, eine Expedition, die erst im Juli 1851 eingerichtet wurde und von der mir kaum einmal Briefe bekannt sind, schon gar keine mit Musterbriefen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2019 10:07:04 Gelesen: 238806# 418 @  
Liebe Freunde,

bei Dienstbriefen waren die Vorschriften multipel, jedoch galt es immer für die Absenderbehörde diese als solche zu kennzeichnen, weil sie, tat sie das nicht, von der Aufgabepost zu taxieren waren.



Für meine Contraventions - Sammlung ist dieser Dienstbrief am Ort (!) von Bad Kissingen vom 7.11.1869 sehr geeignet, denn man vergaß die Franchise und die Aufgabe- und Abgabepost dort stempelte ihn und stellte ihn stracks zu, ohne eine 3 Kreuzer Portomarke in Anwendung zu bringen, wie es richtig gewesen wäre.

Hätte ein Fälscher Fachwissen, so könnte er eine gummierte Porto Nr. 1 aufkleben (und diese gfs. mit alter Tinte oder Federzug entwerten) und man hätte keine Möglichkeit, gegen diese Fälschung anzugehen. Gottlob wird das nie passieren, aber gefährlich können solche falsch behandelten Briefe schon sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2019 10:12:58 Gelesen: 238804# 419 @  
Liebe Freunde,

selten findet man Briefe mit Farbfrankaturen, deren Marken nicht entwertet wurden. Einen solchen aber kann ich hier zeigen, lief er doch am 4.11.1864 von Bamberg aus nicht via Lichtenfels und Kassel, wie es der Absender wünschte, sondern via Frankfurt am Main und Köln nach Paderborn.



Dass niemand die Marken entwertete, mag daran liegen, dass man das Briefepaket nach Preussen in Bayern verschloß, ohne ihn genauer unter die Lupe genommen zu haben und die transitierenden Poststellen sahen auch keinen Anlaß, die Marken zu entwerten, weil dafür allein die Aufgabeposten zuständig waren im Postverein und schon gar nicht Preussen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2019 08:25:37 Gelesen: 238641# 420 @  
Liebe Freunde,

einen veritablen Postbetrug aus Nannhofen (hat auch vorausgestempelt, dieser Expeditor!) kann ich zeigen mit einer 4II nach Neu-Ötting vom 1.9.1860. Leider kann ich den darunter liegenden 1. Abschlag nicht erkennen und hoffe angesichts eines 1200 dpi - Scans auf bessere Augen von euch, als ich sie habe.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2019 08:50:02 Gelesen: 238632# 421 @  
Liebe Freunde,

ein "typischer" Brief eines Postexpeditors mit angefragter Post - Portofreiheit aus Lichtenberg vom 25.11.1859 an Conrad Westphal in Viehberg bei Hersbruck kann ich zeigen. Unten links lesen wir: Franco ersucht - Unterschrift Einsiedel.



Und, wie alle mir bekannten Briefe dieser Gattung, wurde der Brief auch portofrei belassen zugestellt. Trotzdem - häufig sind sie nicht und nehmen kann man sie immer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 01.06.2019 10:52:40 Gelesen: 238621# 422 @  
@ bayern klassisch [#420]

Hallo Ralph,

habe das Bild umgearbeitet, und der oberliegende Stempel ist nun deutlich erkennbar, aber den unteren kann ich nicht erkennen, aber vielleicht hilft Dir das Bild was.



Lg, harald
 
bayern klassisch Am: 01.06.2019 11:06:01 Gelesen: 238615# 423 @  
@ bignell [#422]

Hallo Harald,

sensationell, was du alles damit anstellen kannst (ich gar nichts zum Beispiel) - leider kann ich nicht viel erkennen, außer dass es wohl auch ein anderer offener Mühlradstempel sein müsste.

Was einem Postexpeditor passierte, wenn er gebrauchte Marken aufpappte und sich dafür von der Kundschaft bezahlen ließ, kann man sich vorstellen: Strafanzeige wegen Betrug, Einfahren ins Kaffee Viereck und Verlust seiner Kaution und bürgerlichen Rechte. Und das alles für bescheidene 6 Kreuzer.

Vielen Dank für deine wertvolle Hilfe und liebe Grüsse,
Ralph
 
bignell Am: 01.06.2019 11:51:25 Gelesen: 238608# 424 @  
@ bayern klassisch [#423]

Hallo Ralph,

bescheidene 6 Kreuzer? Man sollte nicht unterschätzen was dabei zusammenkommt. Denk nur an den Herrn Kalab [1].

Lg, harald

[1] https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2012/05_06/files/kriminalgeschichte.pdf
 
bayern klassisch Am: 01.06.2019 11:56:25 Gelesen: 238605# 425 @  
@ bignell [#424]

Hallo Harald,

ja, 6 Kreuzer waren ein Mittagessen, aber riskant war das schon.

Der Link funktioniert leider nicht bei mir.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Richard Am: 01.06.2019 22:12:35 Gelesen: 238539# 426 @  
@ bayern klassisch [#425]

Hallo Ralph,

bei mir funktioniert der PDF Link. Hier noch eine Alternative [1].

Schöne Grüsse, Richard

[1] https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2012/05_06/files/kriminalgeschichte.pdf
 
bayern klassisch Am: 01.06.2019 23:01:19 Gelesen: 238528# 427 @  
@ Richard [#426]

Hallo Richard,

vielen Dank - jetzt klappts! Sensationelle Geschichte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.06.2019 08:10:38 Gelesen: 238494# 428 @  
Liebe Freunde,

Mühlradstempel hatten 2 Aufgaben zu erfüllen:

1. Die Entwertung der Marke(n) und

2. Die Stempelung der Briefkarten.

In beiden Fällen war evident, dass man anhand der Nummer des Stempels ersehen konnte, woher a) die Briefpost und b) die Briefkarte kam.

Aber es sind mehrere Fälle bekannt, in denen der Abschlag dieser Stempel keinem dieser Kriterien entsprach und i. d. R. waren es Dienstbriefe, die dieses Phänomen zeigen.



Hier zeige ich einen Dienstbrief aus Cham, der mit dem geschlossenen Mühlradstempel 72 versehen wurde und der vom dortigen an die Oberbehörde in Regensburg lief. Der 1.10.1859 schien nicht so gut für den Chamer Postler zu verlaufen, weil er auch noch seinen Halbkreisstempel vergaß - oder war der gerade zur Reparatur?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.06.2019 18:20:24 Gelesen: 238086# 429 @  
Liebe Freunde,

Ganzsachenkuvert von F. Paumscheerer (habe zu der Firma nichts gefunden) aus Ulm, der später nach Neu-Ulm gezogen sein muss, vom 28.5.1873 mit Postaufgabe in Neu-Ulm am Folgetag an die Gebrüder Kienle in Horb in Württemberg. Siegelseitig ist alles da, was man braucht, wenngleich nicht sehr schön.



Interessanterweise, und das war mein alleiniger Kaufgrund, fügte der Absender bei seinem Absenderstempels unten links ein "N" vor Ulm ein, womit er seinen neuen Wohnsitz Neu-Ulm zu dokumentieren suchte. So habe ich das bisher noch nie gesehen.

Schön auch zu sehen, dass die Privaten auf dem Weg zum dokumentarischen Stempel oft weiter waren, als die Post, denn aus dem Halbkreisstempel von Neu-Ulm geht außer der Farbe und dem Wochentag und Monat nichts hervor.

Den Zustand des Kuverts bitte ich zu entschuldigen.

Wer etwas zu dem Absender (ich hoffe, ich habe die fehlende Stelle richtig interpretiert!) aus Ulm bzw. Neu-Ulm sagen kann, ist gern gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.06.2019 22:53:49 Gelesen: 237738# 430 @  
Liebe Freunde,

ein Brief vom 16.8.1834 aus Kempten an das Landgericht zu Obergünzburg (Schwaben) wurde "frei gegen Schein" aufgegeben. Unter der Reco - Nr. 404 wurde ein Postschein gezogen, der 4 Kreuzer kostete und für den Brief selbst waren 6 Kreuzer fällig (Entfernung 15 km, demnach in der 3. Gewichtsstufe über 1 - 1,5 Loth schwer).



2 Besonderheiten weist der Brief auf, bei denen schon deren eine für sich nicht häufig wäre:

1. Sollte ein Chargé - Stempel vorderseitig abgeschlagen werden - hier hatte man gleich 2 sehr klare Abschläge vorn und einen weiteren klaren Abschlag hinten angebracht, was zu keiner Zeit von einer Vorschrift gedeckt war, und

2. sehen wir den Fingerhutstempel von Kempten mal in roter, mal in schwarzer Ausführung. Es ist überhaupt fast ein Wunder, dass Orte ohne dies haben zu müssen 2 Farben führten, war doch allein schon schwarze Stempelfarbe (sog. Druckerschwärze) nicht billig und rote Farbe erst Recht nicht - offenbar ein Luxus, den man sich in Kempten leisten konnte bzw. wollte.

Den Luxus, diesen Brief zu besitzen, leistete ich mir, weil er für 3 Pizzen nicht zu teuer war und ich auf einen weiteren, vergleichbaren, aus Kempten, oder von anderswo, vermutlich etwas länger werde warten müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Stamps99 Am: 18.06.2019 13:39:45 Gelesen: 237622# 431 @  
Hallo,

bei Postvereinsbriefen aus dem in Guldenwährung rechnendem Süden in die Thalerbezirke im Norden fielen Währungsgewinne an:

Ein einfacher Portobrief über mehr als 20 Meilen wurde bei der Aufgabe mit 12 Kr taxiert, kassiert wurden aber bei der Zustellung 4 Gr, die währungsparitätisch 14 Kr entsprachen. Der Aufgabepost standen aber nur die taxierten 12 Kr zu, so dass ein Gewinn von 2 Kr entstand. In Gegenrichtung war es genau andersherum, so dass sich Gewinne und Verluste ausgeglichen haben dürften.

Bei den nachfolgenden Briefen ist mir aufgefallen, dass dort in den Taxierungen auch die währungspartätische Umrechnung notiert ist - bewußt habe ich so etwas noch nicht gesehen.



M.E. sind die notierten 10 1/2 Kr dort fehl am Platze, es hätten 9 Kr notiert werden müssen, oder kennt jemand eine sinnvolle Erklärung?

Um ein einmaliges Versehen kann es sich bei zwei Briefen mit 5 Jahren Abstand ja nicht handeln.



Beide Briefe sind über Bamberg und Coburg spediert, von wo könnte die Notierung stammen?

Bei dem Brief aus Lohr ist der Empfänger übrigens günstig davongekommen - nach meinem Entfernungrechner beträgt die Entfernung deutlich über 20 Meilen,

Gruß Ralf
 
bayern klassisch Am: 18.06.2019 15:51:20 Gelesen: 237612# 432 @  
@ Stamps99 [#431]

Hallo Ralf,

da zeigst du 2 tolle Briefe, die jeder, der Ahnung hat, auch gerne in seiner Sammlung hätte.

Das Problem mit verschiedenen Währungen kannte nur Thurn und Taxis. Der Stammsitz von TT war Regensburg, die postalische Verwaltung war in Frankfurt am Main, so dass wir es hier mit einer Lehenspost zu tun hatten, die generell in rheinischen Kreuzern (rh. Kr.) taxierte und intern auch verrechnete.

Die Aufgabepost im DÖPV hatte die Pflicht bei Portobriefen in der Währung der Abgabepost zu taxieren. Oft wussten die bayer. Postler aber gar nicht, ob eine Zielpost im Kreuzer-, oder im Groschengebiet ansässig war und in aller Regel folgte diesem Unwissen die Taxierung in rh. Kr., weil es auch so für Bayern (und Baden und Württemberg) am einfachsten war.

Die Abgabepost (hier: TT) musste aber immer in gangbarer Währung kassieren, jedoch entsprach die postalische Reduktion nicht der paritätischen (also tatsächlichen) Reduktion der Währungen, denn hinter ihnen standen andere Systeme, Wirtschaften usw..

Postalisch waren 3 Kr. immer 1 Silbergroschen (Sgr.), 6 Kr. also 2 Sgr., 9 Kr. also 3 Sgr. und 12 Kr. also 4 Sgr..

Paritätisch jedoch war 1 Sgr. = 3,5 Kr., 2 Sgr. also 7 Kr., 3 Sgr. also 10,5 Kr. und 4 Sgr. also 14 Kr., wie du schon völlig korrekt bemerkt hast.

Im Postverein galten die postalischen Verrechnungen, was sich ja von selbst versteht, weil niemand gerne in Brüchen und krummen Zahlen rechnete.

Bei beiden Briefe rechnete die bayer. Aufgabepost mit 9 Kreuzern, die aber nur 2 1/2 Sgr. entsprochen hätten, wenn man paritätisch rechnete. TT wollte aber bei Briefen ins Groschengebiet natürlich 3 Sgr. haben und nicht weniger! Hier wurden also 3 Sgr. Porto in 10 1/2 Kreuzer paritätisch reduziert, Bayern aber mit 9 Kr. abgefunden, was ein schöner Gewinn war.

Der Brief aus Lohr hätte wegen einer Entfernung zu Neustadt an der Orla von 174 km tatsächlich ein Porto von 3 + 1 = 4 Sgr. erfordert. Da aber im DÖPV die Abgabepost nur dann ein notiertes Porto korrigieren durfte, wenn eine bedeutende Fehltaxierung vorlag (Beispiel: Statt 45 Kr. für einen schweren Brief nur 1 Kr. für eine leichte Drucksache frankiert), und diese Fehltaxierung war nicht bedeutend, beließ sie es bei der zu geringen Taxe und kassierte von ihrem Postkunden (Empfänger) weniger, als es richtig gewesen wäre, wohl auch deshalb, weil ja Bayern das Porto zustand und TT nur viel Arbeit und Ärger gehabt hätte, sonst nichts.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 19.06.2019 07:48:46 Gelesen: 237589# 433 @  
Liebe Freunde,

lange danach gesucht und schon nach wenigen Jahren fündig geworden:



U1 Chargé kopfstehend beschrieben. Sind schon recommandirte Ganzsachen nicht häufig und falsch adressierte (kopfstehende) noch weitaus seltnener (ich kenne keine Handvoll), galt es im Rahmen des Aufbaus einer kleinen Spezialsammlung ein Exemplar zu finden, dass beides auf sich vereinigte - schwupps und schon war eines in der Bucht und wurde mir zugeschlagen.

In Lindau im Bodensee wurde am 4.10.1870 ein solches unter der Reco-Nr. 780 nach Kempten aufgegeben, wofür 10 Kreuzer in toto zu berappen waren. Am Folgetag traf es ein. Warum man ein Kuvert kopfstehend verwendete, erschließt sich mir aber nicht, da Marken bzw. Werteindrucke niemals unten zu sein hatten in der Kreuzerzeit (und in der Pfennigzeit auch).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.06.2019 08:04:03 Gelesen: 237587# 434 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief hätte in mehrere Threads gepasst, aber ich zeige ihn mal hier:



Die 1. Versendung des Bezirksgerichts Straubing an das Landgericht in Mallersdorf (Entfernung ca. 56 km Luftlinie) fand als portopflichtige P(artei) - S(ache) am 22.12.1865 statt. Weil man in Straubing nicht frankierte bzw. die "Partei", also der Private, um dessen Angelegenheiten es ging, kein oder ein zu geringes Depositum hinterlassen hatte, wurde unfrei verschickt, was die Empfängerbehörde mi 12 Kreuzern Porto büßen musste. 12 Kr. trotz der Nähe der Postorte, weil "mit Inlage" verschickt worden war und der Brief damit über 1 bis 15 Loth schwer gewesen war. Bis 1 Loth wären 6 Kr. zu zahlen gewesen, nun (es gab ab dem 1.8.1865 nur noch 2 Gewichtsstufen in Bayern) das Doppelte.

Das Landgericht in Mallersdorf zahlte artig die 12 Kr. und hatte damit einen Job am Hals, den man erst am 7.1.1866 hatte erledigen können (üblicherweise das Herbeibringen benötigter Unterlagen, Unterschriften usw.). Da man frankiert retournieren wollte oder sollte, verklebte man eine 6 Kr. Marke für den wiederum schweren Brief, die jetzt ausreichte.

Interessant ist der Probeabschlag des Mallersdorfer Expeditors, der sachte frontseitig testete, ob sein Halbkreisstempel schon umgestellt worden war, oder nicht - und siehe da, er war es nicht, denn wir lesen dort den 6.1.1866. Also flugs auf den richtigen Tag umgestellt und klar abgeschlagen, damit alles paletti war.

Es gibt einige Briefe, die diesen Modus zeigen, obwohl das so nicht in Einklang mit der Vorschrift zu bringen ist, wonach bei Dienstbeginn sofort alle Stempel auf den neuen Tag umzustellen waren und die Qualität der Abschläge jeden Morgen durch einen Probeabschlag (natürlich nicht auf Poststücken!) zu prüfen war. Aber wer hielt sich schon im harten Geschäft der Post an Vorschriften, deren Einhaltung kaum einen interessierte?

Hin und wieder finden sich Briefe, bei denen die Aufgabepost siegelseitig einen Testabschlag vorgenommen hatte, aber auch die sind keine Massenware und illustrieren die dienstlichen Usancen dieser Zeit hervorragend.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.06.2019 10:11:31 Gelesen: 237303# 435 @  
Liebe Freunde,

die Firma Volleth & Boeschel in Nürnberg hatte eine Rechnung nach Straubing an die Firma M. Ludsteck zu verschicken, musste aber feststellen, dass Straubing über 12 Meilen von Nürnberg entfernt lag, was ein Franko von 6 Kreuzern erfoderte. Das war entschieden zu viel, so dass man seine Beziehungen spielen ließ und den Brief nach Regensburg brachte (Nürnberg - Regensburg genau 12 Meilen und damit noch ein Franko von 3 Kreuzer!).



Ab Regensburg am 2.12.1858 dann nach Straubing, wofür nun die frankierten 3 Kreuzer ausreichten, also 3 Kreuzer gespart.

Die Marke sollte eine 2 II Platte3 sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.06.2019 07:25:28 Gelesen: 237250# 436 @  
Liebe Freunde,

Erklärungen zu Briefen finden sich in der Regel nur dann, wenn Marke, oder zumindest Stempel vorhanden sind. Fehlen aber beide, wird es mit einer Erklärung eher schwierig, weil die Kataloge über dergleichen Briefe keine Aussagen machen und man auf eigene Erfahrungen bzw. Sekundärliteratur angewiesen ist, so diese einem zugänglich wäre.



In genau diese Spalte fällt dieser Brief, der ebenso unscheinbar, wie interessant ist, weil er sich hinsichtlich seiner Optik und seines Nicht - Zeigens von Marke(n) und Stempel(n) von 99,9999% aller Briefe unterscheidet.

Doch lesen wir zuerst die Adresse: An den loebl(ichen) Magistrat der K(öniglich) B(ayerischen) Stadt Nürnberg durch Herrn Großhändler Roscher

Da schickte also jemand einen Brief an einer Stadt(verwaltung) und verfügte unten links, wer den Brief zu übergeben habe. Damit war klar, dass die bayerische Post hier nicht tätig werden sollte, sondern ein Privater. Es war also nach üblicher Lesart ein Brief durch Vermittlung eines Dritten und üblicherweise wurden solche Briefe mit dem Vermerk "Durch Güte" versehen, weil sich ein "Gütiger" gefunden hatte, den Transport bzw. die Zustellung eines fremden Briefes zu bewirken.

Doch traf mich fast der Schlag, als ich ihn öffnete.

Regensburg, den 2.1.1845 (also noch keine Marken) Inserationsnote für den loeblichen Magistrat der Stadt Nürnberg über:
1 Bekanntmachung No 295 - 40 Kreuzer (x)
dieselbe No 296 - 40 x
dieselbe No 297 - 40 x
dieselbe No 298 - 40 x
dieselbe No 299 - 40 x
dieselbe No 300 - 40 x
.........................

4 Gulden
Getreidetransport betreffend
Hochachtungsvoll Die Expedition des Regensburger Tagblatts

Den Empfand obiger 4 Gulden bescheint Ergebenst Rütmayr

Außerdem wurde für den Brief Stempelpapier i. H. v. 3 Kreuzern benutzt, so dass wir hier ein amtliches Schreiben zugrunde legen müssen.

Es stellt sich die Frage, warum eine Zeitungsredaktion für die Bekanntmachung von 6 Insertionen (Anzeigen, "Einrückungen auch genannt) nicht einfach die Post bemühte, sondern einen Privaten engagierte, der von Regensburg aus nach Nürnberg im Jahr 1845 gefahren sein muss, um diese Note der Stadtverwaltung Nürnberg anzudienen.

Aber das ist das Interessante an Bayern bzw. ganz Altdeutschland, von dem die Altvorderen mir schon vor über 40 Jahren unisono sagten, dass längst alles erforscht ist und man sich als junger Mensch besser interessanteren Sammelgebieten zuwenden sollte, als dem Altpapier, das schon längst keine Neuigkeiten mehr bieten könne, ja das langweilig und ausgereizt sei.

Gut, dass ich damals nicht auf diese Altvorderen gehört habe, wie wohl ich das sonst im Leben oft tat, denn auch 2019 sehe ich zumindest jeden Monat etwas Neues und es ist nicht absehbar, dass bzw. wann sich das einmal ändern sollte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 29.06.2019 14:56:06 Gelesen: 237233# 437 @  
@ bayern klassisch [#436]

Hallo Ralph,

immer wieder faszinierend was Du aus den Briefen alles herausholen kannst! Was bei anderen Sammlern auf die Ablage wandert, wird bei Dir erst mal kritisch untersucht, um es dann so klasse zu beschreiben und in die Sammlung einzuarbeiten.

Liebe Grüße,

Kevin
 
bayern klassisch Am: 29.06.2019 15:52:57 Gelesen: 237227# 438 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#437]

Vielen Dank - den hat ein Sammlerfreund gefunden und an mich gedacht. Aber hätte ich ihn zuerst gesehen, wäre er direkt in meine Mini - Sammlung "Durch Güte, Unterschleif und als Einlage verschickt" gewandert.

Wer nur vorne auf die Briefe schaut, macht vieles falsch. Wer vorne und hinten auf die Briefe schaut, macht einiges falsch. Nur wer den Brief in all seinen Facetten betrachtet, macht nichts falsch und Sammlungen, bei denen der Sammler nichts falsch gemacht hat, sind immer noch die besten - ich erinnere da an die Spezialsammlung Fahrpost Magdeburg unseres lieben Magdeburgers - ein Musterbeispiel par exellance, wie man eine absolut fehlerfreie Sammlung aufbaut und bis auf Gold im Rang 1 hoch schießt. Chapeau nachträglich an den lieben Ulf, was er das Fabelhaftes geleistet hat!

Das wird mir mit dieser Mini - Sammlung vermutlich nicht gelingen, aber es ist mir schon mit einigen Anderen gelungen und ich bin gespannt zu sehen, was du alles in Sindelfingen 2019 hinstellst, ich hoffe kommen zu können, das steht aber in den Sternen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 29.06.2019 16:55:49 Gelesen: 237221# 439 @  
@ bayern klassisch [#438]

Hallo Ralph,

ich gebe dir in allem was Du sagst Recht! Auch der Inhalt eines Briefes sollte immer mit untersucht werden, nicht selten finden sich dort Sachen versteckt, die die Beschreibung eines Briefes komplett verändern können. Mein Problem ist nur, dass ich die Schrift oftmals nicht wirklich entziffern kann oder eben nur in Fragmenten. Das macht die Sache dann natürlich schwieriger.

Es würde mich sehr freuen, wenn Du es schaffen würdest nach Sifi zu kommen, ein Besuch dort lohnt einfach immer. Ich bin ebenfalls gespannt, ob noch ein Jugendlicher dort in der Klasse Postgeschichte ausstellen wird, oder ob ich mal wieder ein Waisenkind in dem Gebiet sein werde. :D

LG

Kevin
 
bayern klassisch Am: 29.06.2019 17:24:18 Gelesen: 237215# 440 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#439]

Ich könnte mir den Bart abrasieren lassen und den Paß von unserer Abteilung um gut 40 Jahre nach unten setzen lassen, dann wärst du nicht allein. :-)

Du bist natürlich, vor allem über das Wissen, welches in guten Forum wie hier vermittelt wird, den meisten deiner Altersgenossen weit überlegen, kognitiv sowieso. Von daher wird deine Sammlung von vornherein auf einem ganz anderen Level sein.

Jedenfalls werde ich versuchen, einen Tag dort zu sein, vlt. den Donnerstag, wo der Verkehr noch nicht so desaströs sein wird, wie am Freitag. Schaun mer mal.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 06.07.2019 07:25:54 Gelesen: 236912# 441 @  
Liebe Freunde,

ab und an sieht man Briefe, vor allem dienstliche, nur mal schnell an, weil sie selten Bewegendes, oder zumindest Interessantes aufzeigen. Aber man kann auch mal einen Tick genauer hinschauen und Glück kann man auch mal haben, so wie hier bei einem Dienstbrief des Fiscalats an das Appellationsgericht von Niederbayern in Passau vom 12.10.1850.



Die Absenderbehörde hatte alles richtig gemacht und nicht vergessen, auch "Recommandirt" zu schreiben, so dass der Brief nur eingeschrieben versandt werden sollte, aber just das geschah nicht, denn es wurde offensichtlich kein Schein gezogen, keine Reco - Nummer vergeben und auf dem Brief und dem Schein notiert und auch nachträglich, ja, das kam vor, konnte ein Brief im Rahmen seines Postlaufs noch eingeschrieben werden. Daher dürfte man ihn auch ganz normal der Empfängerbehörde zugestellt haben. Siegelseitig ist er blank, also wissen wir es nicht. Wäre er verloren gegangen, hätte man sich zwar 6 Kreuzer Reco - Kosten gespart, aber auch keine 24 1/2 Gulden bekommen.

Dergleichen Briefe suche ich noch für meine "Mini - Sammlung" "Chargé, Recommandation und Einschreiben" 1806-75. Wenn da einer noch ein gutes Stück haben, aber nicht benötigen sollte, schaue ich mir das gerne an.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2019 07:37:24 Gelesen: 236910# 442 @  
Liebe Freunde,

wenn ein Brief mit Marke nur aufgabegestempelt auf die Reise ging, sollte die Marke nachentwertet werden. Je länger also ein Brief in den Händen der Post war, also bei Umspedierungen z. B., desto wahrscheinlicher war es, dass einem Postbediensteten dieser Umstand auffiel und damit die Marke nachentwertet wurde.

Bei Briefen, die nur von A nach B verschickt wurden, also gewissermaßen an die benachbarte Poststelle, sind Nachentwertungen eher selten, weil die Funktion der Kontrolle nur schwach ausgeprägt war und die Obrigkeit kaum dazwischen funken konnte.



Ein Brief aus Passau vom 3.7.1863 war Abends um 19.00 Uhr (Sommerzeit gabs noch keine) aufgegeben und tarifgerecht mit 3 Kreuzern frankiert worden - nur stempelte man die Marke nicht, den Brief aber schon. Der Mühlradstempel war wohl nicht mehr im Einsatz zu so später Stunde.

Die ca. 9 km östliche gelegene Postexpedition in Obernzell hätte den Brief also am selben Tag, oder spätestens am Folgetag erhalten müssen und bei korrekter Auslegung der Vorschriften die Marke entwerten müssen - aber wenn wir uns den Stempel von Obernzell anschauen, entdecken wir den 5.7. und 2 Tage für 9 km Luftlinie sind nun wahrlich äußerst lang und für mich nicht erklärbar.

Keine Rose ohne Dornen - dieser Sofortkauf in der Bucht zeigt leider einen Bug durch die Marke, den ich nicht ungeschehen machen kann, aber 3 Pizzen war er mir allemal wert, zumal man Briefe mit Halbkreisstempel von Obernzell nicht in der Wühlkiste finden dürfte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.07.2019 09:05:12 Gelesen: 236888# 443 @  
Liebe Freunde,

ein früher Dienstbrief als Ca Dni = Causa Domini = Sache des Landesherrn portofrei zu befördern aus Feuchtwangen vom 18.5.1811 ("Maj" für altdeutsch May oder heute Mai hatte ich stempelmäßig auch noch nicht gesehen) mit folgender Anschrift:

Zum Königl(ich). Baier(ischen) von Schenck(ischen) Patrimonial - Gericht Walch".



Wie die Vorderseite des Briefes ahnen läßt, gab es Probleme bei der Zustellung bzw. Leitung des Briefes. "Walch" wurde gestrichen und durch "Wald" ersetzt, darunter notiert "bei Gunzenhausen".

Mittig war hinzu gefügt worden "H(errn) Verwalter Ensling in Denenlohe" (gemeint wohl Schloß Dennenlohe bei Unterschwaningen). Nun, Dennenlohe ist etwa 8 km entfernt westlich von Gunzenhausen und heute gibt es noch eine Gegend zwischen diesen beiden Lokalitäten die "Unterer Wald" genannt wird, so dass ich das hier notierte "Walch" = "Wald" interpretiere.

Da keine weiteren Poststationen eingeschaltet wurden, und Ankunfts- bzw. Transitstempel im Jahr 1811 ein Fremdwörter waren, ist siegelseitig nichts zu finden.

Wer weiterführende Angaben zu Personen oder Lokalitäten machen kann, darf das gerne tun.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.07.2019 10:06:20 Gelesen: 236088# 444 @  
Liebe Freunde,

ein unscheinbarer Brief aus Neu-Ulm vom 26.4.1867 an die Firma Dresssel Kister & Compagnie, Porzellanfabrik, in Passau, zeigt uns eine schöne 3 Kreuzermarke vom Oberrand und einen Ankunftsstempel 2 Tage später (eher eine lange Transportzeit damals). Tatsächlich stammt er aber aus Ulm, wie uns der Inhalt zeigt. Er war am 25.4. von G. Helda / Markt geschrieben worden.





Die Ersparnis war enorm - statt 9 Kreuzer Franko von Ulm aus kostete er nur 3 Kreuzer von Neu-Ulm aus und eine höhere Ersparnis war durch diesen Briefeschmuggel im DÖPV gar nicht möglich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.07.2019 10:23:09 Gelesen: 236085# 445 @  
Liebe Freunde,

eigentlich ein Stück für die gepflegte Krabbelkiste, wäre da nicht die Anschrift, die mich zum Kauf bewogen hat (zum Preis eine Pizza - Dollars, wie ich nicht vergessen möchte hinzuzufügen).





Drucksache bis 2,5 Loth aus Augsburg vom 25.5.1874 "An die Hinterbliebenen des Herrn Joh. Evangel. Lang, Holzschnitzwaaren Verlegeer in Oberammergau". Noch am selben Tag bekam die Drucksache (DS) in München einen Transitstempel (eher ungewöhnlich, noch dazu bei billigen DS), aber dafür in Oberammergau wenigstens keinen Ankunftsstempel, was die Sache wieder ausglich.

Hochinteressant der Inhalt - Datenschutz gab es in der guten, alten Zeit ja noch nicht, daher zeige ich ihn hier: Man hatte in Augsburg erfahren, dass in Oberammergau jemand gestorben war und bot prompt Sterbeandenken in großen Partien an - das nenne ich mal geschäftstüchtig.

Eine Adresse an "Hinterbliebene" hatte ich bisher noch nicht, denn woher sollte die Post wissen, wer konkret damit gemeint war - die Ehefrau (wenn es sie gab), Kinder (wenn es sie gab), Bruder und Schwester (wenn es sie gab), Eltern (wenn es sie noch gab), oder wen sonst?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.07.2019 10:56:45 Gelesen: 236076# 446 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus München vom 11.2.1851 an Herrn Nathan Huchinger, Privatier in Harburg in Bayern, zeigt, dass auch Briefe ankommen konnten, die suboptimal gestaltet waren und zwar von Seiten des Absenders, wie auch von Seiten der Aufgabepost.



1. Bedeutender als das bayerischer Harburg war das bei Hamburg, welches sich genauso schrieb und schreibt - zur Verwechslung namensgleicher Orte hätte man wenigstens präzisieren sollen "in Schwaben", oder "in Bayern".

Die Aufgabepost in München notierte unten links "9" Kreuzer Porto, die auch als "3" hätten gelesen werden können. Als ich den Brief in der Bucht sah, dachte ich zuerst, man hätte oben links eine Marke entfernt und ihn so angeboten, aber es zeigt sich jetzt, dass es oben nie eine Marke gab und dieser Taxkrüppel tatsächlich eine 9 sein musste, weil einfache Briefe über 12 Meilen innerbayerische 6 Kreuzer plus 3 Kreuzer Portozuschlag ab dem 1.7.1850 kosteten.

Dennoch hat ihn die äußerst zuverlässige bayerische Post am Folgetag im richtigen Harburg zugestellt und man muss hoffen, dass alle Beteiligten auch den Taxkrüppel als 9 interpretiert hatten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.07.2019 09:45:52 Gelesen: 235664# 447 @  
Liebe Freunde,

wenn ein Brief "ein Gesicht hat", ist die Qualität der verwendete(n) Marke(n) hinsichtlich der Qualität sekundär. Genau so verhält es sich hier bei einem 1,5 Pizza - Dollar - Brief, den ich aus den USA heim nach Südhessen holen konnte.





Eine Rechnung wurde am 20.10.1869 in Memmingen geschrieben, aber erst am 22.10.1969 dort an "Herrn Levi Sondheim in Obergleen bei Kirtorf" mit einer randmäßig kastrierten Nr. 15 der Post aufgegeben, warum auch immer so spät. Diesen Mangel des Absenders glich aber seine mindere Adressierungsqualtiät locker wieder aus, denn so einfach war das Briefchen bis 1 Loth nicht zuzustellen, denn 5 siegelseitige Stempel waren auch zu dieser Zeit noch nicht die Regel.

Bei einer Entfernung von 59 km würde ich bei zwei Dörfern andere Präzisierungen erwartet haben, aber wenn man ihn richtig adressiert hätte, sähe er ja auch langweilig aus.

Jedenfalls strich man zuerst "Kirtorf" und notierte stattdessen "Niederkleen", wonach man dieses strich und durch "Kirtorf" ersetzte.

Schauen wir uns die Karte von Memmingen nach Oberkleen an, stellen wir fest, dass München nicht gerade auf der Strecke lag, doch genau dort lief er noch am selben Tag durch:

Am 23.10. kam er in Mainz an und war am 25.10. (!!) in Niederkleen. Dort erhielt er den Ausgabestempel, jedoch konnte nicht zugestellt werden, so dass er am 26.10. in Kirtorf aufschlug, wo er einen zweiten, schlecht abgeschlagenen Ausgabestempel erhielt.

Hinten lese ich: "In Oberkleen beiNiederkleen unbekannt. Langgöns, Bote" und Langgöns liegt ja auch in der Nähe zu den drei involvierten Orten Niederklee, Oberkleen und Kirtorf.

Levi Sondheim hatte im Allgäu Käse bestellt und eine Kiste Käse mit 110 Pfund Käse und 20 Pfund Verpackung zugesandt bekommen. Zuvor hatte er per Postanweisung den Käse und die Verpackung bzw. den Versand mit 26 Gulden und 27 Kreuzern bezahlt. Da dürfte der Käse weitaus früher angkommen sein, als der Brief, oder hatte der auch eine kleine Odyssee hinter sich, allerdings mit der Bahn? Wenn ja, dann wird Levi Sondheim den Käse schon von Weitem gerochen haben ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch (großer Käseliebhaber, nur damit das nicht falsch rüber kommt!)
 
bayern klassisch Am: 27.07.2019 10:03:02 Gelesen: 235660# 448 @  
Liebe Freunde,

zu den großen Mysterien der bayerischen Postgeschichte gehörten die portopflichtigen Partei - Sachen, die zwar unfrankiert aufgegeben werden konnten, aber auch in diesem Fall keinen Portozuschlag ab 1868 erhalten durften.

Demnach sollten sie unfrankiert am Ort 1 oder 2 Kreuzer kosten und im Fernverkehr 3 oder 7 Kreuzer, je nachdem, ob sie bis 1 Loth oder über 1 - 15 Loth wogen. Keine Vorschrift ist in Bayern häufiger mißachtet worden, als diese.







Ein Schreiben des kgl. Marktes Neukirchen beim heiligen Blut an das Bürgermeisteramt der Gemeine Lambsheim (Pfalz) vom 18.11.1870 (Kriegszeit) war in jeder Beziehung mustergültig auf seinen Weg gebracht worden und der Vermerk "P.S. Porto jenseits", also Partei - Sache von Lambsheim, dort das Porto einfordern, war eindeutig. Der Auftraggeber saß also in der Pfalz und wünschte eine Maßnahme zwischen bei bayerischen Behörden, für die er zu zahlen hatte. War er wohlsituiert, konnte man das nach Erledigung mit ihm abrechnen, war er das nicht, musste er, ehe die Behörden loslegten, ein Depositum in Lambsheim abliefern, aus dem man sich bei Kosten, Gebühren usw. bediente.

Der über 1 Loth schwere Brief hätte also im Franko-, wie im Portofall wie hier nur 7 Kreuzer kosten dürfen - dennoch hat ihn die Aufgabepost mit 11 Kreuzer taxiert, als wäre es ein gewöhnlicher Brief und kein portomoderierte Dienstbrief.

Auch die Abgabepost (hinten kein Stempel) störte sich nicht an der Beugung der Vorschriften und kassierte satte 4 Kreuzer zuviel, die der Auftraggeber im Endeffekt bezahlen durfte.

Zum Inhalt:

"Das Verehelichungsgesuch des Josef Schab". Schab möchte seine Braut in Neukirchen b. h. B. als neue Heimat angeben, aber in der Pfalz heiraten. Der Magistrat möchte hierfür 20 Gulden von Schab haben, ehe man ihn dort einbürgert. Auch bedurfte es eines Zeugnisses, dass Schab seinen Militärdienst geleistet hatte - was Wunder in dieser Zeit, da sich vlt. der ein oder andere gerne mal davor drücken wollte, war doch schon der Friedensdient beim Militär kein Fingerschlecken und ab Sommer 1870 kam ja noch der Krieg hinzu.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.07.2019 10:01:49 Gelesen: 235559# 449 @  
Liebe Freunde,

eine weitere Mini - Sammlung von mir hat Zulauf bekommen, die Slg. 1.7.1849 bis 31.10.1849.



Ein Privater schrieb eine Stiftungs Sache (!) in Oettingen am 5.9.1849 und gab sie am Folgetag unfrei zu Post. In Oettingen stempelte man noch mit grüner Farbe, was sich bald ändern sollte, als die ersten Marken erschienen und auf schwarze Farbe umzustellen war.

Hier aber taxierte man korrekt mit 3 Kreuzer innerbayerisch für einen Brief an die Hochlöbliche Stiftungsverwaltung zu Oberdorf bey Bopfingen. Bei Bopfingen? Das lag doch in Württemberg und hatte mit dem rein innerbayerischen, neuen Taxregulativ vom 1.7.1849 gar nichts zu tun, könnte man meinen. Ja und nein!

Mit dem Postvertrag zwischen Bayern und Württemberg von 1809 (also noch unter Napoleons Zeiten) galt bei einigen Grenzorten, dass die eigene Postkutsche bis zum gegenüber liegenden Grenzort fahren durfte, um die Post abzugeben, ohne dass dies eine weitere Gebühr nach sich zu ziehen hatte - im Klartext: Briefe aus Bayern nach Bopfingen galten als frankiert bis Nördlingen (s. hinten den Ankunftsstempel vom selben Tage), wurden jedoch mit der bayerischen Kutsche bis in württembergische Bopfingen gefahren (wobei damals Thurn und Taxis die Postgerechtsame in Württemberg noch gepachtet hatte).

Oberdorf war ein eigenständiger Ort vor den Toren von Bopfingen, ist aber heute längst eingemeindet und der größte Stadtteil heute mit ca. 1.500 Einwohnern. Damals waren es sicher weit weniger.

Grüner Stempel, eine ominöse Stiftungssache, ein Tarif nach Württemberg, den es nur für Bayern geben sollte und ein fehlender Bestellgeldvermerk in Bopfingen - ja, das hat schon etwas, vor allem dann, wenn man es in der Bucht unerkannt schnappen kann zum Preis einer Damenpizza, schlecht belegt, leicht erkaltet - vlt. sogar von gestern.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.08.2019 16:35:08 Gelesen: 234608# 450 @  
Liebe Freunde,

ein entzückendes Briefchen vom 17.3.1847 erblickte mein Auge in der Bucht - mit leidlich lesbarem Halbkreisstempel Günzburgs versehen, las ich die Anschrift: "S= des Ttl. Herrn Fidel von Baur - Breitenfled Kl Bayr. Landgerichts - Assessor wohlgeboren Lindau Ablage im Gasthaus zur Krone"



Der Brief weist darüber hinaus noch einen fast nachträglich anmutenden Vermerk "fro" für franco auf. Siegelseitig ist jedoch kein Franko zu erkennen. Statt dessen hatte der Absender notiert: "Vom Kl. Postv. G´hey".



Der Brief wurde mit einem kleinen Siegel versehen und erhielt je zwei Parellelstriche, aber keine Frankonotation, so dass ich davon ausgehe, dass man in Günzburg nichts bezahlte. Pro memoria: Günzburg - Lindau im Bodensee sind genau 110 km, also wäre selbst ein einfacher Brief auf ein Franko von 6 Kreuzer gekommen (über 12 bis 18 Meilen).

Dann schaute ich nach und fand heraus, dass damals der Posthalter von Günzburg Carl Graßhey (oder Grashey) hieß und selbiger den Brief geschrieben hatte, für den er natürlich nichts hatte zahlen wollen. Lindau erhielt ihn noch am selben Tag und übergab ihn wohl dem Wirt des Gasthauses zur Krone, wo man ihm seinem Empfänger später zustellte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.08.2019 10:04:49 Gelesen: 233393# 451 @  
Liebe Freunde,

Briefe der Kreuzerzeit (und wohl auch der Pfennigzeit) auf violettem Briefpapier findet man sich nicht an jeder Ecke, vor allem nicht Ortsbriefe, bei denen die Marke so schön farblich kontrastiert, wie hier auf einem Briefchen vom Münchener Bahnhof vom 24.7.1869 an "Herrn Stroblberger Schwertfeger, Karlsplatz, München".





Noch am selben Tag Ankunft in der Stadt, gab man ihn den Briefträgern Nr. 32 und 37 (die Reihenfolge vermag ich nicht zu klären) zum Austragen mit. Fein auch, und so kannte ich das bisher nicht, dass der Absender sein rotes Negativsiegel abschlug, was bei dem Untergrund etwas unleserlich wurde.

Der Inhalt aber stammt von Regensburg, so dass es gar kein Ortsbrief, sondern ein geschmuggelter Fernbrief war und vlt. lässt sich so der ungünstige, farbliche Abschlag des Absendersiegels erklären (nicht ernst gemeint).

Ein Herr A. Strobl beauftragte Herrn Stroblberger, für ihn Klingen und Rapiere herzustellen und zu liefern.

Ab 1.1.1868 kosteten einfache Fernbriefe nur noch 3 Kr., daher kommen solche Kuvertierungen in der späten Zeit eher selten vor, denn die Ersparnis von nur 2 Kr. war nicht so berühmt wie in der alten Zeit, also man 5 oder mehr Kr. sparen konnte, zumal der Zeitverlust bei Firmen wie hier nicht vergessen werden sollte: Regensburg 20.7., erhalten in München am 24.7. und beantwortet am 26.7. waren schon Zeitunterschiede, die etwas ausmachen konnten, denn schon damals war Zeit Geld.

Derzeit knoble ich noch, in welche Sammlung das Original gesteckt wird: Ortsbriefe, Weiterleitung, Besonderheiten beim Absender (Firmenstempel), oder Postbetrug?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.08.2019 10:19:45 Gelesen: 233388# 452 @  
Liebe Freunde,



Portobriefe in den Postverein sind in der 1. Gewichtsstufe häufig, wenn auch vlt. nicht gerade nach Bergedorf, Liechtenstein, Strelitz oder Luxemburg. Alle Briefe in der 2. Gewichtsstufe sind nicht häufig und von höheren Gewichtsstufen brauchen wir gar nicht erst zu reden, weil es sie heute zumindest kaum noch gibt.

Hier darf ich eine echte Bombe zeigen, bei der auch noch Einiges schief gegangen ist, aber der Reihe nach: Aibling 29.9.1861 "Seiner Wohlgeboren dem Schultheißen Herrn Bäuerlein Wohlgeboren in Essingen Kgl. Württembergisches Oberamt Aalen". Der Vermerk "Gegen Schein Mit Zeichungspapiren" war hier nur optisch nicht so relevant, denn optisch eingeschrieben wurde die Sendung nicht, so dass man "Gegen Schein" hätte durch die Hand des Absenders eigentlich streichen lassen müssen, aber die 6 Kreuzer für die Einschreibung spielten schon eine Rolle, wie wir noch sehen werden.

Mit Zeichnungspapieren = Anlage, die dem großen Brief untergebunden war. Das "Bundle" wurde 3 mal gleich taxiert, nämlich mit satten 54 Kreuzern. Bei einer Entfernung von Aibling - Essingen (Aalen) von genau 180 km = über 20 Meilen kostete also ein Brief unfrei 9 Kr. plus 3 Kr. Portozuschlag = 12 Kr. je angefangenes Loth. Ein Brief mit über 3 Loth wie hier kostete also schon das Vierfache von 12 Kr., nämlich 48 Kr.. Dazu kamen 6 Kr. Recogebühr für die Aufgabepost, so dass sich die 54 Kr. erklären. Noch besser wäre es gewesen, man hätte "Chargé" gestempelt und die Reconummer notiert, aber es geht auch so ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.08.2019 10:55:39 Gelesen: 233382# 453 @  
Liebe Freunde,

Dienstbriefe sind oft das hässliche Entlein, die graue Maus, oder gar lettera non grata bei vielen Sammlern und nichts ist falscher als das, zumindest im internationalen Postverkehr.



Sogar in die von Bayernbriefen überschwemmte Schweiz findet man sie nicht häufig, warum auch immer (ich könnte mir vorstellen, dass die Schweizer Archive noch erkleckliche Mengen beinhalten, aber nichts heraus rücken).

Hier ein Exemplar "Vom Katholischen Stadtpfarramte in der Vorstadt Au" bei München mit Postaufgabe in München - Stadt vom 20.7.1866, also der Kriegszeit, auch wenn sie weder München, noch Zürich wirklich tangierten, "An das Kathol. Stadtpfarramt Zürch / Herrn J. S. Reinhard, kathol. Pfarrer / in Zürch. R.S. ENr. 1157 Amtlich". Siegelseitig der Ankunftsstempel vom Folgetag (!!!), heute unmöglich und bestenfalls per Flugpost möglich.

Interessant ist die Schreibweise von Zürich und hätte da Zürich gestanden, hätte ich den Brief visuell sofort als das erkannt, was er war - ein Auslandsdienstbrief. So wunderte ich mich zuerst über die Notation "Amtlich", die es in der Schweiz gab, aber nicht in Bayern. Dann folgte aber die Conclusio, dass man in Münchens Vorstadt Au "Amtlich" notierte, weil man dort mit einer R(egierungs) S(ache) wenig anfangen konnte und man natürlich ein Porto anzuschreiben zu vermeiden suchte.

Der klare Münchener Stempel weist jedoch kein Ziffer für die Dekade aus, wie der Zürcher (ja, Zürcher, nicht Züricher) Ankunftsstempel die letzte Zahl des Jahres nicht anzeigt - aber zusammen sind sie aussagekräftig und lassen den Brief sicher datierbar werden.

Zum Preis sage ich jetzt mal nichts - wer weiß, wie der Pizza - Dollar steht, ahnt sich sicherlich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.08.2019 08:25:16 Gelesen: 233047# 454 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief mit der 3 Kr. aus Bamberg vom 15.2.1851 "An Herrn Wilh(elm) Wild Agent Nürnberg frey". So weit, so gut, aber die Post in Nürnberg konnte ihn nicht zustellen, daher strich sie Nürnberg und fügte siegelseitig hinzu: "Hiemals unbekannt Nürnberg, d. 17. Febr. Unterschrift".





Die Marke hatte beim Posteingang in Nürnberg noch den typischen blauen Kontrollstrich erhalten, der Brief musste aber nach Bamberg retourniert werden.

Hinten gibt es noch ein Fragment des Bamberger Halbkreisers, jedoch stellt sich mir die Frage, an wenn man ihn zurückgeben wollte, war doch äußerlich keine Adresse zu sehen.

Faltet man den Brief (leider kein Inhalt mehr) jedoch um, liest man: "1851 Bamberg, de. 15 Februar A. Klee Ed 17 Bd 20 May".

Ich denke daher, dass man den Brief geöffnet hatte, die Absenderanschrift mit Datum auf dem Brief notiert und wieder nach Bamberg retour gegeben. Dafür könnte man ihn auch amtlich nachgesiegelt haben, jedenfalls sieht es danach aus. Retourbriefkommissionen gab es ja schon lange, nur hatten sie 1851 noch keine Wäppchen.

Den kleinen Stempel hinten kann ich gar nicht entziffern und weiß auch nicht, ob er zeitidentisch ist. Hier wüsste ich gerne mehr.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.08.2019 08:58:04 Gelesen: 233045# 455 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief ist sicher einmalig - daher musste ich die Qualität in Kauf nehmen und tat es gern.





Verfasst und aufgegeben in Augsburg am 25.4.1866 war er gerichtet an: "Mrs Margaret Keller, 99 Goffe Street New Haven Connecticut North-America". Viele Briefe in die USA sind eindeutig schlechter geschrieben, oder haben weniger Angaben zum Empfänger, als dieser Brief hier.

Man frankierte 22 Kreuzer - 6 Kreuzer für Bayern und 16 Kreuzer Weiterfranko für den Seetransport und das US - Inlandsporto.

Am 27.4.1866 kam er in Bremen an. Laut meinen Unterlagen ging aber erst am 6.5.1866 die "Bremen" ab Bremen nach New York ab (am 9.5.1866 in Southampton und Ankunft am 22.5.1866 in New York).

Hinten lese ich 4 1/2 Silbergroschen Weiterfranko, die 16 Kreuzern entsprachen. Die Weiterfranko - Rötel vorne kann ich nicht sicher deuten. Den roten US - Ankunftsstempel kann ich auch nicht datieren, nur 3 Cents für die US - Inlandsrate erkenne ich.

Vorne unten lese ich aber Sacramento Jun 8 1866 California und "MISSENT", also fehlgeleitet durch die US - Post. Siegelseitig erkenne ich einen Stempel "Carrier 2.7.1866".

Meine Fragen hierzu: Lief er wirklich mit der Bremen ab Bremen in die USA? Wer kann die Rötel vorne sicher deuten? Wie war der genaue Postlauf in den USA?

Von New Haven in Connecticut nach Sacramento in Kalifornien sind es bescheidene 3000 Meilen in direkter Linie, während es von New York nach New Haven nur 80 Meilen sind, also ein Katzensprung.

By the way - die 18 Kreuzer hat ziemlich gelitten, die 3 Kreuzer sieht noch ganz gut aus und die 9 Kreuzer wurde wohl nachträglich entwertet, weil man in Augsburg beim Abstempeln die Briefe wohl wieder "geschichtet" hatte.

Es gibt halt Briefe, bei denen klappte so gut wie gar nichts - dafür entzückt er innen mit einem herrlichen Stahlstich von Augsburg, verfasst am 26.4.1866, obwohl der Poststempel Augsburg den 25.4.1866 zeigt. Auch hier klappte wohl wenig ... Der Brief war auch noch innen und außen separat versiegelt, als ob er noch einen Inhalt gehabt hätte - lag aber wohl noch im Bereich von einem Loth, sonst hätte er über ein Loth 44 Kreuzer gekostet.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

P.S. Beim Inhalt schreibt man der Empfängerin, dass man ihren Brief vom 18.10.1863 (!!!) verlegt hatte, in welchem sie nach Augsburg geschrieben hatte, dass ihr Mann im Sezessionskrieg am 15.12.1862 gefallen war. Auch hier passt alles zusammen - ein Chaos nach dem anderen.

Beigefügt war eine Geldanweisung über 10 Dollar! So etwas lese ich heute zum ersten Mal und jetzt erklärt sich auch die doppelte Siegelung des Briefes.
 
bignell Am: 31.08.2019 09:55:06 Gelesen: 233039# 456 @  
@ bayern klassisch [#454]

Hallo Ralph,

der kleine Ovalstempel lautet "??WOHNER BUREAU" (Anwohner? Bewohner?), die ersten beiden Buchstaben sind am Scan leider nicht erkennbar.

Liebe Grüße, harald
 
bayern klassisch Am: 31.08.2019 11:18:51 Gelesen: 233029# 457 @  
@ bignell [#456]

Hallo Harald,

du hast Recht - es müsste Einwohner Bureau heißen. Solch einen Stempel habe ich noch nie gesehen auf einem Brief nach Bayern. Man lernt doch jeden Tag dazu, auch nach über 40 Jahren.

Vielen Dank und liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 08.09.2019 19:33:45 Gelesen: 232478# 458 @  
Liebe Freunde,

der Begriff "eierlegende Wollmilchsau" ist sicher nicht philatelistischen Ursprungs und doch trifft er auf das ein oder andere Poststück zu, welches unter dieser Rubrik gezeigt wurde.



Darunter dürfte auch dieser Ortsbrief vom 1.1.1871 bis 1 Loth aus München I an "Herrn Johann Mössberger, Kellner, hier, Adelgundenstr. 3" zählen, obwohl Ortsbriefe von München zu Tausenden heute noch belegt sind. Aber sie sehen nicht alle so aus, zumindest von hinten nicht und die Siegelseite ist das Eigentliche, warum ich nicht umhin konnte, ihn bei einem Auktionshaus zu ersteigern.

Schon das Wort "verte" vorn, welches "hinten" bedeutet und die gestrichene Straße deuten darauf hin, dass man hinten genauer hinschauen sollte, als auf die läppische Nr. 22 vorn, auch wenn diese in der c) Nuance nicht ganz so häufig ist.

Siegelseitig finden wir folgendes (in der Chronologie der Ereignisse):

1. Zuerst bekam ihn der Stadtbriefträger Nr. 50 (personalisierte Nummer) zum Austragen, fand unseren Kellner jedoch nicht.

2. Er gab ihn an den Oberbriefträger zurück, der ihn Nr. 48 übergab in der Hoffnung, den Brief los zu werden.

3. Auch Nr. 48 konnte keinen geeigneten Kellner finden und vermerkte unter "Unbekannt" "48 NULL".

4. Unser Oberbriefträger annullierte also den 50er Stadtbriefträgerstempel mit seinem 2 mm größeren Kreuzrundstempel und versuchte sein Glück bei der Münchener Polizei, weil man sich postalischerseits nicht mehr weiter zu helfen wußte.

5. Auch die Polizei konnte ihn nicht detektieren und gab ihn der Post zurück, welche jetzt das Bapperl "Adressat ist selbst mit Hilfe der Polizei nicht zu ermitteln. Kgl. Briefpost - Hauptexpedition München" anbrachte und den Brief dem Absender, der sich gottlob mit einem Siegelwäppchen verewigt hatte, zurück gab. Jener hieß C. Dürr und war in München königlicher Advokat, also keine ganz so kleine Nummer, weswegen die Rückgabe noch die geringsten Probleme bereitete.

Da der Brief vollständig ist, noch kurz den Inhalt desselben: "Euer Wohlgeboren! In der Anlage erlaubt ich mir das Deservitorium pro 1870 zur gefaelligen Berichtigung in Vorlage zu bringen und zeichne hochachtungsvollst ergebenster Dürr, k. Advocat". Dürr wohnte übrigens am Promenadenplatz 13 II Stock in München.

Was ist ein Deservitorium? google hat mir nichts stichfestes aufgezeigt, aber ich bin sicher, es hatte etwas mit Geld zu tun, womit denn sonst ...

Retour - Briefe mit dem Aufkleber sind nicht häufig, Oberbriefträgerstempel auch nicht und in Kombination ein kleines Schmankerl.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.09.2019 19:57:36 Gelesen: 232469# 459 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein Schreiben vom Bürgermeister - Amt Frankenthal in der Pfalz an Herrn Jean Ganß, Badeinhaber in Kirnhalden im Gro0ßherzotum Baden. Die Behörder notierte Franko und zahlte entsprechend 10 Pfg, vermerkte aber auch Dringend und unterstrich dieses doppelt, was nach meiner persönlichen Auffassung nach in vergangenen Zeiten eine Dienst - Expressbestellung nach sich zog, jedenfalls innerbayerisch.



Tatsächlich kam unser Brief vom 23.9.1879 in Kenzingen am 25.9.1879 an, aber ob er von dort per Expressen (und zu welchem Preis?) in das ca. 7 km entfernte Kirnhalden expediert wurde, vermag ich nicht zu sagen.

Schön auch den Werbezudruck, den ich so (als Nichtsammler der bayer. Pfennigzeit sei mir das verziehen) noch nicht gesehen habe: "Diese Dienst - Couverts (à 1000 Stück 7 Mark) sind zu haben in der J. J. Hiller´schen Buchdruckerein und Papierhandlung in Hammelburg".

Jeden Tag was Neues bei Bayern, egal in welcher Zeit man unterwegs ist - herrlich!!!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.09.2019 09:27:58 Gelesen: 232438# 460 @  
Liebe Freunde,



heute entzückt uns ein Brief vom 29.11.1857 aus dem lieblichen Oberstaufen an "Seiner Wohlgeboren Herrn Hartmann Friedrich von Sebastian Amman in Ermatingen bey Konstanz". Der Vertrag zwischen Bayern und der Schweiz sah die Möglichkeit des Grenzrayons vor, in dem Briefe nur 3 Kreuzer kosteten, wenn Aufgabe- und Abgabepost nicht weiter als 5 Meilen (37,5 km) voneinander entfernt lagen. 3 Kreuzer wurden zwar frankiert, aber bei einer Strecke von 71 km (also 9 Meilen) schied die Portomoderation als Grenzrayonsbrief leider aus.

Alternativ konnte man im Postverein bis 10 Meilen, wie hier, mit 3 Kreuzern frankieren und der Absender schrieb vlt. in der Hoffnung "bey Konstanz", weil er dachte, dass das badische Konstanz noch in diesem Entfernungsraster läge - da hatte er zwar Recht, aber die Aufgabepost wußte, dass der Ort eben nicht badisch und damit vereinsländisch, sondern in der Schweiz im Kanton Appenzell lag und daher die 10 Meilen - Regelung nicht griff.

Ab dem 1.7.1856 aber war das Abrechnungsverfahren zwischen den AD - Staaten und der Schweiz kundenfreundlicher geworden, da man ab diesem Tag die verklebte Frankatur auch bei unterfrankierten Briefen anerkannte und vom Gesamtporto in Abzug brachte. Zuvor waren Marken auf unterfrankierten Briefen in beiden Richtungen wertmäßig verfallen.

Bayern akzeptierte also die 3 Kreuzer für sich bis Lindau/Romanshorn und notierte unter dem Bruchstrich, sinnbildlich für die Grenze, eine schwarze 3 für 3 fehlende Kreuzer. Die Schweiz, für ihren Pragmatismus auch heute noch bekannt, strich diese erst gar nicht ab bei der Reduktion in die heimische Währung, sondern notierte nur richtig "10" in roter Tinte für 10 Rappen, die ein Laie als alles lesen könnte, nur halt keine 10, aber so schrieb man halt in Romanshorn, als der Brief mit dem Dampfer von Lindau im Bodensee kommend die Poststücke anlandete.

Es ging im Einzeltransit über Frauenfeld (30.11.) nach Ermatingen, wo er noch am selben Tag ankam und kostenpflichtig ausgeliefert wurde.

Oft taucht bei dergleichen Briefen die Frage auf, warum man nicht über württembergisches und badische Gebiet leiten wollte - die Antwort ist die, dass Bayern (wie jede andere Postverwaltung auch) Auslandsbriefe schnell los werden wollte und schneller, als über den Bodensee, ging es nicht. Darüber hinaus kenne ich einige Beschwerden von Reisenden um diese Zeit, die die Reise um den nördlichen Bodensee (deutscher Teil) als sehr beschwerlich ansahen, die Reise um die Schweizerstrecke aber als bekömmlich einschätzten. Aber das wird im Denken von Postverwaltungen keine Priorität genossen haben ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.09.2019 09:32:45 Gelesen: 232437# 461 @  
Liebe Freunde,



ein Musterbeispiel für einen Dienst - Expressbrief kommt aus München vom 14.8.1860 und war gerichtet an das Landgericht Rain. Der Absender notierte Terminsache frei Schein, also frankiert, eingeschrieben und eiligst zu bestellen. Den Terminus "per Expressen zu bestellen" kenne ich bei Dienstbriefen so gut wie gar nicht, wodurch sich Dienstexpressbriefe deutlich von Privatexpressbriefen unterschieden bzw. zu unterscheiden hatten.

Von anderer Hand wurde später in Rötel "dringend" notiert und unterstrichen, aber wohl eher innendienstlich verwendet, weil man es nicht so schreiben konnte, ohne den Brief zu öffnen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.09.2019 14:30:16 Gelesen: 232280# 462 @  
Liebe Freunde,

unterfrankierte Briefe kann man in mehrere Bereiche gliedern:

1. Unterfrankiert wegen höheren Gewichts,
2. unterfrankiert wegen weiterer Entfernung,
3. unterfrankiert wegen teureren Laufwegs, oder
4. unterfrankiert wegen falschen Status.



Heute zeige ich eine 4 - einen Brief aus München vom 9.1.1870 an Manz in Regensburg, bei dem der Absender wohl dachte, er hätte eine Drucksache korrekt mit 1 Kreuzer frankiert. Leider klebte er aber das Kuvert zu, so dass ein Statuswechsel stattfand, weg von der günstigen Drucksache hin zum gewöhnlichen Brief, der jedoch 3 Kreuzer Franko gekostet hätte.

Die (ausnahmsweise) aufmerksame Post in München stellte gegen 16.00 Uhr fest, dass "noch 6 x", also noch 6 Kreuzer, fehlten und belastete somit die Regensburger Post mit eben diesem Nachporto. Noch am selben Tag (!), allerdings gegen 22.00 und 23.00 Uhr, traf der Brief ein und Regensburg unterstrich wie üblich die Nachtaxe mit Rötelstift. Am Folgetag, davon dürfen wir ausgehen, hat man den Brief Herrn Manz gegen Zahlung des Nachportos ausgehändig, denn bei unterfrankierten Briefen war vom Briefporto von 7 Kreuzern die Frankatur von 1 Kreuzer abzuziehen.

Ich denke, viel schöner kann ein unterfrankierter Brief kaum aussehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 13.09.2019 00:05:14 Gelesen: 232253# 463 @  
@ bayern klassisch [#462]

Hallo Ralph,

das nenne ich doch mal eine Briefbombe, jedoch die der weniger explosiven Art. :D

Wunderbar wie auf diesem hübschen Damenbrief vier verschiedene Farben (grüne Marke, Blaue Taxe, Rötelstift und schwarzer Stempel) zu sehen sind!

Bezüglich der Taxe eine kurze Frage:

Du schriebst zuerst "[...] hin zum gewöhnlichen Brief, der jedoch 3 Kreuzer Franko gekostet hätte." Weiter unten dann "[...]denn bei unterfrankierten Briefen war vom Briefporto von 7 Kreuzern[...].

Was genau entspricht jetzt der normalen Brieftaxe?

LG

Kevin
 
bayern klassisch Am: 13.09.2019 07:26:02 Gelesen: 232238# 464 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#463]

Hallo Kevin,

danke für die Blumen - fürwahr ein Traumstück (Gott-sei-Dank ohne den sonst bei Bayern dazu gehörigen "Traumpreis").

Ortsbrief frankiert 1 Kreuzer (1x), unfrei 3 x. Über 1 - 15 Loth frankiert 2 x, unfrei 6 x.

Fernbrief frankiert 3x, unfrei 7x. Über 1 - 15 Loth frankiert 7 x, unfrei 11 x.

Daher galten alle Poststücke, die unterfrankiert waren, als unfrei aufgegeben, abzüglich des Wertes der verwendeten Marke(n): 7 x Porto minus 1 x verklebt = 6 x Nachporto.

Sehr selten, nie von mir gesehen, wäre eine 1 x Frankatur, die als Fernbrief 11 x gekostet hätte und man hätte dann 10 x Nachporto notieren müssen.

Bei ca. 2 - 3.000 unterfrankierten Kreuzerbriefen, die ich bisher gesehen habe, war so noch keiner dabei.

Sehr selten sind auch unterfrankierte Einschreiben - da kenne ich etwa 10 Stück, aber das ist auch nicht viel, wenn man das Postaufkommen in Relation setzt, nur musste bei unterfrankierten Einschreiben die Post den Fehler begangen haben, was selten war und nicht der Kunde, der oft fehlinformiert war.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 13.09.2019 09:40:38 Gelesen: 232219# 465 @  
@ bayern klassisch [#464]

Hallo Ralph,

vielen Dank für die Erläuterung, jetzt macht es Sinn! Die Regelung ist ja die gleiche wie die in der Schweiz, wahrscheinlich wie auch die in zahlreichen anderen Gebieten.

Sehr selten, nie von mir gesehen, wäre eine 1x Frankatur, die als Fernbrief 11 x gekostet hätte und man hätte dann 10 x Nachporto notieren müssen.

Wenn so ein Brief mal auf dem Markt ist, wirst Du wahrscheinlich der erste sein, der ihn auch als solchen erkennt und dann zuschlagen kann. :D

Liebe Grüße,

Kevin
 
bayern klassisch Am: 13.09.2019 10:33:24 Gelesen: 232215# 466 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#465]

Hallo Kevin,

ja, es gibt viele Parallelen - bei ganz Altdeutschland, Altösterreich, der Schweiz und vielen anderen Staaten bzw. Postgebieten um die Mitte des 19. Jahrhunderts.

Das verwundert nicht, gab es doch, ausgehend von Großbritannien, eine systematische Fortentwicklung sämtlicher Postsysteme in Europa, die letztlich zum Weltpostverein führte und die schon um 1850 ff so stark und eindeutig war, dass sie niemand negieren konnte.

Es war die Entwicklung weg vom ärarisch denkenden Monopolist ("her mit der Knete") hin zu einem Dienstleister, der sich zwar seines Standes bewußt war, aber der die Wünsche seiner "Kunden" nicht mehr zu Gunsten eigener Praktiken unterdrückte, sondern für ein gepflegtes Miteinander sorgte - so, wie es sein sollte und wie nur wir Altpostgeschichtler es kennen; die heutige Generation (du bist da die große Ausnahme) kennt nur noch Servicewüsten verschiedener Namen und Provenienzen. Wohl dem, der noch in historischen Bahnen zu denken vermag und Entwicklungen sieht - damalige, heutige und zukünftige.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 18.09.2019 16:45:21 Gelesen: 231953# 467 @  
Liebe Freunde,

der Markt für Briefe aus Ulm mit Postaufgabe in Neu-Ulm wird immer trockener, aber ab und zu geht mir noch einer ins Netz, wie dieser hier, der nonchalant daher kommt, als könnte er kein Wässerchen trüben, da kein Absenderstempel von Ulm zu sehen ist und auch hinten ist er blank. Geschrieben in Ulm am 11.11. (Karneval!) und aufgegeben in Neu-Ulm am Folgetag, war er an N. Noichl in Oberaudorf gerichtet. Entfernung von Ulm nach Oberaudorf = 182 km, also über 20 Meilen und daher von Ulm aus mit 9 Kreuzer treffend zu frankieren; nur von Neu-Ulm aus reichten 6 Kreuzer, also hat sich die Firma Heinrich Mack & Cie. in Ulm mal wieder 3 Kreuzer gespart durch den Brückengang über die Donau.



Geliefert wurden Java und Ceylon Kaffee für 289 Gulden und 55 Kreuzer. Mahlzeit!

Hinten ist der Brief leider blank, aber er wird schon am 13.11. eingetroffen sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.10.2019 09:11:43 Gelesen: 230920# 468 @  
Liebe Freunde,

da ich auch eine kleiner, überschaubare Contraventions - Sammlung der Vormarkenzeit (VMZ) mein Eigen nenne, bin ich immer auf der Suche nach Briefen, die den Sammlungskriterien Contra entsprechen.

Da kam mir dieser gerade recht, der ursprünglich aus Altötting stammt und recommandirt als K.D.S. (Königliche-Dienst-Sache) portofrei an das Königliche Landgericht in Gunzenhausen gerichtet war.



In Altötting schlug man auch artig den CHARGÉ - Stempel ab und registrierte ihn unter der Nr. 2 im Recomanual, jemand vermerkte auch oben NB = nota bene, also gut aufpassen, aber einen Ortsstempel vergaß man abzuschlagen, was natürlich ein Frevel war.

Man müsste schon sehr lange sammeln, um eine Sammlung als 1-Rahmen-Exponat unter dieser Rubrik anmelden zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.10.2019 09:54:10 Gelesen: 230911# 469 @  
Liebe Freunde,

keinen Schönheitspreis bekommt dieser Brief und doch habe ich ihn nicht ziehen lassen können:





Postaufgabe in Fürth am 19.8.1865 (innen datiert mit dem 118. August 1865!) und mit 3 Kreuzern frankiert ging er auf die Reise nach Passau, wo er am Folgetag ankam.

Der Absender notierte als Adresse: Herrn Max Hohenauer mit Briefen des Herrn Ed. Hohenauer Passau.

Es gab also eine, oder mehrere Einlagen und Gott-sei-Dank ist der Inhalt noch erhalten, aus dem Folgendes hervor geht: Man sandte eine Rechnung und eine Tratte mit diesem Brief nach Passau - und dennoch blieb das Gewicht bis 1 Loth einfach.

Tratte?

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/tratte-49038

Ob evtl. noch ein privater Brief von Eduard Hohenauer dem Brief beigeschlossen war, ist nicht ersichtlich, wäre aber prinzipiell möglich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.10.2019 09:19:23 Gelesen: 230364# 470 @  
Liebe Freunde,

Muster ohne Wert(h) Briefe sind nicht so selten - nur wenn man welche aus der Pfalz sucht, die ja nicht so stark industrialisiert war, kann es schon mal ein paar Jährchen dauern, bis sich ein geeignetes Stück findet.





Daher bin ich sehr glücklich für meine Mini - Sammlung Muster ohne Wert ein hübsches Briefchen bekommen zu haben, welches von der Firma Johann Baptist Zwick aus Frankenthal stammt und am 27.5.1854 über Frankfurt am Main nach Rennerod bei Limburg an der Lahn abging.

Der Brief selbst musste unter 1 Loth wiegen, aber Brief und Muster anhängend durften 2 Loth wiegen, dann war er "einfach" und kostete nur 6 Kreuzer für Sendungen nach TT über 10 bis 20 Meilen.

Die TT Post in Rennerod erhielt ihn am 29.5. und vermerkte vorne oben 0 / 1, also Franko vollständig bezahlt, aber 1 Kreuzer Bestellgeld für den Boten.

Siegelseitig sieht man noch einen Wachssiegelteil, an dem das Muster angehängt worden war (hat man auch nicht so häufig).​

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.10.2019 10:08:47 Gelesen: 229511# 471 @  
Liebe Freunde,

wenn man in Leipzig Geld sparen wollte, war es günstig, statt der erforderlichen 3 Neugroschen (paritätisch 10,5 Kreuzer) nur deren 3 auszugeben. Alles, was man dafür zu tun hatte, war einen einfachen Brief am 29.4.1853 zu schreiben, ihn aber in Hof bei der Bahnhofs - Expedition (B.E.) mit einer blauen Dreikreuzermarke frankiert nach Schirnding ("schörnding") über Wunsiedel aufzugeben.



Die Siegelseite ist blank und die Marke wurde über den Absenderstempel der Firm Carl Gottschalk geklebt, obwohl das niemanden in Bayern störte, bekam man doch so 3 Kreuzer in die Kasse und Sachsen dafür gar nichts.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.10.2019 11:35:48 Gelesen: 229154# 472 @  
Liebe Freunde,

es hat lange gedauert, aber jetzt ist er da - der Brief mit Neu-Ulmer K.G.E. - Stempel mit Inhalt aus Ulm, den ich mir immer gewünscht hatte.



Dass viele Ulmer Geschäftsleute (von Privaten kenne ich das bisher noch nicht) ihre Briefe nach Bayern über der Donau aufgaben, ist mittlerweile ja geläufig. Aber wie verhielt es sich, wenn diese Händler bzw. Produzenten aus Ulm auch Waren und Güter nach Bayern schicken wollten? Waren diese nicht so unhandlich und schwer, dass die Überquerung der Donau Probleme bereiten konnte?

Ich vermute, dass es das auch gab - aber hier ist der Beweis, dass man konnte, wenn man wollte.

Eine Rechnung über Waren wurde von der Firma Max Thalmessinger aus Ulm am 11.6.1860 für den Brauereibesitzer Baumgärtner in Reitenhasslach bei Burghausen in Bayern versandt, wobei Waren und Brief getrennt liefen.

Noch am selben Tag schleppte man die Waren über die Donaubrücke und gab diese bei der Königliechen Güter Expedition (K.G.E.) in Neu-Ulm auf, was man auch auf eigener Seite hätte tun können. Auch hatte man einen (oder mehrere?) Brief(e) dabei, wollte aber nicht durch das Amtsgebäude laufen und sich hin der Reihe der Briefpostbenutzer stellen und warten, bis man edlich an die Reihe käme. Da war es doch nett, wenn der Beamte der K.G.E. auf die Frage: Können wir den bei Ihnen auch abgeben, frankiert ist er ja schon? anwortete, klar doch, her damit.

Schwupps waren die 2 blauen 3 Kreuzermarken entwertet und der Brief später der Briefpostexpedition Neu-Ulm übermacht, die ihn dann auf seine Reise schickte. Die Entfernung Ulm - Burghausen betrug 211 km und demnach hätte der Brief 9 Kreuzer gekostet, so nur 6, so dass es sich lohnte. Die Kostenersparnis bei der Fracht vermag ich aber nicht auszurechnen, sie wird aber sicher um einiges höher gewesen sein, als die vergleichsweise läppischen 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.10.2019 11:47:58 Gelesen: 229152# 473 @  
Liebe Freunde,

als Postgeschichtler sind die klassischen, bayerischen Bischofsbriefe für mich i. d. R. eher weniger interessant, wenngleich es natürlich wohl begründete Ausnahmen gibt und schön sind sie ja allemal.

Sigi Deider hatte aber einen im Katalog, den ich dann doch unbedingt wollte und, voilà, hier ist er:



Urspründlich als portofreie R.S. Regierungs - Sache mit Expeditionsnummer aufgegeben, gab es wohl in Peiss am 14.9.1850 ein bischen Ärger, warum auch immer (kein Inhalt, wie praktisch immer).

Jedenfalls strich man unten links die Franchise durch und notierte oben links "franco". Von Peiss nach München waren es lediglich 25 km, so dass die Frankatur mit 3 Kreuzern bis 1 Loth inkl. korrekt war.

Aber was machte man da mit der Marke? Sie klebte so gut wie nicht mehr mit ihrem Gummi, so dass man sie mit rotem Siegelwachs applizierte, wo sie auch heute noch, 168 Jahre später, gut hält.

Achim Helbig hat ja vor geraumer Zeit Hinweise in den Akten gefunden, dass die Gummierung der ersten Marken Bayerns oft weniger zufriedenstellend waren und "nachgummiert" werden musste, damit sie überhaupt hafteten (und wir erinnern uns, dass auf dem Transportweg abgefallene Marken nicht der Freimachungen dienen konnten und die nämlichen Briefe als unfrankiert anzusehen waren).

Auf Bischofsbrief kenne ich nur ganz wenige, vergleichbare Stücke und den Fingerhutstempel nahm ich quasi kostengünstig mit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.10.2019 17:39:32 Gelesen: 228839# 474 @  
Liebe Freunde,

auch Sofortkäufe in der Bucht können ihren Reiz haben - selbst wenn sie nicht so schön sind, wie sie es sein sollten.









Nürnberg, 10.11.1852 nach Herzogenaurach mit "Muster ohne Werth" zu 6 Kreuzer frankiert bedeutete, dass es ein Brief über 1 - 4 Loth Gewicht war, 19 km Entfernung lagen weit im 12 Postmeilen Radius und das Gewicht des Musters war unwichtig, weil es keine Vergünstigungen innerbayerisch hierfür gab.

Siegelseitig sieht man noch 2 Wachssiegel, eines davon zeigt durchtrennte Bindfäden. Auch ist der sehr interessante Text noch vollständig erhalten, den ich hier wiedergeben möchte:

Herrn Jos. Malterer, Herzogenaurach.

Nürnberg, d. 10. Nov. 1852

Da es gestern Herrn Reuter nicht beliebte ein größeres Muster von Farin mitzunehmen, so sende ich Ihnen ein kleineres Präbchen davon anhängend per Post, der Preiß ist für Sie 24 Gulden, was für so schöne Waare gewiß billig ist.

Für das mir letztgesandte Geld, verlangte Reuter nicht weniger als 24 Kreuzer; während die Post nicht die Hälfte verlangt; ich bitte daher wiederholt diesen Herrn ja kein Geld mehr mitzugeben; ich will lieber den Postschein mit 3 Kreuzer vergüten.

Herr A. Seitz hat mich prompt bezahlt - wie ich das letztemal dort war.

Mit bekannter Freundschaft"

Offenbar fungierte dieser ominöse Herr Reuter als Geldbote und ließ sich diese Dienstleistung gut bezahlen. Schön zu sehen, welche Möglichkeiten es zwischen den Korrespondenten gab und dass man nicht immer glücklich mit ihnen war. Da stört mich der Wasserfleck vorne jetzt kaum noch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.12.2019 11:05:10 Gelesen: 226380# 475 @  
Liebe Freunde,

einmal eine offiziöse Sache, einmal eine Sache des Absenders, die so nicht ganz korrekt war.



Halbkreisstempel mit römischer Monatsangabe, statt arabischer und briefliche Mitteilungen waren auf das Briefinnere beschränkt und durften nicht außen (vorne/hinen) angebracht werden.

Hier notierte der Absender noch "Mes compliments a toute la famille", also Grüße an die ganze Familie.

Die Post ließ es damit bewenden. Ich kenne keine 5 Briefe von Bayern, bei denen Textinhalten außen notiert wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2019 10:58:17 Gelesen: 225674# 476 @  
Liebe Freunde,

noch nie gesehen habe ich einen Brief, auf dem der Absender die Höhe der verklebten Marke angegeben hat - hier auf Brief mit Nr. 15 von Schweinfurt nach Castell vom 11.12.1867 (siegelseitig eine Anmutung eines castellschen Halbkreisstempels) "frei 3 x Marke".



Wer einen zweiten Brief hat, darf den a) gerne hier zeigen und b) mit ein nettes Angebot machen, damit ich eine Seite voll bekomme.

Ich fürchte aber, ich werde noch lange auf ein Solches warten müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2019 12:22:14 Gelesen: 225667# 477 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Brief habe ich wegen seines Vermerks unten gekauft. Gerichtet war er "An Herrn Professor Dr. C. Umpfenbach in Würzburg In Abwesenheit des Herrn Advokaten bittet man diesen Brief nach Giesen per die Adresse Herrn Dr. von Kliepstein zu senden".





Das hat man ja nicht so häufig, dass vorderseitig schon eine neue Anschrift mit neuem Empfänger steht. Als Brief vom 18.9.1967 war er mit 6 Kreuzer Porto zubelasten.

Am selben Tag kam er auch in Würzburg an und wurde - vermutich - dort zugestellt, jedenfalls finden sich keine weiteren Notationen oder Stempel, die gegensätzliches befürchten lassen.

Im Briefinneren sieht man, dass er aus dem preussischen Erfurt stammt und am 16.9.1867 geschrieben wurde. Was auf der Adresse steht, wiederholt der Absender, sein Sohn August, nochmals in dem Brief selbst (so noch nie gesehen) und verweist auch auf einen Gütigen im Inhalt, der den Brief nach Pleinfeld bringen sollte, was ja auch geschehen ist. Die Handschrift innen ist eine Katastrophe, daher habe ich nichts gescannt. Portogewinn war 3 Kr. - bei frankierter Absendung hätte er sogar 6 Kr. gespart.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2019 12:30:49 Gelesen: 225664# 478 @  
Liebe Freunde,

auch bei "billigen Dienstbriefen" war damals schon das Anbringen der korrekten Adresse Pflicht, sollte die bayerische Post doch eher ent-, als noch stärker belastet werden und eine eindeutige, örtliche Zuordnung machte der Post die Arbeit leicht.



Tatsächlich war aber die Postexpedition Pegnitz für die Bestellung von Briefen nach Troschenreuth [1] zuständig, so dass wir siegelseitig schön sehen können, wie der Brief lief. Die Transitpost hatte folgerichtig auch "Auerbach" mit Rötel gestrichen und "Pegnitz" vermerkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Troschenreuth_(Pegnitz)
 
bayern klassisch Am: 28.12.2019 11:37:02 Gelesen: 225135# 479 @  
Liebe Freunde,

ein Brief der Direktion des Königlichen Akademie der bildenden Künste aus München vom 19.08.1834 an die Kgl. Kreisbau - Inspektion in Münnerstadt war ob ihres Inhalts sehr wichtig und wurde mit "frey" bezeichnet, auch wenn kein Franko erlegt worden war, dann als "sehr dringend" apostrophiert und letztlich als K.D.S. = Königliche Dienst Sache portofrei gestellt, was auch gelang.



Der "frey" - Vermerk deutete ja auch einen frankierten Brief hin, K.D.S. aber auf eine portofreie Dienstsendung - in dieser Kombi hatte ich das auch noch nicht gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.12.2019 11:52:06 Gelesen: 225130# 480 @  
Liebe Freunde,

ein kleines Farbenspiel: Würzburg notierte am 1.5.1841 in üblicher schwarzer Tinte die Taxe 4 Kreuzer bis Forchheim. In Forchheim strich man mit Bleistift (der nie taxierungslegal war!) dieses Porto ab, notierte darunter wieder mit Bleistift 1 Kreuzer Bestellgeld und kam auch in der Addition zu korrekten 5 Kreuzern, wieder mit Bleistift geschrieben.



Wohl später fand man den benötigten Rötelstift, übermalte 1 Kreuzer, 4 Kreuzer und 5 Kreuzer (5 Xr) und schrieb nach diesem Kuddelmuddel final diese 5 Kreuzer siegelseitig in Rötel, damit der Bote auch ja nichts falsch kassieren sollte. So habe ich das noch nicht gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.12.2019 11:56:27 Gelesen: 225127# 481 @  
Liebe Freunde,

2 Sachen: In Bayern war ab dem 31.1.1843 immer siegelseitig auf Befehl seiner Majestät höchstselbst der Ankunftsstempel abzuschlagen und 2. war das Franko in der Vormarkenzeit (VMZ) immer siegelseitig zu notieren (von der Aufgabepost).



München machte es am 4.6.1843 richtig, in dem es 10 Kreuzer Franko bis Forchheim ausrechnete und notierte. In Forchheim aber vergaß man seinen Ankunftsstempel, strich mit Rötel die in München bezahlten 10 Kreuzer ab und notierte nun eine 1 für 1 Kreuzer Botenlohn, der eigentlich vorne zu erwarten gewesen wäre. Aber wäre es nicht so, wäre es ja auch kein lustiger Brief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2020 10:45:55 Gelesen: 224570# 482 @  
Liebe Freunde,

ich freue mich, hier einen besonderen Brief zeigen zu können, bei dem nicht manches im Dunklen bleibt, wie bei einigen Expressbriefen der frühen Jahre, sondern bei dem alles offensichtlich ist und der daher als perfektes Beispiel dient, um zu erkennen, wie dieser äußerst selten gewünschte und extrem teure Postdienst funktionierte.



Gezeigt wird ein Recobrief aus Nördlingen vom 3.11.1840 mit folgender Anschrift: Seiner Hochwürden Herrn Herrn Sailer Königlicher Pfarrer in Mündling Landgericht Donauwörth

Recepisse Sehr pressant vertatur vertatur.

Hinten zu lesen steht: Ist allenfalls durch eigenen Boten nach Mündling zu senden, welchen Herr Pfarrer Seiler zahlen wird.

Dem Extra Bothen von Monheim bezahlt 24 Xr.

Der Absender vermerkte im Brief, dass er am Morgen des 5.11. in Donauwörth wünsche, den Herrn Pfarrer zu treffen, daher war zur Einhaltung dieses Termins die Expressbestellung zwingend erforderlich (es ging um eine Gerichtssache mit Aktenübergabe).

Der Absender wusste nicht, welche Post einen Extraboten nach Mündling schicken würde, weil er nicht wußte, welche Poststelle Mündling überhaupt versorgte. Daher die allgemein gehaltene Vorgabe, den Brief von wo auch immer per Extraboten zustellen zu lassen. Eine Unterscheidung von Tag- und Nachtbestellung gab es nicht - der Bote hatte sofort mit diesem Brief loszumarschieren und für 24 Kreuzer von Monheim aus waren es nach Müngling immerhin 12 km, so dass er wohl insgesamt 5 Stunden unterwegs gewesen sein dürfte.

Kostenstruktur: 4 Kr. Chargé für den Absender. 3 Kr. Postporto für einfache Briefe bis 6 Meilen (45 km) und 24 Kr. Expressbotengebühr für den Empfänger.

NB: Hätte sich der Empfänger angesichts der 27 Kr., die er für den Brief berappen durfte und den er erst nach Erlegung dieses Betrages ausgeliefert bekam, geweigert, diese zu zahlen, wäre der Brief mit 30 Kr. belastet zurück an die Aufgabepost gelaufen, die diese 30 Kr. dann vom Absender hätte einkassieren müssen. Die Expressgebühr war nicht erfolgsabhängig, also mit einer Zustellung verbunden, sondern ergab sich allein aus dem Wunsch des Absenders.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2020 11:53:09 Gelesen: 224555# 483 @  
Liebe Freunde,

in der gesamten Vormarkenzeit gibt es relativ wenige Briefe mit korrigierten Portotaxen (Brieftaxen), was vermutlich daran lag, dass man in umfangreichen Listen die Entfernungen der Orte zueinander nachschlagen konnte und es so kaum einmal zu Verwechslungen kam. Aber es gab sie!



Brief aus Plößberg vom 18.10.1824 nach Emmerdingen (richtig: Emmendingen im Breisgau in Baden). Die Aufgabepost des kleinen Ortes war Weiden, so dass der Brief den Stempel aus dem 18. Jahrhundert "de Weiden" bekam und dort mit 14 Kreuzer für die bayerische Strecke taxiert wurde (über 36 bis 42 Meilen bayerischer Strecke).

Doch diese 14 Kreuzer wurde in Nürnberg (einzige Poststelle Bayerns damals mit blauer Tinte) gestrichen und durch die zutreffenden 12 Kr. (über 30 bis 36 Meilen) ersetzt. Baden notierte 10 Kr. für sich, so dass der Empfänger ein Postporto von 22 Kr. plus 1 Kr. Bestellgeld = 23 Kr. in Rötel oben links zahlen musste.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2020 12:16:10 Gelesen: 224550# 484 @  
Liebe Freunde,

mit dem Regulativ innerbayerisch vom 1.8.1865 war das Franko in Bayern und Richtung Pfalz in allen Fällen ohne Ansehung der Entfernung im Königreich auf nur noch 3 Kreuzer reduziert worden. Das war sehr kundenfreundlich und mutet in der heutigen Zeit wie ein Anachronismus an.

Aber es gab noch günstigere Versendungsarten, wie z. B. die "per Couvert" oder auch "per Einschluß" genannt. Ein solches Stück haben wir hier vor uns und man darf als Sammler froh sein, dergleichen überhaupt heute noch zu finden:



Die Firma Volleth & Boeschel in Nürnberg teilte ihren Geschäftspartnern zu Beginn eines jeden Monats mit, welche Rechnungen, Kosten, Tratten, Wechsel usw. ein- bzw. ausgegangen waren und wie sich die aktuelle Finanzsituation für ihre Kunden darstellte. So auch hier in einem Brief an die Firma Otto Beck in Augsburg, der links unten den Vermerk "pC" = per Couvert trug. Was war geschehen, klebt doch nur eine simple 1 Kreuzer gelb auf dem Brief von Nürnberg nach Augsburg, der doch 3 Kr. gekostet hätte und im Falle einer offensichtlichen Unterfrankatur mit "noch 5 Kr." aus austaxiert werden müssen?

Volleth & Boeschel hatte vlt. 5 Kunden in Augsburg, die alle ihren Finanzstatus zum 1.2. mitgeteilt bekamen. Daher hätte der Versand von 5 einfachen Briefen bis 1 Loth inklusive total 15 Kreuzer gekostet und das jeden Monat wieder.

Wenn man aber diese 5 Briefe mit je einer 1 Kreuzermarke in Nürnberg versah, sie unter ein Kreuzband schnürte und das Kreuzband mit der Aufschrift "An die verehrliche Hauptbriefpostexpedition Augsburg, Franco" absandte, wurde nur dieses Bündel insgesamt gewogen. Dieser Brief hier wiegt 3g, so dass 5 Briefe 15g und das Kreuzband 1g wog, in toto also 16g. Damit reichten 3 Kr. von Nürnberg nach Augsburg für das "Bundle" aus, weil man noch unter 16,66g kam. Erst bei einem 6. Brief hätte man dann dieses "Bundle" mit 6 Kr. frankieren müssen. So sparte man sich also in Nürnberg bei nur 5 Briefen viel Geld, nämlich statt 5 mal 3 = 15 Kreuzer nur 1 mal 3 und 5 mal 1 Kreuzer = 8 Kreuzer, also 7 Kr. Ersparnis.

Es versteht sich von selbst, dass die Ersparnis umso größer war, je mehr Briefe man unter Kreuzband versenden konnte, aber es mussten halt alles Briefe in den gleichen Ort bzw. dessen Lokalbezirk sein, Briefe an verschiedene Postexpeditionen waren so nicht zulässig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2020 10:37:47 Gelesen: 224119# 485 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Armen - Sache (oft auch als A. S. an den Start gehend) des Landgerichts Heidenheim mit Postaufgabe am 21.1.1840 in Gunzenhausen an das großherzoglich Darmstädtische Stadtgericht zu Mainz.



Der § 19 der allerhöchsten Verordnung vom 23.6.1829 hinsichtlich der Portofreiheiten in Bayern ließ zu, dass Armensachen von königlich bayerischen Gerichten komplett von allen Kosten frei zu lassen waren, wenn sie den sonstigen Vorschriften für portofreie Dienstbriefe genügten. Dazu gehörte die Nennung der Absenderbehörde im Kopf der Vorderseite, die Bezeichnung Armensache, die Angabe der Expedition-Nummer (hier: 1894, heute würden wir Aktenzeichen dazu sagen) und der Verschluß des Briefes mit dem amtlichen Siegel.

Das alles war hier beachtet worden und auch die thurn- und taxischen Posten beließen ihn ohne Portoansatz.

Armensachen ins Ausland sind nicht häufig und ich bin sehr froh, diesen hier, noch dazu in so guter Qualität, zeigen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2020 10:42:30 Gelesen: 224118# 486 @  
Liebe Freunde,

am 28.12.1812 sandte man von Immenstadt aus (3. Rayon zu Frankreich) einen frankierten Brief "Muster ohne Werth" nach Collmar, heute nur noch mit einem "l" geschrieben, wofür man satte 25 Kreuzer für die Wegstrecke bis zum Rhein bei Kehl/Strasbourg und 9 Kreuzer für Frankreich bis zum Zielort frankierte.



In Kehl/Strasbourg wurde das Weiterfranko von 9 Kreuzern korrekt in 3 Decimes reduziert und mit roter Tinte wie üblich siegelseitig notiert.

Muster ohne Wert - Briefe aus der Zeit von dem 1. großen Vertrag vom 1.1.1822 sind m. E. größte Seltenheiten und ich kann nur diesen hier zeigen (aus der Sammlung Pietz).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2020 10:46:22 Gelesen: 224113# 487 @  
Liebe Freunde,

und gleich einer hinterher, weils so schön ist: Portobrief aus Kempten (man achte auf die Schreibweise des Stempels!) vom 10.12.1812 an Herrn Linzmaier Kammerbotte bey der königlichen Regierung zu Speier am Rhein.



Nun, die Regierung Frankreichs war in persona von Kaiser Napoleon natürlich kaiserlich, nicht königlich, da hat der Absender aus dem Allgäu wohl etwas verwechselt, aber egal, die Pfalz, längst ein Teil Frankreichs geworden, hat das wohl nicht so streng gesehen.

Bayern taxierte ihn bis Mannheim mit 16 Kreuzern, die ca. 5,5 Decimes entsprachen und Frankreich notierte in Worms gleich das Gesamtporto beim Empfänger mit 7 Decimes (ca. 20 Kreuzer).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.01.2020 13:55:09 Gelesen: 223822# 488 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, von denen träumt man, aber man bekommt oder sieht sie nie. Heute kann ich einen zeigen, den mir ein Auktionshaus vermacht hat, nach dem ich schon lange gesucht habe - und das beste an ihm ist der Inhalt, denn ohne den wäre alles nichts.



Ein Brief des Civilcommissär bei der Etappen - Inspektion des königl. bayer. II. Armeekorps schrieb an das k. b. Bezirksamt in Neuburg an der Donau eine portofreie Regierungs - Sache mit Postaufgabe am 29.12.1870 in Wissembourg (Weißenburg) Frankreich, direkt an der Grenze zur Pfalz liegend und man verwendete dabei den bei der Flucht der Franzosen im dortigen Postlokal zurück gelassenen Grenzübergangsstempel "BAVIERE WISSEEMB.", von dem als Postaufgabestempel nicht viele Abschläge erhalten blieben.

Inhalt: "Neuburg den 23. Dezember 1870

Schreiben an das k. Pfarrammt

Untermaxfeld

Reichertshofen

Inhaltlich der Verlustliste No. 45 ist (ein Gefechte vom)

in der Schlacht bei Beau-

gency (südwestlich von Orleans) am 8. Dezember

1870 verwundet worden,

Ziegler Philipp Soldat

im 1. Jäger Bataillon

4. Comp(agnie) von Neu-

schwetzingen.

Hievon sind die An-

gehörigen desselben

auf geeignete

Weise zu verständigen.

Königl. Bezirksamt gez. Unterschrift

sub No. 10879 Schr(eiben) an das k. Pfarramt

Reichertshofen zur Kenntnißnahme von

der Verwundung des Kellermann Bartholomäus

von Reichertshofen Verlustliste No 47

Neuburg den 24. Dezember 1870

sub No. 10905 Schr(eiben) an das k. Pfarramt

Rohrenfels und Züchering zur Kenntniß-

nahme von der Verwundung des Neff Josef

von Rosenfels und des Lorenz Boegel von Poehl

und zur Eröffnung an deren Angehörige

Neuburg den 26. Dezember 1870.

Ausweislich der Chronologie muss also die bayer. Behörde in Neuburg an der Donau zuerst diese Meldungen vom Kriegsgebiet verbreitet haben, ehe sie diese Amtspflicht dem Civilcommissär in Wissembourg mitzuteilen hatte.

Jener hatte dann am 29.12.1870 dieses Schreiben wohl quittiert und wieder retourniert, so stellt es sich für mich dar. Andere Ansichten sind aber ausdrücklich erwünscht, wenn es sie gibt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2020 12:18:16 Gelesen: 223546# 489 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, wie ich ihn auch noch nicht vorher gesehen habe: Nürnberg, Appellationsgericht, an den königlichen Advokaten Hessel zu Nürnberg mit obigem Vermerk: "Ins(inuirt) den Neunzehnten August 1842 Georg Renn" und unten "Ins(inuirt) Adv(okat) Beck dahier" als R.S.



Halten wir fest: 2 Insinuationsvermerke auf einem Brief, Ortsdienstbriefe sind alle sehr selten, auch von großen Städten wie Nürnberg und die Post hat ihn wohl nicht gesehen. Schön, wenn man so etwas mal zeigen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2020 12:24:47 Gelesen: 223542# 490 @  
Liebe Freunde,

heute sind mir 2 Armensachen (A.S.) in die Hände gefallen, die ich gerne zeigen möchte.

1. Vom Stadtgericht Nürnberg am 3.6.1866 an das Stadtgericht Schweinfurt (leider ohne Inhalt) als A.S. tituliert und korrekt portofrei belassen.



2. Vom Armenpflegschaftsrat(h) der Stadt Nürnberg an den Armenpflegschaftsrat(h) Münnerstadt vom 17.6.1871 auch portofrei belassen, was nur möglich war, wenn dieser Stelle die Versendung als A.S. speziell genehmigt worden war - hier wohl der Fall.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 11:29:10 Gelesen: 222890# 491 @  
Liebe Freunde,

aus der Rubrik "Briefe, die es gar nicht geben konnte" zeige ich einen aus Würzburg vom 3.11.1851, der recommandirt und unfrankiert von der königlichen Filialbank Würzburg an das Landgericht in Kissingen lief.



Als Parteisache war er portopflichtig und die dazu passenden 6 Kreuzer stehen ja auch zweimal da.

Aber was ist das ganz Besondere an ihm? Jeder Interessierte darf dazu seine These abgeben und ich hoffe auf eine spannende Diskussion.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
mit der kleinen Hilfe - die Besonderheit liegt in dem kursiv Gedruckten!
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 11:36:57 Gelesen: 222888# 492 @  
Liebe Freunde,

etwas mysteriös kommt dieser mit 7 Kr. frankierte Dienstbrief aus Deggendorf nach Hunding daher, der ausweislich seiner Stempel vom 9.7.1875 stammen müsste, innen jedoch ein Empfangs- und Abgangsdatum vom 11.1.1876 (Pfennigzeit!) zeigt.



Auf auf der Adressseite oben links stand etwas vom Absender, welches dann später (auf der Post?) ausgekratzt wurde - ein Vorgang, den ich so nicht kenne. Siegelseitig alles blank und nichts ausgekratzt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 11:54:04 Gelesen: 222882# 493 @  
Liebe Freunde,

Ortsbriefe sind nicht selten, aber Abzugsbriefe, die einst Ortsbriefe waren, gefielen mir schon immer. Dieses kleine Faible kommt schön in dem aus München vom 8.9.1872 zum Ausdruck, der mit 1 Kr. frankiert an Frau Josefine Maurer, Kreisbaubeamtenwitwe in der Türkenstr. 73 im 2. Stock wohnhaft.



Von München II ging es nach München I natürlich noch am selben Tag, doch konnte der dortige Stadtbrieträger No. 42 keine Zustellung bewirken. Aber er fand auf seinem Bestellgang heraus, dass unsere nämliche Witwe nach Herrieden verreist/verzogen war und so gab er den Brief seinem Beamten mit diesem Bemerken retour.

Dieser erkannte als Frankatur die 1 Kr. Marke an, stellte aber fest, dass es von München nach Herrieden 170 km waren und somit ein Fernbrief vorlag, der 3 Kr. Franko und demzufolge 7 Kr. Porto gekostet hätte. Also zog man - da nicht als Fernbrief frankiert - von den 7 Kr. Porto den frankierten Kreuzer ab und belastete die Post in Herrieden mit 6 Kr. Nachporto.

Am Folgetag kam er dort an und wurde gegen 6 Kr. unserer Witwe zugestellt.

Für die Farbensammler - der Halbkreisstempel von Herrieden ist schon sehr blau und im Winkler so nicht bekannt (Sem kennt ihn und gibt 50 bzw. 100 Euro als Wert an).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.01.2020 11:00:52 Gelesen: 222090# 494 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Trauer - Drucksache aus Augaburg vom 4.3.1875 an "Herrn Professor Bischoff an der königlichen Gewerbeschule in Würzburg.

Üblicherweise (Inhalt fehlt) durfte so gut wie nichts in die Drucksachen geschrieben werden, weil sonst ihr Charakter von Drucksache zu Brief mutierte mit der Folge, dass die Gebühren weitaus höhere wurden.



Hier schrieb der Absender unten links statt dem üblichen "Franko", "frei", "markirt" oder "Gedrucktes" doch glatt "Gruß B????", was er natürlich nicht durfte, weil ein Gruß nicht Teil der Adresse sein konnte und somit als brieflicher Inhalt galt, was die Folge gehabt hätte, dass der - jetzt Brief mit 3x zu frankieren gewesen wäre, dafür ungenügend frankiert mit 7x Porto abzüglich dem 1x der Marken mit dem Vermerk "noch 6x" zu versehen gewesen wäre. Aber man war wohl gnädig in Augsburg und Würzburg hat sich offenbar auch nicht daran gestört.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.02.2020 10:17:31 Gelesen: 220931# 495 @  
Liebe Freunde,

manchmal hat mal kein Pech und dann kommt noch das Glück hinzu - so könnte man es formulieren bei diesem Brief, der mich gestern aus der Bucht erreicht hat.

Er wurde am 16.3.1871 in Lindau im Bodensee aufgegeben und war gerichtet an J. Chr. Herbart - Verlagshandlung - Zweibrücken in der Pfalz. Frankiert war er im 1. Gewicht mit einer Nr. 23 und das Briefpapier ist das "amerikanische", wie ich es gerne nenne in typischer gelbbrauner Manier.





Gekauft habe ich ihn, weil bei Aufgabe- und Entwertungsstempel der Ort und das Datum mit dünner Feder zeittypisch nachgezogen wurde und weil ich mich auch an einen absolut sehenswerten Vortrag unseres lieben Dietmar erinnerte, in dem er die mannigfaltigen Beispiele von Problemstempeln der Typen 20a und 20b aufzeigte und diese beiden Abschläge dürften sicher dazu gehören. Ob jetzt die Post dies machte, oder der Empfänger, wird sich sicher nicht mehr 100%ig sagen lassen, tut der Sache aber keinen Abbruch.

Nicht erwähnt war, dass das kleine Kuvert noch den vollen Inhalt hatte - aber nur deshalb den vollen Inhalt, weil das Geschriebene noch vorhanden war, der Rest aber nicht mehr - verständlicherweise.

In diesem lesen wir: "P.P. Bitte um gefl(issentliche) Zusendung des Neuen Sängerquartettes - Was Braust da in dem Busch herum -. Den Betrag von 6 f(lorin = Gulden) lege hier bei. Achtungsvoll J. Müller - Hochmeyer, Schönau p(resso) Lindau, 15.3.1871 am Bodensee.

Der Absender hatte also ein Buch bestellt und fürsorglich gleich bezahlt. Münzen können es keine gewesen sein, die wären für das 1. Gewicht zu schwer gewesen, aber ein Wechsel sollte über 6 Gulden schon die Beigabe gewesen sein, so dass wir hier keinen Briefpostgegenstand, sondern eigentlich einen Fahrpostbrief mit 6 Gulden vor uns hätten - hätten, denn diese Kosten von Lindau in die Westpfalz scheute unser Schwabe und auf eine akkurate Post (die evtl. sogar Ort und Datum auf der Vorderseite optimierte) war wohl auch Verlaß.

Im Falle des Verlustes wäre er aber leer ausgegangen - das Risiko trug er aber.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.02.2020 20:33:09 Gelesen: 220744# 496 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein ganz besonderes Poststück und ein zweites aus gleicher Korrespondenz mit Aufgabe von Füssen kommt die Tage hinterher.









Geschrieben wurde der Brief in München am 9.1.1868. Das Briefpapier weist links eine Krone mit 2 Wappen darunter auf - ein Allianzsiegel? Der Text im Brief ist banal und lässt für mich keine Rückschlüsse auf seinen Autor zu. Die Unterschrift lese ich als "Marie" und demnach müsste es die Königin Marie in Bayern sein.

(* 4. Oktober 1841 in Possenhofen; † 19. Januar 1925 in München)

https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_in_Bayern

Sie war die letzte Königin des Königreichs beider Sizilien und von daher natürlich ein "Promi", wie man heute sagen würde.

Das Kuvert weist - außer dem heute kaum mehr zu erkennenden Siegel - nur den Münchener Chargé - 5Zeiler mit der Reco-Nr. 15 aus, sonst nichts. Empfänger war der Herr Pfarrvicar u. Inspektor des Rettungshauses Naumeister zu Feldkirchen (später hinzu gefügt: L(andgerichts)Amt München rechts der Isar).

Als Königin war sie von allen Gebühren und Taxen befreit - also zahlte sie keine 3 Kreuzer Franko und auch keine 7 Kreuzer Chargégebühren. Das Briefpapier ist goldgerändert - aber das kann mein Scanner leider nicht zeigen, jedenfalls sieht es schon sehr fein aus.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.02.2020 13:38:47 Gelesen: 220275# 497 @  
Liebe Freunde,

jetzt ist auch endlich der 2. von 2 Briefen hier eingeschlagen, den die Königin Marie des Königreichs beider Sizilien an den Herrn Pfarrvicar nach Feldkirchen geschickt hat.





Verfasst wurde er auf Schloß Hohenschwangau am 28.9.1868. Er wurde Kraft seines Siegels, welches natürlich der Postexpedition Füssen bekannt war, ohne jeden Vermerk angenommen, recommandirt auf Kosten des Staates und unter der lfd. Nr. 98 nach München spediert, wo er am Folgetag ankam und wohl auch noch zugestellt wurde.

Leider haben sich nur diese 2 Briefe aus der Korrespondenz erhalten - unten links lese ich von der Hand des Empfängers 203, aber das müssen ja nicht alles Briefe der Majestät gewesen sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2020 12:36:42 Gelesen: 220078# 498 @  
Liebe Freunde,

auf so einen hatte ich viele Jahre gewartet, jetzt schlug er bei mir ein und ich bin darüber sehr glücklich!

Der königliche Notar Bolza in Annweiler in der Pfalz sandte am 7.1.1859 ein Schreiben "An Das Regiments - Commando des Königlichen 5. Cheveauxlegers Regiments, vaccant Leiningen in Bayreuth" ab und vermerkte noch dazu "R.S. Expeditions-Nr. 370". Die Versendung bei der Briefpost als Regierungs - Sache wie hier wäre also kostenlos gewesen.





Bei der Postaufgabe taxierte jedoch der Postexpeditor Georg Jacoby den Brief mit 9 Kreuzern als einen unfrankierten, portopflichtigen Brief bis 1 Loth inklusive von der Pfalz ins rechtsrheinische Bayern mit seiner blauen Taxe.

Derart taxiert kam er am Folgetag in Bayreuth an - jedoch war man über die 9 Kreuzer, die man der Post zahlen sollte, nicht sehr erfreut, wie man aus dem siegelseitigen Vermerk unschwer ersehen kann: "Wird mit Taxe belegt nicht angenommen, Bayreuth am 9.1.1859 gez. Unterschrift".

Die Verweigerung der Zahlung eines auf einem Brief haftenden Portos war der Annahmeverweigerung des Briefes selbst gleichgestellt, so dass Bayreuth ihn wieder nach Annweiler zurück schicken musste.

Am 11.1.1858 lief er über Landau in der Pfalz noch am selben Tag nach Annweiler, wo er dem kgl. Notar Bolza gegen 9 Kreuzer ausgehändigt wurde.

Bolza knobelte nicht lange und frankierte mit 2 mal 3 Kreuzern korrekt für Briefe aus der Pfalz ins rechtsrheinische Bayern, gab den Brief der Post, die die 9 Kreuzer Portonotierung von der Hinsendung strich und ihn am 12.1.1859 wieder auf den Weg schickte. Um allen möglichen Problemen einen Riegel vorzuschieben, notierte unser guter Notar noch siegelseitig: "Markirt an dem 12. Januar 1859 Bolza".

Nun ging der Brief erneut auf seine Reise nach Bayreuth, jedoch beliebte es der Abgabepost nun nicht mehr Eingang zu stempeln - es wird wohl der 13.1.1859 gewesen sein, an dem man das vergaß.

Beigefügt noch das dazu gehörige Attest, welches m. M. n. 2 Mängel aufweist und ich bin mal gespannt, wer sie beide (oder nur einen?) erkennt. So schwer ist das ja nun nicht, wenn man klassisches Bayern sammelt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.02.2020 08:18:26 Gelesen: 219986# 499 @  
@ bayern klassisch [#498]

Liebe Freunde,

dann will ich mal lösen, was den Befund angeht:

1. Die Angabe "über 12 Meilen" ist Quatsch, weil es diese Meilenangaben nicht gab zwischen der Pfalz und dem restlichen Bayern; sie bezog sich bis 31.7.1865 allein auf Briefe von und nach dem rechtsrheinischen Bayern.

Die Pfalz hatte einen Sondertarif, der immer 6 Kreuzer ins restliche Bayern vorsah. Das ist eigentlich Anfängerwissen.

2. Im Befund ist kein Datum zu erkennen, obwohl sowohl die Post in Bayreuth, als auch der Notar in Annweiler jeweils das präzise Datum des Jahres 1859 angegeben haben - aber da hätte man halt lesen müssen, was da steht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.03.2020 10:03:41 Gelesen: 218827# 500 @  
Liebe Freunde,

ein ganz besonderes Stück ist bei mir eingeflogen - eine württembergische 6 Kreuzer Ganzsache mit Postaufgabe nicht in Ulm, wie es wohl angedacht war, sondern in Neu-Ulm am 9.9.1863 nach Nürnberg.



Die Aufgabepost erkannte den Werteindruck Württembergs natürlich nicht an und taxierte das Stück wie einen unfrankierten Inlandsbrief unter 1 Loth über 12 Meilen innerbayerisch mit 6 Kreuzern plus 3 Kreuzer Zuschlag = 9 Kreuzer vom Empfänger zu zahlen. Der wird sicher nicht erfreut gewesen sein (Dr. Theodor von Kern), noch am selben Tag seinen Geldbeutel aufmachen zu dürfen, aber er hat das Kuvert angenommen.

Von Ulm aus hätte der Brief 9 Kreuzer gekostet, man hätte also nur eine 3 Kreuzer Marke auffrankieren brauchen und alles wäre gut geworden. Aber so ist es mir schon lieber.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.03.2020 10:30:08 Gelesen: 218825# 501 @  
Liebe Freunde,

den hier aus Ampfing habe ich nur aus einem Grund gekauft - nämlich dem, dass der schön datierte Brief mit Bestellvermerk für einen Laien aus 1909 stammen sollte, tatsächlich aber aus 1808 stammt.



Der Präsentationsvermerk, sicher von einem, der vor 1750 geboren wurde, zeigt oben rechts "pres. 3. Juni 1808", aber das würde heute westlich des Urals keiner mehr so lesen können.

Man muss daher aufpassen bei alten Datierungsvermerken, was eine 9 und was eine 8 war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.03.2020 12:26:04 Gelesen: 218304# 502 @  
Liebe Freunde,

sodele - hier 2 Seiten aus der Contra - Sammlung:



Zuerst mit 2 Briefen aus München und Kronach, bei denen der Aufgabestempel trotz Mühlradstempel unterblieben war - in München gab es mehrere Stempel, da hätte man am 11.11.1866 (Karneval, Fasnet oder was auch immer) sicher einen anderen, der herumlag, nehmen können. Ich nehme an, dass man später "v. München" handschriftlich hinzu fügte, von wem auch immer.

Der aus Kronach vom 29.4.1867 mit dem Sondertyp des 261 dürfte auch mit der Bahnpost in Verbindung stehen, oder man hat es halt irgendwo später beigefügt.



Die 2 Chargébriefe aus Vohenstrauß sind aber große Besonderheiten, weil ich 3 Chargébriefe von dort in dieser Zeit (um 1860) kenne, die alle drei handschriftliche Ortsaufgaben haben (von derselben Hand!); daher nehme ich an, dass der Expeditor dort diese selbst ausfertigte, aber die Stempelung der gewöhnlichen Poststücke einem Adlaten delegiert hatte und er somit selbst die Eintragungen in den Postscheinen, der Liste der Recobriefe und auf den Briefen selbst vornahm.

Es wäre interessant zu sehen, wer noch Recobriefe von Vohenstrauß besitzt und ob diese vergleichbar behandelt wurden. Viele scheint es aber nicht zu geben von dort, obwohl Herr Sem in seinem Katalog satte 20 Euro Mühlradstempelzuschlag bewilligt und es demnach viele Hundert Briefe und damit auch Dutzende von Recobriefen auf dem Markt geben müsste - nur habe ich die bisher in über 40 Jahren nicht gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.04.2020 08:54:20 Gelesen: 217467# 503 @  
Liebe Freunde,

Sinn, Zweck und Funktion dieses fünfzeiligen Chargé - Stempels war sicher die Briefaufgabe am Münchener Chargé - Schalter, daher dürften 97% dieser Stempel als Aufgabestempel vorkommen, was aber auch nicht gerade häufig ist.

Seltener in violett (am Anfang), häufiger in rot bzw. orange.



Deutlich seltener ist der Stempel als Ankunftsstempel, weil Ankunftsstempel/Abgabestempel keinerlei Chargé - Notationen aufweisen mussten, blieb das doch der Aufgabepost vorbehalten, dies zu tun. Aber etwa 2% der mit bekannten Briefe mit diesem Stempel sind tatsächlich Recobriefe nach München.

Extrem selten sind aber diese Stempel auf Transit - Recobriefen, weil der Abschlag eine speziellen Recostempels als Transitpost nun mal gar keinen Sinn macht - und doch dürften maximal 1% der bekannten Abschläge allein diesem Zweck gedient haben.

Hier einen aus Neu-Ulm über München nach Regensburg vom 20.5.1866 mit alleinigem Transitstempel durch München - Chargé als Fünfzeiler.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.04.2020 10:49:40 Gelesen: 217270# 504 @  
Liebe Freunde,

Recobriefe, bei denen die Reco - Nummer fehlt, sind nicht häufig, in aller Regel dürfte das Aufkommen bei einem Promille aller Recobriefe anzusiedeln sein.



Hier ein Dienstbrief Regierungs - Sache des K. Bezirksgerichts Rottenburg vom 31.1.1866 an die Schulsprengelverwaltung (was für ein Wort !) Kläham "Gegen Recepisse", bei dem der Empfänger das Darum seines Anschreibens vom 19.1.1866 vorderseitig ausgeschnitten und aufgeklebt hat.

Chargé hätte in rot gestempelt werden müssen, da half auch das eher hilflos wirkende Unterstreichen durch Rötel nicht und ohne Nummer keine Nachverfolgung - da war es ein glücklicher Zufall, dass die Zielpost Ergoldsbach nur 12 km entfernt lag und somit direkt kartiert worden war, sonst wäre ein späterer Laufzettel sicher lustig geworden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.04.2020 11:01:43 Gelesen: 217264# 505 @  
Liebe Freunde,

meine kleine Sammlung über die "Armensachen" wächst und gedeiht - wer hätte das gedacht?



Heute zeige ich ein außergewöhnliches Stück, das nicht nur ganz manierlich daher kommt, sondern auch einen Terminus aufweist, von dem ich behaupte, dass nicht mal Einer von einer Million Deutschen weiß, was das Wort bedeutete ...

In Nürnberg wurde am 26.3.1841 ein Brief an das Stadtgericht zu Leipzig offensichtlich von einem Portobefreiten (oder einer Behörde, die sich nicht an die Vorschrift zur Adressierung von Dienstbriefen gehalten hatte) aufgegeben, der unten links den Vermerk "Armen Pupillen S(ache)" trägt und darunter die Geschäftsnummer ("Expeditions-Nr.") 9094, so dass wir hier sicher keine kleine Behörde vor uns haben.

Der Brief wurde in Bayern portofrei belassen, wohl auf Grund der Franchise, jedoch mit 13 Pfennigen in Sachsen taxiert, ehe man der bayer. Annahme folgte, die Pupillen - Sache auch innersächsisch portofrei zu belassen und die Taxierung strich. Das dürfte sich ausweislich des Stadtpoststempels siegelseitig am 28.3.1841 abgespielt haben.

Aber was war eine Armen - Pupillen - Sache überhaupt?

https://books.google.de/books?id=FVtmAAAAcAAJ&pg=PA77&lpg=PA77&dq=armen+pupillen+sACHE&source=bl&ots=owuOCeBzqg&sig=ACfU3U2EeVcqO_OAbiZDjvCuOE5iGbz5wg&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwji74TG9tDoAhVjyqYKHYvFA-4Q6AEwA3oECAsQLA

Das ist zwar eine preussische Verordnung, aber die Bayerische sah sicher genauso aus und belegt, dass die Portofreiheit erst einmal zu gewähren war.

Auch Wikipedia kann helfen, so wie hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Pupillen

Es ging also um Minderjährige, die unter Kuratel standen und die mittellos waren, warum auch immer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.04.2020 16:21:16 Gelesen: 217156# 506 @  
Liebe Freunde,

Nachfrankaturen sind bekanntlich nicht häufig - noch weniger häufig sind sie aber, wenn es um Dienst- und Freimarken ging. Wenn dann noch der Status des Poststücks mit der Nachfrankatur wechselte, wird es aber schon ganz, ganz eng mit dem vorzeigbaren Material.



Eine Dienstdrucksache aus ??? (ich kann weder das Dienstsiegel links, noch den Stempel rechts lesen) vom ?? 1919 war an das Protestantische Pfarramt in Lauben im Günztal gesandt worden, wo sie keinen Ankunftsstempel erhielt - leider!

Danach strich man die alte Adresse durch und notierte jetzt, blau unterstrichen: Volksbund zum Schutz der deutschen Kriegs- u. Zivilgefangenen Berlin S W 68 Zimmerstr. 72 - 74".

Nun ein Fernbrief, der verschlossen wurde, frankierte man mit 15 Pfg. in Lauben am 14.3.1919 den Brief, der auch bei seiner Ankunft in Berlin keinen Stempel erhielt.

Es wäre schön, wenn man herausfinden könnte, von wo die Drucksache stammte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 06.04.2020 16:55:47 Gelesen: 217149# 507 @  
@ bayern klassisch [#506]

Hallo Ralph,

vielleicht ist mit einem noch höher aufgelösten Scan was drinnen. Im Siegel ist nur links oben "PFARRAMT" zu entziffern, die Buchstaben (der Ort) danach vielleicht ENS???MU???, und im Stempel glaube ich mittig ein M ausmachen zu können.

Liebe Grüße, harald
 
bayern klassisch Am: 06.04.2020 18:54:31 Gelesen: 217129# 508 @  
@ bignell [#507]

Lieber Harald,

bessere Auflösung geht im Moment nicht - mein Gerät ist wieder bockig, aber ich habe eine Meldung erhalten, dass es Memmingen sein sollte und das lag ja nah an dem 2. Aufgabeort, von daher würde das passen.

Danke fürs Mitknobeln und ich hoffe, das gute Stück gefällt dir auch.

Liebe Grüsse und Frohe Ostern,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 07.04.2020 13:23:02 Gelesen: 217053# 509 @  
Liebe Freunde,

ach, nur wieder so ein langweiliger Dienstbrief vom alten bayern klassisch, warum sollte man sich das durchlesen, oder gar noch ansehen?

Na ja, vlt. doch, denn eine portofreie Regierungs - Sache ging am 15.9.1868 vom Landgericht Mindelheim an den Notar Zimmermann in Dingolfing ab, die die Expeditionsnummer 1228 trug. Aber der Brief, der am Folgetag schön mit dem Zierstempel von Dingolfing abgestempelt wurde, zeigt noch einen Vermerk, der ausgekratzt wurde und der lautete: "Mit einer Beilage".





Nun, offensichlich wurde der Brief letztlich doch ohne Beilage verschickt, aber warum machte man sich die Mühe, selbigen Satz auszukratzen? Erstens war alles, was ein Absender auf die Vorderseite (s)eines Briefes schrieb, Teil der Adresse und durfte nur von ihm, wenn es Änderungen gab, auch wieder gestrichen, verändert oder wie hier (selten!) ausgekratzt werden. Die Post durfte das nicht, denn die Post durfte keine Änderungen der Adresse vornehmen (außer bei späteren Nachsendungen).

Oder aber, man schaffte es, die Beilage doch noch im Brief selbst unterzubringen und benötigte daher keinen Bindfaden und sonstige Umverpackungen.

Auch wäre es möglich gewesen, die Beilage separat zu versenden mit neuer Anschrift, weil z. B. Brief und Beilage über 1 Pfund gewogen hätten und damit mit der Fahrpost zu befördern gewesen wären (nur bei Dienstpost - Post von Privaten war anders zu befördern). Jedenfalls war eine Beförderung mit der Fahrpost nicht gewünscht und fand auch nicht statt.

Vermutlich weden wir es nie mehr heraus finden, warum man den Vermerk strich - aber viele Briefe dieser Art gibt es nicht und für einen BP$ nehme ich dergleichen immer mit - vor allem mit Zierstempel, ob hinten, oder vorne.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.04.2020 10:50:45 Gelesen: 216862# 510 @  
Liebe Freunde,

ich habe die Ehre, einen Brief aus Speyer in der schönen Pfalz nach Köln zeigen zu dürfen, der ausweislich seiner Siegelseite ab Mainz mit dem Schiff über den Rhein transportiert wurde. Das Nähere hat der liebe Magdeburger hier schon geschrieben:



"Diese Verbindung wurde von der Köln-Düsseldorfer Dampfschifffahrtsgesellschaft auf der Strecke Mainz - Coblenz - Coeln in beide Richtungen betrieben. Der Streckenstempel Coblenz - Coeln auf deinem Brief ist als Schiffspoststempel anzusehen. Bisher ist sein Frühdatum der 27.08.1852.

Die Anlegestelle befand sich südlich der Schiffsbrücke von Coeln nach Deutz. Es war auch die einzige Verbindung über den Rhein dort. Laut Angabe führte der Fuhrunternehmer Lungstraß die Post über diese Brücke im Auftrage der preussischen Postverwaltung zwischen 1852 bis 01.05.1858 durch. Danach ging diese Aufgabe auch die eigene Posthalterei über, welche der Bahnpostexpedition unterstellt war. Mit dem Bau einer Eisenbahnbrücke 1859 endete auch dieses.

Die Schiffspost endetet mit der Fertigstellung einer beidseitig des Rheins in Richtung Süden befindlichen Eisenbahn. Allgemein ist es so, dass ab 1859 von einer regelmäßigen Postbeförderung mit der Eisenbahn ausgegangen werden kann."

Dieser Brief datiert vom 10.12.1859, so dass es jetzt wichtig genau zu wissen wäre, wann die regelmäßige Postbeförderung wieder vom Schiff weg hin zur Eisenbahn des Jahres 1859 stattgefunden hatte, denn einen späteren aus 1859 wird man wohl kaum finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.04.2020 11:19:34 Gelesen: 216743# 511 @  
Liebe Freunde,

aus dem reichhaltigen Angebot unseres geschätzten Händlers Georg Kemser konnte ich mir diesen hier nicht entgehen lassen:







Portobrief aus Memmingen vom 8.3.1848 bis 1/2 Loth = einfach nach dem Vertrag Baden - Bayern vom 1.8.1843 über 15 Meilen nach Simonswald bei Waldkirch für 12 Kreuzer, wobei noch 2 weitere Kreuzer badische Landbestellgeld hinzu kam, so dass man dort am ?? (Ankunftsstempel mangelt) 14 Kreuzer für den Posttransport zahlen musste.

Doch die Besonderheit liegt im Inhalt, den es Gott-sei-Dank heute noch gibt, denn es ist ein Wechsel, der in Nördlingen (Bayern) am 8.1.1848 über 117 Gulden und 45 Kreuzer im 24 Gulden - Fuß (rheinische Währung also) wie folgt ausgefertigt worden war:

"Zwey Monath nach heute zahlen Sie gegen diesen Prima Wechsel an die Ordre des Herrn Conrad Keim die Summe von Gulden Einhundert Siebenzehen & fünf & vierzig Kreuzer f24 Fuß den Werth in Rechnung und stellen ihna uf Rechnung laut Bericht von Herr Andreas Baumer in Simonswald bey Freiburg i(m) B(reisgau).

Sigmund Konrad Moll & Compagnie - Stempel Conrad Keim Memmingen".

Rückseitig sieht man noch "pr. nequirt Memmingen dem 8. Mertz 1848 Conrad Keim" manuell nachgetragen.

Briefe mit noch inliegenden Wechseln sieht man nicht allzu oft und dieser hier wurde nicht einmal recommandirt am 8.3.1848 gewissermaßen als Quittung verschickt genau innerhalb der vermerkten 2 Monate von seiner Ausstellung.

Da bin ich froh, dass ich Teile meiner Sammlungen auf A3 umstelle, denn sonst wäre er nicht sinnvoll zu präsentieren und so etwas Schönes und Seltenes sollte man doch gut präsentieren können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch (und Frohe Ostern sowieso)
 
bayern klassisch Am: 16.04.2020 13:22:52 Gelesen: 216313# 512 @  
Liebe Freunde,

wenn man Bayern - Schweiz sucht, findet man eine große Zahl von Briefen an Isler & Bruggießen in Wohlen/Aargau, sicher weit über 1.000 Briefe. Aber wie viele kennen wir an diese Firma unter einer anderen Anschrift? Ja, es gibt einige wenige nach Leipzig, weil die dortige Messe auch Schweizer Firmen anzog, aber hier kann ich einen Brief nach Frankfurt am Main zeigen, der von Ansbach am 23.4.1843 nach dorthin als Portobrief verschickt worden war.





Bayern notierte bis Aschaffenburg 8 Kreuzer, zu denen 4 Kreuzer für Taxis kamen, so dass man gar nicht erst 12 Kreuzer addierte, sondern gleich 3 Batzen in typischem Frankfurter Blau notierte. Dass der Brief schon einen Tag später dort ankam, würde ich mal als bessere Sensation bezeichnen, sind das doch lockere 212 km, die da zurück zu legen waren (ohne die Bahn wohlgemerkt!). Da stimmten die Anschlüsse also perfekt.

Auf der Adresse unterhalb von "Frankfurt a/Main" steht noch der interessante (und für mich kaufentscheidende Vermerk): "Sollten obige Herren in Frankfurt schon abgereist seyn wird höflich gebeten den Brief nach Wohlen zu befördern". Ich habe leider nicht genau heraus finden können, wie lange 1843 die Frankfurter Messe andauerte, aber es war sicher im April 1843, als sie stattfand. Interessant wäre es genau zu wissen, wann sie endete und wann man mit der Rückreise der Firmen rechnen konnte.

Im Inneren geht es um rein geschäftliche Dinge - nett ist der Vermerk unten links: "Wenn Sie in der Art ein Muster Bordüren a 4 Gulden, höchstens 4 Gulden 30 Kreuzer, haben, bitte 2 Stück beizulegen".

Somit passt der Brief sowohl in meine Sammlung "Muster ohne Wert(h)", als auch "Besonderheiten bei der Adresse" und gfs. noch in die Bayern - Schweiz - Sammlung, was mich außerordentlich freut.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2020 14:31:17 Gelesen: 215949# 513 @  
Liebe Freunde,

Versuch einer detektivischen Kleinarbeit:

Vorhanden ist die Hülle eines einstigen Faltbriefes der kgl. bayer. Gemeindeveraltung Welbhausen "an das Königliche Württembergische Ober-Kriegs-Commissariat zu Stuttgart Expeditions-Nr. 31 D(ienst) S(ache)".



Zu Welbhausen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Welbhausen

Welbhausen war ein Stadtteil von Uffenheim, welches über 10 bis 20 Meilen von Stuttgart entfernt lag, daher waren 6 Kreuzer Franko für Briefe unter 1 Loth 1863-67 korrekt frankiert. Den geschlossenen Mühlradstempel 533 von Uffenheim kann man auch noch gut erkennen, aber die Aufgabestempel weisen 2 Daten aus: 17.3. und 29.3..

Die Siegelseite zeigt einen württembergischen Bahnpoststempel vom 29.3. und einen Distributionsstempel von Stuttgart D1 (1. Bestellgang) vom 30.3. und eine "4" vom Zusteller dort.

Versuch der Beschreibung: Dienstbrief (D.S.) aus Welbhausen mit Postaufgabe bei der Postexpedition Uffenheim am 17.3. portofrei nach Stuttgart. Dort umgetütet und retour nach Welbhausen geschickt. Am 29.3. erneut abgeschickt, jetzt ist aber von der Aufgabepost bei der Gemeindeverwaltung und bei D.S. ein blaues Fragezeichen gesetzt worden, was für mich bedeutet, dass man den Brief nicht als reinen Dienstbrief in Staatsdienstangelegenheiten erkannte, daher D.S. gestrichen und mit 6 Kr. frankiert nach Stuttgart geschickt.

Gerne lese ich abweichende Ansichten zu dem kleinen Vortragsstück.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 21.04.2020 17:03:08 Gelesen: 215920# 514 @  
@ bayern klassisch [#513]

Hallo Ralph,

ich denke die beiden Fragezeichen stammen von einem Vorbesitzer, der sowohl den Absendervermerk als auch das DS nicht lesen konnte, weil er die deutsche Schreibschrift nicht kennt, und sein Unwissen "verewigen" musste. Was aber nichts an Deiner Beschreibung ändert (nur das Fragezeichen würde ich auslassen, DS gestrichen reicht als Aussage).

Liebe Grüße, harald
 
bayern klassisch Am: 21.04.2020 17:54:56 Gelesen: 215908# 515 @  
@ bignell [#514]

Lieber Harald,

tja, das wird schwer zu prüfen sein, ob es von 186?, oder 100 Jahre später vermerkt wurde. Er hat 22 Euro gekostet, das war es mir wert und 2 verschiedene Aufgabestempel 12 Tage auseinander sind ja auch nicht so übel.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 26.04.2020 12:55:09 Gelesen: 215625# 516 @  
Liebe Freunde,

bei Briefen von Bayern nach Strasbourg selbst ist mir aufgefallen, dass diese manchmal keinen Grenzübergangsstempel aufweisen (also z. B. Bavière - Strasbourg).

Leider habe ich keine Briefe nach Forbach, daher weiß ich nicht, ob dort das gleiche Verhalten seitens der französischen Post zu beobachten wäre.

Briefe nach Wissembourg (Weißenburg im Elsaß) zeigen aber, so weit mir bekannt ist, den entsprechenden Grenzübergangsstempel (Bavière - Wissembourg).







Als Beispiele hänge ich 2 Portobriefe aus München nach Strasbourg an, die aus dem Februar 1835 bzw dem Oktober 1840 stammen und die in München mit dem Ortsstempel und dem CBR4 - Stempel vertragskonform versehen wurden. Der 1. wurde in Strasbourg mit 11 Decimes taxiert (2. Gewicht), der 2. mit 7 Decimes (1. Gewicht).

Es wäre schön, wenn ihr eure Bestände mal kurz durchforsten könntet, ob euch auch Briefe nach Strasbourg, Forbach und Wissembourg von 1822 - 1847 oder später vorliegen, die keine Grenzübergangsstempel aufweisen, denn ansonsten hat m. W. Strasbourg sehr, sehr gut gearbeitet (Respekt heute noch dafür!).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.04.2020 20:38:41 Gelesen: 215457# 517 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, die kann man sich fast gar nicht so schräg vorstellen, wie es sie tatsächlich gab, Montagsproduktionen also, die in fast allem Besonderheiten/Contraventioen darstellen.



Dienstbriefe mussten vorn oben die Absenderbehörde aufweisen. Hier nicht der Fall.

Es war vermerkt worden "K.D.(S)" als Königliche Dienst Sache oben rechts - dann wurde es aber gestrichen und durch "P.S." als Partei - Sache ersetzt, womit der Brief portopflichtig wurde. Dafür wurde die amtliche Expeditions - Nr. der Absenderbehörde No. 6302 oben links notiert.

Unten links sehen wir den Versendungswunsch: "Gegen Post- und Retourschein", also eingeschrieben mit Retour - Recepisse. Bezahlen wollte man hier also gar nichts, auch nicht das Porto von 4 Kreuzern (mittig rechts).

Absender war das Gericht von Bamberg, Empfänger die Amtsherrschaft von Würzburg in Mitwitz (der Baron von Würzburg schien ein rechter Streithansel gewesen zu sein).

Mittig unten notierte man 20 Kreuzer - 20 Kreuzer? Wofür so viel Geld für einen Brief bis 6 Meilen über 1/2 bis 1 Loth, der also gar nicht so schwer war? Ein Hinweis gibt uns der Vermerk oben rechts: "16 Postgeldz(ahlt)".

Der Empfänger hatte also total 20 Kr. gezahlt, die sich wie folgt aufsplitteten:

4 Kr. Porto, 4 Kr. für Chargé und 12 Kr. für die Retour - Recepisse (Rückschein).

Aber genau da lag der Fehler - die Kosten für das Porto konnte man als Absender dem Empfänger aufbürden, aber niemals die 4 Kr. Chargégebühr und die 12 Kr. für die Retour - Recepisse. Aber am 10.9.1835 wollte man partour gar nichts zahlen und überließ alles, entgegen der Vorschrift, dem Amt des Barons von Würzburg.

In dieser Art kannte ich bisher fast nur Briefe des Gerichts in Nürnberg und von ganz Bayern keine 10 Stück. Mit ihm werde ich die Contra - Sammllung der Vormarkenzeit sicherlich bereichern können. (Hinten ist der Brief blank).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2020 08:40:25 Gelesen: 215131# 518 @  
Liebe Freunde,

ein Portobrief nach Schaumburg - Lippe (Thurn und Taxis) ist von Bayern aus immer etwas Besonderes, ob frankiert (häufiger), oder unfrankiert wie hier.



Noch dazu, wenn er aus 1854 stammt, wie dieser hier aus Würzburg über Frankfurt am Main nach Bückeburg, denn Schaumburg - Lippe trat ja erst zum 1.1.1854 dem DÖPV bei.

Zur Taxierung: Bayern sollte in Silbergroschen das Porto für Briefe über Preussen vortaxieren, hier also 3 Sgr. über 20 Meilen unter 1 Loth und 1 Sgr. Portozuschlag = 4 Sgr. und es gibt auch Briefe nach dorthin, die so taxiert wurden.

Wenn aber die Leitung nach dorthin nicht über Preussen führen sollte, wie hier, sollte in rheinischen Kreuzern taxiert werden und analog zum eben gegebenen Beispiel 9 Kreuzer + 3 Kreuzer = 12 Kr.. Die mittige schwarze 12 war demnach die bayer. Taxierung, ehe er nach Frankfurt am Main kam, dem Auswechselpostamt für Bayernbriefe in den Norden nach den dortigen Taxisgebieten.

Hätte FFM diese 12 Kr. paritätisch in die von der Abgabepost verlangten Gutengroschen (Ggr.) reduziert, so wären es 3 1/4 Ggr. geworden. Aber man wollte von seinem Kunden das Äquivalent von 4 Silbergroschen haben und das waren halt 14 Kreuzer, auch wenn man später an Bayern nur deren 12 zurück rechnete.

Also notierte FFM geschwind 14 Kreuzer, sogar 2 mal (!) und gab den Brief gen Norden nach Schaumburg - Lippe. Dort reduzierte man diese in 3 1/4 Ggr. (weil ein Ggr. etwas mehr als 4 Kreuzer paritätisch wert war) und notierte das Bestellgeld, wie bei Taxis üblich, mit 5 Gutenpfennigen daneben, so dass der Empfänger beides zahlen musste.

Briefe nach Schaumburg - Lippe wird es von den süddeutschen Staaten nicht viele gegeben haben, aber wenn man bedenkt, dass Taxis pro einfachen Brief immer noch 2 Kreuzer durch diesen Trick verdiente, dann kam da übers Jahr sicher ein nettes Sümmchen heraus und bei schweren Briefen verdiente man ja noch mehr auf diese Weise.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.05.2020 12:30:19 Gelesen: 214952# 519 @  
Liebe Freunde,

der günstigst erworbene Brief passt sowohl in die Contra-, als auch in die Minisammlung 1851, daher war ich froh, ihn erhaschen zu können.



Fürth, 3.9.1851, nach Reuth bei Erbendorf. Da bis 1 Loth und unter 12 Meilen korrekt taxiert in Schwarz mit "6" Kreuzern. Aber die Niete in Fürth notierte nur eine halbe 6 und vermerkte diese noch im Vornamen des Adressaten - das war nichts! Daher wurde in Erbendorf darunter eine Rötel - 6 vermerkt und doppelt unterstrichen. 2 Tage später kam er an und wurde bezahlt.

Nach der Dienstesanweisung hatte die Taxierung klar, groß und deutlich zu erfogen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Lustig: Im Inhalt beschwerte sich der Fürther, dass er häufiger Briefe von Carl Barth aus Reuth porto zugeschickt bekam, diese jedes Mal zu zahlen hatte und dennoch aus diesen nichts Neues erfuhr, weil die benötigten Proben noch nicht abgeschickt worden wären.

Als Dank gab es jetzt diesen Portobrief zurück: "Tit for tat", sagt der Engländer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.05.2020 12:44:08 Gelesen: 214950# 520 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief des Pfarramtes Perasdorf vom 22.6.1875, der über die Postablage Schwarzach an den Ort der für beide Dörfer zuständigen Postexpedition Welchenberg lief, um später das bischöfliche Ordinariat in Regensburg mit seiner Ankunft am 23.6.1875 zu beglücken.



Um dahin zu gelangen, transitierte er noch Straubing.

Leider liegt mir keine Unterlage vor, aus der hervor ginge, welche Orte den Lokalbezirk der Postexpedition Welchenberg eingegliedert waren. Evtl. war in Perasdorf kein Briefkasten für den Ruralboten angebracht, so dass man seine (sicher sehr übersichtliche) Post zuerst in das ca. 4,5 km entfernte Schwarzach und erst dann von dort in das ca. 6,5 km entfernte Welchenberg bringen musste.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.05.2020 11:21:02 Gelesen: 214788# 521 @  
Liebe Freunde,

ein Brief an den Magistrat der Stadt Auerbach in der Oberpfalz wurde offenbar von einem Privaten porto in München am 19.11.1842 abgesandt, der im 2. Gewicht lag und daher 10 + 5 = 15 Kreuzer Porto erforderte. Eigentlich waren Briefe von Privaten an königliche Stellen stets zu frankieren - aber der Brief kam sehr spät vor dem Postabgang Münchens Richtung Regensburg an (innerhalb der letzten halben Stunde), so dass er den Nebenstempel (Verzögerungsstempel) N. Abg. = Nach Abgang erhielt und vielleicht in München am Abend a) die Beleuchtung mies und b) das Fachwissen tief hing und man ihn dennoch annahm.



Bei seiner Ankunft, wann wissen wir nicht, musste der Brief von Kirchenthumbach nach Auerbach getragen werden, wofür "2 Xr. Bothenlohn" fällig wurden, die die Böthin von Auerbach kassierte für ihren Lauf.

Auch wenn der Brief alles, nur keine Schönheit darstellt, muss man erst einmal einen a) Portobrief eines Privaten an eine Behörde finden, der nicht annahmeverweigert wurde, b) einen Verzögerungsstempel zeigen können, der a) plausibel erscheinen lässt und c) einen Botenlohn aufweist, der das Ganze noch verteuert hat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.05.2020 12:48:21 Gelesen: 214621# 522 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief sieht wie ein ganz Normaler aus, wenn man übersähe, was da links unten von der Hand des Absenders mal notiert worden war: "Mit 1 großen Schleifstein frey".



Der Absender in Röthenbach im Allgäu wollte am 12.5.1858 der Firma Gerhauser in Kaufbeuren einen großen Schleifstein schicken und hierfür diesen Brief als Begleitbrief oder Begleitadresse fungieren lassen, hat es sich dann aber anders überlegt.

Dafür hatte er (nicht die Post!) diesen unzulässigen Vermerk (die Briefpost übernahm keine Briefe mit großen Schleifsteinen) zu streichen und, da frey schon mal notiert worden war, auch den Brief zu frankieren, hier bis 1 Loth inkl. bis 12 Meilen mit 3 Kreuzern, was er auch tat.

Am Folgetag kam der Brief an - wann der große Schleifstein bei Gerhauser angekommen ist, werden wir wohl nie heraus finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.05.2020 09:11:12 Gelesen: 214473# 523 @  
Liebe Freunde,

einer der schönsten Vormarkenzeitbriefe (VMZB) aus Ulm / bzw. Neu-Ulm, die ich je gesehen habe, kam bei Rauhut ins Angebot und jetzt ist er hier: Verfasst in Ulm am 26.10.1845 mit Postaufgabe in Neu-Ulm am 28.10. lief er an die Firma Gerhauser in Kaufbeuren, worfür diese Firma 6 Kr. Porto zahlte.



Von Ulm bzw. Neu-Ulm nach Kaufbeuren waren es 74 km, also genau 10 Meilen. Der Brief wog über 1/2 bis 1 Loth, daher war das Porto des einfachen Briefes nach dem Reglement vom 1.1.1843 bei über 6 - 12 Meilen von 4 Kreuzer mit 6 Kr. korrekt.

Bei einer Postaufgabe von Ulm aus hätte man 2 + 1 Kr. für Württemberg und 4 + 2 = 6 Kr. wie geschehen für Bayern gerechnet, so dass der bayer. Empfänger auf diese Weise 3 Kr. Porto sparte.

Es spricht auch durch die zeitliche Divergenz vom Schreiben des Briefes bis zur Aufgabe 2 Tage später einiges dafür, dass man ruhig ein paar Tage warten konnte, bis vlt. eine entsprechende Anzahl von Briefen zusammen gekommen war, um sie dann auf einmal über die Brücke nach Neu-Ulm zu bringen. Da man mind. 2 Kr. pro Brief nach Bayern sparte, Briefe über Bayern nach Österreich z. B. aber deutlicher verbilligen konnte, ist diese Variante gut denkbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 08:38:45 Gelesen: 214363# 524 @  
Liebe Freunde,

am 21.9.1856 schrieb man einen einfachen Brief von Ulm / Neu-Ulm nach Zweibrücken in der schönen Pfalz für 6 Kreuzer bis 1 Loth inklusive.



Bei einer Postaufgabe in Ulm hätte man 9 Kr. für ihn bezahlen müssen und er durfte nur unter einem Loth wiegen. Da er heute nur 4 g wiegt, und sein Inhalt sicher nicht das Telefonbuch von New York war, dürfte er auch damals unter einem Loth gewogen haben (und das Telefonbuch von New York soll ja 1856 allein schon deswegen nicht ganz so dick gewesen sein, weil es noch gar kein Telefon gab).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 09:03:48 Gelesen: 214358# 525 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen mit Siegel verschlossenen Brief aus Rechtenbach (nicht das heutige Schweigen - Rechtenbach, sondern das fränkische im Spessart nach Hain im Spessart, beide etwa 16 km voneinander getrennt. Das Datum war der 30. May 1836 und geschrieben hatte den Brief Joseph, der Bruder der Adressatin. Aber es war nicht nur der Brief selbst, sondern er hatte sogar noch eine Einlage, wie der Text Josephs beweist:





"Liebe Schwester!

Meinem Versprechen gemäß übersende ich dir den jüngsten

von Schmalwasser erhaltenen Brief; nach gemachtem Gebrauche

lasse mir denselben gelegentlich wieder zukommen.

Empfehle mich Deinem lieben Mann bestens, und

lebe recht wohl, dies wünscht Dein aufrichtiger Bruder Joseph

Rechtenbach den 30ten May 1836 - In Eile -

Die Adresse lautet: "Wohlgeboren dem königlichen Revierförster Herrn Drescher zu Hain D(urch) G(üte).

Rechtenbach bekam erst 1881 eine eigene Postexpedition, Hain erst 1841, wobei diese mangels Masse wieder 1854 aufgelöst wurde, ehe endlich im Jahr 1900 eine Posthilfsstelle dort eingerichtet wurde, ergo waren beide Orte nicht direkt von Poststellen versorgt.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der verschickte Brief mit einem Siegel verschlossen worden war und der Inhalt, ein weiterer Brief von einem Herrn Schmalwasser, vermutlich auch - ergo gehe ich von 2 Straftaten in einem Brief aus und das kannte ich bisher noch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 09:20:29 Gelesen: 214357# 526 @  
Liebe Freunde,

dank des netten Hinweises eines Forumsmitgliedes (danke dafür!) konnte ich per Spontankauf diese Rosine hier schnappen: Brief aus Nürnberg über Forbach nach Bilbao vom 2.3.1830 nach dem Postvertrag Bayerns mit Frankreich vom 1.1.1822.





Da Frankreich nicht mit Spanien abrechnete, mussten Korrespondenten ihre Briefe für die bayerische und französische Strecke frankieren, im anderen Fall wären sie am Schalter als nicht annahmefähig abzulehnen gewesen.

Der Nürnberger zahlte also 20 Kreuzer im Nenner des siegelseitigen Bruches für Bayern bis Forbach und 42 Kreuzer Weiterfranko für Frankreich ab Forbach bis Irun, dem Eingangspostamt Spaniens.

Spanien taxierte ihn mit 9 Reales bis Bilbao, die der Empfänger zahlen durfte. Die Strecke Irun - Bilbao betrug ca. 120 km und 9 Reales entsprachen ca. 14 Kreuzern.

Empfänger war die Firma Errazquin und Söhne, Absender die Firma J. D. Wiss in Nürnberg.

Offenbar gab es Probleme in Forbach bei der Reduktion der von Bayern bonifizierten 42 Kreuzer. Bekanntlich entsprach eine Decime 2,85 Kreuzer rheinisch, womit 42 Kr. genau 14,74 Decimes entsprachen, hinten aufgerundet auf 15 Decimes. Doch dann wurden diese m. E. korrekten 15 Decimes gestrichen und darüber 18 Decimes notiert, während man unter den bayerischen Bruch 12 Decimes notierte. Leider kann ich das französische Gebührenchaos nicht aufklären und es wäre schön, wenn es einer könnte.

Der Stempel P.P. von Nürnberg zeigte, dass die Gebühr - so weit möglich - vom Absender bezahlt worden war.

4 A.E.D. war der Stempel von Forbach, dem alphabetisch 4. Grenzpostamt Frankreichs und des Vermerks "Par Paris & Bayonne" hätte es wohl bei dem Zielort nicht wirklich bedurft.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 09.05.2020 16:00:17 Gelesen: 214304# 527 @  
@ bayern klassisch [#526]

Hallo Ralph,

ich nehme Deinen Brief von Nürnberg nach Bilbao als Anlass zum Berechnen der französischen Inland-Brieftaxe. Du weisst, Übung macht den Meister.

Dazu habe ich die Tarife der französischen Post ab 1828 aus einem Buch von Schäfer vor mir, siehe Tabelle nachstehend.



Die Distanzmessungen erfolgten nicht wie früher über Paris, sondern direkt vom “Aufgabeort” zum “Empfangsort”. Hier nehmen wir natürlich die Austauschbüros. So sind es von Forbach bei Saarbrücken bis Irun = 967 km in direkter Luftlinie

Damit sind wir in der Tariftabelle bei 12 décimes, bei einem Briefgewicht von 7½ Gramm.

Ich denke aber, dass der Brief in die nächste Gewichtsstufe bis 10 Gramm fiel; mit einer Taxe von 18 décimes. Das dürfte die 18 erklären. Als die Beamten allerdings die 42 Kreuzer umrechneten, stellten sie fest, dass damit keine 18 décimes abgegolten wurden.

Also die zu früh notierte 15 (= 42 Kreuzer) wieder streichen und korrigieren auf 18. Danach wurden die fehlenden 3 décimes = 8 Kreuzer von der Vergütung von 20 Kreuzern für Bayern abgestrichen, ergibt 12 Kreuzer.

Gruss

SH-Sammler

Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 16:22:41 Gelesen: 214294# 528 @  
@ SH-Sammler [#527]

Hallo Hanspeter,

vielen Dank für deine Teilnahme und das Abbilden des französischen Meilenzeigers.

12 Decimes wäre das 1. Gewicht gewesen, 15 Decimes war das, was Bayern Frankreich bonifizierte und 18 Decimes wäre es, wenn der Brief in Frankreich in der 2. Gewichtsstufe gelegen hätte - aber die 18 wurde ja auch gestrichen und es blieb die 12 übrig, wenn ich es richtig sehe. Das wiederum spräche für einen einfachen Brief bis 7,5 g.

Wäre es so, hätte Frankreich an Bayern 3 Decimes = knapp 9 Kreuzer rückvergüten müssen, woran ich aber nicht glaube.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 14.05.2020 10:35:32 Gelesen: 213651# 529 @  
Liebe Freunde,

den hier hätte man auch unter "Lustige Briefe" einstellen können, aber wir wollen die Postgeschichte des 19. Jahrhunderts ernst nehmen und vergessen das damit.





Ein Dienstbrief des fürstlichen Herrshaftsgerichts Mönchsroth wurde am 8.9.1844 an das königlich württembergische Amts - Notariat in Zoebingen mit Postaufgabe im 7 km entfernten Dinkelsbühl versandt und mit R.S. und der Expeditions-Nr. 1103 versehen - daher alles gut und portofrei von beiden Postverwaltungen belassen.

Wann der Brief in Zöbingen ankam, wissen wir nicht. Wir wissen aber, wenn wir den Brief umfalten, dass man ihn gewendet und vor dem 2.10. mit der Anschrift "Dem Fürstl. Herrschaftsgericht Mönchsroth" zuadressiert hatte, von wo aus er erneut, jetzt am 3.10.1844 unter der geänderten Expeditions - Nr. 2377, erneut nach Zöbingen verschickt wurde.

Das war alles im Großen und Ganzen auch gar nicht mal falsch gemacht worden in Dinkelsbühl, aber üblicherweise strich man den alten Stempel der 1. Versendung durch, um für alle Beteiligten für Klarheit hinsichtlich des Postaufgabedatums zu sorgen. Von daher haben wir hier eine kleine Contravention, über die ich mich sehr freue.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.05.2020 09:43:43 Gelesen: 212742# 530 @  
Liebe Freunde,

in meiner doch schon recht umfangreich gewordenen Minisammlung "Briefe mit Briefen" hatte ich bisher nur einen Brief aus der Pfalz, jetzt kam ein zweiter, wie ich finde ganz Hübscher hinzu: Leider ohne Inhalt und daher ohne Jahr, aber aus Ludwigshafen mit dem oM 291 und folgender Adresse: "Herrn Franz Karcher, wohlgeboren, mit Briefen der Herren Gebrüder Karcher - Kaiserslautern".



Franz Daniel Karcher war wohl der Gründer der Frankenthaler Zuckerfabrik und als solcher sicher prominent. Ludwigshafen liegt direkt neben Frankenthal in der Pfalz, von daher denke ich, dass man geschäftliche Briefe diesem Brief beigeschlossen hatte - die allesamt aber nur 1 Loth inklusive wogen, es dürften also keine Liebesromane gewesen sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2020 09:57:12 Gelesen: 212540# 531 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief des bekannten Hanselshauses Paul von Stetten aus Augsburg an Fr. Rogger in Verona. Der Absender frankierte 10 Kreuzer, die hälftig zwischen Bayern und Italien aufgeteilt wurden. Die Aufgabepost vergaß aber am 12.11.1869 die Entwertung der 3 Kr. Marke und "erwischte" nur die 7 Kr. Marke oben links, vermutlich wegen der "Schichtung" der Briefe beim Abstempeln. Allerdings sah jemand später dieses Missgeschick und entwertete sie per Federzug nach - sicher nicht sooo häufig zeigbar, wie ich finde.



Im Inhalt ging es um nicht weniger als 15.600 Gulden, ein kleines Vermögen damals, aber sicher nicht für Paul von Stetten, der verfügte noch über ganz andere Volumina. Ankunft war der Folgetag und man möge heute mal am 12. irgendeines Monats einen Brief nach Verona schreiben und darauf zählen, dass er einen Tag später zugestellt wird.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2020 10:19:04 Gelesen: 212535# 532 @  
Liebe Freunde,

meine nicht enden wollende Liebe zu Bayerns mit Abstand unattraktivster Marke, der Porto Nr. 1, war es, die mich dieses leere Briefchen kaufen ließ:



Absenderbehörde war das bischöfliche Dekanate Bayermünching am 18.6.1869, welches zum Postort Mering gehörte, an den Herrn Pfarrvikar Wiedeman in Meringerzell, Filiale von Mering. Es fiel in die Rubrik "Österlicher Seelenbeschrieb betreffend" und war mit der Expedition-Nr. 131 und dem Zusatz (Franchise) R.S. für Regierungs - Sache versehen aufgegeben worden.

Der Brief zeigte (mittlerweile leider ausgeschnitten) ein Dienstsiegel, die Angabe der Absenderbehörde oben vorn, die Expeditions-Nr. und die Franchise R.S. - und wurde trotzdem mit Porto belastet, blau in Mering taxiert und, weil im eigenen Zustellbezirk verbleibend, mit einer Portomarke versehen (Attest Brettl vom 4.11.2004 liegt hier vor - alles echt und authentisch).

Doch damit nicht genug, wie uns das Attest zeigt: Die Marke war zuvor bereits auf einem anderen Brief verwendet worden und wurde hier als Postbetrug erneut verwendet!



Schon das Recyclen einer Portomarke ist eine Rarität und nur in ganz wenigen Fällen (max. 5) bekannt - aber die Verwendung auf einem portofreien Lokalbrief ist noch seltener und wenn man beide Varianten auf einem Stück zeigen kann, ist man ein glücklicher Sammler.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2020 10:13:52 Gelesen: 212075# 533 @  
Liebe Freunde,

ich weiß nicht, ob das schon jemals im Forum gezeigt wurde, daher will ich es hiermit sicherstellen:



Dienstbrief "Vom K. ?? ???" An das Landgericht Markt Bibart mit der Expeditions-Nr. 28312 und Postaufgabe Ansbach vom 31.5.1833 und Stempel R.S. im Oval, also eine portofreie Regierungs - Sache.

Wenn man 100.000 R.S. Briefe gesehen hat, muss man einen solchen Stempel noch lange nicht gesehen haben und, wie nicht anders zu erwarten, hat mir die Bucht diese Rosine beschert. Die Stempelfarbe entspricht genau der der beiden Aufgabestempel, so dass ich nicht weiß, ob es eine Dienstleistung der Ansbacher Post war, mit der man Dienstbriefe mit vergessener Franchise so bedruckte, oder doch die Absenderbehörde, die ich nicht lesen kann.

Wer vergleichbare Stücke hat, darf sie gerne hier zeigen. Siegelseite blank, Inhalt mangelt, wie so oft.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.06.2020 12:41:10 Gelesen: 211486# 534 @  
Liebe Freunde des gepflegten Alapapiers,

heute zeige ich eine Besonderheit, die ich nur von Augsburg so kenne und auch dort sind es nur 3 Briefe bisher (das ist der 3. im Bunde), die diese aufzeigen.





Der Postvertrag Bayern - Frankreich war nicht reziprok hinsichtlich der Gewichte; für Bayerns Frankobriefe und Frankreichs Portobriefe galt das halbe Münchener Loth (8,75 g), aber für Frankreichs Frankobriefe und Bayerns Portobriefe galten 7,5 g als einfach.

Hier also ein Frankobrief des großen Handelshauses Paul von Stetten an Guérin & fils in Lyon mit dem Vermerk "franco". Man schrieb den 10.4.1849 und das Franko in Bayern war aufzuteilen in den bayerischen Anteil im Nenner und den französischen Anteil im Zähler, hier für einfache Brief bis 1/2 Loth 9 Kreuzer und 9 Kreuzer.

Aber die Franzosen in Strasbourg haben ihn nachgewogen und ihr Ergebnis oben links mit "35 grammes" notiert und jetzt war er alles, nur nicht mehr einfach!

Die Grammstufen 8,75 - 17,5 - 26,25 - 35 g wiesen ihn als einen bayerischen Frankobrief der 4. Gewichtsstufe aus, der mit 36 Kreuzer für Bayern und 36 Kreuzer für Frankreich hätte bar frankiert werden müssen.

Frankreich stempelte in Strasbourg am 12.4.1849 "11 A.E.D." für 11. französisches Grenzpostamt (in alphabethischer Reihenfolge war das Strasbourg) und "Affranchissement Etranger Destination" = frankiert bis zum Bestimmungsort, denn ein Teilfranko war nach diesem Postvertrag vom 1.8.1847 gar nicht mehr möglich. Einen P.D. - Stempel von Augsburg zeigt der Brief aber nicht.

Frankreich wollte mit dieser Maßnahme des Innendienstes die hohen Kosten der Unterfrankatur seinem Kunden in Lyon nicht aufbürden und meldete diesen "Francodefect" intern nach Augsburg über die mitlaufende Briefkarte zurück. Dabei hatte Frankreich nur Anspruch auf die fehlenden 27 Kreuzer, also ca.9 Decimes; das fehlende bayerische Franko musste sich die Hauptbriefpostexpedition Augsburg von Herrn von Stetten ja auch noch zurück holen, in summa also satte 27 + 27 = 54 Kreuzer!

Mangels Französischkenntnisse bitte ich einen Kundigen mir den kurzen Inhalt zu übersetzen - vlt. steht dort etwas zum Inhalt, der ja einst vorhanden gewesen sein muss, weil 35 g ja doch eine Menge waren und der Brief heute nur noch ca. 5 g wiegt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.06.2020 10:39:41 Gelesen: 211468# 535 @  
Liebe Freunde,

die Mehrheit der Sammler findet Dienstbriefe todsterbenslangweilig und beschäftigt sich daher gar nicht erst mit ihnen, von seltenen Stempelformen, Farben und Destinationen vlt. einmal abgesehen.

Dass man damit einer großen Anzahl von Briefen postgeschichtlich Unrecht tut, ficht viele Sammler nicht an.



Heute zeige ich einen undatierbaren, leeren Brief mit einem Rayon - Einzeler von Eichstätt (es gibt 2 Schreibweisen dieses Stempels, das hier ist die Frühere), der eingeschrieben nach Ingolstadt verschickt werden sollte. Die Adresse lautet: "An das Königlich Bairische Commando des 6. Linien Infanterie Regiment Herzog Wilhelm in Ingolstadt". Unten links steht "militaria betreffend", was bei dieser Adresse durchaus plausibel war.

Es steht in Folge dessen auch kein Franko/Frei - Vermerk da und die Siegelseite ist blank, so dass der Absender nichts frankiert haben konnte. Ein großes "R" steht auch noch da - vlt. der Beginn des Wortes "Recommandirt"? In jedem Falle wurde der Brief mit dem Chargéstempel bedruckt, obwohl man dieses Wort nicht auf dem Brief findet und das "R" wurde sogar noch gestrichen. Eine Reco - Nummer wurde nicht vermerkt und wohl auch nicht gezogen.

Der Absender dürfte also keinen Schein gezogen haben (hätte 4 Kreuzer gekostet) und ließ den Brief unrecommandirt abgehen. Nur die Aufgabepost hätte jetzt unter dem Chargéstempel vermerken müssen "wurde kein Schein gezogen", um dann den Chargéstempel zu streichen. Aber das tat man nicht und so wurde der Brief zu einer Contravention, vermutlich um 1810, weil ich auch über die militärische Einheit zu keinem genaueren Ergebnis gekommen bin.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.06.2020 10:50:03 Gelesen: 211465# 536 @  
Liebe Freunde,



ein Dienstbrief des Poststalles bei der Postexpedition Marktschorgast vom 5.7.1854 war an das Oberpost- und Bahnamt in Oberfranken in Bamberg gerichtet. Man sandte es portofrei unter der Franchise R.S. = Regierungs - Sache unter der Expeditions - Nr. 84 ab und wollte dieses Schreiben ob seiner Wichtigkeit auch unter Chargé versenden. Aber der Poststall zog keine Reco - Nummer, es existierte auch kein ausgefertigter Postschein, sondern hier bedeutete die Recommandation nur, dass der Inhalt wichtig war. 6 Kreuzer kostete er auch nicht, es war hier also eine reine Vorsichtsmaßnahme seitens der Post für einen Brief an die ihr vorgesetzte Mittelbehörde (OPA).

Das findet man häufiger mal - hier wäre die Ausnahme, wenn tatsächlich eine Reco - Nummer gezogen worden wäre und, ja, auch das gibt es, wie es ja von Bayern sowieso alles gibt, was man sich vorstellen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.06.2020 13:02:55 Gelesen: 211405# 537 @  
Liebe Freunde,

am 16.10.1829 sandte die fürstlich thurn u. taxische Obereinnehmerei in Regensburg ein Schreiben "An das Großherzoglich Badische Amts Revisorat Constanz" mit dem Vermerk "franco 0, fürstliche Dienstsache".



Wie wir wissen, gaben der Fürst von Thurn und Taxis 1808 auf Drängen des bayerischen Königs das Postregal in Bayern gegen Entschädigungszahlung ab, behielt sich aber das Recht vor, für seine Familie und seine Ämter innerhalb Bayerns die Portofreiheit ansprechen zu dürfen - so auch hier.

Als Zeichen derselben fügte die Aufgabepost siegelseitig 2 schräge Parallelstriche als Zeichen der Portofreiheit an, damit die badische Post in Constanz nicht meinen könnte, das bayer. Porto wäre vergessen worden. Baden taxierte ihn mit 4 Kreuzern, die die badische Behörde zahlen musste.

Damit war es ein nicht häufiger Teilportobrief - Teilfrankobriefe gab es viel, viel mehr von Bayern und wer noch keinen Teilportobrief hat, tut gut daran, bald einen zu schnappen. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.06.2020 12:12:43 Gelesen: 211054# 538 @  
Liebe Freunde,

am 28.1.1869 schrieb der königliche Advocat Frankenburger aus Nürnberg seinem Klienten, Herrn Mathias Karl, Bauer in Asbach, Landgericht Roth, einen wichtigen Brief "franco gegen Schein", also recommandirt, weil der Empfänger in einer laufenden Gerichtssache vorerst keine weiteren Schritte unternehmen sollte.



Für den bis 1 Loth leichten Brief zahlte er 3x Franko und 7x Chargégebühr bar, also 10 Kreuzer und bekam dafür seinen ausgefertigten Postschein.

Noch am selben Tag kam der Brief in Roth an und wurde vom Postexpedtior gegen Unterschrift dem Landbriefträger (Ruralboten) Hofer übergeben, der ihn nach Asbach transportieren sollte, wo aber niemand diesen Empfänger kannte. Daher vermerkte er siegelseitig: "in Asbach LG Roth Befindet sich kein Karl. Hofer, Briefträger".

Er gab den Brief wieder seinem Chef in Roth (Expeditor) zurück, der ihn in der Briefkarte als recommandirten Retourbrief aufnahm, die Anschrift vorne auf dem Brief strich und oben "Retour" vermerkte.

Da der Absender eine gummierte Vignette als Briefverschluß verwendet hatte, war am Folgetag in Nürnberg die Rückgabe des Faltbriefes kein Problem. Dies erledigte der Stadtbriefträger Nürnbergs mit der Nr. 28 souverän. Allerdings musste er, ehe er den Retourbrief wieder dem Advocaten aushändigte, darauf achten, dass dieser ihm den am Vortag gezogenen Postschein mit der Nr. 673 zurück gab und er hierfür zu unterschreiben hatte.

Den weiteren Verfahrensablauf kann man an diesem kleinen Briefchen leider nicht mehr nachvollziehen, aber ich denke, dass das seiner hübschen Optik und der kleinen Postgeschichte, die in ihm steckt, keinen Abbruch tut.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.06.2020 12:43:34 Gelesen: 210468# 539 @  
Liebe Freunde,

eine bunte Chronologie der Ereignisse erfreut uns mit diesem Rosinchen:



Das II. Curatbenefizium in Wallenstetten (man fragt sich, wo das I. hin ist) sandte am 3.11.1874 einen einfachen Brief an das hochwürdigste bischöfliche Ordinariat Augsburg.

Ein Amtsbote überbrachte den Brief in das nahe Senden, wo er am selben Tag aufgegeben und mit 7 Kreuzern als Fernbrief aufgegeben wurde. Über Neu-Ulm noch am selben Tag ging er ab.

Am Folgetag traf er in Augsburg II ein und übergab ihn zur Bestellung dem Stadtbriefträger Nr. 3, jedoch war das Ordinariat als vorgesetzte Stelle mit den gewünschten 7 Kreuzern nicht zufrieden. Siegelseitig notierte man: Wird gegen Porto nicht angenommen. Augsburg den 4. Novermber 1874 Dr. Gratz. Das war völlig korrekt, denn obere Behörden hatten keine mit Porto belasteten Briefe nachrangiger Behörden zu bezahlen.

Die Verweigerung der Zahlung eines Portos entsprach gleich der Verweigerung der Annahme, so dass der Brief, noch immer mit 7 Kreuzern belastet, der Aufgabepost zu remittieren war. Augsburg notierte daher richtig vorne: Retour - verte (Zurück, hinten schauen).

Er lief folglich wieder über Neu-Ulm retour (kein Stempel) und traf in Senden ein (auch ohne Stempel). Dort dauerte es bis zum 10.11.1874, ehe man sich entschließen konnte, a) zuerst die auf dem Brief lastenden 7 Kreuzer und b) 3 weitere Kreuzer für die Frankatur aufzubringen. Vermutlich musste der halbe Vorstand dort dieses kostspielige Unterfangen erst einmal absegnen.

Nun ging es frankiert auf die Reise, so dass die blaue 7 und der Retour - verte - Vermerk vorn und hinten mit Rötel abgestrichen wurden. Noch am selben Tag passierte der Brief wieder Neu-Ulm und traf dieses Mal sogar noch am selben Tag in Augsburg II ein. Nun bekam ihn der Stadtbriefträger mit der Nr. 3 zum Austragen - er kannte ihn ja schon von einer Woche zuvor und hat seinen Job sicher erstklassig erledigt.

Es sind solche kleinen Vortragsstücke, die einem Sammler das Leben lebenswerter gestalten, gerade in Zeiten wie diesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.07.2020 09:47:22 Gelesen: 210228# 540 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des Hauses Paul von Stetten aus Augsburg vom 6.6.1857 nach Stockach in Baden kostete, weil über 20 Meilen Entfernung, 9 Kreuzer, die auch verklebt wurden.



Aber der gewöhnliche Laufweg wurde hier nicht genutzt, denn dieser wäre gewesen mit der Bahnpost über Ulm nach Friedrichshafen und dann am Bodensee entlang bis Stockach, statt dessen gab es ein Versehen des kartierenden Beamten in Augsburg, der ihn nach Frankfurt am Main sandte, wo er am Folgetag ankam, um dann mit der Bahnpost Richtung Heidelberg - Mannheim - Karlsruhe - Freiburg im Breisgau nach Stockach zu gelangen. Ein paar Hundert Kilometer Umweg, weil er im falschen Postsack gelandet war, aber die involvierten Bahnposten haben das bis Freiburg recht schnell hinbekommen, denn ab da musste er mit der Postkutsche transportiert werden und das konnte sich ein bisschen ziehen.

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Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.07.2020 11:26:44 Gelesen: 210030# 541 @  
Liebe Freunde,

aus meiner Mini - Sammlung zu den Güterexpeditionen und für die Contra - Sammlung kann ich dieses Stück aus der bekannten Korrespondenz Salegg in Hengersberg zeigen:



Der Expeditor der Post- und Güterexpedition Langenisarhofen teilte Salegg am 30.7.1869 mit, dass für ihn heute 30 Säcke Salz zu 30 Zentnern bei der Güterexpedition in Langenisarhofen angekommen seien und diese Waren binnen 48 Stunden von Salegg abgeholt werden müssen. Da die Orte nur 8 km entfernt sind, dürfte der Brief noch am selben Tag bei Salegg eingegangen sein (kein Ankunftsstempel, wie so oft dort). Er dürfte auch die Waren rasch abgeholt haben, denn Lagergeld wollte er sicher keines berappen müssen.

Die Frankatur von 1 Kreuzer als Drucksache im Fernverkehr ging untaxiert durch, wobei es zwischen Salegg und dem Postexpeditor von Langenisarhofen auch Postbetrügererein gab (vom Expeditor!) und das Stück hier war, wie man unschwer erkennen kann, unten links versiegelt und konnte daher weder als Ortsbrief, noch als Ferndrucksache durchgehen - aber man kannte sich ja im Nachbarort seitens der Honoratioren und tauschte die Poststücke unmittelbar aus; sicher nicht ganz legal, aber eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, von der bayer. Staatspost mal abgesehen.

Diese Benachrichtigungen über eingegangene Waren konnte von den Expeditoren frankiert wie hier, oder unfrankiert verschickt werden; war der Empfänger der Ware unbekannt, oder hatte keine Absprache mit dem Expeditor getroffen, erfolgte die Verschickung des Formulars 20 C.D. unfrankiert für 3 Kreuzer im Orts- und Lokalbezirk, bzw. für 7 Kreuzer im Fernverkehr (sehr selten!). Aber hier war Salegg Großkunde der bayer. Ostbahnen und er hatte die Absprache mit dem Langenisarhofener Expeditor getroffen, dass dieser ihm die Benachrichtiungszettel frankiert zusenden sollte, wofür er natürlich bei der Abholung der Waren aufkommen musste; 1 Kreuzer ist halt viel weniger als 3 Kreuzer und wenn er vlt. einmal die Woche Waren erhielt, dann machte das über das Jahr gesehen eine Ersparnis von fast 2 Gulden aus.

Derartige Vordrucke sind nicht häufig und finden sich praktisch nur in größeren Korrespondenzen, wenn überhaupt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.07.2020 12:07:36 Gelesen: 209765# 542 @  
Liebe Freunde,



vom Kemser Schorsch erreicht mich heute ein nettes Briefchen, das (mich) zu erfreuen weiß.

Geschrieben in Landshut "V:d:k:Rgg:v:Ndb:" = Von der königlichen Regierung von Niederbayern an das bischöfliche Ordinariat in Regensburg "Mit Beilagen", wurde es am 5.4.1851 auf die Reise gescchickt (kein Inhalt, hinten blank). Als Regierungs - Sache war es portofrei.

Bei seiner Ankunft wollte der Beamte in Regensburg siegelseitig den Eingang stempeln, aber die Beilagen waren so mit dem Brief verflochten, dass er das nicht konnte und folglich vorne seinen Regensburger Zweikreisstempel aufsetzte - die normative Kraft des Faktischen hatte wieder mal zugeschlagen.

Der Brief wurde am Folgetag zugestellt, jedoch umadressiert nach Passau und erneut aufgegeben. Evtl. noch am selben Tag (6.4.1851), evlt. auch später (wahrscheinlicher), aber das wissen wir nicht genau. Da die Expeditions-Nr. von Regensburg nicht geändert worden war, hatte man wohl erst gar keine neue Geschäftsnummer vergeben (oder hatte es auf dem Brief zu ändern vergessen) und den Brief einfach weitergeroutet.

Passau sah sich ebenfalls außerstande, seinen Eingangsstempel (Halbkreiser) abzuschlagen - weder hinten, noch vorne. Es ist ganz nett, wenn man ein paar Spielarten dieser Dienstbriefe zeigen kann, bei denen der Ankunftsstempel statt hinten vorne appliziert wurde.

An dieser Stelle eine kleine Bitte: Unterstützt die guten und netten Händler mit euren Käufen in dieser schweren Zeit - wenn die Guten und Netten weg sind, bleibt nicht mehr so viel übrig für uns Sammler. Danke ! !

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.07.2020 11:45:23 Gelesen: 209593# 543 @  
Liebe Freunde,

ein besonderes Highlight darf ich heute zum Spezialgebiet "Ulm - Neu-Ulm" zeigen: Ein Brief der Firma H. Berger aus Ulm vom 9.12.1850 ( !! ) an Firma Baader & Compagnie in Mittenwald, einen großen Instrumentenhersteller.



"Ulm a/D den 9. Decbr. 1850

Ihr Werthes vom 5ten d. M. kam mir mit einem Porto von 10x zu, obschon Sie franco auf der Adresse bemerkten, was aber wieder ausgestrichen wurde ...".

Der Brief vom 9.12.1850 zeigt einen Postaufgabestempel von Neu-Ulm vom 8.12.1850. War man bei der Überquerung der Donau schneller als das Licht gewesen?

Der Brief wurde als innerbayerischer Frankobrief bis 1 Zolloth inklusive (15,6g) über 12 Meilen mit 6 Kreuzern korrekt frankiert (Entfernung Ulm/Neu-Ulm bis Mittenwald 142 km = 19 Meilen. Zum Zeitpunkt der Versendung war Württemberg noch nicht im Postverein, hatte also auch keine Briefmarken und der Absender hätte mit seinem Brief zur Ulmer Post laufen müssen, dort anstehen und dann sich ausrechnen lassen müssen, was er kostet. Hierfür war der Postvertrag von 1809 gültig, der das halbe Münchener Loth (8,75g) als einfach ansah (der Brief wiegt nur 8,5g, das hätte also gepasst), aber er hätte 2 Kreuzer für Württemberg und 8 Kr. für Bayern gekostet, also 10 Kreuzer. Demnach haben hier beide Postverwaltungen Geld verloren - Württemberg, der Erstbetrogene, 2 Kreuzer und Bayern, der Zweibetrogene, ebenfalls 2 Kreuzer.

Ab dem Beitritt Württembergs zum DÖPV am 1.9.1851 hätte er von Ulm bzw. Neu-Ulm aus nur 6 Kreuzer gekostet, wobei er bei Postaufgabe in Neu-Ulm 1 Zollloth inklusive wiegen durfte, von Ulm aus nur 1 Loth exklusive.

Interessant auch, dass die Empfänger durchaus die Adresse lasen und auf Vermerke wie "franko" usw. Wert legten.

Wir praktisch immer ließ man in Mittenwald den Ankunftsstempel weg - auch eine Contravention und Geldersparnis, denn die Postexpeditionen hatten von der Materialverwaltung ihre Stempelfarbe- und Kissen zu beziehen und wenn man bei eingehenden Briefen das Abstempeln weg läßt, spart man sich 50% auch dieser Kosten.

Ich bin sehr froh, diese Oberrosine erwerben zu können - so macht das Sammlerleben Spaß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.07.2020 11:55:18 Gelesen: 209590# 544 @  
Liebe Freunde,

Briefe mit Bayerns Nr. 15 gibt es wie Sand am Meer - aber so wohl eher nicht:



Zur Verwendung kam am 5.10.1868 im schönen Amberg eine große, untere, linke Bogenecke vom dortigen Bezirksamt an die Gemeinde - Verwaltung in Süß, wofür bis 1 Loth 3 Kreuzer das treffende Franko darstellten, da sie als P.S. Partei - Sache portopflichtig war.

Seltener sieht man jedoch den Vermerk "Gegen Recepisse", was eigentlich bedeutete, dass man den Brief eingeschrieben aufgeben wollte - nur hier bedeutete es etwas anderes, nämlich dass sich in dem Brief selbst ein weiterer Brief befand, der unterschrieben dem Absender zu remittieren war.

Innen sehen wir noch das verwendete 3 Kreuzer Stempelpapier und es ging um die gerichtsverwertbare Zustellung eines Schreibens zum Verehelichungsersuchen des Johann Lehner aus Süß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.07.2020 09:43:45 Gelesen: 209493# 545 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, von deren Existenz kann man nur träumen, wie von dem hier: Das Stadtschultheißenamt (Bürgermeisterei würden wir heute sagen) in Ulm schrieb am 12.9.1866 an das bayerische Landgericht in Ellingen einen einfachen Brief unter Recommandation.



Von Ulm aus hätte das Franko über 10-20 Meilen 6 Kreuzer betragen, die Recogebühr weitere 6 Kreuzer. Aber die Behörde wusste, dass es von Neu-Ulm aus 3 Kreuzer günstiger war und ließ mit ihrem Amtsboten den Brief nach Neu-Ulm tragen, wo er ihn recommandiren ließ und mit dem Postschein Nr. 92 wieder zu seiner württembergischen Behörde zurück trabte. Am Folgetag wurde der Brief zugestellt und bearbeitet.

Für mich ist es eine mittlere Sensation, dass eine württembergische Behörde ihre Dienstpost im Ausland aufgab, um sich ein wenig Geld zu sparen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.07.2020 11:26:46 Gelesen: 208692# 546 @  
Liebe Freunde,





nicht immer erkennt man einen Dienstbrief als einen solchen anhand seiner Frontseite, wie hier einer vom 21.10.187? von Straubing an das kgl. Rentamt Mallersdorf, der mit 3 Kreuzer bis 15g treffend frankiert worden war. Er kam wohl noch am selben Tag dort an, wurde gewendet und nun mit der Anschrift "Vom K. Rentamte Mallersdorf An den K. Advokaten Herrn Börger in Straubing" als P(artei) S(ache) portopflichtig versendet.

Da Parteisachen auf im Falle ihrer unfreien Versendung keinen Portozuschlag erhalten sollten, der Brief aber mit 7 Kreuzern taxiert wurde, gibt es nun 2 Varianten, die möglich waren:

1. Der Brief wog über 15 bis 250 g (2. Gewichtsstufe) und hätte als unfreier Privatbrief 11 Kreuzer gekostet, als Partei Sache aber nur den Frankobetrag von 7 Kreuzern, oder

2. Mallersdorf hätte es mal wieder falsch gemacht und den einfachen Brief mit 7 Kreuzern Porto belastet, ohne auf die Moderation einer Partei Sache Rücksicht zu nehmen (was ich eher glaube).

In jedem Fall ein nettes Beispiel für Briefe hin und her, porto und franko und evtl. eine kleine Contravention - für den Preis von einem Pizza-Dollar kann man da nur zuschlagen. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.08.2020 14:55:11 Gelesen: 207228# 547 @  
Liebe Freunde,

für meine kleine Spezialsammlung "Chargé in Bayern" suche ich immer Briefe, die entgegen der Vorschrift auf die Reise gingen und bei Postsonderdiensten war dies natürlich häufiger der Fall, als bei Standardbriefen, weil mit jeder Sonderleistung sich das Fehlerspektrum quadrierte.



Brief aus Pfeffenhausen vom 25.4.1868 an Advokat Götz in Landshut, frankiert mit einer Nr. 15 und passendem Mühlradstempel 393. Der Brief war recommandirt und erhielt folglich den Stempel Chargé (sogar zweifach, aber nicht in vorgeschriebener roter Farbe!), aber keine Reco-Nummer. Dafür stellte man fest, dass er über 1 Loth wog und taxierte ihn mit 8 Kreuzern nach. Rechnung: Schwere Briefe unfrankiert 11 Kr., minus des Wertes der Marke von 3 Kr. = 8 Kreuzer beim Empfänger zu kassieren.

Rekobriefe, die unterfrankiert blieben, sind immer selten. Welche ohne Reco-Nr. kenne ich sonst in dieser Kombi gar nicht und ich bin sehr froh, eine solch schöne Kombi zeigen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.08.2020 10:03:12 Gelesen: 206641# 548 @  
Liebe Freunde,

einen netten Neuzugang zu Ulm - Neu-Ulm kann ich präsentieren. Der Brief wurde in Ulm am 7.2.1867 verfasst und mit wunderschöner Oblate "August Bauer, Ulm" versehen über die Donau getragen - aber erst am 10.2.. Ab 1.1.1867 waren die Wappenmarken vorrätig, jedoch erstmal nur die Werte von 1 und 3 Kreuzer, die höheren Nominalen dauerten noch in aufsteigender Reihenfolge, ehe sie gedruckt und ausgeliefert werden konnten.





Interessant ist, dass die verwendete Marke eine Zwischentype zu 9c ist, m. E. aber noch als 9b geprüft würde, was auf einen Druck aus Sommer 1866 deutet. Die Firma Bauer, Ulm, scheint also relativ große Bestände von Bayernmarken noch Anfang Februar 1867 besessen zu haben. Auch deuten die 3 Tage Differenz zwischen Schreiben und Postaufgabe darauf hin, dass man wohl erst wartete, bis sich der Briefeschmuggel lohnte.

Der Ankunftsstempel von Cham am Folgetag schwankt zwischen glasklar und nicht vorhanden.

Im Falle einer regulären Postaufgabe in Ulm wären 9 Kreuzer fällig geworden (199 km = über 20 Meilen).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 17.08.2020 18:05:27 Gelesen: 206591# 549 @  
Hallo,

ich traue mich fast nicht diesen Brief vorzustellen, bei soviel geballter Kompetenz.

Geldbegleitbrief vom 20.06.1850 aus Langenfeld nach Wien.

"An das hochlöbliche Hauptzollamt für Durchlaucht des Herrn Fürsten Johann Adolph zu Schwarzenberg"

Oben rechts vermutlich das Gewicht des Geldes, 42 Pfund (Holla, ganz schöner Batzen). Ich vermute es waren 1.250,-- (Taler, Gulden?) drin.

Mit der Gebühren kenne ich mich nicht aus.

Gruß Siegfried


 
bayern klassisch Am: 17.08.2020 18:17:11 Gelesen: 206584# 550 @  
@ siegfried spiegel [#549]

Hallo Siegfried,

feines Stück: 1.250 Florin (= Gulden) rheinisch waren im Paket, das man verschickte - bei 44 Pfund dürften das praktisch alles Münzen gewesen sein, ob in Gold (Dukaten), oder in Silber (Gulden) müssten Münzekenner nachwiegen können, vermutlich waren es nur Gulden).

Ich habe von Fahrpost keine Ahnung, aber es könnte sein, dass es für Goldstücke eigene Taxen gab bzw. sie auf dem Avers = Briefvorderseite angegeben werden sollten/mussten.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Magdeburger Am: 17.08.2020 19:33:12 Gelesen: 206564# 551 @  
@ siegfried spiegel [#549]
@ bayern klassisch [#550]

Hallo in die Runde,

es waren mit Sicherheit Silbermünzen, Goldmünzen wogen nur ein Bruchteil. Es ist zwar schon eine ältere Tabelle von 1791, jedoch sollten in etwa die Gewichte passen:



Eine kleine Anmerkung 2 Thaler entsprechen 3 1/2 Gulden (entsprachen auch das Gewicht). Rein vom Gewicht wiegen 4 Thaler soviel wie 7 Gulden. Grob würde man so auf ein Münzgewicht von 35 Pfund kommen bei Silber kommen.

1250 Gulden wären in etwa 240 Dukaten, welche nicht mal 2 Pfund wiegen würden.

Ich hoffe mich nicht verrechnet zu haben.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 17.08.2020 21:30:41 Gelesen: 206548# 552 @  
@ Magdeburger [#551]

Lieber Magdeburger,

auf dich als Fahrpostexperten hatte ich gezählt. :-)

Es könnten natürlich Gold-, Silber- oder Kupfermünzen gemischt gewesen sein, um die 44 Pfund zu erreichen, aber die Verpackung wird ja auch noch einiges gewogen haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 18.08.2020 09:30:32 Gelesen: 206468# 553 @  
Ich habe hier einen weiteren Fahrpostbrief.

Offensichtlich ein Gerichtsschreiben von Sugenheim nach Schweinfurt, den Text kann ich nur in Bruchteilen lesen.

Auf dem Brief findet man den Aufgabestempel von Langenfeld und den darüber gesetzten Fahrpoststempel von Würzburg.

Handschriftlich in den Fahrpoststempel ist eine "2" eingetragen. Das Schreiben ist vom 1.Dezember 1836.

Vielleicht mag jemand den Text entziffern, um was es da geht.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried


 
bayern klassisch Am: 18.08.2020 11:20:27 Gelesen: 206447# 554 @  
@ siegfried spiegel [#553]

Hallo Siegfried,

es ging um eine Nachlaßsache des Freyherrlich von Seckendorfschen Patrimonialgerichts - Briefe über Würzburg wurden gerne mit dem dortigen Fahrpoststempel bedruckt. Unten links steht: R.S. Mit 2 Gulden 39 Kreuzern und die Expeditions-Nr.. Beide Stempel sind häufig.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 19.08.2020 22:52:23 Gelesen: 206244# 555 @  
Dieser Brief gibt mir Rätsel auf.

Vom Pfarramt Oberleimbach nach Rüdenhausen, geschrieben am 4.Januar 1870.

Bayern Nr.15 entwertet mit Ortsstempel Langenfeld 3/4 (3.April?)

Wurde der Brief beantwortet und zurückgeschickt am 7.Januar (18)70? Jedenfalls trägt er den Aushilfsstempel von Rüdenhausen.


 
bayern klassisch Am: 20.08.2020 08:36:13 Gelesen: 206190# 556 @  
@ siegfried spiegel [#555]

Hallo Siegfried,

der Aushilfsstempel wurde hier als Ankunftsstempel verwendet, ein sehr seltener Stempel übrigens.

Hin- und hergeschickt wurde da nichts. Eingehende Behördenbriefe wurden oft in ihrem Inneren beantwortet bzw. mit Bearbeitungsvermerken wie hier versehen als Nachweis für die eingeleitete Tätigkeit der angeschriebenen Behörde.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 20.08.2020 22:49:19 Gelesen: 206078# 557 @  
Liebe Freunde,

ein netter Portobrief aus München vom 7.10.1840 an den Grafen von Spaur auf Roggenburg ging mir ins Netz, der zuerst mit 12 Kreuzern taxiert worden war. Weil er Einlagen hatte (legale!), war er etwas schwer und kostete in Schwaben 12 Kreuzer. Doch seine Erlaucht ruhte nicht mehr dor, sondern war auf Schloß Igling bei Landsberg am Lech abgereist, so dass man ihm den Brief hinterher schickte, jetzt für 8 Kreuzer.



München - Roggenburg waren 101 km, also 13,5 Meilen, womit der Brief in die Entfernungsstufe über 12 - 18 Meilen fiel, in der ein einfacher Brief 6 Kreuzer gekostet hätte, hier also 6 + 3 + 3 = 12 Kreuzer für die dritte Gewichtsstufe über 1 bis 1,5 Loth.

Roggenburg - Igling waren 49 km, also 6,6 Meilen, wofür ein einfacher Brief 4 Kreuzer kostete, so dass jetzt gerechnet wurde 4 + 2 + 2 = 8 Kreuzer für die 3. Gewichtsstufe wie oben.

Der Graf von Spaur durfte auf Schloß Igling ergo total 20 Kreuzer bezahlen, wofür man 1840 hätte 3 - 4 mal Mittagstisch haben konnte. Aber es war wohl wichtig ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 22.08.2020 16:12:08 Gelesen: 205912# 558 @  
Hallo Ralph,

in meiner Sammlung befindet sich (wie ich glaube) ein interessanter Feldpostbrief eines französischen Offiziers vom 7. Currasierregiment Armee du Rhin.

Für den Text reicht mein Französisch leider nicht aus. Teile der französischen Armee unter Napoleon waren anscheinend im "Bayreuther Land" stationiert.

Laut Wikipedia tobte um diese Zeit der Fünfte Koalitionskrieg: Das Kaisertum Österreich erklärt Frankreich und dessen Verbündeten, dem Königreich Bayern, den Krieg.

Falls jemand den Brief übersetzen möchte, wäre das eventuell aufschlußreich.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried




 
bayern klassisch Am: 22.08.2020 16:29:13 Gelesen: 205907# 559 @  
@ siegfried spiegel [#558]

Hallo Siegfried,

ganz herzlichen Dank für das Zeigen dieses Briefes. Zu Bayreuth darfst du bei Wikipedia mal nachschauen, denn es war eine sog. reservierte Provinz und gehörte demnach dem franz. Kaiser Napoleon.

Der Empfänger zahlte 8 Decimes (ca. 23 Kreuzer) für den Brief aus Bayreuth, das 1809 nicht bayerisch war.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 22.08.2020 17:58:27 Gelesen: 205889# 560 @  
Hallo Ralph,

ich habe die Beiträge gefunden.

Französische Post in der Reservierten Provinz Bayreuth (9.10.1806 bis 29.6.1810)

Interessante Belege, offensichtlich waren die auch in unserer Gegend stationiert, wie ich aus Belegen nach Bad Windsheim, Neustadt a.d.Aisch und Marktbergel sehe.

Gruß, Siegfried
 
bayern klassisch Am: 23.08.2020 09:26:37 Gelesen: 205812# 561 @  
Liebe Freunde,

es gibt Tage, da klappt nicht viel und andere, da geht alles in die Hose - einen solchen scheint man am 10.4.1842 in Remlingen erwischt zu haben, als man einen unfrankierten Chargébrief an den Königlichen Rechtsanwalt Herrn Eschborn in Rothenfels gegen Schein aufgeben wollte.



Man hatte wohl einen Postschein mit der Nr. 545 gezogen (4 Kreuzer) und diese Reconummer auf dem Schein und Brief vermerkt, jedoch keine Chargéstempel abgeschlagen. Der handschriftliche Vermerk "Chargé" oben rechts reichte jedenfalls nicht aus, sonst hätte man sich in Bayern die Chargéstempel gleich sparen können.

Als Aufgabestempel fungierte der rote Halbkreisstempel von Remlingen, den man mit dem Datum des Vortages, also dem 9.4. abschlug, ehe man bemerkte, dass es schon einen Tag später war und man dies handschriftlich korrigierte (nicht erlaubt, falsch eingestellte Stempel sollten gestrichen und durch den treffenden Abschlag ersetzt werden).

Weil es ein Brief bis 6 Meilen war, muss er über 1/2 bis 1 Loth schwer gewesen sein, also erhöhte sich die einfache Taxe auf 4 Kreuzer, die unten hingeschmiert wurde.

Unten mittig ist noch ein Vermerk zu lesen, den ich als "S. 2 Castell" deute, der für mich aber wenig Sinn macht. Vlt. hat jemand hier eine Idee, wie es zu interpretieren ist? Sicherlich dürfte der Postler von Remlingen gewußt haben, dass Rothenfels nur 12 km entfernt lag und dürfte keine Leitvermerke angebracht haben (was eh unsinnig wäre für einen Postler).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 23.08.2020 10:30:31 Gelesen: 205795# 562 @  
Hallo Ralph,

bei Wikipedia habe ich folgendes dazu gefunden:

"Vor der Herrschaft des Grafen August Franz Friedrich stand in Castell die Spaltung in zwei Linien, die im Laufe des 16. Jahrhunderts vollzogen worden war. Die Grafen von Castell-Rüdenhausen hatten ihre Residenzen in Wiesenbronn und Rüdenhausen, während ihre Verwandten der Grafen von Castell-Remlingen in Castell und Remlingen saßen. Hierdurch war das Herrschaftsgebiet gespalten und dem Dreißigjährigen Krieg des 17. Jahrhunderts noch schutzloser ausgeliefert."

Ein beachtlicher Teil dieser Adelsbriefe lief seinerzeit über Langenfeld. In meiner Heimatsammlung befinden sich ein paar schöne Belege aus dieser Epoche.

Der älteste Beleg datiert mit Langenfeld, 10 ten Septembris 1667. Angekommen in Remmlingen am 12. September 1667

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried


 
bayern klassisch Am: 23.08.2020 13:22:22 Gelesen: 205773# 563 @  
@ siegfried spiegel [#562]

Hallo Siegfried,

vielen Dank fürs Zeigen dieser alten Stücke - leider kann ich die Rötelvermerke nicht interpretieren (vor meiner Zeit) - kannst du es?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 23.08.2020 18:40:47 Gelesen: 205682# 564 @  
@ bayern klassisch [#563]

Hallo Ralph,

mit den Rötelvermerken kann ich leider (noch) nichts anfangen.
Aber ich arbeite dran, hab so meine Quellen.

Dafür kann ich einen weiteren Brief aus der Korrespondenz des Herrn Dancourt nach Corbeil zeigen.
"1800 wurde Corbeil eine Unterpräfektur des Départements Seine-et-Oise", lt. Wikipedia.
Ein weiterer Beleg für die Französische Post in der Reservierten Provinz Bayreuth (9.10.1806 bis 29.6.1810).

Der Beleg wurde geschrieben am 12. Janvier (Januar)1809.
Über dem Rayonstempel "LANGENFELD.R.3" ist auch noch ein weiterer Einzeiler "v.Langenfeld." abgeschlagen.

An der Übersetzung des Textes wird noch gearbeitet, es scheint sich aber bei dem Brief (ebenso wie beim Brief aus Beitrag 558) um etwas persönliches zu handeln.

Hast du eine Erklärung, warum auf dem Brief 2 verschiedene Stempel aufgebracht wurden?

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried










 
bayern klassisch Am: 23.08.2020 19:43:34 Gelesen: 205672# 565 @  
@ siegfried spiegel [#564]

Hallo Siegfried,

vielen Dank fürs Zeigen dieses besonderen Briefes. Bei unfrankierten Briefen nach Frankreich konnte die Taxierung dort dann korrekt erfolgen, wenn der bayer. Rayon zu sehen war; beim Stempel "V. Langenfeld" wäre das nicht der Fall gewesen und Frankreich hätte die geringste, ausländische Taxe vergütet.

Daher hat der PE (Postexpditor) dort mit seinem Rayonstempel nachgestempelt, um nicht wegen diesem Mangel später finanziell selbst belangt zu werden.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 24.08.2020 11:42:36 Gelesen: 205583# 566 @  
Hier mein erster Brief (und zugleich auch mein letzter) aus der Dancourtkorrespondenz.

Der Sohn Auguste César Thomas Dancourt schreibt diesen Brief am 1. Oktober 1808 an seinen Herrn Papa.

Auf dem Brief befinden sich wieder die zwei Stempel aus Langenfeld (v.Langenfeld und der Rayonstempel LANGENFELD.R.3.).

Dazu gibt es noch den Auszug aus der Auktion von Peter Feuser, der dürfte aber, wenn überhaupt, nur einen Brief aus meiner Sammlung betreffen.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried








 
siegfried spiegel Am: 24.08.2020 23:36:58 Gelesen: 205497# 567 @  
@ bayern klassisch [#563]

Hallo Ralph,

der Brief von Hans Joachim von Seckendorf (eigenhändig unterschrieben) geht an einen Castellschen Secretario hochgeehrt und so weiter.

Es handelt sich um einen Geldbegleitbrief über 40 Kreuzer, die mit Siegel und Schnur (gut eingepackt) am Brief befestigt waren (siehe Briefrückseite die beiden Siegelreste links und rechts). Der senkrechte Strich bedeutet angeblich, dass der Empfänger das Geld bekommen soll.

Wofür die 40 Kreuzer sind, müsste sich aus dem Brieftext ergeben, den kann ich aber nur in Bruchteilen entziffern.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried


 
bayern klassisch Am: 25.08.2020 10:20:51 Gelesen: 205433# 568 @  
@ siegfried spiegel [#567]

Hallo Siegfried,

danke für die Erklärung - könnte sein, auch wenn Kanzlisten (Empfänger) damals meines Wissens nicht mit Rötel schrieben und von daher wohl eher mit Tinte solche Notationen vornahmen (innen), aber ganz ausschließen möchte ich es nicht.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 31.08.2020 19:01:50 Gelesen: 204595# 569 @  
Hallo Ralph,

nach allem was ich hier von dir gelesen habe bin ich mir sicher, dass du den Vermerk auf der Rückseite dieses Briefes erklären kannst.
Ich vermute es handelt sich um einen eingeschriebenen Eilbrief aus "grauer Vorzeit".

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried








 
bayern klassisch Am: 31.08.2020 20:48:49 Gelesen: 204581# 570 @  
@ siegfried spiegel [#569]

Hallo Siegfried,

vielen Dank fürs Zeigen dieses hübschen Altbriefes.

Hinten steht: "würt zur schleunigen befördung Frawen Postmaisterin in Kützings bestens recommendirt".

Ich denke, als erfahrener Sammler kannst du diese ältere Deutsch interpretieren.

Praesentirt 17 Juni 1691 steht da noch, wenn du das Datum wissen möchtest.

Liebe Grüse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 31.08.2020 21:37:12 Gelesen: 204572# 571 @  
@ bayern klassisch [#570]

Besten Dank, kannst du über das Siegel auch was herausfinden?


 
bayern klassisch Am: 31.08.2020 21:50:53 Gelesen: 204565# 572 @  
@ siegfried spiegel [#571]

Hallo Siegfried,

nein, ich habe da keine Chance.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.09.2020 09:33:15 Gelesen: 204429# 573 @  
Liebe Freunde,

im Sofortkauf eiskalt zugeschlagen: 1 Kreuzer Ortspostkarte aus München vom 5.2.1875 "An Herrn Referendar Philipp Lotmar in Berlin Wilhelms Str. 80a".



Hinten komplett zugetextet - es gibt jetzt 2 Möglichkeiten:

1. Die Karte wurde erst gar nicht abgesandt (als Fernpostkarte hätte ein weiterer Kreuzer auffrankiert werden müssen), warum auch immer, hätte dann aber für 1 Kreuzer Erstattung umgetauscht werden können,

2. oder die Karte lief von München nach Berlin ohne Stempel, was vorkommen konnte, weil a) München oft schlecht/nicht stempelte und b) die Reichspost einlangende Karten oft nicht Ankunft stempelte.

Ich fürchte, wir werden es nie erfahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.09.2020 13:44:50 Gelesen: 204355# 574 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus Oettingen in Schwaben vom 20.9.1860 wurde an J. J. Mayer in Nördlingen verschickt. Die Entfernung von Oettingen nach Nördlingen beträgt genau 14 km in südllicher Richtung.



Die Postaufgabe erfolgte aber am 19.9.1860 am Bahnhof Augsburg (62 km in nördlicher Richtung zu Nördlingen), wie auch die Abgabe in Nördlingen am selbigen Tage erfolgte, wie der siegelseitige Halbkreisstempel der K.G.E. Nördlingen zeigt (Königliche Güter Expedition).

Damit ist bewiesen, dass Albert Einstein falsch liegt - der Zeitpfeil wurde hier umgekehrt und in Bayern war es bereits im magischen Jahr 1860 möglich, Briefe vor ihrer Absendung, selbst unter Zuhilfenahme eines gewaltigen Umwegs innerhalb von Schwabens, zuzustellen.

Geahnt haben wir es wohl schon immer, jetzt konnte es bewiesen werden.

Schbaß - interessant ist der siegelseitige Halbkreisstempel der KGE. Warum aber der Brief statt nach 14 km direkter Linie den Umweg über das relativ weit entfernte Augsburg nahm, werden wir wohl nie erfahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.09.2020 14:00:28 Gelesen: 204352# 575 @  
Liebe Freunde,

ein Brief für den sog. 2. Blick, also kein eye-catcher, oder etwas dergleichen, aber dennoch sehr nett, wenn man ihn zu interpretieren versteht.



Geschrieben wurde der Inhalt in Bruck bei Nürnberg und in Nürnberg selbst am 30.4.1847 und gerichtet war er an die Firma Johann Caspar Göhl seelige Erben in Hindelang.

Die Postaufgabe erfolgte aber in Erlangen am 1.5.1847 (Bruck liegt zwischen Nürnberg und Erlangen) und die Aufgabepost taxierte den Portobrief mit 10 Kreuzern in schwarzer Tinte. Luftlinie Erlangen - Hindelang 237 km = 31,6 Meilen = 12 Kreuzer über 30 bis 36 Meilen.

(Bad) Hindelang erhielt erst 1853 eine eigenen Postexpedition (PE), daher war die Entfernung in direkter Linie zwischen der Aufgabepost in Erlangen und der Abgabepost in Sonthofen (hinten Ankunftsstempel vom 4.5.) zu berechnen, die 236 km betrug, also praktisch gleich der nach Hindelang selbst war.

Wer auch immer die falschen 10 Kreuzer strich (für Briefe über 24 bis 30 Meilen), weiß ich nicht - evtl. war es Sonthofen selbst, denn wie es aussieht, strich dieselbe Hand die falschen 10 durch und notierte richtig 12 Kreuzer (ein sog. Portodefekt war selten damals) und übergab ihn dann einem konzessionierten Boten, der ihn für einen Kreuzer Botenlohn nach Hindelang trug (Entfernung Sonthofen - Hindelang = 8 km Laufstrecke, 6 km direkte Linie), weshalb letztlich J. C. Göhl 13 Kreuzer berappen durfte.

Geschrieben 1. Teil in Nürnberg, 2. Teil in Bruck, Aufgabe in Erlangen, falsch taxiert dort, korrigiert in Sonthofen und mit 1x Botenlohn nach Hindelang - das dürfte es auch damals nicht jeden Tag gegeben haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.09.2020 14:04:36 Gelesen: 202960# 576 @  
Liebe Freunde,

der Brief aus Würzburg vom 19.11.1840 gibt (zumindest mir) Rätsel auf, scheint er doch 2 Mal verschickt worden zu sein, wobei die Taxen auch nicht gerade einfach zu interpretieren sind, weil sie teils übermalt wurden.



Er war gerichtet nach Schweigern (bei Boxberg in Baden), allerdings schrieb man bei Heilbronn und das war württembergisch.

Bayern schickte ihn nach Baden und als erste Taxe lese ich 3 / 6, also Porto für Bayern 3 Kreuzer und angenommenes Porto für Baden von 6 Kreuzern.

Richtig war aber Schwaigern bei Heilbronn, so dass er bei seiner Rückkehr in Würzburg (2. Stempelfragment) neu taxiert werden musste. Zu den bereits vorhandenen 9 Kreuzer kamen jetzt 6 weitere für Württemberg hinzu, so dass der Empfänger in Schwaigern bei Heilbronn total 15 Kreuzer zahlen musste.

Unter der Rötel-9 lese ich noch einen Rötel-Krüppel, der eine 7 bedeuten könnte und neben dem Baum 9/6 könnte noch ein Kreuzer Bestellgeld notiert worden sein - evtl. in Württemberg, aber das ist nicht todsicher.

Hinten leider blank - auch lustig, wenn man die Reise bedenkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.10.2020 10:37:50 Gelesen: 201601# 577 @  
Liebe Freunde,



am 3.1.1868 gab man in Nürnberg einen einfachen Brief mit der Nr. 15 und folgender Anschrift auf:

Herrn Wilhelm Bischoff mit Briefen des Herrn Franz Bischoff Agent Augsburg". Hinten ist nur ein schwacher Abschlag des Augsburgre Bahnhofs vom Folgetag zu sehen. Das Kuvert hat fast Damenformat, war aber wohl groß genug für weitere Briefe bzw. wohl eher Aufträge an den Empfänger.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.10.2020 10:49:43 Gelesen: 201599# 578 @  
Liebe Freunde,

mein letzter, kleiner Auktionsschatz zeigt eine Porto Nr. 1 auf Lokalbrief von Memmingen "An Matthias Moll, Maurer, in Dickenreishausen", einem heute südlichen Ortsteil von Memmingen, vom 28.9.1865, der folgenden Inhalt hat:



"An Matthias Moll in Dickenreishausen

Derselbe wird heimit aufgefordert, bis kommenden Dienstag die in Sache gegen Kloß erlaufenen Kosten auf Abrechnung an dem Kaufschilling zu entrichten, und zwar den Betrag von 18 fl 7 xr. Memmingen am 28. September 1865, Hebberling k. Notar.

Vorstehende achtzehn Guulden sechs Kreuzer unterm unterm heutigen von Matthias Moll bezahlt erhalten zu haben bestätigt. Memmingen, den 30. September 1865. Hebberling k. Notar."

Der Brief ging also am 28.9. an Moll, der ihn zum Notar trug, das Geld bezahlte und den Brief als Quittung am 30.9. wieder retournierte.

Das Gekrakel vorne sollte eine 3 sein für einfache, unfreie Orts- bzw. Lokalbriefe, die man dann mit einer Portomarke abdeckte. Eine Markenentwertung war nicht vorgeschrieben, wurde aber oft durchgeführt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.10.2020 11:02:02 Gelesen: 201594# 579 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus Manau vom 8.3.1851 wurde in das ca. 4,5 entfernte Hofheim in Unterfranken verbracht und dort mit 3 Kreuzern frankiert nach Bayreuth abspediert, wo er am Folgetag ankam.





Nett anzusehen ist das kleine, einst gummierte Wapperl mit der Initiale B, das den Brief damals gut verschlossen hatte, aber viel leichter war, als der relativ schwere übliche Verschluß durch Siegelwachs.

Erst ab dem 1.10.1860 gab es durch die Landpostboten eine gute Verbindung der kleinen Orte zu den Postexpeditionen. Manau, heute ca. 120 Einwohner, bekam aber auch dann wegen des geringen Postaufkommens keine Verbindung zur Postexpedition Hofheim bewilligt; daher musste man sich auch dann noch selbst mit seinen Briefen nach Hofheim bewegen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.10.2020 12:34:51 Gelesen: 199787# 580 @  
Liebe Freunde,

leider nur eine Briefhülle, datiert auf 1820 (kommt hin) aus Neuburg mit dem alten Stempel V.NEUBURG lief an das Kgl. bair. Landgericht in Rain und der Absender war wohl im Range eines Barons (Freiherrn), wenn ich mir das Siegel und die Krone (7 Zinken) dort ansehe.



Der Herr Baron frankierte wohl mit 6 Kreuzern, zahlte auch 4 Kreuzer für die Einschreibung, wünschte aber für sein Schreiben auch die Herbeibringung einer Post - Retour - Recepisse (Rückschein), wofür wieder 12 Kreuzer fällig wurden, in summa also stattliche 22 Kreuzer.

Unten links lesen wir "frey Hypotheken Sache betreffend", es ging also wohl um sehr viel Geld, was die Ausgabe von 22x wieder moderat erscheinen läßt.

Es gibt nur relativ wenige Briefe der Vormarkenzeit (VMZ) von Privaten mit dem Vermerk Post - Retour - Recepisse und ich bin froh, dieses Stück für meine kleine Spezialsammlung erworben haben zu können.

P.S. Heute geht mein HP - Multifunktionsgerät mal wieder, die letzten 2 Wochen war es wohl etwas eingeschnappt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 31.10.2020 11:00:20 Gelesen: 198423# 581 @  
Liebe Bayernfreunde,

ich kann die Adresse beim besten Willen nicht entziffern und mit dem rückseitigen Stempel kann ich gerade auch nichts anfangen.

Wer kann helfen?

Vielen Dank im Voraus, Siegfried


 
Gernesammler Am: 31.10.2020 11:39:07 Gelesen: 198413# 582 @  
@ siegfried spiegel [#581]

Hallo Siegfried,

wenn ich es richtig lese seiner wohlgebohren Dr. von Gnaita Frankfurt Main gegen Schein unten links auf der Rückseite der Ankunftsstempel von Frankfurt am 28.3. D 1 erster Durchgang.

Gruß Rainer
 
siegfried spiegel Am: 31.10.2020 12:00:09 Gelesen: 198408# 583 @  
@ Gernesammler [#582]

Vielen Dank Rainer,

unverschämt wie ich bin hätte ich gleich nochmal was zu entziffern.

selber habe ich den "Georg Freiherrn von u. zu Frankenstein" und das der Brief in Ullstadt geschrieben wurde.

Vom Inhalt habe ich keinen blassen Schimmer.

Toller Brief expediert von Langenfeld, MR 271 II. Verteilung.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried




 
bayern klassisch Am: 31.10.2020 14:01:31 Gelesen: 198374# 584 @  
@ siegfried spiegel [#583]

Hallo Siegfried,

eine Besonderheit, dass ein Brief eingeschrieben werden sollte, dann aber normal lief - das gibt es nicht so oft und lt. Vorschrift war ein solcher Brief dem Absender zur Korrektur der Adresse zurück zu geben. Hat man wohl nicht so eng gesehen damals dort.

Anschrift des 2. Briefes:

Seiner Hochwohlgeboren dem Herrn erblichen Reichsrath usw. Georg Freiherrn von und zu Franckenstein zu München. Hübsch!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 01.11.2020 11:30:18 Gelesen: 198249# 585 @  
Hallo Rainer und Ralph,

in Sachen Bayernphilatelie bin ich noch ein absoluter Frischling, deshalb vielen Dank für die hilfreichen Hinweise.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried


 
bayern klassisch Am: 01.11.2020 14:02:41 Gelesen: 198220# 586 @  
@ siegfried spiegel [#585]

Hallo Siegfried,

alles richtig - nur hieß "D1" Distribution 1, also die 1. Briefverteilung an diesem Tag (in FFM und anderen, großen Städten gab es bist zu 10 tägliche Botengänge).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 03.11.2020 19:15:32 Gelesen: 197881# 587 @  
Hallo,

ein Telegramm von Langenfeld nach München.

Die Vorderseite und an wen es ging kann ich nicht entziffern.

Der Text ist der blanke Horror; da wird sich doch nicht der Vampir Frankenstein zu einer Blutentnahme verabredet haben?

Beste Grüße, Siegfried



 
siegfried spiegel Am: 04.11.2020 09:02:45 Gelesen: 197787# 588 @  
Liebe Bayernsammler,

ich habe wieder ein Problem mit der genauen Entzifferung der Anschrift:

"Von der Gemeinde Langenfeld an die königliche ...?????....Sektion in Markt Bibart"

´E.No. 147....was bedeutet das?

Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried


 
Erdinger Am: 04.11.2020 10:01:19 Gelesen: 197774# 589 @  
Hallo Siegfried,

das ist die Eisenbahnbau-Sektion.

E.No. 147 ist die Expeditionsnummer der Gemeinde. Alle Briefausgänge wurden in einem Ausgangsbuch festgehalten, damit später die Abrechnung von Franko und Port und ihre Zuweisung zu den Buchungsposten möglich und jeder Briefversand nachvollziehbar war.

Viele Grüße,
Dietmar
 
bayern klassisch Am: 06.11.2020 10:28:07 Gelesen: 197447# 590 @  
Liebe Freunde,

in Ulm schrieb die Firma Marx & Schnell am 4.3.1862 einen einfachen Brief an die Firma Carl Croninger in Uffenheim über Baumwollwaren, ließ ihn aber erst am 7.3. in Ansbach mit 3x blau frankieren und aufgeben. Die Entfernung Ulm - Ansbach betrug 110 km, also 14,7 Meilen, im DÖPV also die 2. Entfernungsstufe über 10 bis 20 Meilen.





Von Ulm aus waren es zum Zielort Uffenheim aber 129 km, also gleich 17 Meilen, was keinen postalischen Unterschied machte. Von Ansbach aus waren es aber nur 37 km bis Uffenheim, also unter 12 Meilen innerbayerisch. Ein Ankunftsstempel von Uffenheim mangelt, es kann aber nur der 7.3. oder 8.3.1862 gewesen sein.

Frage: Warum schreibt ein Ulmer einen Brief für einen Uffenheimer, der von Ulm aus 9x, von Neu-Ulm aus 6x gekostet hätte, schleppt ihn aber nach Ansbach und läßt ihn dort für 3x ins nahe Uffenheim abgeben? Ich vermute, ohne es zu wissen, dass er vlt. etliche weitere Briefe an bayer. Kunden hatte, die von Ansbach aus alle nur 3x kosteten, aber von Neu-Ulm aus alle 6x gekostet hätten. Hatte er eine Warensendung für seinen Kunden in Ansbach vorgesehen, wären diese Briefe (Defraudation!) günstig nach Ansbach transportiert worden (Bahn) und hätten je Stück 3x Ersparnis bedeutet.

Dies ist der einzige Ulmer Brief, der auf diese Weise nochmals eine Ersparnis nach sich zog und ich bin sehr froh, ihn bekommen zu haben. Viele wird es wohl eher nicht geben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 06.11.2020 10:40:22 Gelesen: 197443# 591 @  
@ bayern klassisch [#590]

Hallo Ralph,

da die Firma Marx & Schnell auch Boten schickte um die Ware auszutragen kann es gut sein das einer dieser Boten Briefe bis zu seinem Auslieferungsort mitnahm und dort aufgab.

Siehe bei Deinem Brief in der Rechnung da wird ein Bote C. Oelschlaegel erwähnt.

Nur eine Vermutung aber naheliegend, zwei Fliegen mit einer Klappe, ich würde es genauso machen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 06.11.2020 11:06:15 Gelesen: 197436# 592 @  
@ Gernesammler [#591]

Hallo Rainer,

da steht "durch die Bahn", nicht durch den Boten. Bei über 100 km hätte ein Bote ewig gebraucht. Diese Oelschlägel war schon involviert, aber wie genau?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 09.11.2020 13:37:01 Gelesen: 196980# 593 @  
Hallo Bayernfreunde,

den abgebildeten Brief kann ich nur teilweise entziffern, der Adressat fehlt mir noch.

"Bayern Nr. 21b = 7 Kreuzer dunkelultramarin auf Chargébrief von Scheinfeld nach Sugenheim. Entwertet mit dem offenen Mühlradstempel „617“ von Scheinfeld, Halbkreis-Nebenstempel „SCHEINFELD -20/1“. Rückseitiger Ankunfsstempel „SUGENHEIM -21/1“. Chargé-Stempel in rot mit Manual-Nr.95, dreiseitig rot umrandet. Vom kgl. Bezirksamt Scheinfeld an den …???.Sugenheim. Expeditionsnummer 304, mit Beil.(age) gegen Retourrecepiße"

Bei der Frankierung bin ich mir auch nicht sicher, sind die 7 Kreuzer für das Gewicht oder die Einschreibegebühr?

Beste Grüße, Siegfried


 
bayern klassisch Am: 09.11.2020 13:42:07 Gelesen: 196976# 594 @  
@ siegfried spiegel [#593]

Hallo Siegfried,

der Brief lief an die Lokalarmenpflege Sugenheim.

Der Absender hatte aus eigenen Beständen 7 Kreuzer für Briefe über 1 - 15 Loth frankiert, musste aber bei der Postaufgabe 7x für die Recommandation und 7x für die Retourrecepisse (Lieferschein, Rückschein) berappen, womit er 21x total kostete.

Schönes Stück und so nicht häufig.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 09.11.2020 18:19:02 Gelesen: 196912# 595 @  
@ bayern klassisch [#594]

Hallo Ralph,

vielen Dank für die Erklärung.

Gehe ich recht in der Annahme, das dieser Brief dann 3 Kreuzer franco plus 7 Kreuzer für Einschreiben und nochmal 7 Kreuzer für den Rückschein gekostet hat? Also insgesamt 17 Kreuzer.

Waren die Rötelmarkierungen der Hinweis/Hervorhebung für die zu zahlenden Chargé und Retour-Recepisse Gebühren?

Gruß Siegfried


 
bayern klassisch Am: 09.11.2020 18:22:01 Gelesen: 196910# 596 @  
@ siegfried spiegel [#595]

Hallo Siegfried,

ab 1.1.1861 war Vorschrift, den Chargé - Stempel nur noch in roter Farbe abzudrucken, damit jeder auf Anhieb sah, ob ein Brief eingeschrieben worden war, oder nicht. Dazu kam, wie schon im 17. Jahrhundert, dass man gerne mit Rötelstift die Besonderheiten eines Briefes hervor hob - das konnte wie hier auch eine Retour - Recepisse sein, die dem Brief mit einem Bindfaden auf dem Hinweg anzuketten war.

Fehlte diese beim Posteingang, war das eingeschriebene Poststück reklamierbar und jeder Recobrief war ja mit 24,5 Gulden versichert.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 10.11.2020 14:23:05 Gelesen: 196745# 597 @  
Hallo an alle,

eine Briefhülle (rückseitiger Vermerk 1820) mit dem Kürzel Ca Dni = Causa Domini.
Der Brief ging von Langenfeld "An das Königlich Bairische General Kreiß Commissariat des ....... Kreises zu Ansbach"

Das Wort vor Kreises kann ich leider nicht entziffern.

Ist das eine 6 vor dem Wort "zu"?

Gruß Siegfried


 
bayern klassisch Am: 10.11.2020 15:40:24 Gelesen: 196731# 598 @  
@ siegfried spiegel [#597]

Hallo Siegfried,

am Anfang war das neue Königreich Bayern in Kreise aufgeteilt, denen Flußnamen zugrunde lagen - hier war es der Rezat-Kreis. Später wurde das geändert.

Da steht keine 6 vor zu, sondern nur ein schwungvoller Schnörkel. Generell darfst du dir merken, dass Causae Domini niemals frankiert bzw. taxiert wurden, denn Causa Domini hieß ja Sache des Landesherrn und warum sollte bei einer Staatspost (seit 1.3.1808) der Staat vom Staat Geld fordern?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Erdinger Am: 10.11.2020 21:33:28 Gelesen: 196679# 599 @  
@ siegfried spiegel [#597]

Hallo Siegfried,

ich kann mich nicht erinnern, jemals einen so perfekt abgeschlagenen „adeligen“ (adelig wegen dem „v.“) Stempel gesehen zu haben. Gratulation!

Dieser Stempel legt schon nahe, dass dein Brief eher nicht von 1820 sein kann. Die Bezeichnung Causa Domini für Dienstsachen entfiel mit dem 1. Januar 1809, ab dann sollten Briefe mit „K.D.S“ (für Königliche Dienstsache) gekennzeichnet werden. Die Verordnung wurde allerdings erst am 7. Januar 1809 im Regierungsblatt veröffentlicht. Dein Brief ist also auf jeden Fall älter.

Viele Grüße
Dietmar
 
siegfried spiegel Am: 11.11.2020 07:29:18 Gelesen: 196611# 600 @  
@ Erdinger [#599]

Hallo Dietmar,

anscheinend hat sich nicht jeder an die Verordnung gehalten. Ich habe einen weiteren Brief mit der Bezeichnung in meiner Sammlung, datiert September 1809.

Der Brief vom "Königlich Baierischen Rentamt Schwarzenberg" ging an die "Gräflich Fürstliche Kredit Cassa zu Castell". Expediert von Langenfeld im September 1809. Langenfeld war ab 1623 taxische Posthalterei.

Auch bei diesem Brief ist der Einzeiler " v.Langenfeld" sauber abgeschlagen.

Beste Grüße,
Siegfried




 
bayern klassisch Am: 13.11.2020 14:32:01 Gelesen: 196286# 601 @  
Liebe Freunde,

bei einigen Briefen stimmt alles, bei anderen so gut wie nichts.



In die letzte Rubrik fällt ein Brief des Stadtmagistrats Eichstätt vom 10.9.1844 an die königliche Regierung von Mittelfranken, Kammer des Inneres in Ansbach.

Unten links steht: P.S. frey, also Parthei - Sache frankiert mit Akt, aber siegelseitig ist bis auf das Trockensiegel der Absenderbehörde nichts. Parthei - Sachen waren immer portopflichtig - wenn es eine solche war, hat man einiges an Geld verschenkt, denn mit Akt deutet auf einen schweren Brief hin.

Bei einer Entfernung von 64 km, also 6-12 Meilen, hätte der einfache Brief schon 4 Kreuzer gekostet, ein Schwerer ein Mehrfaches.

Die Aufgabepost stempelte Chargé, womit er zum Rekobrief wurde, aber das war vom Absender gar nicht gewünscht und stand auch nicht auf der Adresse. Dafür hat man keine Rekonummer vermerkt, so dass man jetzt knobeln kann, was hätte gemacht werden sollen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.11.2020 14:32:15 Gelesen: 196142# 602 @  
Liebe Freunde,

heute darf ich ein ganz besonderes Briefchen zeigen, welches, wenn ich mich nicht völlig irre, von der Kronprinzessin Therese von Bayern in Würzburg am 31.12.1820 geschrieben und gesiegelt wurde.



Adresse: A Son Altesse Sereissime Monseigneur le Duc Souverain de Daxe - Hildbourghausen à Hildbourghausen.

Therese von Sachsen - Hildburghausen [1] war im Okt. 1810 mit Ludwig, dem späteren Ludwig I von Bayern, vermählt worden.

Das Paar hielt sich oft in Würzburg auf und hier, wie erkennen es schon am Datum, sandte sie ihrem Vater Friedrich von Sachsen - Hildburghausen, sicherlich Neujahrsgrüße zu, wie man das damals zu tun pflegte, jedenfalls dann, wenn man weder Franko noch Porto dafür zahlen musste und als zukünftige Königin Bayerns und amtierende Kronprinzessin war sie natürlich ebenso umfänglich aktiv und passiv portobefreit, wie der Empfänger des Duodezfürstentums.

Siegelseitig ist das Siegel, auch nach 200 Jahren, sehr gut zu erkennen, und ich habe es mit 600 dpi eingescannt, damit man es besonders gut sehen kann.

Briefe der Königin Therese, der Gründerin des Oktoberfests auf der nach ihr benannten Theresienwiese, sind selten; einen aus ihrer 5 Jahre währenden Zeit als Kronprinzessin kannte ich bisher noch nicht.

Liebe Grüsse von einem glücklichen bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Therese_von_Sachsen-Hildburghausen
 
10Parale Am: 15.11.2020 15:13:36 Gelesen: 195994# 603 @  
@ bayern klassisch [#602]

Ein wunderbares Briefchen, habe mich da mal auf Wikipedia eingelesen. Ich dachte immer, das Oktoberfest findet wegen der Bierbraukunst statt und wurde nun eines Besseren belehrt. Der Grund war die Vermählung mit dem König.

Eine Frage hätte ich dann doch noch? Ist dies Königin Thereses Handschrift oder woher stammt die Überzeugung, dass der Brief mit dem wunderbaren Siegel auch tatsächlich von Ihr stammt?

Liebe Grüße

10Parale
 
bayern klassisch Am: 15.11.2020 15:58:35 Gelesen: 195981# 604 @  
@ 10Parale [#603]

Hallo,

es ist wohl ihre Handschrift, weil ich einen Brief besaß, den sie kurz vor ihrem Tod selbst geschrieben hatte und diese Schrift sah dieser hier sehr, sehr ähnlich, nur mehr wackeliger, da der Tod schon vor der Tür stand.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.11.2020 11:05:01 Gelesen: 195851# 605 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Postkarte, die ich jahrzehntelang gesucht habe, aber bis dato nicht finden konnte, obwohl ich Tausende davon zu Gesicht bekam. Aber dann tauchte sie auf und war natürlich mir. Nun, was ist das Besondere an ihr?



Die Tatsache, dass der Absender mit seinem Text verbotenerweise vorne, auf der Frontseite anfing. Es war nur gestattet, vorne die Adresse und hinten den Text zu schreiben. Demnach hätte sie als Postkarte zum moderaten Tarif von 2x am 21.6.1875 in Freising nicht angenommen werden dürfen. Aber, wie so oft bei Bayern, wurde es so natürlich akzeptiert - wer würde sich schon wege neiner lausigen Postkarte Ärger am Schalter einhandeln wollen?

Vorne steht: Herrn Ritsch Buchdruckereibesitzer in Landshut ersuche ich mir nach München 8 Buch neue Beschreibungen 1/2 Buch Planeten ...

und jetzt auf der Rückseite

Postrestand München sogleich schicken. Katharina Spahn, Handelsfrau

Jetzt hat sie Platz in der poste restante - Sammlung und bei den Contraventionen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.11.2020 11:09:28 Gelesen: 195850# 606 @  
Liebe Freunde,

die Stempelung von Correspondenz- bzw. Postkarten war eine andere, als bei gewöhnlicher Briefpost, bei der die Marke(n) entwertet, die Aufgabe vorne und die Abgabe hinten gestempelt werden sollte.



In Kissingen, am 6.11.1874, wurde eine Postkarte nach Schweinfurt wie ein Brief abgestempelt - Eindruck entwertet und daneben, wie seit alters her, der Aufgabestempel daneben gesetzt, statt nach der Vorschrift darunter.

Richtig machten es die Kollegen in Schweinfurt, für ihre Akribie bekannt damals, indem sie oben links auf der Vorderseite Ankunft stempelten.

Eine kleine Contravention ist halt auch eine Contravention.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.11.2020 11:18:37 Gelesen: 195845# 607 @  
Liebe Freunde,

folgender Brief macht mir hinsichtlich seines Datums und der handelnden Personen noch Probleme. Als miesester Googler westlich des Urals bin ich auch bei den handelnden Personen (derer 2) zu keiner brauchbaren Datierung gekommen.



Am 7. Dezember 18?? sandte ein gewisser Aarbach einen Brief mit persönlicher Postportofreiheit an "Dem Wohlgeboren Fräulein Hedwig von Schober, königliche Landrichters Tochter in Pegnitz - frey NULL, Aarbach" unter Chargé ab. Daher sehen wir weder eine Marke, noch siegelseitig ein Franko ausgewiesen. Hinten nur der schwache Abschlag von Pegnitz, den es aus den 1840er und 1850er Jahren oft gibt.

Bei persönlichen Postportofreiheiten kommen Chargébriefe vor, aber sie sind dann nicht im Recomanual aufgeführt, erhielten keine Reconummer und es wurde auch kein Schein für sie gelöst. Im Falle des Verlustes wären keine 25 Gulden bzw. seit 1.7.1850 24,5 Gulden Versicherungsprämie an den Besitzer des Postscheines ausbezahlt worden. Man wollte den Brief nur "wichtig" machen, weil man als Absender ja etwas Besonderes war.

Sachdienliche Hinweise, die zur internetmäßigen Ergreifung des Absenders, oder der Empfängerin führen, nehme ich gerne entgegen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 20.11.2020 18:35:01 Gelesen: 195265# 608 @  
Liebe Bayernfreunde,

ein Adelsbrief, geschrieben in Sugenheim, Datum 17.Junj Anno 1669, von Johann Neidthardt von Seckendorff an den
"Hochgebohrnen Grafhen und Herrn Georg Dieterichen, Grafhen und Herrn Zu Castel, meinem gnädigen Grafhen und Herrn".

Der Brief ging nach Remlingen, wo sich der Graf zu der Zeit aufhielt.

Den Inhalt kann ich nur bruchteilhaft entziffern und weiß daher nicht um was es geht.

Die Von Seckendorffs hat zu dieser Zeit zahlreiche Lehen in Sugenheim und Umgebung, Lehensherren waren die Grafen von Castell-Remlingen.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried




 
bayern klassisch Am: 21.11.2020 12:23:08 Gelesen: 195168# 609 @  
Liebe Freunde,

ich weiß nicht, wie alt man werden muss als Bayernsammler, bis man sagen kann: Ich habe schon alles gesehen, aber dafür bin ich wohl noch viel zu jung.

Ein Recobrief aus Amberg vom 27.12.1869 an Herrn Verwalter Meyer in Obersteinbach, Post Scheinfeld, wurde mit 3x frankiert aufgegeben. Artig notierte die Aufgabepost unten links "7x" für die eingehobene Recogebühr ab 1.1.1868, zog einen Schein mit der Nr. 968, stempelte in rot Chargé und entwertete die Marke mit dem Zweizeiler oben links.



Doch dann muss eben diese Marke zeitnah abgefallen sein, denn wo sie einst klebte (Übergänge beachten) schrieb man jetzt in Amberg: "Marke abgefallen. gez. Unterschrift".

Weil bei recommandirten Schreiben (24,5 Gulden Versicherungskosten im Falle des Verlusts) nicht zu spaßen war, klebte man sie wohl mit eigenem Gummi arabicum unten links wieder auf und sandte den Brief so auf die Reise. Ausweislich der Siegelseite kam er auch am Folgetag in Scheinfeld an und wurde unbeanstandet ausgetragen (gegen Unterschrift natürlich).

Wäre die Marke im Laufe des Posttransports abgefallen, hätte die dies feststellende Poststelle den Brief als unfrei behandeln müssen und 7x Porto erheben müssen. So nahm das jede Seite hin und durch das Wiederaufkleben war nichts weiter zu erheben. Einzig mir bekanntes Stück mit dieser Vorgehensweise (und Briefe mit damals bereits abgefallenen Marken sind eh schon so große Seltenheiten).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.11.2020 13:22:48 Gelesen: 194274# 610 @  
Liebe Freunde,

am 31.8.1833 schrieb die Mutter dem Sohn von Kissingen aus einen Brief mit der Anschrift: "Seiner Hochgebohren dem Herrn Grafen Friedrich von Thun - Hohenstein in Bayreuth poste restante".



Die Aufgabepost taxierte ihn mit 6 Kreuzern als einfachen Brief bis 1/2 Loth für 111 km = 15 Meilen, also über 12 bis 18 Meilen.

In Bayern brauchte man erst ab 31.1.1843 den Ankunftsstempel abzuschlagen - hier tat dies Bayreuth aber bereits am 5.9.1833 - wer weiß/ahnt warum? Bin gespannt!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.11.2020 13:27:00 Gelesen: 194272# 611 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Armensache aus Ansbach vom 14.8.1863. Der kgl. Advokat von Pöllnitz sandte sie gegen Schein (eingeschrieben) portofrei an das Stadt- und Landgericht Rothenburg ob der Tauber ab.



Interessant ist hier, dass der Brief, obwohl eingeschrieben, keine Reco-Nummer bekam, was für mich stark darauf hindeutet, dass er hier seinen eigenen Postschein benutzte.

Noch am selben Tag kam er in Rothenburg an (hinten Halbkreisstempel).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.11.2020 13:33:11 Gelesen: 194270# 612 @  
Liebe Freunde,

in einer Rechtssache und das richtige Maß in Bayern bei Holz (heute wohl Ster) schrieb man in Ansbach am 22.12.1849 einen Portobrief zu 3 Kreuzer an das fürstlich von Wredesche Rentamt zu Ellingen.



Unter der Reconummer 746 wurde er ins Reco-Manual eingetragen und das Porto kaum leserlich vorne unten notiert.

Mit dem 1.7.1850 war es mit dieser Versendungsart vorbei, da ab diesem Datum nur noch frankierte Briefe recommandirt in Bayern zu Aufgabe gelangen konnten. Dies änderte sich erst wieder am 1.1.1861.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 29.11.2020 18:01:39 Gelesen: 194103# 613 @  
@ bayern klassisch [#610]

Hallo Ralph,

Vermutung, da der Brief "poste restante" Postlagernd war wurde zur Ausgabe/Abholung gestempelt, denn der Brief hat ja keine 6 Tage nach Bayreuth gebraucht.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 29.11.2020 20:24:34 Gelesen: 194079# 614 @  
@ Gernesammler [#613]

Hallo Rainer,

danke dir - es war ja so, dass gewöhnliche poste restante Briefe 3 Monate lang vom Eingang bei der Post liegen bleiben sollten; daher ist zu vermuten, dass der Beamte am Tag des Eingangs ihn abgestempelt hat, damit man später sehen konnte, wann die 3 Monate verstrichen waren.

Die Laufzeit ist recht lang, aber das kam mal vor, als die Eisenbahn noch nicht segensreich wirkte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 05.12.2020 12:54:38 Gelesen: 193358# 615 @  
Liebe Freunde,

eine 17. Gewichtsstufe recommandirt und mit Verzögerungsstempel "Nach Abgang der Post" für Recobriefe, die innerhalb von einer halben Stunde vor dem regulären Postenlauf aufgeliefert wurde, findet man nicht jeden Tag. Der Absender zahlte hierfür 36 Kreuzer für Briefe über 6 - 12 Meilen (einfach 4x) und 4 Kreuzer Reco, so dass er ihn schon 40 Kreuzer kostete (Briefgröße 31 auf 12,5 cm).



Aber von Würzburg aus konnte man den Zielort Lützendorf (Lüzendorf) nicht direkt mit der Post erreichen, so dass er 70,5 km lang per Post nach Ebern transportiert wurde, ehe er von dort mit einem konzessionierten Boten, der auch recommandirte Briefe annehmen und transportieren durfte, für 9 Kreuzer Botenlohn bis zum Empfänger nach Lüzendorf verbracht wurde. Daher erfolgte auf den Brief unten links die Quittierung: "9 X Postbothenlohn (Friedrich Hoffmann) bezalt 28. Jan 41 Klagsache 7a Gottfried Appel".

Da die Siegel hinten ausgeschnitten wurden, kann ich den Absender nicht ermitteln, aber es ist auch so schon ein wie ich finde beeindruckender Brief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.12.2020 11:48:13 Gelesen: 193333# 616 @  
Liebe Freunde,

bei einem Ortsbrief aus Memmingen vom 14.10.1875 wird man zumindest von außen nicht leicht auf einen Postbetrug schließen können, selbst wenn er die Anschrift "Herrn Hans Bischoff, per Adresse Herrn Decan Bischoff Memmingen" trägt.





Aber hinten zeigt er den gleichen Stempel von 14.10. und noch einen vom 15.10., was darauf schließen lässt, dass er spät in dem Briefkasten aufgefunden wurde und am 14.10. nicht mehr einem Stadtbriefträger mitgegeben werden konnte, dann also am nächsten Tag.

Aber der Inhalt zeigt uns etwas anderes, nämlich Hans Fischer aus Kempten, der am 13.10. diesen Fernbrief geschrieben und trockengesiegelt hat, ihn aber im nahen Memmingen für nur 1 Kreuzer aufgeben ließ, wohingegen ein Brief aus Kempten 3 Kreuzer nach Memmingen gekostet hätte.

Leider ist die Marke eine 22y und keine 32, die zeitlich gepasst hätte, aber man kann halt nicht alles haben, wenn man solche Briefe unerkannt kauft.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.12.2020 12:07:05 Gelesen: 193329# 617 @  
Liebe Freunde,

Briefe aus München in die Pfalz gibt es viele und für die allermeisten Absender (i. d. R. Behörden) war klar, dass man den Zielort mit "bayer. Pfalz", "Rhein-Pfalz", oder "in der Pfalz" näher lokalisierte, damit sie richtig und auch schnell dort ankamen.



Die königliche General - Berg- und Salinien Administration in München ließ am 8.5.1860 (mein Lieblingsjahr in Bayern, daher auch der Kauf) einen portofreien Dienstbrief an das königliche Hauptsalzamt Dürkheim ab, ohne den Zielort näher zu spezifizieren.

Gemeint war natürlich das heutige Bad Dürkheim, und, ehe der Brief auf die noch unbestimmt Reise ging, fügte ein cleverer Münchener Postler "Rh. Pfalz" für Rhein - Pfalz hinzu. Am 10.5. traf er dort ein. Noch heute ist nicht nur in der Pfalz Bad Dürkheim bekannt dafür, dass dort Lungenleiden gelindert werden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch, der sich gerne in Bad Dürkheim aufhält, wenn es geht. :-)
 
siegfried spiegel Am: 07.12.2020 20:03:44 Gelesen: 193298# 618 @  
Liebe Bayernfreunde,

wer kann mir bei diesem Beleg weiterhelfen?

Insbesondere kann ich mit den französischen Wörtern nichts anfangen. Interessant wäre natürlich auch, wenn man vom Siegel auf den Absender schließen könnte.

Leider ist es nur eine Briefhülle.

Expediert von Langenfeld, handschriftlich mit Rötelstift, an einen "Monsieur Hammer, (das nachfolgende Wort erschließt sich mir nicht) Monsieurs les Barons de Berlechingen zu Jagßthausen"

Links Unten: franco / ????? et ?? Creilsheim / mit einer Quittung ad ????
Links Oben Telour ??

Rückseitig ein erbrochenes Siegel mit einem Männlein, das anscheinend einen Weinstock gießt.

Gruß Siegfried


 
bayern klassisch Am: 07.12.2020 22:54:50 Gelesen: 193279# 619 @  
@ siegfried spiegel [#618]

Hallo Siegfried,

ich lese die Adresse so:

A Monsieur Monsieur Hammer Baillif de Messieurs les Barons de Berlichingen usw. a Jagsthausen

franco par Ansbac(h) et Creilsheim mit einer Quittung ad 270 florin (Gulden)

Wegen der verwendeten roten Tinte meine ich, dass die Post in Augsburg "v. Langenfeld" notiert hatte, zumal oben links "retour" steht, der Brief also aus irgendwelchen Gründen erstmal seinen Empfänger nicht erreicht haben dürfte.

Die Siegelseite ist blank? Das Siegel kann niemand zuordnen, davon gab es Hunderttausende gleichzeitig damals.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 08.12.2020 10:56:29 Gelesen: 193253# 620 @  
@ bayern klassisch [#619]

Hallo Ralph,

die Rückseite ist so gut wie blank, da steht nur etwas, das ich als schwarze 8 deuten würde.

Auf das Wort "retour" bin ich nicht gekommen, aber macht natürlich Sinn.

Das Wort "retour" wurde mit Rötelstift markiert und die rote "8" wurde meines Erachtens auch mit Rötelstift geschrieben.

Hingegen wurde das handschriftliche "v.Langenfeld" mit roter Tinte geschrieben. Warum sollte das nicht in Langenfeld notiert worden sein?

Auf "p Anspac(h) wäre ich auch nicht gekommen; ich vermute, dass du in deinem Text nicht die Post in Augsburg, sondern die Post in Ansbach meinst.

Vielen Dank für die Hilfe und beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried


 
bayern klassisch Am: 08.12.2020 11:09:14 Gelesen: 193249# 621 @  
@ siegfried spiegel [#620]

Hallo Siegfried,

nein, ich meine Augsburg, weil Ansbach keine rote Tinte führte.

Die 8 hinten ist das bezahlte Franko. Bitte immer bei alten Briefen auch die Rückseite abbilden, sonst wird Interpretation zur Raterei und das wollen wir doch nicht.

Langenfeld hatte ganz sicher keine rote Tinte, daher wurde dort auch kein Vermerk angebracht. Außer Hof (Grenzpostamt Bayern - Preussen - Sachsen) verfügte damals praktisch keine bayerische Poststelle über rote Tinte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 08.12.2020 12:48:11 Gelesen: 193239# 622 @  
Liebe Bayernfreunde,

ein Brief, geschrieben "Ullstadt, den 7.ten Juni 1792", unterzeichnet "ganz gehorsamster Diener Friedrich von und zu Frankenstein" an den "Monsieur Le Baron de Guttenberg ..etc." nach Burgellern / p Nürnberg / A Bamberg.

Damit komme ich nicht zurecht: Rechts unten steht wie ich vermute "Postfrei" und links unten eine "4" mit Rötelstift durchgestrichen.

Diesmal scanne ich alles ein, was zum Brief gehört!

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried

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bayern klassisch Am: 08.12.2020 14:12:30 Gelesen: 193224# 623 @  
@ siegfried spiegel [#622]

Hallo Siegfried,

danke fürs Zeigen des kompletten Briefes. Hier taxierte man routinemäßig mit 4 Kreuzern, ehe man bemerkte, dass der hohe Empfänger passiv portofrei war und dann wurden von anderer Hand die falsch notierten 4 Kr. wieder gestrichen (Reichspost).

Sieht man auch nicht alle Tage.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 11.12.2020 14:01:47 Gelesen: 193029# 624 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Augsburg mit dem weltbekannten Absender Paul von Stetten an die Firma Evesque & Co. in Lyon.



Der Brief wurde am 13.3.1875 mit 2 mal 9 Kreuzern frankiert, entsprach also der 2. Gewichtsstufe über 10 bis 20g schwer.

Die Aufgabepost entwertete die Marken ordentlich, notierte aber zuerst 15 in roter Kreide als Weiterfranko für das Deutsche Reich, welches ab 19.7.1870 zwischen Bayern und Frankreich geschaltet war und diese 15 Pfennige (!) entsprachen 6 Kreuzern. Dann aber bemerkte man, dass der Absender auch schon gewogen hatte und kam zum gleichen Wiegeergebnis, nämlich über 10g schwer und korrigierte das Weiterfranko für das Dt. Reich auf 30 Pfennige, also 12 Kreuzer (zur Veranschaulichung: 3 Kreuzer kamen 8 Pfennigen gleich).

So wurde er der Reichspost überliefert, die diese 30 Pfennige nun ihrerseits Frankreich als Weiterfranko bonifizierten.

Der Vertrags- bzw. Grenzübergangsstempe war "Allemagne Belfort" am Folgetag (wohl Abends) und am 16.3. wurde er bereits in Lyon zugestellt.

Briefe der 2. oder gar noch höherer Gewichtsstufen sind nicht häufig und sollten nicht verschmäht werden. Viele davon gibt es nicht, mit einem Weiterfranko in der Pfennigwährung, statt Silbergroschen, schon gar nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.12.2020 15:59:54 Gelesen: 193015# 625 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portobrief aus München vom 11.1.1848 über Strasbourg 13.1.1848 nach Reims, wo er am Folgetag ankam. Die Besonderheit war die, dass dieser Postvertrag nicht reziprok war, da in Bayern das halbe Münchener Loth (8,75 g) als Gewichtseinheit galt, in Frankreich aber 7,5 g, Frankobriefe aus Bayern und Portobriefe nach Bayern wurden somit nach dem halben Münchener Loth berechnet und tarifiert, während Frankobriefe aus Frankreich und Portobriefe aus Bayern nach dem franz. Standardgewicht von 7,5 g berechnet und tarifiert wurden. Da die Portobriefe zwar einzeln taxiert, aber nicht einzeln berechnet wurden, vergütete man sich gegenseitig für 30 g (eine Unze) Briefe 1 Franken und 20 Centimes, also ca. 42 Kreuzer.




Dazu kam, dass Frankreich zwar den neuen Postvertrag mit Bayern am 1.7.1847 ratifiziert hatte, jedoch bei eingehenden Portobriefen aus Bayern noch die alten, höheren Porti anschrieb, die seine Empfänger zu zahlen hatten, während sich Bayern an die Abmachung hielt.

Daher zeigen bayerische Portobriefe nach Frankreich ab dem 1.7.1847 bis zum 31.7.1849 höhere Taxen, als wenn diese Briefe in umgekehrter Reihenfolge gelaufen wären, hier 9 Decimes bei einem Gewicht von nur 3 g. Bayern bekam für ihn intern nur 4,2 Kreuzer bonifiziert, während Frankreich vom Empfänger 9 Decimes = 25 Kreuzer kassierte, wodurch Frankreich einen großen Gewinn erzielte und Bayerns Kasse nur mau gefüllt wurde.

Mit dem 1.8.1849 kostete ein einfacher Briefe wie dieser nur noch 5 Dec. nach Frankreich und ein Brief aus Frankreich nach Bayern, wie vorher schon, 18 Kreuzer ins rechtsrheinische Bayern.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Martin de Matin Am: 11.12.2020 16:10:59 Gelesen: 193013# 626 @  
@ bayern klassisch [#624]

Ich hätte eine Frage. Wer war der "weltbekannten Absender Paul von Stetten", der 1875 in Augsburg lebte?

Ich kenne ihn nicht und ich konnte auch nichts über diesen weltbekannten Absender Paul von Stetten finden.

Gruss
Martin
 
bayern klassisch Am: 11.12.2020 16:18:55 Gelesen: 193011# 627 @  
@ Martin de Matin [#626]

Hallo Martin,

hier ein Link [1].

Die Paul von Stetten - Korrespondenz ist eine sehr große - ich denke, dass jeder Bayernsammler (und Schweiz-, Österreich- und Italien - eingende Post Sammler) zahllose Briefe von ihm bzw. an ihn kennt oder hat, daher der von mir gewählte Ausdruck.

Das Archiv derer von Stetten ist wohl einer der umfangreichsten auf bayerischen bzw. deutschem Boden, das noch erhalten ist, ein Dorado für jeden Postgeschichtler der Neuzeit bis heute.

Liebe Grüsse,
Ralph

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Stetten_(Patrizier)
 
Martin de Matin Am: 11.12.2020 17:26:34 Gelesen: 193001# 628 @  
@ bayern klassisch [#627]

Für das Adelsgeschlecht der von Stetten und für Paul von Stetten den jüngeren brauchte ich keinen Link, denn diese kann man leicht finden.

Es ist es also kein Weltbekannter, sondern nur für einen relativ kleinen Gruppe von Philatelisten eine bekannte Absenderadresse.

Gruss
Martin
 
bayern klassisch Am: 11.12.2020 17:40:31 Gelesen: 192997# 629 @  
@ Martin de Matin [#628]

Hallo Martin,

was willst du mir damit sagen? Ist das hier nicht ein philatelistisches Forum mit Tausenden von Mitgliedern aus dem In- und Ausland? Die Sammler Altdeutschlands, Österreichs, der Schweiz, der italienischen Staaten und von Italien (und zahlreichen weiteren Ländersammlern), sind für dich also "eine relativ kleine Gruppe von Philatelisten"?

Ab wieviel Sammlern wäre die Gruppe der Philatelisten denn in deinen Augen nicht relativ klein?

Beste Grüsse von bayern klassisch
 
Martin de Matin Am: 11.12.2020 18:46:19 Gelesen: 192989# 630 @  
@ bayern klassisch [#629]

Man sollte mit dem übertreiben Wort "weltbekannter Absender" für eine Person verwenden, die für mindestens 99,99% der Philatelisten eine unbekannte Person ist, etwas vorsichter umgehen. Man sollte einen schönen Brief nicht mit pseudo Glorifizierung aufwerten.

"Die Sammler Altdeutschlands, Österreichs, der Schweiz, der italienischen Staaten und von Italien (und zahlreichen weiteren Ländersammlern), sind für dich also "eine relativ kleine Gruppe von Philatelisten"?"

Die Anzahl der Sammler aus den oben genannten Gebieten kennt wahrscheinlich auch nicht den Absender, denn es sind unter anderen nicht sind alles Briefesammler. wenn man sich die Anzahl der Länderthemen ansieht, stellt man fest, das die oben aufgeführten Länder nur einen geringen Anteil ausmachen. Also trifft die Aussage einer relativ kleinen Gruppe zu.

Man sollte immer realistisch bei seinen Aussagen sein, auch wenn man von seinem eigenen Sammelgebiet fasziniert ist.

Gruss
Martin
 
bayern klassisch Am: 11.12.2020 19:34:29 Gelesen: 192983# 631 @  
@ Martin de Matin [#630]

Ich habe mich nicht über die Anzahl derer ausgelassen, die etwas nicht wissen, sondern über die hohe Anzahl derer, die etwas wissen und dies aus sammeln. Wenn du nicht zu dieser Gruppe gehörst, ist das ja nicht mir anzulasten ...

Wenn Briefe der Firma Paul von Stetten in damals weit über ein Dutzend Länder existieren, hat das nichts mit losen Marken zu tun, sondern weil die Briefe eben erhalten blieben und Paul von Stetten praktisch alle Briefe ab 1850ff mit seinem blauen Absenderstempel bedruckte.

Briefesammler der Klassik gibt es wie Sand am Meer - weltweit; soviel zu dem mir abgesprochenen Realismus. Ich kenne Sammler aus mind. 15 Ländern, die Briefe von Paul von Stetten besitzen und ich bin nur ein einzelner Sammler, dessen Spektrum der Verbreitung einer Riesenkorrespondanz weit hinterher hinken muss.

Dass ich von meinem Sammelgebiet und vielen anderen Sammelgebieten auch, fasziniert bin, erkennst du allein schon aus der Tatsache, dass ich über 45 Jahre lang intensiv Altdeutschland hin und her sammle. Es wäre auch traurig, wenn einer etwas sammeln würde, was ihn nicht fasziniert und anspricht.

Eine wie auch immer geartete "Glorifizierung" kann ich nicht erkennen - der Ausdruck ist völlig deplatziert, denn Handelskorrespondenzen haben nichts mit Glorie zu tun, sondern bilden die Basis heutiger Forschung und Postgeschchte. Dieser habe ich mich allerdings tatsächlich verschrieben.

Beste Grüsse von bayern klassisch
 
wissbegierig Am: 13.12.2020 12:42:33 Gelesen: 192936# 632 @  
@ bayern klassisch [#510]

Mit der Bahn ging es schon 1856 an denselben Empfänger etwas schneller!
Vielleicht war die Bahnstrecke öfters unterbrochen und man musste dann den Rhein benutzen.

Grüße von Uwe


 
bayern klassisch Am: 13.12.2020 14:25:04 Gelesen: 192916# 633 @  
@ wissbegierig [#632]

Hallo,

schau hier, wie es mit der Bahn in Deutschland Ende 1856 aussah [1].

Schöner Brief von dir, hätte ich auch gerne.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://www.ieg-maps.de/gif/e856d_a3.htm
 
wissbegierig Am: 13.12.2020 16:02:33 Gelesen: 192903# 634 @  
Oha!

Wie ist denn dann der Brief nach Köln gelangt? Über Kassel und das Ruhrgebiet?

Denn mit dem Schiff von z.B. Mainz nach Koblenz hätte ja sicher auch ein entsprechender Stempel abgeschlagen werden müssen. Oder doch über die Straße?

Grüße von Uwe
 
bayern klassisch Am: 13.12.2020 16:09:30 Gelesen: 192900# 635 @  
@ wissbegierig [#634]

Ja, das hing von den Abgangszeiten der Aufgabepost ab. Erreichte man die Bahn, lief es, wie du es beschrieben hast, über Hessen und das Revier nach Köln.

War der Briefabgang ein anderer, lief es über den Rhein (dann COELN mit Ligatur des O und E). Alternativ mit der Bahn Richtung Norden und dann mit der Kutsche (so wie früher halt seit dem 18. Jahrhundert).

Wenn die Stempel fehlen, muss man spekulieren bzw. aus den Abgangs- und Ankunftsdaten interpretieren, wie es gewesen sein sollte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.12.2020 13:01:51 Gelesen: 192298# 636 @  
Liebe Freunde,

wenn man keine Weihnachtsgeschenke bekommt, beschenkt man sich eben selbst - so geschehen unlängst, als mir dieser Brief zugeflattert kam.





Nürnberg am 26.10.1863 mit Leitvermerk "via Malta" nach Tunis, wo er am 5.11.1863 ankam. Die Frankatur betrug 21 Kreuzer und Houston, wie haben ein Problem.

Die Frankatur ist vollständig, wie auch das Attest von Maria bestätigt, aber 21 Kreuzer reichen hinten und vorne nicht aus, wie die folgende Aufstellung für bayer. Briefe nach Tunis zeigt:

Chronologisch Auflistung der Leitwegsmöglichkeiten:

Via Sardinien bzw. Italien ab 8.11.1856 zu 32 Kreuzern, wobei die Leitung über die Schweiz zu erfolgen hatte; 3 Kreuzer bis 10 Meilen, 6 Kreuzer bis 20 Meilen, oder 9 Kreuzer über 20 Meilen bis Lindau/Schweizergrenze, dann 6 Kreuzer Transit offen durch die Schweiz plus 20 Kreuzer Weiterfranko für Sardinien/Italien bis Tunis; bei der Leitung über österreichisches Gebiet über Innsbruck - Verona und Genua fielen nur 32 Kreuzer an.

Via Frankreich wie hier ab 1.7.1858: 30 Kreuzer je 7,5g, wovon 4,8 Kreuzer Bayern verblieben, 7,2 Kreuzer behielt Frankreich und der Seetransport ab Marseille (Stempel vom 29.10.1863 hinten) kostete weitere 18 Kreuzer. Dafür fehlen aber 9 Kreuzer, weil nur deren 21 frankiert wurden, der Brief aber von Nürnberg einen P.D. - Stempel bekam, was zur Folge hatte, dass Frankreich nun von Bayern 25,2 Kreuzer intern forderte und auch bekam, so dass Bayern schon am Fremdporto 4,2 Kreuzer verlor und selbst für den Transport von Nürnberg bis Forbach (dort am 27.10.1863) nichts bekam, im Gegenteil, man musste noch ca. 1 Kreuzer für die Transite durch TT und Preussen bezahlen (interne Verrechnung).

Via Schweiz ab 1.11.1859 kostete ein einfacher Brief bis 1 Loth 9 Kreuzer für Bayern und 23 Kreuzer je 10g Transit, in Summa also 32 Kreuzer.

Via Österreich ab 8.7.1862 betrug das einfache Franko 23 Kreuzer, wobei 9 Kreuzer für Bayern und der Rest für den Seetransport drauf ging.

Ab 1.1.1863 kosteten einlöthige Briefe mit der Leitung über England 33 Kreuzer, 8 Kreuzer für Bayern und 25 Kreuzer Weiterfranko für Belgien und den Seetransport.

Fazit: Viele Möglichkeiten und wir können es drehen und wenden wie wir wollen, auf 21 Kreuzer kommen wir nicht.

Die Leitung "via Malta" deutet eher für mich auf eine Leitung über Italien hin, aber da ich noch nie einen Bayernbrief mit diesem Leitwegsvermerk gesehen habe, muss das Spekulation bleiben.

Wer nähere Auskünfte hinsichtlich der Gebühren und des Laufwegs machen kann, darf das gerne tun. In jedem Fall ein ganz außergewöhnlicher Brief, sind doch schon normale Briefe nach Afrika von Bayern aus sehr selten und einen weiteren Unterfrankierten kenne ich derzeit nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
GR Am: 21.12.2020 18:30:29 Gelesen: 192204# 637 @  
Liebe Bayernsammler,

ich komme mit diesem Brief nicht klar. Die beigeklebte, nicht entwertete Deutsches Reich 33 neben der Bayern 39, war die erforderlich ins Elsass oder ist die nachträglich angebracht worden, um den Brief "besonders" zu machen?

Für jede Hilfe dankbar,

Gerhard


 
bayern klassisch Am: 21.12.2020 18:46:35 Gelesen: 192197# 638 @  
@ GR [#637]

Hallo Gerhard,

die Reichsmarke war in Bayern nicht postgültig - daher mussten 10 Pfg. mit einer bayerischen Marke frankiert werden (Inlandsfranko für einfache Briefe).

Ob schon damals diese Reichsmarke appliziert worden war, oder es erst später passierte, wird sich nicht hundertprozentig mehr klären lassen.

Eigentlich wäre sie blau zu umrahmen gewesen mit dem Vermerk "ungültig". Aber Bayern ist das Land der Postcontraventionen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
LK Am: 21.12.2020 19:15:17 Gelesen: 192195# 639 @  
@ bayern klassisch [#636]

Lieber bayern klassisch,

M.E fehlen hier keine 9 Kreuzer, sondern eine 12 Kreuzer Marke.

Die 3 Kreuzer gehört M.E nicht ursprünglich zu dem Brief, das bestätigen etliche Nachmalungen an dem Stempel dieser Marke.

Die fehlende 12 Kreuzer war entweder abgefallen oder von frühen Sammlern entfernt.

Sieh dir bitte den rechten Stempel mal genau an, Du wirst jede Menge Manipulation feststellen.

Die 6 in 356 reicht mir persönlich schon.

Das geht nicht gegen Maria Brettl, deren Prüfergebnisse ich immer sehr geschätzt habe, aber hier lag sie daneben.

Mein Rat Vorlage des Briefes bei Peter Sem ohne dieses Attest.

Beste Grüße

LK
 
bayern klassisch Am: 21.12.2020 19:20:01 Gelesen: 192193# 640 @  
@ LK [#639]

Danke für den Hinweis - ich werde den Brief bei unserer nächsten JHV Peter Sem vorlegen und schauen, was er dazu sagt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
GR Am: 21.12.2020 20:34:01 Gelesen: 192179# 641 @  
Danke für die schnelle Antwort lieber Ralph, zumindest ist es ein schöner HK-Stempel. :-)

Liebe Grüsse zurück
Gerhard
 
bayern klassisch Am: 24.12.2020 13:05:11 Gelesen: 192016# 642 @  
Liebe Freunde,

die Firma E. F. Döring im hessischen Hanau (Thurn und Taxis Groschenbezirk) hatte sicher viele Kunden in Bayern, die beliefert und natürlich auch die neuesten Angebote bekommen wollten. Daher machte es Sinn, seine Drucksache günstig nach Bayern - hier Aschaffenburg im Januar 1855, zu verbringen, um sie dort aufzugeben.



Im Groschenbezirk von Thurn und Taxis kostete nämlich eine einfache Drucksache wie hier 1/3 Silbergroschen, also ca. 1,2 Kreuzer. In Bayern jedoch nur einen Kreuzer - sie war also von Bayern aus gesehen 20% günstiger, als von Zuhause aus. Angeboten wurden Caffee, Gewürze, Südfrüchte, Reis und diverse Zucker.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.12.2020 16:29:03 Gelesen: 191594# 643 @  
Liebe Freunde,

ein nettes Briefepaar kann ich heute zeigen, welches im Januar/Februar 1834 von München aus nach Schwarzenberg bei Langenfeld (Mittelfranken) lief.

Der 1. Brief an die Schwarzenbergische Domänen Kanzley wurde mit dem Zusatz "bey Langenfeld" versehen, denn es gab mehrere Schwarzenbergs in Bayern und ganz Deutschland, so dass diese Präzisierung vom Absender nötig war.



München taxierte den Brief zuerst mit 12 Kreuzer, strich dann diese durch, unterstrich "bey Langenfeld" und notierte oben 20 Kreuzer. Die Entfernung von Aufgabe- zur Abgabepost betrug einen Tick über 24 Meilen, so dass der einfache Brief 10 Kreuzer gekostet hätte, aber über 1/2 Loth 15 Kreuzer und, wie dieser hier über 1 bis 1,5 Loth, satte 20 Kreuzer. Wie der Brief dann in das ca. 9 km von Langenfeld entfernte Schwarzenberg kam, weiß ich nicht - evtl. gab es einen Boten, oder man hatte auf der Post ein Postfach einrichten lassen, was ich für wahrscheinlicher halte.

Der 2. Brief datiert vom Februar 1834 und wurde sogleich richtig mit 10 Kreuzer als einfacher Brief erkannt und taxiert. In beiden Fällen hatte der Absender "Von München" vermerkt, wohl weil Briefe zuvor falsch geleitet und zurückgeschickt wurden, was nicht im Interesse des Absenders lag.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.12.2020 16:37:33 Gelesen: 191592# 644 @  
Liebe Freunde,

in Wilhams, ca. 10 km Fußstrecke von Immenstadt entfernt, schrieb man am 8.2.1865 einen Brief an "Herrn Carl Zwick - mit Briefen des Herren J. A. Bauer - Bayreuth". Am Folgetag kam er an und wurde ausgetragen.





Im Brief selbst waren wohl mehrere (ich tippe auf höchstens 2) Briefe des Herrn Bauer, die ihm von Wilhams aus nachgeschickt wurden - dennoch wog der Brief total noch max. 16,66 g, auch nicht schlecht.

Meine Minisammlung "Briefe mit Briefen" wächst und gedeiht, denn den nächsten habe ich schon eingesackt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.12.2020 17:35:33 Gelesen: 191550# 645 @  
Liebe Freunde,

auch nach gut 40 Jahren der Bayernsammelei kommt immer mal wieder etwas Neues auf meinen Schreibtisch, so wie dieser Brief des Oberpostamts Augsburg an die königliche Postverwaltung Neuburg in Schwaben, welcher als Regierungs - Sache portofrei war, aber auch recommandirt versandt wurde.



Nun wird man sich wundern, warum recommandirt, lagen doch Aufgabe- und Zielopost im selben Bezirk, nämlich in bayerische Schwaben. Der Inhalt hat sich leider verabschiedet, so dass wir nicht wissen, worum es genau damals ging.

Mein Hauptinteresse galt aber dem was links oben steht: "Charge Nr. 2005". Ui, ich dachte zuerst an einen Lese- oder Schreibfehler, denn Reconummern kannte ich bisher nur im 3stelligen Bereich, also nicht 1.000 bzw. sogar 2000 und darüber. Aber Reconummern wurden auch nur einfach vermerkt, ohne ihnen Chargé, oder sonst irgendetwas voraus zu schreiben.

Ich nehme an, dass die Mittelbehörde, also unser Oberpost- und Bahnamt in Augsburg, etwas ganz Wichtiges nach Neuburg zu schicken hatte und dafür in ein eigenes, nur dort und nicht bei der Poststelle befindliches Register diese extrem hohe Reconummer eintrug. Im Gegensatz zu sonstigen Augsburger Briefen aus diesr Zeit sind auch beide Stempel ganz frisch geputzt worden, wofür ich an dieser Stelle noch nachträglich dem dafür Verantwortlichen herzlichst danken möchte.

Das Siegel hinten habe ich auf 1.200 dpi vergrößert, damit man gut erkennen kann, dass es das des OPA Augsburg ist. Einen weiteren Brief mit vierstelliger Reconummer von Bayern kenne ich nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 04.03.2021 21:17:38 Gelesen: 182809# 646 @  
Hallo bayern klassisch,

kann du mir das Franko für diese beiden Briefe bestätigen?

Den zweiten Brief kann ich mir halbwegs erklären, 7 Kreuzer für Fernverkehr, Gewicht 23 Gramm plus 7 Kreuzer für Einschreiben ab 1.2.1874 Frankaturzwang.

Beim ersten Brief kann ich nur vermuten, 7 Kreuzer frankiert für Briefe bis 250 Gramm, dann würde die "55" das Gewicht bedeuten und nochmal 7 Kreuzer zusätzlich bar für den Postschein?



Folgendes fällt mir bei den Briefen noch auf: Es wurden 2 unterschiedliche Halbkreisstempel verwendet und die blaugraue Stempelfarbe durfte laut Verordnung Nro. 6758 nicht verwendet werden.

Beste Grüße, Siegfried
 
bayern klassisch Am: 04.03.2021 22:09:01 Gelesen: 182794# 647 @  
@ siegfried spiegel [#646]

Hallo Siegfried,

der 1. Bried muss vor dem 1.2.1874 datieren (7x Franko über 1 Loth und 7 Kreuzer Recogebühr in bar bezahlt vom Absender), den 2. Brief hast du richtig erklärt (7 Kreuzer Franko und 7 Kreuzer Reco beides mit Marken).

Die 55 beim 1. Brief war die Reco-Nummer, unter der er im Recomanual geführt wurde.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 04.03.2021 23:40:46 Gelesen: 182782# 648 @  
@ bayern klassisch [#647]

Hallo Ralph,

der Brief wiegt (vor mir liegend) exakt 4,5 Gramm und nach Sem Band 1, Seite 25 müsste er 3 Kreuzer gekostet haben.

Hing da etwa noch Geld dran? Hier der Text vom Brief.

Beste Grüße, Siegfried


 
bayern klassisch Am: 05.03.2021 00:15:00 Gelesen: 182776# 649 @  
@ siegfried spiegel [#648]

Hallo Siegfried,

im Inhalt steht, dass ein Schein beigefügt worden war hinsichtlich der Kapitalerträge. Wie schwer dieser war, werden wir nie heraus finden, aber sicher wog der Brief mit der Urkunde ("Schein") zusammen über 1 Loth bzw. 15 g. Man hat nicht 4 Kreuzer verschenkt - dafür konnte man sich 4 belegte Semmeln kaufen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 05.03.2021 13:23:28 Gelesen: 182748# 650 @  
@ bayern klassisch [#649]

Hallo Ralph,

ja das macht Sinn, gut wenn man die Schrift lesen kann.

Mein nächster Beleg sieht nach einer Steuererklärung aus. Soweit für mich nachvollziehbar hat das Steuerkommissariat Friedberg eine Anfrage gestartet bezüglich "Regulierung der Einkommensteuer".

Adressat ist der ........ Franckenstein zu Schloß Ullstadt, der aber anscheinend gerade im Hotel St. Petersburg in Berlin weilte.
Deshalb schickte man ihm die Steuersache zu.
Ist das richtig oder geht die Fantasie mit mir durch?

Die 7 Kreuzer verstehe ich auch nicht unbedingt, da der Brief gerade mal 6 Gramm wiegt.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Siegfried




 
bayern klassisch Am: 05.03.2021 15:30:22 Gelesen: 182734# 651 @  
@ siegfried spiegel [#650]

Hallo Siegfried,

auch dieser Brief von 1873 war früher über 15 g schwer, sonst hätten ja 3 Kreuzer gereicht. Nicht immer ging aus den Briefinhalten hervor, ob weitere Urkunden, Kopien usw. noch vorhanden waren.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 05.03.2021 17:34:02 Gelesen: 182723# 652 @  
@ bayern klassisch [#651]

Dankeschön. Kommt so in meine Sammlung.

Gruß Siegfried


 
bayern klassisch Am: 05.03.2021 20:29:07 Gelesen: 182708# 653 @  
@ siegfried spiegel [#652]

Eine schöne Seite, Siegfried - so machen Bayernbriefe Spaß!

Schönes WE und liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 06.03.2021 12:50:55 Gelesen: 182690# 654 @  
@ bayern klassisch [#653]

Hallo Ralph,

die Sache fängt an Spass zu machen, bis vor Kurzem war mir noch nicht einmal der Unterschied zwischen Porto- und Frankobrief bewusst.

Stimmt die folgend Seite rein fachlich oder sollte ich noch was ändern?

Beste Grüße, Siegfried


 
bayern klassisch Am: 06.03.2021 13:43:07 Gelesen: 182681# 655 @  
@ siegfried spiegel [#654]

Hallo Siegfried,

so soll es sein.

Bei beiden Briefen brauchst du nicht zu schreiben "Unfrankierter Portobrief", weil Portobriefe ja immer unfrankiert blieben, sondern ich würde bei einer Absenderbehörde schreiben "Portopflichtiger Dienstbrief", dann hast du alles perfekt gemacht.

Zum 1. Brief

3x Porto (bis 12 Meilen inkl. 1 Loth 15,625g) wurde zwei Mal notiert - erst von der Aufgabepost in schwarz, was nicht so leicht zu erkennen war und dann später von der Abgabepost 3x in Rötel, damit der Stadtbriefträger nicht vergaß, diesen Betrag vom Empfänger zu kassieren. Hintergrund: Bei Portobriefen hatte die Aufgabe- die Abgabepost mit dem von ihr fixierten Porto belastet, so dass der Expeditor der Abgabepost nicht vergessen durfte, dieses einkassieren zu lassen. Ehe der Stadtbriefträger mit seinen Briefen lostrabte, musste er für das auf den Briefen haftenden Porto unterschreiben; kam er dann mit weniger Geld nach Hause, obwohl er alle Briefe zugestellt hatte, hatte er beim Expeditor Schulden und der Expeditor bei der Aufgabepost.

Der Name des Advokaten war "Vorhaus", nicht Torhaus.

Zum 2. Brief

6x Porto für einen portopflichtigen Dienstbrief über 1 bis 4 Loth inklusive an Advokaten Vorhaus innerhalb Bayerns (nicht innerhalb des Postvereins, damit hatte dieser Brief gar nichts zu tun). Du musst unterscheiden in bayerische Inlandsbriefe, Vereinsbriefe (DÖPV bis 31.12.1867), Briefe in die Vertragsstaaten (Nachfolge DÖPV ab 1.1.1868 bis 30.6.1875), ins Ausland (bis 30.6.1875) bzw. in den Weltpostverein (UPU ab 1.7.1875), wobei immer darauf zu achten ist, wann welches Postgebiet/Land dem UPU beitrat.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 07.03.2021 11:49:58 Gelesen: 182626# 656 @  
@ bayern klassisch [#655]

Hallo Ralph,

jetzt sollte alles passen.

Ich gestalte schon eine weitere Seite, diesmal mit je 12 Kreuzer Porto.

Portobrief 9.11.1850 von Langenfeld nach Würzburg: Brief über 1 bis 4 Loth, bis 12 Meilen kostet 12 Kreuzer.

Allerdings kann ich hier den Adressaten nicht genau entziffern.

Portobrief 28.4.1851 von Langenfeld nach Kitzingen: Brief über 1 bis 4 Loth, bis 12 Meilen kostet 12 Kreuzer.

Adressat ist wieder der Advokat Vorhaus in Kitzingen, allerdings erschließt sich mir der Absender nicht, ich lese hier etwas von einem "Stadtmagistrat" den Rest kann ich nicht entziffern.

Beste Grüße Siegfried






 
peno Am: 07.03.2021 12:54:04 Gelesen: 182612# 657 @  
Eine schöne Präsentation!
 
bayern klassisch Am: 07.03.2021 13:20:46 Gelesen: 182605# 658 @  
@ siegfried spiegel [#656]

Hallo Siegfried,

ich muss mich entschuldigen, weil ich bei dem unteren Brief auf deiner schönen Seite etwas Falsches gesagt habe: Er hatte auch nur bis 1 Loth inklusive, da er aus 1851 stammt (ich hatte 1850 gelesen) und ab 1.7.1850 gab es auch bei innerbayerischen Portobriefen 3 Kreuzer Portozuschlag - sorry, hatte ich überlesen.

Zu den neuen Briefen:

Der 1. war eine portopflichtige J.P.S. = Justiz - Partei - Sache, wodurch wir wissen, dass ein Privater (eine "Partei", aber bitte nicht mit heutigen Parteien gleichsetzen, weil es damit nichts zu tun hatte) etwas Juristisches von einer bayer. Behörde wollte und die auf seinen (berechtigten) Wunsch hin tätig wurde; da es also keine reine Staatsdienstangelegenheit war, trat auch die Portopflicht ein.

Empfänger war das königl. Kreis- und Stadtgericht Würzburg.

Zum 2. Brief

Hinten trägt er einen Insinuationsvermerk "Ins(inuirt) der 13. April 1851", womit eine gerichtsverwertbare Zustellung vorhanden war. Die Insinuation erfolgte mit der Übergabe des Absenders an die Aufgabepost und der entsprechenden Quittierung im Aufgabebuch des Absenders (i. d. R. eine Gerichtsbehörde bzw. ein Advokat).

Den Absender kann ich auch nicht lesen - eine ziemliche Sauklaue und die Unterschrift ist schwierig.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 09.03.2021 10:19:25 Gelesen: 182480# 659 @  
@ bayern klassisch [#658]

Hallo Ralph,

vielen Dank für die tollen Erklärungen, so langsam kapier ich das.

Jetzt probiere ich mich gerade an den Fingerhutstempeln von Langenfeld, da habe ich 27 Belege aus den Jahren 1834 bis 1848. Die Qualität der Abschläge nimmt leider nach und nach ab.

Hier sind die beiden frühesten Belege. Falls was verkehrt ist, wäre ich sehr dankbar für Korrekturen.

Mit besten Grüßen,
Siegfried







 
bayern klassisch Am: 09.03.2021 12:37:01 Gelesen: 182464# 660 @  
@ siegfried spiegel [#659]

Hallo Siegfried,

ich helfe gerne.

Der untere Brief ist ein Dienst - Fahrpostbrief, zu dem ich wenig beitragen kann, weil ich nie Fahrpost gesammelt habe.

Der Obere ist nicht richtig beschrieben: Als Dienstbrief nach Österreich fiel er in den Postvertrag (PV) Bayerns zu Österreich von 1819, wonach Briefe bis zur öster. Grenze frankiert werden mussten, wenn es in Bayern keine portofreien Dienstbriefe waren (R.S. = Regierungs - Sache, K.D.S. = Königliche - Dienst - Sache, K.S. = Kirchen - Sache usw.).

Als Parteisache war er in Bayern portopflichtig, so dass der Absender 18 Kreuzer rheinisch bis zur österreichischen Grenze frankieren musste. Ab dort kostete er 28 Kreuzer Conventionsmünze (Faktor 1,2) als Brief der 2. Gewichtsstufe (in Österreich progressierten die Porti je Gewichtsstufe um 100%, also 14, 28, 42 usw., während in Bayern die Gewichtsprogression nur 50% des einfachen Portos anstieg (also z. B. 12x, 18x, 24x rheinisch usw.).

Dieser PV von 1819 wurde am 1.10.1842 durch den ganz tollen PV abgelöst, der den Ursprung zum späteren DÖPV darstellte und der DÖPV stellte den Ursprung des späteren Weltpostvereins (UPU) dar. So schließt sich der Kreis wieder ...

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 09.03.2021 13:42:26 Gelesen: 182455# 661 @  
@ bayern klassisch [#660]

ich versuche mich durchzukämpfen, das Blatt ist auch noch nicht gedruckt, sondern nur auf dem PC. Warum sind die 18 Kr. oben recht durchgestrichen und dann rückseitig notiert? Wo siehst du die 28 Kreuzer Conventionsmünze? Ist das die Hieroglyphe zwischen P.S. und Wien? Kostete der Brief dann insgesamt 18 xr und 28 Kreuzer Conventionsmünze und wer musste das bezahlen?

Ein neuer Versuch. :)

Gruß Siegfried


 
bayern klassisch Am: 09.03.2021 14:26:51 Gelesen: 182450# 662 @  
@ siegfried spiegel [#661]

Hallo Siegfried,

warum 18 oben rechts vorne gestrichen wurden, kann ich nicht sagen - vlt. hat man zuerst gedacht, man könnte mit bayerischem Porto belastete Briefe nach Österreich schicken, es dann aber besser gewußt und den Absender die 18x (hinten notiert) zahlen lassen.

Die 28 Kreuzer CM (28 Kreuzer Conventionsmünze) steht links über "bey" bzw. links von "Wien". Österreich hat, weil die Taxen auf zahllosen Briefen zu notieren waren, die einzelnen Ziffern oft zu einer Paraphe zusammengezogen, die für einen Tarifunkundigen kaum zu erkennen/lesen sind.

In ein paar Wochen kannst du die genau so gut lesen, wie ich.

Absender zahlte 18 Kreuzer rh. (rheinisch), Empfänger zahlte 28 Kreuzer CM. Das waren zusammen 52 Kreuzer rh. nach Umrechnung und damals 12 Mittagessen. Es gab Briefe zwischen beiden Staaten, die über 10 Gulden CM kosteten - da kannst du dir ausrechnen, wie lange ein gewöhnlicher Arbeiter hätte für die arbeiten müssen (bei üblichen 12 Stunden und 6 Tagen in der Woche).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 09.03.2021 20:30:37 Gelesen: 182429# 663 @  
Nächster Versuch, immerhin relative gute Stempelabschläge.


 
bayern klassisch Am: 09.03.2021 21:09:31 Gelesen: 182423# 664 @  
@ siegfried spiegel [#663]

Hallo Siegfried,

sieht doch gut aus.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 09.03.2021 22:50:35 Gelesen: 182418# 665 @  
@ bayern klassisch [#664]

Danke für das Lob, beim Nächsten hätte ich da noch ein paar Fragen.

Was bedeutet die 2 auf der Rückseite?

Wieviel kostete die Einschreibegebühr und wer musste diese, bzw. das Porto bezahlen, Absender oder Empfänger?

Den Insinuationsvermerk kann ich auch nicht entziffern.

Beste Grüße, Siegfried



 
bayern klassisch Am: 09.03.2021 22:59:49 Gelesen: 182415# 666 @  
@ siegfried spiegel [#665]

Hallo Siegfried,

der Brief kostete den Absender 4 Kr. Chargé und den Empfänger 3 Kr. Porto. Prinzipiell war die Chargégebühr (die ja in Bayern eigentlich keine Gebühr war, sondern Teil der Emolumente der Postexpeditoren, will sagen, die bayer. Postverwaltung bekam nichts von dem Geld) immer vom Absender zu zahlen, denn der wollte ja seinen Brief eingeschrieben wissen. Ausnahmen gibt es so wenige, dass ich sie nicht schreibe, um dich nicht zu verwirren. Erst ab dem 1.1.1861 konnte in Bayern und dem DÖPV das Porto und die Chargégebühr zusammen auch dem Empfänger aufgebürdet werden (sog. Portochargébriefe), was aber für den Laien optisch nicht leicht zu entdecken ist.

Die Nr. 2 hinten hat nichts mit Geld zu tun und war eine Numerierung für die Akten.

Vorne steht "Durch Kaufmann Mekert dahier" - das war keine Insinuierung. Vermutlich brachte der den Brief zur Post.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 10.03.2021 15:43:30 Gelesen: 182389# 667 @  
@ bayern klassisch [#666]

Hallo Ralph,

die Seiten sind jetzt fertig und ausgedruckt, habe noch ein wenig verändert und korrigiert.

Eine Frage stellt sich mir noch: Warum steht vorne frei oder frey drauf, wenn doch der Empfänger das Porto zahlen muss?

Beste Grüße, Siegfried

Übrigens ein interessanter Text auf Seite 2 des Briefes von Obersteinbach, Vermerk P.M..

Heißt das Post Mortem und ist eine Art Testament?


 
bayern klassisch Am: 10.03.2021 16:00:15 Gelesen: 182385# 668 @  
@ siegfried spiegel [#667]

Hallo Siegfried,

wenn vorne "frei", "franco" oder Ähnliches steht, hat der Absender das Franko bezahlt, oder es gab nichts zu bezahlen, weil der Absender portofrei gestellt war (z. B. der König).

Prinzipiell kam das, was der Absender bezahlt hatte, auf die Siegelseite und das, was der Empfänger zu zahlen hatte, auf die Frontseite.

Hatte ein Absender seinen Frankaturwunsch durch "frei" auf der Adresseite ausgedrückt, dann aber nicht genügend Geld dabei, dann musste die Aufgabepost den Brief dem Absender "zur Korrektur der Adresse" = Streichen von "frei" zurückgeben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 11.03.2021 13:05:10 Gelesen: 182362# 669 @  
@ bayern klassisch [#668]

Hallo Ralph,

ich tue mich noch etwas schwer mit den Begriffen.

Verstehe ich Folgendes richtig?

Dienst- oder Privatbriefe waren mit Ausnahme von Regierungssachen R.S. portopflichtig.

Wenn vorne franko, frei oder Ähnliches draufsteht hat der Absender das Porto bezahlt, der Betrag wurde dann rückseitig auf dem Brief notiert.

Wenn vorne kein franko etc. draufsteht, dafür aber z.B. 3 Kreuzer, dann musste der Empfänger das Porto bezahlen.

Die Chargé-Gebühr musste in der Regel immer der Absender bezahlen (4 Kreuzer). Wie hoch war die Gebühr für einen Eilbrief "Cito"? Musste vermutlich auch der Absender bezahlen.

Hier mein neuestes Albumblatt mit Briefen von 1830 bis 1833 mit Einzeiler Langenfeld.

Ich vermute, dass man vom Rayonstempel "LANGENFELD.R.3." einfach das .R.3. entfernt hat.

Besten Dank für bisherige und künftige Kommentare zu meinen Briefen.

Gruß aus Mittelfranken, Siegfried



 
bayern klassisch Am: 11.03.2021 13:35:18 Gelesen: 182352# 670 @  
@ siegfried spiegel [#669]

Hallo Siegfried,

alles richtig so - prima.

Zu deiner Frage nach Kosten für den Expressbotendienst: Schwieriges Thema.

Prinzipiell war in der Vormarkenzeit (VMZ) den Absendern von Expressbriefen die Expressgebühr (eigentlich das Expressgeld, weil Gebühren nur die Obrigkeit verfügen konnte und Obrigkeiten hatten mit dem Betrag für expresse Zustellungen nichts zu tun) bei der Abgabepost unbekannt und konnte von daher auch nicht voraus bezahlt werden.

Die allermeisten Briefe, die "Cito", "Pressant" oder vergleichbare Notationen zeigen, wurden tatsächlich nicht von einem eigenen Boten, abseits postalischer Routine, ausgetragen. Aber ganz pauschal kann man es nicht sagen. Es gab auch Briefe (dienstliche wie private Briefe), die per Express zugestellt wurden, was i. d. R. hohe Kosten verursachte, ohne dass dies außen ersichtlich gewesen wäre. Die Höhe der Expresskosten hing vom Vertragsgeschick des Empfängers mit seinem Expressen ab und natürlich von der Entfernung Postabgabestelle bis zum Zielort. Die Minimalkosten dürften am Ort bei ca. 6 Kr. gelegen haben in der VMZ, ins flache Land teils über 2 Gulden pro Brief. Oft wurde die Höhe der erhaltenen Expresskosten auf dem Brief selbst notiert (vom Empfänger) und zwar teils vorn, teils hinten. Dann wanderte diese Briefhülle als Quittungsbeleg in die Rechnungsführung und blieb so bis heute erhalten. Die Masse dieser Briefe wurde damals aber vernichtet.

In der Markenzeit ändere sich auch hier vieles, manchmal alle 1 oder 2 Jahre, daher kann an dieser Stelle das nicht ausreichend dargestellt werden, weil ich sonst hier 10 Seiten A4 schreiben müsste, ohne die Spezialfälle auch nur annähernd erklärt zu haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 11.03.2021 13:47:13 Gelesen: 182348# 671 @  
@ bayern klassisch [#670]

Könnte die auf meinem 2. Brief notierte "86" oben rechts 86 Kreuzer für Chargégebühr und Expressgebühr sein?
 
bayern klassisch Am: 11.03.2021 18:15:19 Gelesen: 182322# 672 @  
@ siegfried spiegel [#671]

Hallo Siegfried,

nein, niemals. Kreuzer durften nur bis 59 geschrieben werden - ab dann war es ein Gulden. Wurde es teurer, war f 2 30 xr zu notieren (also 2 Florin = Gulden, 30 Kreuzer).

Die 86 war die Reconummer im Manual der Aufgabepost, unter der dieser Brief erfasst worden war (dieselbe Nr. stand auch auf dem Postschein).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Erdinger Am: 11.03.2021 19:26:49 Gelesen: 182313# 673 @  
@ siegfried spiegel [#665]

Hallo Siegfried,

sehe den Beleg erst jetzt. Die Zeile auf der Vorderseite ist tatsächlich ein Insinuationsvermerk, Kaufmann We[c]kert hat innen sogar den Empfang bescheinigt. Er fungierte als sogenannter Insinuationsmandatar vor Ort für den Advokaten von Hornthal. Aus dieser Korrespondenz gibt es einige Briefe, die so gelaufen sind, ich habe auch welche in meiner Sammlung.



Am Dienstag, dem 2.11.1841, erließ das Landgericht Markt Bibart ein Schreiben an den Advokaten von Hornthal in Bamberg. Dieser hatte, entsprechend den Vorgaben der bayerischen Gerichtsordnung, einen Mandatar am Gerichtsort aufgestellt: den "Handelsmann Wekert dahier", dem ein Gerichtsdiener das Dekret überbrachte und insinuierte (siehe den Vermerk unten links). Weckert gab am folgenden Montag, dem 8.11., den Brief im nahen Langenfeld auf die Post, unfrei (der Expeditor notierte 4 Kreuzer für die erste Gewichts- und die zweite Entfernungsstufe), aber unter Chargé, wofür weitere 4 Kreuzer fällig wurden, die der Mandatar auslegte und seinem Auftraggeber sicher zusammen mit seinem üblichen Honorar (mindestens 12 Kreuzer pro Insinuation) auf die Rechnung setzte. Nach dem Präsentationsvermerk im Inhalt kam der Brief am Mittwoch, dem 10.11., in Bamberg an. Man sieht also, dass dieser Weg weder kostengünstig noch sehr schnell war (Letzteres war wichtig, weil Verfahrensfristen liefen).



Dieser Brief wurde am 8. Mai 1842 vom Gerichtsboten des Landgerichts Markt Bibart dem Kaufmann Wekert insinuiert. Dieser fungierte als Insinuationsmandatar für die freiherrlich Seckendorfsche Gutsherrschaft zu Obernzenn. Der Unterschied zwischen dem vorigen Brief vom November 1841 und diesem vom Mai 1842 besteht im zusätzlich vorderseitig angebrachten Insinuationsvermerk mit ausgeschriebenem Datum.

Diese Praxis geht auf eine Vorschrift des Staatsministeriums der Justiz vom 24. Dezember 1841 zurück.[1] Sehr wahrscheinlich müssten die frühesten Nachweise aus dem Januar 1842 stammen, es lohnt sich also, die Augen offen zu halten.

Viele Grüße aus Erding!

[1] https://books.google.de/books?id=PRFBAAAAcAAJ&pg=PA263
 
Erdinger Am: 11.03.2021 19:30:52 Gelesen: 182312# 674 @  
@ siegfried spiegel [#667]

P.M. bedeutet Pro Memoria, also eine Erinnerung an einen bestimmten Sachverhalt. Hier geht es um einen Schafhirten und die Anzahl der Schafe, die er auf eine Weide treiben darf.

Viele Grüße aus Erding!
 
siegfried spiegel Am: 12.03.2021 07:52:43 Gelesen: 182297# 675 @  
@ Erdinger [#673]

Hallo Erdinger,

danke für die interessanten Kommentare.

Ich habe noch einige Briefe an den Dr. von Hornthal, alle von Langenfeld verschickt.

Hier zunächst noch einer vom 11.April 1842.

Beste Grüße, Siegfried


 
siegfried spiegel Am: 12.03.2021 08:09:14 Gelesen: 182293# 676 @  
@ Erdinger [#673]

Hier noch einer, kannst du die Ortsbezeichnung neben dem Datum "entschlüsseln" ?




 
siegfried spiegel Am: 12.03.2021 08:19:35 Gelesen: 182292# 677 @  
Noch einer, da dürfte einiges vom Inhalt fehlen.


 
Erdinger Am: 12.03.2021 11:03:02 Gelesen: 182276# 678 @  
@ siegfried spiegel [#676]

Hallo Siegfried,

entweder es ist ein abgekürzter Ortsname oder etwas anderes. Der Vorgang, um den es geht, bezieht sich auf Geiselwind.

Viele Grüße aus Erding!
 
siegfried spiegel Am: 12.03.2021 12:26:22 Gelesen: 182266# 679 @  
@ Erdinger [#678]

Schwer zu entziffern, eventuell eine Abkürzung Glw für Geiselwind.

Meine nächster Beleg, an dem ich mich gerade abarbeite gibt mir noch einige Rätsel auf.

Der Brief wurde anscheinend mehrfach verwendet, zuerst von Nürnberg nach Markt Bibart und von dort wiederum nach Nürnberg zurück.

Kommt so etwas häufiger vor?

Gruß, Siegfried




 
bayern klassisch Am: 12.03.2021 12:47:34 Gelesen: 182260# 680 @  
@ siegfried spiegel [#679]

Hallo Siegfried,

das war eine A. S. = Armen - Sache, die hin- und herlief. Das kam bei Dienstbriefen öfters mal vor, weil man nicht mehr den ganzen Sermon von vorne schreiben musste und die Gegenseite sofort wußte, woran man war.

Ein hübsches Stück - da ich eine Spezialsammlung über Armen - Sachen habe, hätte ich den auch genommen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Erdinger Am: 12.03.2021 12:53:41 Gelesen: 182260# 681 @  
@ siegfried spiegel [#679]

Hallo Siegfried,

auch dieser Beleg steht im Zusammenhang mit einer Insinuation, in der Verfahrensform der sogenannten Requisition zwischen zwei Landgerichten. Das Landgericht Nürnberg bittet das Landgericht Markt Bibart, eine Verfügung an den in diesem Gerichtssprengel (in Iphofen) wohnenden Taglöhner Valentin Boveri zuzustellen und dies durch einen Auszug aus dem Botenbuch des Gerichtsboten zu dokumentieren. In Markt Bibart hat man das Anschreiben gleich als Zustellungsnachweis verwendet und nach Nürnberg zurückgeschickt. Dort wurde das Blatt dann als Insinuationsnachweis zu den Akten genommen, offenbar mit leichtem Zähneknirschen.

Es handelte sich um eine Armensache (A.S.), möglicherweise wollte man in Markt Bibart deshalb den bürokratischen Aufwand begrenzen, weil die dem Gerichtsboten zustehende Gebühr und die Schreibgebühren für den Vorgang (Botenbuchauszug) nicht in Nürnberg geltend gemacht werden konnte (aber das ist jetzt nur eine Vermutung).

Viele Grüße aus Erding!
 
siegfried spiegel Am: 12.03.2021 13:35:06 Gelesen: 182256# 682 @  
@ bayern klassisch [#680]

Hallo Ralph,
Hallo Erdinger,

das sind super Kommentare, da kann ich jetzt ein Blatt mit Armensachen basteln.

Habe nämlich noch etwas, allerdings nur eine Briefhülle.

Gruß, Siegfried


 
bayern klassisch Am: 12.03.2021 14:00:10 Gelesen: 182245# 683 @  
@ siegfried spiegel [#682]

Hallo Siegfried,

sehr schön - das gibt eine prima Seite!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Erdinger Am: 12.03.2021 15:57:04 Gelesen: 182228# 684 @  
@ siegfried spiegel [#682]

Hallo Siegfried,

dass es nur eine Briefhülle ist, macht gar nichts, weil (fast) alles, was wir wissen wollen, auf der Vorderseite steht.

Vor allem die vorschriftsmäßige Bestätigung der Armensache einer nachgeordneten nichtstaatlichen Behörde (Herrschaftsgericht) durch das Landgericht Markt Bibart, die der Nürnberger Brief nicht [#679] nachweisen musste.

Mehr zum Verfahren bei Armensachen gibt es in einem zeitgenössischen Nachschlagewerk, das viele ungedruckte Vorschriften aus der Zeit vor den Postverordnungsblättern ab 1842 enthält.[1]

Viele Grüße aus Erding!

[1] http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV004968782/ft/bsb10710292?page=301
 
siegfried spiegel Am: 27.03.2021 14:03:12 Gelesen: 179997# 685 @  
Hallo,

mein neuestes Albumblatt für Heimatsammlung Langenfeld.

Liege ich mit der Portobestimmung richtig?

Gruß, Siegfried


 
bayern klassisch Am: 27.03.2021 14:30:22 Gelesen: 179988# 686 @  
@ siegfried spiegel [#685]

Hallo Siegfried,

schöne Seite! Ich würde aber immer bei vorausbezahlten Briefen von "Franko" sprechen, als "Porto" zu benutzen, auch wenn es später sogar in den Primärquellen eine Vermischung der beiden eigentlich gegensätzlichen Begriffe gab.

Der 1. Brief zeigt sicher das richtige Datum - oft wurden bei Dienstbriefen im Inhalt Probleme festgestellt, das heißt, die Briefe waren längst geschrieben und datiert, aber sie mussten vor ihrer Absendung vlt. noch einem Vorgesetzten vorgelegt werden, oder es war strittig, ob man frankieren musste, oder unfrei absenden sollte, dann kam es auch mal vor, dass ein Dienstbrief ein paar Tage lang bei der Absenderbehörde liegen blieb (hier: 6 Tage). An einen Mangel einer zweiten "1" im Stempel glaube ich nicht - dann hätte man, auch das gibt/gab es, hinter der ersten "1" eine weitere handschriftlich hinzu gefügt.

Falls du mal Fragen hast, was es mit Chargé hinsichtlich der Kosten, Aufteilung und der Höhe des Versicherungsschutzes zu tun hatte, darfst du sie anhand deiner Briefe gerne hier stellen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 27.03.2021 15:38:01 Gelesen: 179977# 687 @  
@ bayern klassisch [#686]

Hallo Ralph,

jetzt sollte die Seite korrekt beschrieben sein. Habe noch die Rückseiten beigefügt.

Besten Dank, Siegfried






 
bayern klassisch Am: 27.03.2021 15:44:37 Gelesen: 179975# 688 @  
@ siegfried spiegel [#687]

Hallo Siegfried,

das passt jetzt.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 07.04.2021 12:43:22 Gelesen: 178088# 689 @  
Liebe Freunde,



weil meine Mini - Sammlung "Armensachen" eine eher weit gefasste Sammlung sein soll, habe ich mir den da gegönnt: Von der Armenpflege Neuhausen bei Neu-Ulm "An das Gräflich Waldbott - Bassenheimsche Rentamt in Buxheim bei Memmingen" vom 4.6.1856. Eine Portofreiheit lag hier nicht vor, so dass der Absender 6x für Briefe über 1 - 4 Loth unter 12 Meilen zu frankieren hatte. Am selben Tag kam der Brief in Memmingen an und wurde vom gräflichen Boten dem Rentamt (heute: Finanzamt) überbracht.

Nicht dass jemand meint, das wäre etwas "Besonderes" und sehr viel wert, oder äußerst selten - nur hat mir das Briefchen sehr gefallen und zu Ulm / Neu-Ulm habe ich ja schon seit langem ein inniges Verhältnis.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 08.04.2021 12:30:57 Gelesen: 177881# 690 @  
@ bayern klassisch [#689]

Hallo Ralph,

schönes Brieflein und ich denke es reicht, dass es für Dich etwas Besonderes ist da er in Deine Sammlung passt und ich gehe davon aus, jeder hier im Forum hat für sich Besonderheiten die nicht teuer sein müssen aber zu der man einen Bezug findet und alle auf Ihre Weise schön sind.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 08.04.2021 13:48:30 Gelesen: 177866# 691 @  
@ Gernesammler [#690]

Hallo Rainer,

so sehe ich das auch und da hast du ganz Recht.



Liebe Freunde,

heute zeige ich ein Kuvert aus Augsburg vom dortigen Bahnhof vom 16.11.1871, bei dem ich gerne wüsste, warum ich es gekauft habe - und nein, es hat nichts mit den schönen Stempeln vorne und hinten zu tun, die Marke ist auch im besten Sinne des Wortes unauffällig und eine Emma Asch aus Krefeld wird auch nicht in die Annalen des Internets eingehen. Es ist also etwas Nachdenken gefragt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.04.2021 09:48:57 Gelesen: 176997# 692 @  
Liebe Freunde,

der Unterschied zwischen Brief- und Fahrpost ist jedem Postgeschichtler des 19. Jahrhunderts geläufig - es waren 2 völlig verschiedene Postdienste, wie Benzin und Diesel.



Hier einer vom 24.3.1847 vom Landgericht Euerdorf mit Postaufgabe in Bad Kissingen an das Landgericht in Werneck. Als R.S. war er dabei portofrei, aber er zeigte einen Absendervermerk, der ihn als Wertbrief eindeutig der Fahrpost zuordnete, nämlich unten "mit 7xr", also mit 7 Kreuzern (beschwert). Dies haben aber Absenderbehörde, Aufgabe- und Abgabepost übersehen - vlt. waren auch die jeweiligen Brillen gerade nicht greifbar.

Nach Ankunft in Werneck, das Datum kennen wir nicht, wurde der Brief umadressiert, jetzt von Werneck nach Euerdorf und am 31.3.1847 zur Post gegeben, wobei der 7x - Vermerk stehen blieb, womit auch die Rücksendung des Briefes der Fahrpost hätte obliegen sollen. Doch auch dafür gibt es kein Zeichen (Manualnummer, Wiegeergebnis usw.). Am Folgetag kam er in Bad Kissingen an und wurde wohl mit dem Amtsboten nach Euerdorf retourniert. 2 mal hin und her, 2 mal nichts gelesen - Glück, dass das gute Stück mit seinen (leider nur damals) 7 Kreuzern nicht verschütt gegangen ist.

Die Contraventionssammlung der Vormarkenzeit (VMZ) freut sich über einen adretten Neuzugung.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.04.2021 09:56:12 Gelesen: 176994# 693 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus München vom 13.9.1854 viel mir weniger wegen seiner kalligraphischen Schönheit, der wundervollen Marke, oder seiner erstklassigen Stempel ins Gesicht, sondern zog allein aus seiner Adresse mein Augenmerk auf sich: "Ihrer Wohlgeboren Frau Kreisräthin Schaefer mit Briefen der Herren Stieber & Sohn in Nürnberg".



Üblicherweise, wenn man so überschwenglich schreiben darf, sehen wir diese Briefe ab ca.1820 bis 1870 bei geschäftlichen Adressen, worauf ja auch der Zusatz "der Herren Stieber & Sohn" hier hindeutet. Aber eine Frau Kreisräthin war halt "nur" die Frau eines Kreisraths und der war ein Beamter, hatte also mit dem Firmengeschehen eher wenig, bis nichts zu tun.

Leider hat sich der Inhalt, oder besser gesagt haben sich die Inhalte, nicht in die heutige Zeit herüberretten können, was sehr schade ist, aber zum Preis dreier Pizzen sollte man dergleichen Briefe nicht liegen lassen, nicht mal dann, wenn der Inhalt gesättigt hätte, wo die Adresse nur Hunger macht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 15.04.2021 20:09:05 Gelesen: 176786# 694 @  
Liebe Freunde,
hallo Ralph,

aufgrund der mich verwirrenden Taxen konnte ich an dem nicht vorbei:



Der Stempel (Feuser 1004-3, 1795, V. FREYSING) lässt auf etwa das Jahr 1800 schliessen.

Auf der Vorderseite meine ich folgende Taxen zu erkennen: 3 gestrichen, 4 1/2 zweimal, 7 rechts, 20 gestrichen rechts oben. Links oben ein Vermerk Mo??.

Rückseitig ein für mich unleserlicher Vermerk (Kra??ser Garten und A??er ??y?en), Rötelvermerk 16, Vermerk "12 alb", eine durchgestrichene Zahl und ein gestrichener Vermerk "2 x" (2 Kreuzer - Botenlohn?), weiterer unleserlicher gestrichener Rötelvermerk.

Die Anschrift:
Dem Dorfedlen und Viel
geehrten Hern Philipp ?Reil?,
Gräflich-Lehrbachschen Güter
Verwalter
Lehrbach (oder Lahrbach?)
in Sachsen

Leitvermerk:
???
Frankfurt
?Hammburg?

Wie sind die Taxen zu interpretieren? Und wohin ging der Brief eigentlich? Lehrbach (und auch Lahrbach) finde ich in der Nähe von Frankfurt, da macht Sachsen wenig Sinn - oder lese ich das auch falsch?

Vielen Dank, harald
 
bayern klassisch Am: 17.04.2021 12:04:34 Gelesen: 176412# 695 @  
Liebe Freunde,

ein Dienstbrief des Landgerichts Nürnberg vom 30.8.1821 an das "Königlich baierische, Gräflich- v. Pücklersche Patrimonialgericht zu Burgfarrnbach" wurde als K.D.S. = Königliche - Dienst - Sache unter 2 Expeditionsnummern (!!) kostenfrei befördert.



Die Absenderbehörde notierte, doppelt unterstrichen, "Citissime", also schnellstens, was auf eine expresse Zustellung schließen läßt und schon mal nicht so häufig ist (auch wenn am Ort Burgfarrnbach seit 1808 eine k. b. Postexpedition saß, so dass diese verpflichtet war, den Brief per Expressen kostenlos zuzustellen, wenn die Zustellung im Ort war - lag die Wohnung des Empfängers außerhalb, waren die gewöhnlichen Botengebühren zu entrichten (immer vom Empfänger), aber das wissen wir hier nicht.

Der Inhalt ist interessant, daher habe ich ihn gekauft: "Anliegende beide Signaturen übersendet man zu unverweilten (= sofortigen, daher auch Express) Insinuation an die Adressaten. Unterschrift Krumm".

Interessant ist die Tatsache, dass der Brief selbst am 28.8. verfasst wurde, aber erst 2 Tage später per Express abging. Vlt. auch gerade deshalb?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.04.2021 12:08:08 Gelesen: 176410# 696 @  
@ bignell [#694]

Hallo Harald,

eben erst gesehen - sorry, ging wohl irgendwie unter.

Ich kann leider auch wenig lesen bzw. interpretieren bei dem Stück. Ich tippe auf eine Verwendung im 18. Jahrhundert und kenne mich, da Bayern noch unter Taxis litt, nicht mit den Tarifen und Postverträgen damals aus. Ehe ich dann etwas Falsches schreibe bzw. mir etwas zurecht reime, überlasse ich lieber einem Kenner das Terrain. Ich hoffe nur, es findet sich einer.

Liebe Grüsse und schönes WE,
Ralph
 
Erdinger Am: 17.04.2021 14:44:14 Gelesen: 176375# 697 @  
@ bignell [#694]

Hallo Harald,

ich lese diese Anschrift so:

Dem Hochedlen und Viel
geehrten Herr J[ohann] Philipp Keil,
Gräflich-Lehrbachischen Güter
Verwalter
Lehrbach
in Hessen

bezahlt bis
Frankfurt
P[ost] Amöneburg

Schwierig wird’s mit den Taxen. Mir liegt der Tarif von 1784 vor (Vertrag Thurn und Taxis mit dem Kurfürstentum Bayern). Darin werden allerdings nur Angaben für München, Landshut, Ingolstadt, Straubing, Amberg und Burghausen gemacht. Hier können wir beispielhaft München ansetzen.



Demnach wäre der Brief als doppeltes Gewicht mit 16 Kreuzern bis Frankfurt frankiert gewesen (sogenanntes Absatzfranko). Von Frankfurt bis Amöneburg und weiter nach Lehrbach bin ich aufs Raten angewiesen: Es könnten dann 3 bzw. 4 1/2 Batzen angefallen sein. Ich habe noch eine Portotabelle für Frankfurt von 1782:



Auf dieser Grundlage komme ich allerdings mit den vorderseitig notierten Porti ins Schleudern. Das Problem liegt darin, dass ab etwa 1790 unter dem Einfluss der Revolutionskriege mit Frankreich das Tarifsystem durch Verteuerungen ins Wanken gekommen sein könnte, teilweise aber nur regional.

Die restlichen Notationen kann ich nicht deuten.

Die Verbindung Freisings zu Lehrbach liegt vermutlich in der Person des Domherrn Damian Hugo Philipp von Lehrbach [1] begründet.

Viele Grüße
Dietmar

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Damian_Hugo_Philipp_von_Lehrbach
 
bignell Am: 17.04.2021 17:37:27 Gelesen: 176350# 698 @  
@ bayern klassisch [#696]

Hallo Ralph,

kein Thema, niemand kann alles kennen.

@ Erdinger [#697]

Hallo Dietmar,

vielen Dank, Deine Transkription ist super.

Bzgl der Taxen sieht es so aus als wären die Postbeamten ebenso unsicher gewesen, 4 1/2 durch 3 ersetzt, 3 gestrichen und durch 4 1/2 ersetzt. Das rechts oben könnte vielleicht sogar 20 1/2 bedeuten - entweder als Summe oder vielleicht hat man auch zuerst die rückseitig notierten 16 übersehen.

Liebe Grüße, harald
 
bayern klassisch Am: 19.04.2021 11:16:32 Gelesen: 175948# 699 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Bettelbrief eines Württembergers aus Oberndorf am Neckar, ein gewisser Büchsenmacher Ignaz Ade, der in München am 18.9.1851 dem Stadtschultheißen einen Portobrief (!) für 12 Kreuzer zusandte, indem er seine Krankheit und missliche, finanzielle Situation schilderte und um Unterstützung bat.



Ausweislich des Inhalts, eine der übelsten Sauklauen, die ich je gesehen habe, sandte man in Oberndorf dem Petenten 8 Gulden in 4 2Guldenscheinen zu, wobei dieser Brief dem späteren Wertbrief beigeschlossen war, denn unser Petent quittierte in ihm den Erhalt des Geldes. Hat man auch nicht alle Tage.

Postgeschichte: Württemberg wurde erst am 1.9.1851 Mitglied des DÖPV, so dass wir hier einen sehr frühen Brief vorliegen haben, der über 20 Meilen 9x Porto und 3x Zuschlag (gab es vorher noch nicht) = 12x kostete. Die Aufgabe erfolgte bei der bayer. Bahnpost am 19.9. durch Einwurf in den Briefschlitz des Bahnpostwagens. Der Halbkreisstempel, noch ganz frisch aussehend, zeigt im Sehnenkasten auch "MÜNCHEN" an.

Württemberg unterstrich in typischer Tinte die bayer. Forderung, damit man sie nicht übersah (und strich NICHT das Wort "Neckar", wie man fälschlicherweise auch meinen könnte).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.05.2021 11:58:58 Gelesen: 172230# 700 @  
Liebe Freunde,

ein Brief von Martin Reichel aus Würzburg vom 11.6.1868 war an Firma Apian - Bennewitz in Leipzig adressiert, wofür die verklebten 3 Kreuzer ausreichten (bis 1 Loth). Aber er trug auch den Vermerk "Anhängend Muster". 1868 gab es die altbekannte Portomoderation des DÖPV schon lange nicht mehr, als je 2 Loth einfach kosteten, daher war der Vermerk für die Berechnung des Frankos nicht von Belang. Sehr wohl von Belang wäre aber gewesen, wenn der Brief ohne Muster in Leipzig eingetrudelt wäre, von daher machte er natürlich Sinn.



Nett ist in diesem Zusammenhang die Entwertung der Marke mit dem dafür nicht vorgesehenen Bahnposthalbkreisstempel der Linie 15 ohne Ortsangabe(n) im Sehnenkasten. Hierbei oblag nun der postalischen Besatzung eines Bahnpostwagens die Überprüfung, ob der Brief mit seinem Muster auch wirklich nur 1 Loth wog und ob das Muster tatsächlich auch eines ohne jeden kommerziellen Handelswert war.

Ich kann mir gut vorstellen, dass im Sommer 1866 in einem Abteil sitzend, in dem Helligkeit eher ein Fremdwort war, Wiegekünste nur im Stillstand Erfolg versprachen und Warenwertprüfungen nicht zu den Lieblingsübungen der Bahnpostler gehörten, die Annahme eines solchen Briefes nicht lustig, aber Pflicht war. Jedenfalls sind mir nicht viele Muster-ohne-Wert-Briefe mit Bahnpoststempeln bekannt, noch dazu, weil bei diesem die Entwertung mit dem offenen B.P. - Stempel hätte vorgenommen werden müssen - aber das wäre wohl zu viel des Guten gewesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.05.2021 16:57:34 Gelesen: 171816# 701 @  
Liebe Freunde,

ein portofreier Dienstbrief des k. b. Landgerichts Neu-Ulm vom 17.6.184? war zuerst gerichtet an das k. w. Oberamtsgericht zu Neresheim unter der Justiz-Nr. 2658. Der Inhalt mangelt und siegelseitig wurde er auch damals nur einmal geöffnet.



Eine andere Hand, wohl in Neresheim, änderte die Adresse in "Gerichtsnotariat Kirchheim" ab. Da man bekanntlich die Adresse nur dann mit Tinte abändern kann, wenn einem ein Brief ausgehändigt worden ist, den Postweg also verlassen hatte, hätte ich gedacht, dass er Zeichen dieses Vorgangs aufweisen müsste und zwar seitens eines Empfängers und seitens der neuen Aufgabepost - aber dem ist nicht so.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.05.2021 17:08:20 Gelesen: 171811# 702 @  
Liebe Freunde,

eine eierlegende Wollmilchsau kündigte sich an und hier ist sie, auch wenn sie total harmlos daher zu kommen scheint ...



Vom k. Landgerichte Wassertrüdingen schrieb man eine A.S. = Armen - Sache An den k. Advocaten Herrn Frobenius in Ansbach - und zwar am 12.6.1864.

Max II Joseph, der bayer. König, war am 10.3.1864 verstorben und eigentlich waren in Bayern alle amtliche Schreiben für die Dauer von 3 Monaten mit Trauerrand zu benutzen bzw. schwarz als Zeichen der Staatstrauer (die damals nicht angeordnet werden musste, weil die Leute ihren König liebten) zu siegeln.

Hier trauerte man noch ein wenig länger - wer könnte es den Wassertrüdingern verdenken?

Siegelseitig lese ich auch einen Insinuationsvermerk: "Ins. am zwölften Juny 1864 der K. Post auf der Eisenbahn, Unterschrift". Das hatte ich noch nie zuvor gelesen, dass man einen Dienstbrief bei der Eisenbahn insinuiren konnte/durfte/musste.

Hiermit passt der Brief in folgende Sammlungen bei mir: Bahnpost, Insinuationsvermerke, Besonderheiten bei Dienstbriefen (Trauerrand) und Armensachen. Jetzt darf ich es mir aussuchen, oder 3 gute Kopien anfertigen ...

In Ansbach kam er am selben Tag an und wurde ausgetragen. Verfasst wurde der Brief lt. Inhalt aber schon am 8.6.1864, was die Benutzung des Trauerrandbogens Papier wieder erklärlich macht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.05.2021 12:54:33 Gelesen: 171671# 703 @  
Liebe Freunde,



9 Stoffmuster lagen in einem Brief der Augsburger Firma Caspar Kek & Sohn, der am 21.2.1842 an Firma Louis Marx nach Lambrecht bei Neustadt in der Pfalz unfrankiert aufgegeben worden war, wofür der Empfänger dann 16 Kreuzer Postporto und 3 Kreuzer für den Kantonsboten in der Pfalz = 19 Kreuzer total zahlen durfte. Doch wie errechneten sich diese 16 Kreuzer? 298 km entsprachen ca. 31 Meilen, somit fiel der Brief in die Rubrik über 30 bis 36 Meilen und kostete 14x einfach plus für die kostenpflichtige Leitung über Württemberg und Baden i. H. v. 2x total 16x Postporto. Bei der Leitung eines Briefes aus Unterfranken über Frankfurt am Main in die Pfalz wären diese Transitkosten entfallen.

Musterbriefe in die Pfalz sind nicht häufig, weil es kaum verarbeitendes Gewerbe in der eher landwirtschaftlich geprägten Pfalz gab, daher bin ich sehr froh über diesen patinösen Brief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.05.2021 13:02:17 Gelesen: 171669# 704 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus Wunsiedel nach Creußen vom 3.12.1834 zeigt durch eine äußere und innere Versiegelung, dass tatsächlich ein Zuckermuster (Zucker war sehr teuer damals!) dem einfachen Brief angehängt worden war, wofür der Empfänger 5x zahlen durfte, damit er wußte, in welcher Qualität zu liefern war.



Bei einer Entfernung von 35 km = 4,7 Meilen (bis 6 Meilen) kostete ein einfacher Brief ohne alles 3 x (Kreuzer), ein solcher jedoch nur die Hälfte, also 1 1/2 Kreuzer. Er progressierte um 1/2x bis 1 Loth und danach je weiteres halbes Loth um je 1x, so dass er mit dem Muster zusammen über 2 bis 2 1/2 Loth gewogen haben musste.

5 Kreuzer Porti sind sehr selten - so schön mit blauem, frischen Fingerhutstempel wird man nicht mehr viele finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.05.2021 11:50:24 Gelesen: 171317# 705 @  
Liebe Freunde,

heute kann ich einen weiteren Brief aus Neustadt an der Haardt nach Lambrecht vom 7.10.1841 zeigen, der von der Post mit 2x taxiert wurde und der dann dem Kantonsboten für weitere 2x zum Bestellung übergeben wurde, so dass der Empfänger total 4x zu zahlen hatte.



Schön zu sehen, dass sowohl der Absender, Firma Dacqué, als auch die Postexpedition in Neustadt (Pfalz) sich beim selben Anbieter von Stempelkissen bedient hatten. Häufig sind solche Briefe nicht und wer einen erhaschen kann, sollte nicht zögern, auch wenn es mal ein Zehnerle teurer wird, als gedacht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.06.2021 13:47:12 Gelesen: 168127# 706 @  
Liebe Freunde,



ein kleiner Postbetrug in Ehren kann man keiner Gögginger Firma verwehren - meinte wohl am 30.11.1874 die Zwirnerei & Nähfadenfabrik in Göggingen bei Augsburg, als sie ein großes Kuvert an Carl Bauer, einer Firma in Mannheim, zukommen ließ und mit 3 x (x = Kreuzer) für die 1. Gewichtsstufe korrekt frankierte.

Am Folgetag notierte der Empfänger hinten: Erhalten 1 Dezember 1874 Empfangsanzeigen für I. Bender Adolph Preis, so dass dem eigentlichen Kuvert 2 Schreiben für Mannheimer Kunden beilagen.

Aus dieser Korrespondenz kenne ich nur diese krummen Hunde und nicht einen einzigen Briefe ohne "Einlage", wie man das früher nannte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.06.2021 11:49:13 Gelesen: 166143# 707 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Hof in Bayern, der am 27.4.1848 von der Firma Wilhelm Poh... an die Firma Heinrich Schmidt in Oelsnitz im Vogtlande gerichtet war und den Absender 6 Kreuzer kostete. Ich kaufte ihn, weil er die große Besonderheit "mit Briefen d(er)Herren Balz & Comp(agnie)" zeigt und Briefe mit Briefen sind ausnahmslos sehr selten.



Transkribiert man den Inhalt, klingt es für mich aber eher nach einer Kurzbeschreibung militärischer bzw. bürgerrechtlicher Umstände, daher will ich diese euch nicht vorenthalten (und ALLES aus dieser Zeit 1848-49 ist brieflich äußerst selten, weil das Land darnieder lag und man nicht wußte, wie es weitergehen könnte, bzw. ob es so weitergehen konnte):

"Werther Herr Schmidt !

Im Auftrage des Herrn Lienhardt soll ich bei Ihnen anfragen, wo Sie die Rechnung vom Herrn Küntzel in Schwarzenbach zugelegt haben, denn dieser war jetzt schon 2 mal da, und wollte sein Geld haben, konnte es aber noch nicht bekommen, da wir die Rechnung nirgends finden konnten. Sie werden wahrscheinlich in jetzger Zeit auch nicht viel zu thun haben, weswegen Sie recht bald einen Abstecher nach hier machen wollen.

Wir haben jetzt gar nicht viel zu thun, und Herr Prinzing würde Ihre Briefe längst beantwortet haben, wenn nicht das Frei Corps, bei dem Herr Prinzing als Junker ist, mit dem Exerciren fechten schießen etc so viel zu thun hätte.

Die Fahne des Frei Corps hat Gulden 100 - gekostet und ist mit Seide gestickt.

Indem ich Ihren Antwort recht bald entgegensehe, grpße ich Sie freundschaftlichst Wilhelm Pon....

Richter läßt Sie schön wohl grüßen"

Den Inhalt kannte ich beim Kauf nicht - umso mehr war ich erfreut, ihn kennen zu lernen, zumal auch die Probleme mit Inlagen von Briefen (hier: Rechnungen) erörtert wurden, was man zuvor nur ahnen konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.06.2021 10:50:37 Gelesen: 166118# 708 @  
Liebe Freunde,



eine optische Beule zeige ich heute und zwar ein Brief der Nr. 15 von Nürnberg der Firma Oscar Menningen nach Lüdenscheid vom 8.6.1868. Die Besonderheit wird sofort klar, wenn wir uns den rechten Zweikreisstempel betrachten, bei dem die Stundenangabe "2-3" weggelassen wurde. Nachdem das Versehen bemerkt wurde, stellte der Briefestempler in Nürnberg diese wieder ein und sorgte für einen 2., jetzt vollständigen Abdruck.

Zum Zustand von Marke und Brief (hinten blank!) sage ich besser nichts, denn mir ging es allein um den Stempel.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.06.2021 11:05:11 Gelesen: 166115# 709 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Lokal - Dienstbrief, portofrei als Regierungs-Sache, vom 11.1.1873, vom Bezirksamt Gerolzhofen an die Gemeindeverwaltung Rügshofen (2 km Entfernung nur).



Im Inhalt geht es um die Übermachung von 225 Gulden aus dem Armenfonds, kein kleiner Betrag also und die Erlaubnis der Gewährung als portofreien Dienstbrief. Dadurch passt er in meine Spezialsammlung "Armensachen", auch wenn äußerlich darauf wenig hindeutet.

Man sieht - innen (und hinten auch) ist es immer wichtig zu schauen, worum es sich handelt, wenn es um thematische Sammlungen geht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.06.2021 12:13:28 Gelesen: 166089# 710 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief aus Blieskastel vom 14.3.1841, der nach Lambrecht gerichtet war, welches fußläufig ca. 80 km entfernt lag, also nicht gerade vor der eigenen Haustür. Absender war die Firma Neuberger in Blieskastel, Empfänger Marx Louis. Zum Inhalt:

Den Herren J. Marx Louis

Ich bin noch nciht im Besitz des bestellten Tuchs da ich solches sehr nöthig habe so bitte ich nun durch Bringer dieses des Fuhrmann Braun zu senden 3 Sätze blaues Tuch vom Preis zu 1 Gulden 28 Kreuzer bis 2 Gulden 1 Kreuzer je Elle; sollten Sie diese Sorte nicht vorräthig haben so bitte ich Sie den Herrn Jacob Georg oder Jacob Wagner von 2brücken diesen Auftrag zu ertheilen. Bestens grüßt Sie - Neuberger. P.S. Diese 3 bestellten Tuche müßen in 3 Qualitäten sein.

Hier hat man offensichtlich einen Brief durch einen Dritten in Lambrecht besorgen lassen, ein klarer Verstoß gegen das Postregal - sonst hätte die Post hier 3 Kreuzer Porto an ihm verdient.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.06.2021 12:14:27 Gelesen: 166087# 711 @  
Liebe Freunde,



ein Brief von Neustadt an der Haardt (heute: Weinstraße) vom 1.11.1843 (6 Jahre später wäre mir lieber gewesen ...) an Herrn Bürgermeister Marx in St. Lambrecht für mit 3x frankiert aufgegeben, was auf ein Gewicht über 1/2 Loth bis 1 Loth schließen lässt und schwere Orts- bzw. Lokalbriefe aus der Pfalz über 1/2 Münchener Loth hatte ich zuvor nie gesehen. Dazu 1x für den konzessionierten Boten ergaben 4 Kreuzer total, also eigentlich ein Teilfrankobrief, denn die Post in Neustadt machte nichts mit dem Brief und wartete, bis der Bote vorbei kam, um ihn dann diesem mitzugeben. Auf den Aufgabestempel verzichtete man bei dem lukrativen Geschäft auch noch - fauler und effizienter geht es wohl kaum.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.06.2021 12:15:11 Gelesen: 166086# 712 @  
Liebe Freunde,

dass es auch anders ging, zeigt ein Brief von Jacob Laib (innen untereschrieb er mit Leib) an Peter Gumpf in Lamprecht mit dem Vermerk "franco" aus Neustadt vom 15.3.1841, der vom Absender zwar versiegelt worden war, aber die lokale Post und das amtliche und private Botenwesen völlig umging.



Ich zitiere den Inhalt: Herr Gumpf seyen Sie so guth und besorgen Sie mir 2 Ehle (deutsch: 2 Ellen) Königsblau Tuch wenn Sie ein rest bekommen können darf es etwaß mehr oder weniger seeyn, doch schönes gutes Tuch. Wer es bringt, dem gebe ich gleich das Geld mit was es kost Sie müßen es gleich dekatiren denn ich brauche es sehr nötig. Ich griese Sie höflichst Jacob Leib (die Ehle darf 2 Gulden 24x bis 36x kosten).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.06.2021 13:38:09 Gelesen: 166063# 713 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief des Bank- und Handelshauses Dacqué in Neustadt an der Haardt an Bürgermeister Marx in St. Lambrecht, der zwar den Absenderstempel trägt, sonst aber nichts mit der Post zu tun hatte und sogar unter Umgehung von Kantons- bzw. konzessionierten Boten zugestellt wurde.



Warum erklärt uns der Inhalt:

"Neustadt a/H den 19. December 1844

Ich bin so frei Ihnen einliegend zwei Scheine zu behändigen, nämlich

Gulden 10 auf Franz Becker in Grevenhausen - Lumpensammler

Gulden 7 auf Step(han) Becker in Grevenhausen - Lumpensammler

wovon ich Sie ersuche, den Eingang zu meinen Gunsten besorgen zu wollen. Sie ersehen daraus daß diese bösen Zahler schon längst ihre Schuldigkeit entrichtet haben sollten, und wenn es Ihrer Autorität als Bürgermeister nicht gelingt die Zahlung zu erhalten, so möchte ich den Leuten Kosten machen. In einliegendem Schreiben an die Leute, sage ich, daß Sie die Beträge an Zahlungsstatt von mir erhalten hätten.

Entschuldigen Sie die Ihnen hierdurch entstehende Mühe und verfügen Sie dagegen über meine Ihnen gerne gewidmeten Dienste. Mein Ergebenes vom 2 October noch bestättigend, grüße ich Sie achtungsvoll!

ppa Dacqué - franco"

Ich denke, der Text bedarf keine weiteren Erklärung. Der Faltbrief war zweifach verschlossen - erst zum Lesen für den Bürgermeister Marx, dann mit eingeheftetem Inhalt, wie oben beschrieben. Selbstverständlich war dies eine Contravention, die mal die Brief- mal die Fahrpost betraf, wenn man den Wert der Schuldscheine in Betracht ziehen möchte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.06.2021 10:33:32 Gelesen: 165737# 714 @  
Liebe Freunde,

wenn man erfahrene Sammler fragt, was alles zu einer korrekten Anschrift auf unseren Briefen gehört, schaut man fast immer nur in fassungslose Augen.

Um diesem Missstand ein für alle Mal abzuhelfen, darf ich die Vorgaben hier vorgeben:

Vor- und Nachname

Stand des Empfängers

wenn bekannt Straße bzw. Behausung oder vorläufiger Wohnort

Ort (wenn unbekannt bzw. sehr klein mit Präzisierung "bei" oder "Landgerichtsbezirk XY").



Am 4.3.1864 sandte man einen Brief an "Herrn I. Stahl junior in Nürnberg" mit 3x frankiert ab, der auch am Folgetag dort ankam, aber dann mehrere Tage nicht an den Mann gebracht werden konnte. Letztlich gab man in Nürnberg auf, strich "Nürnberg" vorne und vermerkte "retour" und gab hinten als Grund an "Ohne Standesbezeichnung nicht zu ermitteln Einwohnerbureau". Darunter befindet sich ein kleiner Ovalstempel, den ich so noch nie gesehen habe mit dem Titel "Einwohner Bureau".

Der Brief war also vorübergehend zur Ermittlung der Anschrift dem heutigen Einwohnermeldeamt Nürnberg übermacht worden, aber auch diese konnten nicht feststellen, welche Person gemeint war und man gab ihn wohl am 8.3. der Hauptbriefpostexpedition zurück. Diese sandte ihn retour nach Neustadt an der Aisch, vo er am 9.3. ankam.

In Anbetracht der Tatsache, dass ich seit über 30 Jahren einen Brief gesucht habe, bei dem wegen des fehlenden Standes (also Uhrmacher, Küfer, Hufschmied usw.) ein Brief unanbringlich war, habe ich über den Markenschnitt großzügig hinwegsehen können, zumal ich mit einem Ovalstempel des Einwohnerbüros auch keinen weiteren kenne.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.06.2021 10:44:35 Gelesen: 165736# 715 @  
Liebe Freunde,

Peter Schickendanz aus Zweibrücken in der Pfalz sandte, wie wissen wir nicht, einen Brief geschäftlichen Inhalts am 13.81841 an den Bürgermeister Marx in Lambrecht in der Pfalz und versiegelte ihn trocken. Die Entfernung war zu Fuß knapp 60 km, so dass einer, der gut zu Fuß war, den ganzen Tag laufen musste, um den Brief abzugeben und dann wieder einen Tag zurück brauchte (ohne Pause!) - ein Spaziergang im wohl eher heißen August war das also nicht. Trotzdem wollte man sich 4 Kreuzer Franko/Porto sparen und umging die Post.





Durch den fehlenden "Frei" - Vermerk wußte der Empfänger auch nicht, ob er dem Boten etwas zu geben hatte, oder nicht. Entweder dergleichen war Routine, oder es war äußerlich schlampig initiiert worden - ich fürchte, wie werden es nie erfahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.07.2021 09:46:47 Gelesen: 164150# 716 @  
Liebe Freunde,

ein Dienstbrief des bayer. Stadtgerichts Bamberg vom 21.10.1865 war an das bayer. Landgericht Hofheim gerichtet. Bei portofreien Dienstbriefen war hier das Kürzel R.S. für Regierungs-Sache angebracht, bei allen anderen P.S. für Partei-Sache und somit waren jene portopflichtig, also entweder frankiert, oder mit Porto belegt.



Hier war man faul im Bamberg, weil man nicht die Absenderbehörde oben benannte, sondern einfach nur das Dienstsiegel vorne abschlug und auch R.S. bzw. P.S. wurde nicht notiert, nur die Expeditions-Nummer 104 und "Beilage". Die Aufgabepost taxierte ihn daher wie einen portopflichtigen Brief mit 12x über 1 bis 15 Loth mit 12x, wobei eine frankierte Aufgabe nur die Hälfte gekostet hätte.

Siegelseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Hofheim selbigen Tages und den Insinuationsvermerk: Ins. den ein und zwanzigsten Oktober, Birzler.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.07.2021 09:05:46 Gelesen: 163897# 717 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief mit Nr. 10 und Mühlradstempel der "Fürther Kreuzung", der ausweislich seiner Adresse "mit Briefen des Herrn Heinrich Bauer in Augsburg" verschickt wurde. Das Datum zu eruieren ist mangels Inhalt schwer, aber ich denke, dass der 6.1.1863-1865 richtig sein könnte. Der Empfänger Moritz Bauer erhielt also Briefe von Heinrich Bauer (Vater, Sohn?) und den eigentlichen Brief des Absenders



Sicher keine Schönheit, aber ich habe aus dieser Korrespondenz noch einen Brief und damit ist die Seite komplett.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.07.2021 09:12:42 Gelesen: 163896# 718 @  
Liebe Freunde,



ein simpler Portobrief aus Augsburg vom 28.8.1841 an Marx Louis in Lambrecht (Pfalz) wurde mit einem Porto von 16x taxiert (lustig: Im Text innen wurde mal 1840, mal 1841 geschrieben und das vorherige Jahr war Ende August ja doch ein bisserl lang vorbei - hätte man keinen datierbaren Stempel, könnte man aber auch 1840 unterstellen). Die Leitung erfolgte über Württemberg und Baden. In Neustadt an der Weinstraße angekommen, kamen noch weitere 3x für den Kantonsboten hinzu, so dass Marx Louis total 19x zu zahlen hatte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.07.2021 09:38:41 Gelesen: 163891# 719 @  
Liebe Freunde,

der Anteil fehl- oder weitergeleiteter Drucksachen (DS) ist bei Bayern gering und über die Gründe hierfür mag spekuliert werden. Hier haben wir eine DS aus Offenbach an der Queich (bei Landau in der Pfalz) vom 1.3.1869 vor uns, die gerichtet war an "Löblicher Kgl. Oberförsterei in Forst bei Wernberg Oberpfalz & Regensburg".



Schon am 2.3. kam sie dort an, jedoch ergaben sich wohl Umstände, wie die Rückseite zeigt, denn nach diesem 2.3. sehen wir noch den Halbkreisstempel von Weiden 3.3. und Ambergs Zweizeiler ebenfalls vom 3.3.

Nun gab es mind. 20 Orte in Deutschland, die "Forst" hießen, darunter auch eines bei Landau, also ganz in der Nähe von Offenbach, daher brachte man die Ortspräzisierung sicher zurecht an, aber zustellen ließ sich die DS zuerst mal nicht. Später wurde "bei Wernberg" gestrichen und durch "Post Schnattenbach" ergänzt, wobei hier richtig zu schreiben gewesen wäre "Schnaittenbach", da etwas zwischen Amberg und Weiden liegt.

Welches Forst war es denn jetzt genau?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.07.2021 23:46:00 Gelesen: 161527# 720 @  
Liebe Freunde,

manche Briefe kommen unscheinbar daher - und wären es auch, wenn man nicht die Taxe zurück auf das ehemalige Gewicht rechnen könnte. Das sollte man aber als Postgeschichtler tun, denn es lohnt sich.



Hier haben wir einen portopflichtigen Dienstbrief aus Ansbach vom 20.6.1840 an das Landgericht in Pleinfeld vor uns, der mit 39 Kreuzern Porto belegt wurde. Allein schon die Zahl "39" ist kaum je einmal als Taxe auf einem Brief zu sehen und wir werden bald erkennen, warum das so ist.

Prinzipiell war bei Briefen von Privaten 4 Loth das Limit bei der Briefpost - und wir haben hier noch die Briefpost vor uns. Wegen der Entfernung von unter 6 Meilen war es auch die 1. Entfernungsstufe in Bayern, für die ein einfacher 1/2löthiger Brief 3 Kr. kostete, aber in der 2. Gewichtsstufe bis 1 Loth (17,5g) waren es schon 4 1/2 Kreuzer, dann je halbes weiteres Loth 1 1/2 Kreuzer mehr.

Rechnet man jetzt weiter, um auf 39 Kreuzer zu kommen, müssen wir uns die 25. Gewichtsstufe vorstellen (also über 12 bis 12 1/2 Loth = 210 g bis 217,5g ) und können somit klar erkennen, dass diesem Brief Akten beigebunden sein mussten, weil man sonst nicht auf ein so hohes Gewicht kommt. Bei Dienstbriefen wir hier - egalo ob portofrei, oder portopflichtig - war das Maximum auf 560g = 1 Pfund für die Briefpost limitiert, aber ein so schweres Gerät habe ich noch nie gesehen.

Man wird wohl Tausende von Briefen der Vormarkenzeit sichten müssen, um wieder eine 25. Gewichtsstufe zu finden und diese hier sieht ja nicht gerade übel aus.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.07.2021 00:02:02 Gelesen: 161526# 721 @  
Liebe Freunde,

Bayern kam mit den beiden Währungen der thurn und taxisschen Postgebiete nie zurecht - mal lag der Zielort im Kreuzergebiet, man hatte in Bayern aber in Silbergroschen taxiert, mal war es genau anders herum.



Bei diesem Brief aus Würzburg nach Kassel vom 24.5.1867 verklebte man eine 6x Marke, die wegen der Entfernung (über 20 Meilen) leider nicht ganz ausreichte, weil man dafür hätte 9x verkleben müssen.

Daher fehlten 3 Kreuzer für das Franko und es gab noch 3 Kreuzer Strafporto obendrauf, also 6 Kreuzer total, die allein der Aufgabepost zustanden.

Weil man in Bayern nicht wusste, dass Kassel zum Groschenbezirk von Taxis zählte, notierte man 6 Kreuzer, statt 2 Silbergroschen, die der Empfänger zu zahlen hatte. Aber bei der Leitung über Frankfurt am Main erkannte man die falsche Währung und notierte 7 Kreuzer, dann korrekt 2 Silbergroschen, die paritätisch 7x entsprachen, postalisch waren sie nur mit 6x anzurechnen. Aber Taxis war clever - sie kassierten vom Empfänger einen Tag später 2 Sgr., gaben an Bayern aber nur 6x weiter und durch diesen Zwischenschritt blieb rechnerisch/haushalterisch 1/4 Sgr. in der Portokasse des Fürsten und Bayern war trotzdem zufrieden.

Ab 1.7.1867 übernahm ja als Folge des Krieges von 1866 Preussen die taxische Lehenspost und Preussen rechnete intern nur in Silbergroschen ab, auch wenn sie ab 1.7.1867 schweren Herzens Marken in Kreuzerwährung emittieren mussten.

Es wäre interessant zu sehen, wie ein unterfrankierter Bayernbrief in den Kreuzerbezirk Preussens in diesem halben Jahr taxiert wurde. Leider habe ich da keinen, obwohl ich sonst mit unterfrankierten Briefen gesegnet bin.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.07.2021 11:46:15 Gelesen: 161217# 722 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen besonderen Brief aus Nürnberg vom 30.9.1843 an "Livin Daunéel in Poperinghe par Bruxelles Belgique" (heute: Poperinge), für den der Empfänger zahlen sollte.






Die Aufgabepost taxierte ihn mit 16 Kreuzern in blauer Tinte, die man Preussen belastete und Preussen taxierte ihn mit 10 3/4 Silbergroschen, die man Belgien belastete (Leitung über Aachen). Die belgische Post taxierte erst mit einer 2, strich diese dann aber ab und korrigierte mit 21 Decimes (ca. 1 Gulden).

Spannend ist der Inhalt - eine Drucksache (DS) der Fa. Scharrer & Co in Nürnberg vom 15.9.1843, die ich leider nicht lesen kann. Wer einen groben Überblick über das Gedruckte hat, darf es mir gerne mitteilen.

Hinter der zweiseitigen DS gibt es aber noch eine 3. Seite, die handschriftlich ausgeführt wurde und somit einen günstigen Versand als DS nicht zuließ. Auch da vermag ich leider nichts zu lesen und bin auf eure Hilfe angewiesen (Details brauche ich nicht, grobe Züge reichen).

Selbstverständlich habe ich nach dem Scannen die häßlichen Klebefalze entfernt - jetzt sieht das Ganze schon besser aus und Inhalte mit so schön Gedrucktem sind m. E. nicht häufig, schon gar nicht ins Ausland.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2021 17:03:07 Gelesen: 159060# 723 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portobrief nach dem Postvertrag (PV) Großbritanniens mit Preussen von 1846 aus Nürnberg vom 30.8.1849 an Firma Friedrich Huth in London, dortselbst am 3.9. zur Ausgabe gelangt.



Nürnberg taxierte 16 Kreuzer bis Koblenz, aus denen der Transit für Thurn und Taxis befriedigt wurde.

4 Pence = 3 Silbergroschen bekam Preussen für seinen Transit bis Aachen ("via Ostende" war die Leitung über Belgien, alternativ hätte man ihn auch über Frankreich versenden können nach dem ab 1.7.1847 gültigen Postvertrag Bayerns mit Frankreich).

Belgien erhielt 2 Pence für seinen Transit bis Ostende und GB 6 Pence von der Küste bis nach London.

Der Empfänger zahlte 1 Shilling 4 Pence für den einfachen Brief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2021 17:25:49 Gelesen: 159055# 724 @  
Liebe Freunde,

ein feines Vögelchen ist mir da zugeflattert, das ich euch nicht vorenthalten möchte.



Äußerlich simpel ein Brief aus Mainstockheim (ab 1.1.1861 mit eigener Postexpedition) und 2 Marken mit oM 697 passabel entwertet, datiert er vom 2.10.1861. Empfänger war die Königliche Güter - Expedition in Seligenstadt.

Der Inhalt ist aber teilgedruckt mit einem Absender, wie man ihn in Unterfranken zuerst einmal nicht vermuten würde: Königlich Sächsische westliche Staatseisenbahnen - An die Güterexpedition in Hof. Die Annahme des von Ihnen am 25. d(ieses) Monats mit Karte No. 25 Frachtbrief No. 6 nach hier berechneten Gutes, bestehend in 1 Faß Wein L 401 3036 Abs(ender): Ludwig Muller von Meinstochheim Station Seligenstädt und belastet an Fracht und Spesen mit 1 Thaler 17 Neugroschen 3 Pfennigen ist von dem Aressaten verweigert worden, und zwar ohne Angabe eines Grundes. Adressat Kupfer in Kleinhessen. Sie werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, daß, wenn nicht binnen 6 Tagen anderweit über das Gut verfügt ist, die unterzeichnete Güterexpedition genöthigt sein wird, das Gut entweder unter Erhebung der Fracht und Rückfracht zurückzusenden, oder einem Spediteur ??? zu übergeben. Crimmitzschau, am 29. September 1861. Königliche Güterexpedition, gez. Unterschrift.

Späterer Vermerk: An die K. B. Güterexpedition hier: Gut ging am 24. vorigen Monats von Seligenstadt hier ein. Hof, 29. Sept. 61 Hochachtungvoll. Königlich Sächsische (!!) Bahnhofs Inspection.

Späterer Vermerk: Obiges Colli (richtig wäre gewesen Collo als Packstück) wolle verbehaltlich ?? Rechtszuständigkeit an Hugo Franke in Reichenbach befördert werden. Mainstockheim 2.10.61 gez. Unterschrift.

Quer geschrieben: nach Seligenstadt zur Weiterverfügung. Hochachtung. Hof, 29.8.61 K. Güterexpedition gez. Unterschrift.

Rückseitig (nicht kopiert): Folgt den weiteren Verfügungen des Absenders hier zurück. Seligenstadt, den 2.10.61, gez. Unterschrift.

Ei, ei, ei - was war da mit dem lieblichen Frankenwein los? Was für eine Mühewaltung von Eisenbahnen, Güterexpeditionen, Versendern, Empfängern, Transporteuren und der Post. Schön, so etwas mal zeigen zu können und wir lernen immer wieder: Auf den Inhalt kommt es an (und auf seltene Mühlradstempel).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 08.08.2021 15:44:27 Gelesen: 158343# 725 @  
@ bayern klassisch [#722]

Hallo Ralph,

hier der Versuch der Übersetzung des gedruckten Textes:

es geht um die Hopfenernte von 1843

unser Beitrag zur Hopfenernte des vergangenen Jahres ist nicht nur produktbezogen, sondern auch preislich belegt.
Um nicht unter Konsum zu leiden, brauchte es große Mengen ausländischer Hopfen, die meistens in unsere Stadt geschickt und bis etwa Anfang dieses Jahres allgemein verkauft wurden.
der amerikanische Hopfen war diesmal der erste unter den verschiedenen Hopfensorten unserer Märkte, da seit 1842 bis ende April rund 4.750 ballen in den Häfen Belgien und Holland angeliefert wurden
auf der anderen Seite scheinen die Gegenstücke der Pegnitz des Zenn und der Aisch besser produziert zu haben und man kann zugeben, dass die Provinz Mittelfranken fast 3000 Ballen geerntet hat
Altbayern hofft in diesem Jahr auf einen quantitativen Vorsprung von mehr als einem Drittel
ein allgemeiner Blick auf das Produkt des diesjährigen Hopfens lässt es für alle Bayern auf eine gute Ernte einschätzen/hoffen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 08.08.2021 16:34:06 Gelesen: 158338# 726 @  
@ Gernesammler [#725]

Hallo Rainer,

vielen lieben Dank für deine Übersetzungskünste - ich konnte da so gut wie nichts ausmachen. Freuen wir uns gemeinsam über eine gute bayerische Hopfenernte - je mehr Hopfen geerntet werden konnte, je mehr wurde verkauft und je mehr Briefe hat es gegeben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 12.08.2021 09:33:19 Gelesen: 157853# 727 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des k. Appellationsgericht der Oberpfalz u. v. Regensburg wurde am 28.7.184? an das k. Landgericht Burglengenfeld portofrei als Regierungs - Sache verschickt, unter der Expeditions-Nr. 5127 des Gerichts erfasst, ins Dienstbuch eingetragen, aber nicht deklariert, dass er eingeschrieben werden sollte. Dafür vermerkte man unter Burglengenfeld "Gegen Postlieferschein", heute Rückschein. Dieser Terminus war allein dienstlichen Rückscheinen vorbehalten, bei Sendungen von Privaten hieß es Retour-Recepisse.



Da der Brief portofrei war, war es auch die Recogebühr (sonst 4 Kreuzer) und der Postlieferschein (sonst 12 Kreuzer). Leider hat der Brief seinen Inhalt im Lauf der letzten 170 Jahre verloren, sonst wüßten wir, warum er so "wichtig" versendet worden war. Außerdem ist es ganz selten, dass der Zusatz "Gegen Postlieferschein" nicht unten links angebracht wurde, wo man es erwarten konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.08.2021 09:48:28 Gelesen: 157850# 728 @  
Liebe Freunde,

in über 40 Jahren der Sammelei ist es mir nicht gelungen, einen Dienstbrief mit Muster der Briefpost zu erwerben, und ich habe nur einen jemals gesehen (ein Wrack, aber immerhin).





Ein lieber Sammlerfreund vermachte mir diesen Dienstbrief der k. Straßen- und Bau Inspection Nürnberg an die k. Straßen- und Bau Inspection Münnerstadt vom 21.3.1833. Der Brief wog mit Inhalt 4 Loth, wie man oben links lesen kann. Als Regierungs - Sache mit einem Glasmuster wurde er per Fahrpost befördert, was man an den Stempeln von Nürnberg und Würzburg (W im Schild) sehen kann. Unter der Manualbuch-Nr. 24 wurde er eingetragen und ein Postschein gezogen.

Die große Besonderheit ist aber der Inhalt, denn ein Glasmuster hat sich heute noch erhalten und dafür verdienen sich alle bisherigen Besitzer größten Respekt. Dem Glas unterklebt ist heute noch der passende Zettel: Spiegel Glaß-Preiße von die Gebrüder Fischer zu Erlangen nach mitfolgendem Muster. Erlangen, 12. April 1833 Joh. Zep. Fischer s. S..

Wie viele Briefe dieser Art gibt es heute wohl noch? Wer einen hat, darf ihn gerne zeigen - ich würde mich sehr über ihn freuen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.08.2021 10:00:47 Gelesen: 157671# 729 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, da kann auch ich nur einen Erklärungsversuch (oder deren mehrere) starten, weil sich wenig mit dem deckt, was uns an Postvorschriften bekannt ist.



Ein Brief aus Eschenau (aus den 1830er bis frühen 1840er Jahren) wurde adressiert:

Seiner Hochwohlgeboren Herrn Freyherrn Carl von Welser von und zu Neunhof dermalen in Unterferrieden poste restante Feucht - Schleunigst zu höchst eigenhändiger Eröffnung.

Bei einer Entfernung von 83 km = 11 Meilen kostete ein einfacher Brief 4 Kreuzer, hier also die 4. Gewichtsstufe (über 1,5 bis 2 Loth). Dazu kamen 6 Kreuzer weitere Kosten, wobei der Postsonderdienst maximal 4 Kreuzer für poste restante kosten durfte. Man hat diese beiden Werte zwei Mal notiert, oben noch "16x Porto". Evtl. hatte es etwas mit "Schleunigst" zu tun und man wollte den Brief express versendet haben, was aber im krassen Gegensatz zu poste restante = liegenlassen steht und eine Expressgebühr wäre sicher weit höher gewesen, als nur 6 oder 2 Kreuzer.

Zu der Person habe ich, mal wieder, im Internet nichts gefunden. Wer mir hier helfen kann, ist sehr willkommen, insbesondere könnte man vielleicht über den Namen und den Ort die Verwendung eingrenzen. Schon jetzt vielen lieben Dank dafür.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 13.08.2021 12:19:29 Gelesen: 157656# 730 @  
@ bayern klassisch [#729]

Hallo Ralph,

schönes Stück und interessant wegen seiner Geschichte, habe mal etwas gesucht vielleicht kannst Du damit etwas anfangen.

"1814 in den einfachen bayerischen Adel immatrikuliert, wurden die Welser 1819 in den bayerischen Freiherrenstand erhoben. 1878 starb der Nürnberger Zweig der Familie aus, und ihr Besitz fiel an die Ulmer Linie, da die Augsburger Hauptlinie, seit 1567 Freiherren Welser von Zinnenburg, schon 1797 erloschen war". [1][2]

Beste Grüße Rainer

[1] https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/1082538
[2] hier die gesamten Linien der Welser: https://dewiki.de/Lexikon/Welser
 
bayern klassisch Am: 13.08.2021 12:38:43 Gelesen: 157650# 731 @  
@ Gernesammler [#730]

Hallo Rainer,

vielen Dank! Habe aber noch keinen Carl entdecken können, der um 1800 geboren worden wäre. Wenn keiner etwas finden sollte, frage ich vlt. mal die Familie direkt an und hoffe auf Auskunft (kann man ja nie wissen).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.09.2021 11:03:11 Gelesen: 154784# 732 @  
Liebe Freunde,

seltene Briefe müssen als solche nicht immer offensichtlich sein - so wie dieser hier aus Schwabach vom 11.10.1868 nach Gera an die Gebrüder Bufe.





Der Absender hätte mit 3 Kreuzer frankieren können, tat das aber nicht und überließ so die Zahlung des Portos dem Empfänger, der hierfür 2 Groschen zu berappen hatte (7 Kreuzer). Ein Aufschlag von über 130% war den meisten Postkunden damals zuviel, daher sind wohl 99,9% der heute noch erhaltenen Briefe in den NDB Frankobriefe und keine Portobriefe wie hier.

Aber warum machte man das? Bei langjährigen Geschäftsbeziehungen sicher nicht, im privaten Bereich auch nicht. Aber hier ist der Inhalt:

Herren Gebr. Bufe in Gera Untermhaus

Auf Ihr Geehrtes vom 9. d(ieses Monats) erwiedern Ihnen daß wir Auskunft über hiesige Verhältniße nur Freunden mit denen wir in intimen Geschäftsverbindungen stehen ertheilen, in dem wir in dieser Beziehung schon gar zu unangenehme Erfahrungen gemacht haben.

Achtungsvollst zeichnen

Joh. Ludw. Carl & Comp(agnie).


Die Gebrüder Bufe in Gera wollten also eine Handelsauskunft der Firma Carl in Schwabach über eine Person, bzw. eine Firma erlangen und baten diese, jene zu besorgen. Das lehnte die Firma Carl ab und wollte mit dieser Ablehung auch keinen weiteren Kontakt zum Anfrager aus Gera, weshalb sie die Geraer bluten ließ und durch den Versand dieses Portobriefes ohne fachliche Auskunft sich erhoffte, weiteren Schriftverkehr zu ersparen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.09.2021 10:08:30 Gelesen: 151274# 733 @  
Liebe Freunde,

der 3. mit bekannte Brief mit persönlicher Postportofreiheit aus Pleinfeld vom 30.09.1856 an das Hochfürstliche von Wredesche Rentamt in Ellingen mit Vermerk "frei 0, Polland" wurde unter Recommandation verschickt und erhielt auch keinen Ankunftsstempel. Trotz persönlicher Postportofreiheit wurde ein Schein gezogen mit der Nr. 143, was bei derlei Briefen eher unüblich ist und die Chargierung eher "technischer" Art war.



Im Inhalt schreibt der Verwalter Polland etwas über die Erträge usw. seiner Anlagen. Offenbar war der Postexpedition die Portofreiheit des Herrn Polland bekannt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.09.2021 10:49:56 Gelesen: 151268# 734 @  
Liebe Freunde,

heute kann ich 4 bayerische Dienstbriefe aus Germersheim nach Wissembourg (2) und Strasbourg (2) zeigen, die alle ein bisserl unterschiedlich sind und von daher mein Interesse erregten



Fangen wir mit dem ältesten an vom 19.1.1859 vom Landkommissariat Germersheim an die Unterpräfektur in Wissembourg. Als Regierungs-Sache frei von Porti belassen, wurde er als bayerischer Dienstbrief mit dem B.S.P. - Stempel gekennzeichnet, ehe er am Folgetag in Wissembourg einschlug. Hinten blank bis auf das Siegel der Absenderbehörde.



Aus gleicher Korrespondenz ein Brief vom 6.5.1860, der keinen B.S.P. - Stempel aufweist, links oben mit 20g gewogen wurde (3. Gewicht) und der erst am 8.5. in Wissembourg einschlug, wobei man hier noch das Jahr vergessen hatte, in den Vertragsstempel/Grenzübergangsstempel einzusetzen (sehe ich zum ersten Mal). Hinten keine Stempel, nur das Trockensiegel der Absenderbehörde.



Einen anderen Weg nahm der 3. Brief aus Germersheim an die Präfektur des Niederrheins (Bas Rhin) in Strasbourg zeigt nur den Aufgabestempel vom 30.5.1863 und vorne das Dienstsiegel des Bezirksamtes und den Vertrags-/Grenzübergangsstempel Strasbourg vom Folgetag. Siegelseitig diente das Dienstsiegel als Verschluß und Landau stempelte am 31.5. Transit und 2 Ankunftsstempel von Strasbourg gibt es auch noch vom gleichen Datum.



Der 4. und letzte Brief aus Germersheim nach Strasbourg datiert vom 28.2.1865 und erhielt nun in Landau den B.S.P. im niederen Oval noch am selben Tag, ehe er am 1.3.1865 in Strasbourg einschlug.

Scheinbar wurden die Briefe nach Wissembourg nicht über Landau geleitet, wobei man dann fragen darf, wo beim 1. Brief der B.S.P.-Stempel abgeschlagen wurde, aber die nach Strasbourg über Landau. Erneut stellen wir fest, dass es noch viel zu erforschen gibt, obwohl es doch über 200 dieser B.S.P.-Briefe gibt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2021 10:10:16 Gelesen: 151238# 735 @  
Liebe Freunde,

am 10.5.1849 schrieb der Anwalt Stockinger in Frankenthal/Pfalz einen wichtigen Brief an das löbliche Bürgermeisteramt in (Bad) Dürkheim/Pfalz und versah die Adresse mit dem Vermerk "sehr dringend", zahlte aber nichts. Damit durfte das Bürgermeisteramt 3x für den einfachen Brief berappen.



Im Inhalt hatte der Anwalt 4 wichtige Fragen gestellt, die postwendend vom Bürgermeisteramt beantwortet wurden. Offenbar lief der Brief dann in einem anderen Brief verpackt retour, denn Stempel hinten oder weitere Vermerke gibt es nicht. Auch ist die Annahme von Briefen durch bayer. Behörden im Portofall recht ungewöhnlich.

In wie weit der Zusatz "sehr dringend" eine expresse Zustellung nach sich zog, weiß ich nicht - da es kein Dienstbrief war, glaube ich nicht an eine Einschaltung eines Expressbotens, weil schon die normale Zustellung in Bad Dürkheim sicher ruck zuck erfolgt sein dürfte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2021 11:23:01 Gelesen: 151225# 736 @  
Liebe Freunde,

in Nördlingen am 17.12.1837 schrieb ein offenbar religiös fanatisierter Mensch, dessen Stand und Namen ich leider nicht kenne, einen Brief an "Ihro Hochwohlgeboren Fräulein Bertha von Kretzschmann in Nürnberg" und vermerkte noch "frey" dazu. Bezahlt hat er aber nichts, denn die Siegelseite ist bis auf das Siegel und den Ankunftsstempel vom 19.12.1837 aus Nürnberg (damals keine Vorschrift zum Ankunftsstempeln!) blank.





Im Gegenteil - die Nürnberger Post notierte vorne "V(on) Noerdlingen" und sezte eine NULL - Paraphe neben frey, um zu dokumentieren, dass man in Nürnberg geprüft hatte, ob der Brief tatsächlich portofrei zu befördern gewesen war.

Die Portofreiheit konnte sich also allein aus dem Siegel ergeben haben. Dies ist ein ganz außergewöhnlicher Brief und wenn man jetzt noch den Absender eruieren könnte, wäre ich sehr glücklich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 30.09.2021 19:38:39 Gelesen: 151179# 737 @  
@ bayern klassisch [#736]

Hallo Ralph,

schau mal hier das könnte er sein [1].

Gruß Rainer

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_von_Hoven
 
bayern klassisch Am: 30.09.2021 19:41:52 Gelesen: 151178# 738 @  
@ Gernesammler [#737]

Hallo Rainer,

super - hätte ich nicht hinbekommen, das ist er !

Vielen Dank und liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.10.2021 09:29:47 Gelesen: 150930# 739 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der anhand seiner äußeren Umstände in Nürnberg am 8.2.1806 als reiner Portobrief nach Beaune in Frankreich zur Post gegeben wurde. Der Empfänger zahlte 10 Decimes.





Der Siegelseite entnehmen wir kein ausgeworfenes Franko bis zur franz. Grenze bei Rheinhausen, aber den Vermerk "Norimberga li 8. Febr. 1806. Pr. Scheidlin & Compagnie". Im Inhalt lacht uns aber ein Inhalt aus dem sächsischen Plauen vom 3.2.1806 an, wobei der Absender, ein Johann George Steib sich das Franko von Plauen nach Nürnberg ersparte. Auch schrieb er noch innen "1805", war also Anfang Februar noch nicht im neuen Jahr angekommen ...

Zur Historie: Nürnberg war nicht bayerisch, sondern noch immer freie Reichsstadt und unterstand als solche nur dem Kaiser Franz II. Der hatte aber abgedankt und damit war die Stadt Spielball der Mächte geworden.

Postalisch gab es noch keine bayer. Staatspost, so dass alle Postsachen noch von der thurn und taxischen Lehenspost verwaltet wurde.

Im Inhalt ging es um Geschäfte mit Wein und die allgemeine Lage, was nicht uninteressant war, waren Napoeleons Heere doch recht aktiv in Mitteleuropa unterwegs und hinterließen überall ihre Spuren:

"Als ich letzhin das Vergnügen hatte Ihren Schwieger Sohn bey mir zu sehen, wurde ich veranlaßt selbigen eine Comission in Burgunder Wein zu übertragen. Nun aber sind jetzt die Frachten durch schlechte Witterung und die Kriegstroubles so enorm hoch gestiegen, daß es mir nicht conveniren kann, solcen mit den starken Spesen zu beziehen.

Dahero wollte ich Sie bitten die Absendung dieses Weins solange zu unterlaßen, bis ich durch geänderte Zeit Umstände in Stand gesetzt bin, Ihnen deshalb schreiben zu können. Uebringes empfiehlt sich Ihrer fernerer Freundschaft Johann George Steib".

Die siegelseitige Absenderangabe war clever, denn im Falle der Annahmeverweigerung hätte man den Brief geöffnet und gesehen, dass es eben kein Nürnberger Brief war - so hätte man ihn nach Nürnberg geschickt, was von Frankreich aus günstiger war, als nach Sachsen und der Nürnberger hätte ihn dann wieder günstig nach Plauen retournieren können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.10.2021 09:41:27 Gelesen: 150926# 740 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Gera (Fürstentum Reuß) vom 19.3.1808 mit Postaufgabe in Nürnberg durch den Forwarder Benckher.



Nürnberg, offiziell ab 1.3.1808 durch die bayerische Staatspost vertreten, taxierte nach dem alten Reichsposttarif 8x bis zur Schweizergrenze. Die weiteren Rötel 2, 20 und 22 deuten darauf hin, dass es bis zum Zielort Schwitz (Schwytz) 12x (für Zürich und Co?) und 2 weitere Kreuzer Schwyzer Porto zum Gesamtporto von 22 Kreuzer kostete. Die Strecke Gera-Nürnberg von immerhin 174 km Luftlinie hatte man sich dabei noch gespart.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.10.2021 10:51:27 Gelesen: 148415# 741 @  
Liebe Freunde,

bei Briefen an Titelträger, Funktioner oder Ähnliche, bei denen der Namen auf der Adresse nicht genannt wurde, konnte es zu Problemen kommen, weil man als Post nicht wissen konnte, ob der Brief an einen Menschen in ebendieser Funktion, oder eben nur an diesen Menschen (privat) gerichtet war.







War der Name nicht ersichtlich, sondern nur die Funktion bzw. der Stand des Adressaten, sandte die Post ihn im Falle der örtlichen Unanbringlichkeit dahin, wo der Funktioner wohnte.

Hier ein Dienstbrief als Königliche Dienst Sache des Landgerichts Altötting vom 19.7.1811 an "Dem königl. Konfiskal des Salzach - Kreises in Salzburg". Die Post sandte ihn gebührenfrei nach Salzburg (bayrisch damals), jedoch schien es Probleme gegeben zu haben, denn der Brief weist einen Präsentationsvermerk ohne Ortsbezeichnung vom 30.7.1811 auf und selbst in der Postkutschenzeit hätte er niemals von Altötting nach Salzburg 11 Tage benötigt bei einer Wegstrecke von 66 km, die man in maximal einem Tag bewältigt hätte.

Es steht also zu vermuten, dass der Brief in Salzburg ankam, dort entweder liegen blieb, oder einer Dienststelle übergeben wurde, um dann später "Salzburg" zu streichen und durch "Burghausen" zu ersetzen. Die Entfernung Salzburg - Burghausen beträgt gerade mal 53 km und auch das war innerhalb eines Tages zur Sommerzeit zu bewältigen.

Leider habe ich weder zur Person, noch zum Aufenthalt des kgl. Kronfiskals etwas heraus finden können, das die lange Laufzeit und die Umspedition erklären könnte. Wer es kann, darf mir hier gerne weiterhelfen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 22.10.2021 15:55:23 Gelesen: 148368# 742 @  
@ bayern klassisch [#740]

Hallo Ralph,

Du hast zur Taxe von 20 resp. 22 Kreuzern des Briefes ab Gera / Nürnberg nach Schwyz noch ein Fragezeichen, was ich Dir gerne noch beantworten möchte.

Neugierig wie ich immer bin, möchte auch ich die Taxierung auf dem Brief nachvollziehen. Du schreibst korrekt die Taxe von 8 Kreuzern ab Nürnberg bis zur Schweizer Grenze. Das Postaufkommen von / nach Norden lief damals noch über Schaffhausen.

Ab Schaffhausen kostete ein einfacher Brief nach Zürich = 3 Kreuzer, weiter auf der alten Gotthardroute über Luzern (See) nach Brunnen waren erneut 3 Kreuzer fällig. Das sind bei einem einfachen Brief 6 x für den Zürcher Anteil.

Weil die Zürcher Post zusammen mit der Luzerner Post einen eigenen Transitkurs über den Gotthard betrieb, und Zürich ab 1804 auch die Postbetriebe in Zug und Schwyz (aber auch den Thurgau) übernommen hatte, floss die ganze Taxe in die Zürcher Kasse.

Für den Brief wurde durch die Zürcher Kantonalpost 12x verlangt, zusammen mit der Auslandtaxe von 8x waren das dann total 20x.

Könnte es sein, dass der Brief in der Schweiz als doppelter Brief, halbes Loth bis 1 Loth taxiert wurde? Ich kann keine andere Erklärung finden.

So bleiben nur noch die zusätzlichen 2 Kreuzer, welche vom Schwyzer Boten für die Strecke ab Brunnen (Vierwaldstättersee) bis Schwyz beanspruchte. Schäfer zeigt einen ähnlichen Brief aus dem Jahr 1811, wo der Schwyzer Bote ebenfalls 2 Kreuzer geltend machte.

Unter der Annahme des doppelten Gewichtes würde die Taxierung mit den damaligen Gegebenheiten übereinstimmen

Liebe Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 22.10.2021 17:42:20 Gelesen: 148348# 743 @  
@ SH-Sammler [#742]

Lieber Hanspeter,

du wirst Recht haben - aber die Progression in der Schweiz war 50% je halbes Loth (= Gewichtsstufe). Aber damals gingen die Waagen noch anders und ein paar Gramm mehr oder weniger waren im Postbetrieb üblich.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 29.10.2021 09:14:26 Gelesen: 146778# 744 @  
Liebe Freunde,

meine Mini-Sammlung "1851" hat Zulauf bekommen - und nicht uninteressanten, wie ich finde.



Ein Brief aus Nördlingen wurde am 18.3.1851 an das löbliche Schultheißenamt in Mögglingen bei Schwäbisch Gemünd frankiert abgesandt, wo er ausweislich des blauen Gmünder Stempels am Folgetag auch ankam.

Der Absender zahlte 2 Kreuzer für Bayern (und Nördlingen lag ja direkt an der bayer. Grenze zu Württemberg) und 4 Kreuzer für die Wegstrecke bis Schwäbisch Gmünd.

Abgesehen von der Stempelfehleinstellung in Nördlingen, die uns einen 3.18. vorgaukelt, wobei es natürlich auch damals schon keine 18 Monate gab, hätte der Brief, der immer noch als Basis den Altpostvertrag Bayerns mit Württemberg von 1809 hatte, auch im nahen Bopfingen aufgegeben werden können, von wo aus er nur 4 Kreuzer total gekostet hätte. Bekanntlich fuhr die bayerische Postkutsche über Nördlingen bis Bopfingen kostenlos, wie umgekehrt die württembergische Postkutsche (damals noch unter Thurn und Taxis) kostenlos für bayer. Empfänger bis Nördlingen fuhr. Aber das Sparpotential von nur 2 Kreuzern war unserem schwäbisch-bayerischen Absender wohl zu gering, um derartige Überlegungen anzustellen; hätte er es aber so gemacht, wären wir um den Genuß eines Unikats gekommen, nämlich den einzigen Brief Bayerns aus dem 18. Monat des Jahres 1851.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.10.2021 08:41:14 Gelesen: 146453# 745 @  
Liebe Freunde,

ein Brief der Firma Wieland & Co. aus Ulm wurde am 12.2.1866 verfasst und am Folgetag in Neu-Ulm frankiert mit 3 Kreuzern an den Kunden "Ph. B. Hegelin Rothenburg ob der Tauber" aufgegeben. Als innerbayerischer Brief durfte er bis 1 Loth inklusive ab 1.8.1865 3 Kreuzer kosten. Von Ulm aus wäre es ein Postvereinsbrief gewesen, der weniger als ein Loth wiegen durfte, um einfach zu bleiben und bei einer Entfernung von 110 km Luftlinie hätte er 6 Kreuzer gekostet, also 50% Portoersparnis.





Was ich bei diesen Briefen mag, ist der zweiseitige Inhalt, aus dem das Geschäftsgebaren im Allgemeinen und das auf den Brief bezogene hervorgeht. Hegelin hatte am 29. v(origen) M(onats) Waren brieflich bestellt, die nun in Ulm für ihn "fabricirt" worden waren und sollte 30 Gulden und 56 Kreuzer für sie bezahlen.

Auf der 2. Seite teilte man ihm die Details mit, dass die Sendung per Bahn über Ansbach zu ihm gelangen würde und welche Teile die Sendung enthielt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.11.2021 10:41:25 Gelesen: 144817# 746 @  
Liebe Freunde,

am 16.11.1857 schrieb der Gastwirt Heinrich Loschge in Thalmässing einen einfachen Brief an die Firma G. A. Bäumler & Sohn, Materialister in Nürnberg, 42 km von Thalmässing entfernt und somit ein Brief der 1. Gewichts- und Entfernungsstufe in Bayern, also mit 3 Kreuzern zu frankieren.



Aber der Postgang war wohl etwas zu früh an diesem Tag erfolgt, jedenfalls konnte man den als Frankobrief ("Frey" unten links) deklarierten Brief wegen noch-nicht-Öffnung des Postlokals nicht frankieren und warf ihn halt in den Briefkasten, damals "Boite" genannt, ein.

Dort wurde er am selben Tag heraus gefischt und bemerkt, dass er nicht frankiert worden war, aber einen Freivermerk trug. Wo jetzt die 3 Kr. Marke sitzt, notierte man einst "Boite" und daneben das Porto für unfrankierte Briefe mit 6 Kreuzer in erfrischender Farbe und Deutlichkeit.

Aber noch vor Postabgang muss der Absender zurückgekehrt sein und auf seinen Lapsus hingewiesen haben, denn man überklebte den "Boite"-Vermerk mit einer frisch gekauften 3 Kr. Marke, strich die jetzt falsche "6" durch mit Rötelstift und notierte postalisch "frei" daneben. Das war zwar postalisch korrekt, aber nicht nach der Vorschrift, wonach nur der Absender allein Frankovermerke anbringen bzw. ausstreichen durfte; die Post war dazu nicht befugt, weil das eine Abänderung der Adresse darstellte und die Post keine Adressen abändern durfte.

Den Inhalt habe ich gescannt, damit man sieht, dass es wirklich nur ein ganz einfacher Brief war, dem nichts beigeschlossen worden war und der heute 7g wiegt, wie damals schon. Es war also offensichtlich ein "reclamirter Brief" und reklamierte Briefe sind mit das seltenste, was ich kenne.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Magdeburger Am: 11.11.2021 14:08:51 Gelesen: 144782# 747 @  
Lieber Bayern Klassisch,

ein sehr interessanter Brief.

Gab es in Bayern auch die Situation, dass Absender Briefe frankiert aufgeben wollten und das Postamt dies erledigte, wenn bspw. der Absender keine Marken zur Hand hatte. Aus Preussen ist so etwas bekannt.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 11.11.2021 14:16:05 Gelesen: 144781# 748 @  
@ Magdeburger [#747]

Lieber Magdeburger,

normal nicht ... Aber wer ein Postfach (5 Gulden im Jahr) hatte und auf Rechnung (nur als sogenannter Honoratior am Ort möglich) arbeiten wollte, konnte auch seine Post zur Frankatur auf der Post abgeben; dann legte er die zu frankierenden Poststücke hin und die Post verklebte bzw. frankierte bar. Danach rechnete die Post aus, wie hoch das Franko war und schrieb es an. Am Monatsende (oder welcher Abrechnungszeitraum auch immer vereinbart worden war) erstellte man dem Postfachinhaber die Rechnung, die dieser dann sofort zu zahlen hatte. Aber Nachweise darüber, dass es die Post selbst war, die die Marken klebte, kenne ich keine.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
siegfried spiegel Am: 26.11.2021 08:53:46 Gelesen: 142857# 749 @  
Liebe Freunde,

dieser Brief gibt mir einige Rätsel auf.

Geschrieben wurde er am 9. September 1846 im mittelfränkischen Obersteinbach und war adressiert nach Berwangen.

Welches Berwangen ist da gemeint, ich lese da "bei Sürfeld", finde den Ort aber nicht.

Die Porto-, bzw. Frankonotierungen auf Vorder- und Rückseite des Briefes kann ich mir auch nicht erklären.


 
bayern klassisch Am: 26.11.2021 09:37:26 Gelesen: 142849# 750 @  
@ siegfried spiegel [#749]

Hallo Siegfried,

da hast du einen etwas komplizierten Brief ausgegraben, bei dem einiges schief lief.

Die Adresse lautet Berwangen bei Fürfeld, aber es gab mehrere Fürfelds und Berwangen kannte man nicht. Offenbar wähnte man bei der Aufgabepost den Empfänger in Fürfeld bei Bad Kreuznach (Preussen), weil es dort eine große, jüdische Gemeinde gab und große, jüdische Gemeinden zogen auch sehr oft größere Korrespondenzen nach sich. Also notierte der Absender "frei" und bezahlte 4 Kreuzer für Bayern bis Aschaffenburg und 4x von der bayer. Grenze bis Frankfurt am Main (FFM). Daher notierte auch FFM hinter frei "FFT", auch eine damals gebräuchliche Abkürzung von Frankfurt am Main in typisch blauer Tinte.

Jetzt stellte man aber fest, dass wohl nicht Fürfeld in Preussen gemeint war, sondern Berwangen in Württemberg und dort hatte ja Thurn und Taxis die Postgerechtsame gepachtet, daher notierte man in FFM 6x für sich bis zur württembergischen Staatsgrenze und in Württemberg kamen weitere 6x bis Fürfeld hinzu, so dass der Empfänger 12x zu zahlen hatte, wodurch der Brief wegen der Fehlspedition total 20x kostete.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 26.11.2021 11:00:57 Gelesen: 142832# 751 @  
Der Wahnsinn, da wäre ich nie drauf gekommen.

Vielen Dank.
 
Gernesammler Am: 26.11.2021 12:17:32 Gelesen: 142817# 752 @  
@ siegfried spiegel [#749]
@ bayern klassisch [#750]

Hallo Siegfried, hallo Ralph,

und zu Herrn Holder, der in der Gesellschaft zur Erforschung der vaterländischen Denkmale der Vorzeit war, gibt es einen schönen Link [1].

Gruß Rainer

[1] https://books.google.de/books?id=vVhNAAAAcAAJ&pg=PA6&lpg=PA6&dq=rentamtmann+holder+berwangen&source=bl&ots=PeXpAwQzhR&sig=ACfU3U3sIskHCkj9SWySCIIfo4zvIm9V3A&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiyioOX8bX0AhXR3KQKHXOtD2sQ6AF6BAgFEAE#v=onepage&q=rentamtmann%20holder%20berwangen&f=false
 
siegfried spiegel Am: 26.11.2021 13:37:11 Gelesen: 142803# 753 @  
@ Gernesammler [#752]

Hallo Rainer,

mein Brief ist ja mit Inhalt, ob der allerdings was mit dieser Gesellschaft zu tun hat, weiß ich nicht. Den Text zu entziffern ist mir zu schwierig.

Gruß, Siegfried


 
siegfried spiegel Am: 26.11.2021 17:19:01 Gelesen: 142765# 754 @  
Hallo Freunde,

Sind vom Franko 30 Kr. die 22 Kr. für die Bayern und 8 Kr. für Ungarn?


 
bayern klassisch Am: 26.11.2021 17:43:16 Gelesen: 142759# 755 @  
@ siegfried spiegel [#754]

Hallo Siegfried,

nein - ab 1.10.1842 gab es das Gemeinschaftsporto (bzw. G-franko), das halbscheidig zu teilen war zwischen Bayern und Österreich (nicht Ungarn schreiben, das verwirrt nur). Das waren die 22 Kreuzer rheinisch.

Die 8 Kreuzer rh. waren das Zuschlagsfranko für Bayern allein wegen der Rayonierung zum Zielort in Österreich; die standen Bayern ganz allein zu.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 03.12.2021 10:44:41 Gelesen: 141742# 756 @  
Liebe Freunde,

ein feiner Portobrief aus München vom 14.12.1855 um 11 Uhr Morgens wurde unfrankiert "An das hochl(löbliche) Rigasche Börsen Comité in Riga Russland" in den Briefkasten eingeworfen, den die Aufgabepost mit 3 Silbergroschen für Bayern korrekt taxierte (Postvertrag Preussen - Russland vom 13.4.1852 für Bayern gültig). Bayern bekam später von Preussen dafür 9 Kreuzer gutgeschrieben.



Preussen selbst überschrieb (das war üblich) die kaum zu erkennende schwarze, bayerische 3 mit einer deutlicheren, blauen 3 (vorne und hinten!) in Magdeburg, weil der Brief über die Bahnpost Bayerns und Sachsens nach Magdeburg einlangte.

Das russische Porto betrug 10 Silberkopeken = 3 Silbergroschen, so dass der Empfänger in Riga total 20 Silberkopeken zu zahlen hatte, die etwa 21 Kreuzern entsprachen.

Mangels kyrillischer Kenntnis kann ich den großen Stempel hinten nicht lesen, weise aber schon auf das Verhältnis des gregorianischen Kalenders zum in Russland geltenen julianischen Kalender hin, der eine Differenz von 12 Tagen ausweist. Preussen bekam hier als Transitleister gar nichts. Im umgekehrten Falle hätte aber Preussen bei einem unfrankierten Brief aus Riga nach München 6 Silbergroschen = 20 Kreuzer von Bayern bekommen, wobei es 11 Kreuzer an Russland zurück zu vergüten hatte (im DÖPV wurden 3 Sgr. nur 9 Kreuzer gerechnet, aber die ausländische Strecke war paritätisch zu verrechnen und da kosteten 3 Sgr. = 10,5 = 11 Kreuzer und 9 und 11 machten nun mal 20 Kreuzer aus).

Auslandsbriefe mit mehreren Währungsumrechnungen waren und sind nicht so einfach - dazu kommt, dass Briefe aus Russland in den DÖPV mit 15g je Gewichtsstufe zu berechnen und taxieren waren, in anderer Richtung aber das Loth mit 15,625g galt, so dass nach den Währungsparitäten auch unterschiedliche Gewichte galten, von den jeweiligen Kalendern ganz abgesehen und auch innerhalb des DÖPV gab es unterschiedliche Zeitzonen (in Russland sowieso).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 03.12.2021 10:58:24 Gelesen: 141739# 757 @  
@ bayern klassisch [#756]

Hallo Ralph,

im Stempel steht "Polucheno" heißt übersetzt empfangen, hoffe das hilft Dir weiter.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 03.12.2021 11:42:32 Gelesen: 141727# 758 @  
@ Gernesammler [#757]

Hallo Rainer,

du bist ein Sprachgenie - hätte eher an einen Ortsstempel von Riga gedacht, aber der hier hatte zu viele Buchstaben.

Wenn du magst, hebe ich den für dich auf (kostet auch nur eine Pizza für dich). :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 03.12.2021 16:22:43 Gelesen: 141700# 759 @  
@ bayern klassisch [#758]

hallo Ralph

dann nehme ich doch die Kosten der Pizza auf mich und Du kannst Ihn mir gern zurücklegen, Danke schon mal dafür.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 03.12.2021 17:51:04 Gelesen: 141688# 760 @  
@ Gernesammler [#759]

Hallo Rainer,

hatte ich mir doch fast gedacht. :-)

Mache ich gerne für dich.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 08.12.2021 12:28:32 Gelesen: 141176# 761 @  
Liebe Freunde,

trotz Gleitsichtbrille und großem Monitor in der Bucht fast übersehen, aber halt nur fast.



Kuvert aus Immenstadt im schönen Allgäu vom 6.10.187? an "Wohlgeborne Fräulein Mathilde Hörkammer m/B. des Herrn Albert Hörkammer Dachau / München /".

Man hat also in dem überschaubar großen Kuvert Briefe des Herrn Albert Hörkammer verschickt, die insgesamt wohl nur max. 1 Loth bzw. 15g schwer waren. Weitere Stempel mangeln. Immer schön, ein kleines Schmankerl zu schnappen, das an einem fast vorbeigeflutscht wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.12.2021 12:37:02 Gelesen: 141173# 762 @  
Liebe Freunde,

heute eine kleine Besonderheit und zwar ein Ganzsachenumschlag aus Altoetting 4.6.1871 an die Gebrüder Behrendon in Hamburg, bei dem sowohl der Wertstempel, als auch der Ortsaufgabestempel das präzis gleiche Datum zeigen "Vm 10-11", also Vormittags zwischen 10 und 11 Uhr.



Wenden wir das Kuvert aber, sehen wir exakt den selben Stempel nochmals hinten, dann den Transitstempel von München des gleichen Tages und den Ankunftsstempel von Hamburg einen Tag später.

Interessant ist, dass daraus wohl geschlossen werden kann, dass der Altöttinger Postexpeditor diesen Brief gegen 10.00 Uhr aufgeliefert bekam, den Stempel wegen der vergangenen Stunde umstellte (was bei Stempeln der Gruppe 20a und 20b ja oft problematisch war), hinten seinen Probeabschlag anbrachte (was so nicht in Ordnung war, denn Aufgabe war vorne zu stempeln) und er dann, zufrieden mit dem Ergebnis, vorne weitermachte.

Dieses Prozedere kenne ich nur in ganz wenigen Fällen und bin froh, es euch zeigen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.12.2021 12:50:42 Gelesen: 141170# 763 @  
Liebe Freunde,

ein kleiner Zugang meiner noch kleineren Spezialsammlung "1851" kann ich aus München vermelden, wo man eine 2II Platte 2a so schludrig mit dem kaum erkennbaren 217 entwertete, dass sich im Verlauf des Transports jemand bemüßigt fühlte, mit der Feder nachzuhelfen.



Ansonsten ging der Brief am 11.7.1851 unbeschadet auf seine Reise an den Privatier Pfeil in Augsburg, wo damals noch mit den Zweikreisstempel Eingang gestempelt wurde und nicht, wie bald danach, mit dem Halbkreisstempel des Augsburger Bahnhofs.

Leider weiß ich nicht mehr, wofür ein grünes Siegel steht - wer kann aushelfen?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 08.12.2021 14:03:12 Gelesen: 141161# 764 @  
@ bayern klassisch [#763]

Hallo Ralph,

im Mittelalter wurde grünes Siegelwachs von Klöstern und Stiften verwendet, aber im 19. Jahrhundert wohl nicht mehr so exklusiv, wie auch rotes Wachs für Kaiser und König, weißes für freie Städte oder schwarzes für Ritterorden.

Oder der Absender war Ire. ;)

Liebe Grüße,
harald
 
bayern klassisch Am: 08.12.2021 14:42:26 Gelesen: 141153# 765 @  
@ bignell [#764]

Lieber Harald,

ja, das war schon ein bisserl her mit dem Mittelalter und ich glaube auch nicht, dass das 1851 Teil des Allgemeinwissens war, aber es könnte natürlich trotzdem sein.

Ich habe unlängst, vor wenigen Wochen/Monaten, etwas über die Siegelfarben des 19. Jahrhunderts gelesen, weiß aber natürlich mal wieder nicht mehr wo genau. Rot war Standard, nicht nur für Verliebte, :-) und Schwarz stand für Trauer. Grün hatte wohl eine andere Funktion, aber die weiß ich eben nicht mehr. Blau kenne ich gar nicht und gelb habe ich bei Myriaden von Briefen nur eine Handvoll mal gesehen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 14.12.2021 17:23:22 Gelesen: 140544# 766 @  
Liebe Freunde,

den Brief habe ich diese Woche bei Ebay aufgestöbert und für kleines Geld bekommen.

Bei der Interpretation haperts noch etwas.

Klar ist:

J.P.S. Jenseitige Parteisache vom Fürstlichen Herrschaftsgericht Schwarzenberg „An das Königliche Landgericht Windsheim“. Handschriftlich 1 fl 23 kr durch Postvorschuss erhalten und die Gewichtsangabe 2 Loth.

Aber von wem stammt der Postvorschuss und wer hat das Geld erhalten?

Was bedeutet die Taxierung mit Rötelstift?

Gruß, Siegfried


 
bayern klassisch Am: 14.12.2021 17:58:18 Gelesen: 140536# 767 @  
@ siegfried spiegel [#766]

Hallo Siegfried,

ob das JPS Jenseitige Parteisache heißt, weiß ich nicht. Ich kenne das als Justiz-Parthei-Sache.

1f37 in Rötel = 1 Gulden 37 Kreuzer zu erheben vom Empfänger.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
siegfried spiegel Am: 15.12.2021 09:22:42 Gelesen: 140501# 768 @  
@ bayern klassisch [#767]

Hallo Ralph,

heißt das, der Absender (also das Herrschaftsgericht Schwarzenberg) hat vom Expeditor 1 Gulden 23 Kreuzer bereits bei Aufgabe des Briefs bekommen und die Differenz von 14 Kreuzern war das Porto?

Beste Grüße, Siegfried
 
bayern klassisch Am: 15.12.2021 11:35:54 Gelesen: 140483# 769 @  
@ siegfried spiegel [#768]

Hallo Siegfried,

da ich ja keine Fahrpost sammle, hier nur eine Laienauskunft: Ja, müsste Porto sein und evtl. noch weitere Gebühren, die es nur bei der Fahrpost gab (Procura usw.).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Magdeburger Am: 15.12.2021 12:26:01 Gelesen: 140474# 770 @  
@ siegfried spiegel [#766]

Hallo Siegfried,

leider kam ich hier nicht sehr viel dazu schreiben. Links oben ist noch das Gewicht von 2 Loth für den Brief notiert worden. Wie Bayern Klassisch schon schrieb, wird neben dem Porto noch ein ProCura erhoben.

Ob bei der aufgebenden Postanstalt ein Vorschuß schon bei der Einlieferung ausbezahlt wurde, kann ich nicht sagen, in Preussen haftete der Postbeamte für den vorgeschossen Betrag.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
bayern klassisch Am: 22.12.2021 10:02:35 Gelesen: 139745# 771 @  
Liebe Freunde,

ein Ganzsachenkuvert aus Bamberg vom 23.12.1871 war adressiert worden an:



Ihre Wohlgeboren Fräulein Friederike Cronenberg per Adresse Herrn J. Cronenberg Capitain Darmstadt Alter Rosdorfer Weg No. 9. Ein Massenprodukt also, damals wie heute. Doch sollte man nicht die Rechnung ohne den Wirt machen und mit Wirt meine ich nicht den Inhalt, weil nicht mehr vorhanden, sondern die Siegelseite und was auf der prangt, hätte ich nie erwartet: Ein Stempel der königlichen Hauptzeitungsexpedition Bamberg vom selben Tag in grünblauer Farbe!

Die Stempel der Hauptzeitungsexpeditionen kennen wir als Entwerter für diverse Spielarten von Frankaturen (Weiterleitungen, Zeitungsnachsendungen usw.), aber als siegelseitigen Stempel habe ich dergleichen noch nie gesehen.

Frage: Warum schlug man dort diesen Stempel hinten ab? Als Absenderstempel? Als Transitstempel? War der Absender dort dienstlich beschäftigt und wollte im Falle einer Nichtzustellung haben, dass man das Kuvert an diese Adresse zurück sandte?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.12.2021 11:47:16 Gelesen: 138859# 772 @  
Liebe Freunde,

wie gut, dass es Briefe gibt/gab, an denen man sich ein wenig die Zähne ausbeißen kann - so wie dieser hier aus Nürnberg vom 25.8.1829 an Herrn August Seidel in Neustadt an der Orla, Thurn und Taxis. Die bayer. Strecke bis Hof betrug 113 km, also 15 Meilen, somit hätten wir bei einem einfachen Brief 6x (x = Kreuzer) Porto, bei einem schweren 9x Porto, aber Nürnberg hatte 10x Porto notiert (links neben "Neustadt"), die ich so nicht nachvollziehen kann.



Taxis strich die bayer. Forderung von 10x ab mit Rötel, reduzierte diese in 2 1/2 Gutegroschen (Ggr.) oben links und addierte für sich einen halben Ggr. hinzu, so dass die Abgabepost in Neustadt/Orla mit 3 Ggr. belastet wurde. Doch da hatte man die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn der gute Aug. Seidel zahlte nicht (siegelseitig: "Wird unfrankirt nicht angenommen", Stempel Neustadt.Orla".

Die Verweigerung der Zahlung eines Portos kam der Annahmeverweigerung juristisch gleich, so dass dergleichen Briefe wieder mit Porto belastet der Aufgabepost zuzuleiten waren.

Jemand (wer?) notierte nun in roter Tinte vorne quer "pro 11x retour", wollte also 11x für den Brief haben. Nun sind 11x aber das Äquivalent von 3 Silbergroschen (Sgr.), der nur 3,5x wert war und bei 3 Sgr. wurde auf 11x aufgerundet. 3 Gutegroschen waren aber 12x wert - aber so hat man wohl nicht gerechnet.

Nachdem der Brief zurück gelaufen war, galt es den Absender festzustellen, der ja, siehe vorne, 11x zahlen sollte. Allerdings lesen wir hinten "Georg Hilpert. 10x P(or)to". Das dürfte Nürnberg geschrieben haben, wobei sie weder 12x, noch 11x ansetzten, sondern nur die einst falsch errechneten 10x für die bayer. Strecke.

Die Feststellung des Absenders dürfte von außen nicht möglich gewesen sein, da das Trockensiegel kaum etwas hergibt. Ergo müsste man ihn nach Aushängens in der Vitrine für Retourbriefe in Nürnberg nach einigen Wochen der Retourbriefcommission vorgelegt haben zur Eröffnung, damit der Absender festgestellt würde. Aber in diesem Fall hätte man zwar mit roter Tinte den Absender siegelseitig notieren müssen und auch das zu zahlende Porto, aber das wären sicher keine 10x gewesen, denn Taxis wollte ja auch Geld für seine Beförderungsleistung sehen. Des weiteren waren diese geöffneten Briefe mit Wachs (später einem Wäppchen) zu verchließen, damit der Absender sehen konnte, dass der Brief von den doppelt vereidigten Beamten der Retourbriefcommission geöffnet worden war. Aber das 2. Siegel fehlt - es gibt nur das einstige Originalsiegel des Absenders - undefinierbar.

Inhalt: "Herrn August Seidel, Neustadt an der Orla, Nürnberg den 20. Aug. 1829 (wohlgemerkt 5 Tage vor der Postaufgabe!!).

Durch ein Attest vom hiesigen Kreis- und Stadtgericht bin ich beauftragt, die ausständigen Posten des Herrn J. F. Pfahler einzutreiben.

F(lorin) 76. 46 (Kreuzer) restieren Sie noch laut den Büchern. Sie wollen daher längstens in 4 Wochen anzeigen, wie und auf welche Weise Sie diesen Gegenstand am schnellsten ordnen wollen, da im Gegentheil ich genöthigt bin, nur durch strenge Maasregeln diese Sache zu ordnen. Ich empfehle mich Ihnen Ergebenst Georg Hilpert".

Liebe Grüsse von byern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.01.2022 00:18:18 Gelesen: 137950# 773 @  
Liebe Freunde,

einen Brief aus Bayern vom 19.7.1870, dem Tage der Kriegserklärung des 1870/71er Krieges, mit Leitwegangaben "durch die Schweiz" kann sicher nicht jeder zeigen, aber ich hatte das Glück einen solchen schnappen zu können. 4 Wochen Leitungswasser und Brot vom Vortag bei der Bäckerei schmälern meine Freude daran aber nicht im geringsten.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.01.2022 00:13:48 Gelesen: 137309# 774 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief ohne erkennbaren Absender, ohne Inhalt und ohne Datum. Warum kauft man denn so etwas? Gute Frage!

Vlt. weil der Brief "An die Koenigl. Bayer. Special - Steuer - Liquidations Commission in Spalt" lief, von der Aufgabepost (Stempel ROTH bekannt von 1822-35) mit 4 Kreuzern taxiert in Spalt nicht zugestellt werden konnte, denn dort notierte man lapidar: "retour ist abgereist".

Nun könnte man vermuten, dass Briefe an Personen, die abgereist waren, ohne eine neue Anschrift zu hinterlassen, wieder zurückschicken werden mussten - aber bei einer Behörde? Jedenfalls sind mir so gut wie keine Briefe von Behörden an Behörden bekannt, die mit diesem Retourgrund versehen worden wären.

Wenn jemand eruieren könnte (mir gelang es den Abend über nicht), von wann bis wann diese Commission in Spalt ansässig war, wäre das toll.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 12.01.2022 10:40:04 Gelesen: 137172# 775 @  
@ bayern klassisch [#774]

Hallo Ralph,

man kann die Steuer Liquidations Commissionen in Bayern noch bis 1846 finden, wie es bei Spalt aussieht, da könnte vielleicht ein Heimatsammler helfen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 12.01.2022 12:30:30 Gelesen: 137149# 776 @  
@ Gernesammler [#775]

Hallo Rainer,

vielen Dank - leider kenne ich keinen "Spalter", aber die zeitliche Eingrenzung ist ja schon mal viel mehr, als ich ermitteln konnte (nämlich gar nichts, wie immer).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 10.02.2022 10:21:11 Gelesen: 132484# 777 @  
Liebe Freunde,

was macht man als Fürther, wenn man eine Rechnung nach Ichenhausen über 12 Meilen innerbayerisch versenden muss, die 6 Kreuzer Franko verlangt hätte?

Richtig - man schmuggeln den Brief irgendwie nach Augsburg, wo es wohl weitere Kunden des Handelshauses Eugen Blumgart in Fürth gab und gab ihn dort für günstige 3 Kreuzer zur Post nach Ichenhausen, jetzt unter 12 Meilen. So geschehen im Jahre des Herrn 1854.





Diese "Schmuggelbriefe" sind gar nicht so selten, aber finden muss man sie halt erst einmal.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.02.2022 23:17:05 Gelesen: 132390# 778 @  
Liebe Freunde,



heute ein etwas örtlich verwirrender Brief aus Kraiburg vom 18.10.1867 mit folgender Original-Adresse:

"Dem Joh. Streicher (od(er) dessen Nachfolger), Hafner, Siebengattern zwischen Vilsbiburg und Ganghofen (Post Gangkofen?)"

Später wurde unter "od. dessen Nachfolger" vermerkt: "Anna Maria Busner" und Siebengattern (heute zu Mitterskirchen gehörig) wurde ebenfalls gestrichen und "Binabiburg" vermerkt.​ Soviel zur Verwirrung aller.

Dank der 5 sehr gut abgeschlagenen Stempel können wir den Laufweg nachvollziehen:

Kraiburg, 18.10.1867, Mühldorf 19.10.1867, Vilsbiburg 20.10.1867, Ganghofen 20.10.1867, Korrektur der Adresse, Vilsbiburg 22.10.1867 und von dort mit dem Landpostboten nach Binabiburg.

Der Absender hatte auf die Verwendung einer 3 Kreuzer Marke verzichtet und dem Herrn Streicher bzw. dessen Nachfolgerin Frau Busner, die Zahlung von 6 Kreuzer damit aufgezwungen. Ob man sich bei einem frankierten Brief auch soviel Mühe gegeben hätte? Ich glaube schon.

Ich liebe solche Briefe, auch wenn ich jetzt 3 Pizzen weniger in diesem Monat kredenzt bekomme. :-(

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 11.02.2022 11:46:15 Gelesen: 132230# 779 @  
@ bayern klassisch [#778]

Hallo Ralph,

schönes Stück welches gut in die kleinen Sammlungen Portobriefe in der Markenzeit passt, besser geht nicht.

Drei Pizzen weniger spart das Fitness, ist doch auch positiv.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 11.02.2022 13:11:53 Gelesen: 132216# 780 @  
@ Gernesammler [#779]

Hallo Rainer,

wahre Worte - während die 3 Pizzen längst den Verdauungsapparat durchschritten haben, freut man sich an Schmankerl wie diesen so lange man lebt. Aber ich finde zu wenig dieser Schmankerl, als dass meine Wampe merklicher zurück ginge. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 12.02.2022 13:15:21 Gelesen: 132087# 781 @  
Liebe Freunde,

ein Chargébrief im 1. Gewicht aus Landshut vom 30.10.1875 an die Kirchenverwaltung Perka in Biburg. Der Ort Perka hat heute 43 Einwohner (abgezählt) und ist in Biburg eingemeindet (Biburg damals knapp 500 Einwohner und damit auch keine Großstadt). Die Dienstanweisung vom 9.6.1872 fand Anwendung in der Tatsache, dass die Aufgabepost mit rotem Stift den Recovermerk unterstreichen sollte. Ansonsten war der neue Stempel "Eingeschrieben No ..." ab 15.2.1875 zu verwenden - diese Stempel sind in guter Erhaltung nicht häufig, da sich die Stempel schnell abnutzten und keine lesbaren Abschläge mehr hinterließen.



Beide Orte gehörten zum Landpostbezirk von Abensberg. Aber der Absender hätte seine Ortsangabe präzisieren sollen, denn Perka kannte in Landshut keiner und Biburg gab es allein in Bayern schon 4, in Österreich auch noch 2!

Ergo notierte, wer auch immer, später "Abensberg" und leitete so die korrekte Absendung des Einschreibens ein. 3x Franko bis 15g und 7x Reco ergaben die frankierten 10x.. Dass es dann noch Wasserzeichen weite Welle ist, statt des üblichen Wasserzeichens X oder Y, macht die Sache sicher nicht schlechter.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.03.2022 16:56:10 Gelesen: 128059# 782 @  
Liebe Freunde,

optisch eine Null, aber alles in allem sicher keine Null:




In Hof an der Saale frankierte man mit 4 Kreuzern siegelseitig einen Brief nach Pegnitz bei Bayreuth an den bekannten Empfänger Glenk. Aber schon die Siegelseite verwundert, steht da doch "Voerde und Bayreuth 31.12.1841". Dabei muss man wissen, dass das preussische Voerde am Niederrhein von dem oberfränkischen Bayreuth bescheidene 540 km Fahrstrecke entfernt liegt, also nicht eben einen Steinwurf weit, sondern 8 Tage mit der Postkutsche (und dann kämen noch die sicherlich üblen winterlichen Verhältnisse dazu).

Im Inhalt erkennen wir, dass der in Hof am 3.1.1842 aufgegebene Brief aber aus Bayreuth stammte, auch tatsächlich vom 31.12.1841 datierte und Bestellungen enthielt, die von der Firma Zipperfeld und Bilstein in Voerde zu erledigen waren.

Hof - Pegnitz waren in direkter Linie 68 km = über 6 bis 12 Meilen, also wog der Brief bis 1/2 Münchener Loth.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.03.2022 11:12:14 Gelesen: 127196# 783 @  
Liebe Freunde,

Vermittlungsbriefe aus Braunschweig kenne ich bisher nur von einer einzigen Firma, nämlich dieser hier: E. B. Denike & Co aus Braunschweig. Hier belegt (leider ohne Inhalt) auf einem "Ortsbrief" aus Würzburg vom 2.11.1864 mit der 1 Kreuzer gelb Nr. 8, wodurch sich eine Ersparnis von paritätisch 9,5 Kreuzern rheinisch nachweisen lässt (üblich von Braunschweig waren damals 3 Silbergrosch = 10,5 Kr., postalisch waren es nur 9 Kr., aber auch das ist viel gespartes Geld).



Derzeit sind mir nur eine Handvoll dieser Briefe bekannt und ich bin sehr froh, diesen zeigen zu können (üblich waren wohl 3 Kr. Briefe aus München, die mir vorlagen, aber auch die sind äußerst selten) und die über die Firma Pichler seel. Erben in München abgewickelt wurden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.03.2022 11:31:01 Gelesen: 127192# 784 @  
Liebe Freunde,

ein Portobrief aus Pirmansens (damals noch Pirmasenz geschrieben) vom 25.1.1849 an das württembergische Amtsnotariat in Creglingen (erst ab 1857 mit eigener Post) kostete: 8 Kr. Gemeinschaftstaxe für Bayern und Baden nach dem Postvertrag vom 1.8.1843 zwischen Baden und Bayern halbscheidig zu teilen bis 1/2 Loth) in schwarzer Tinte und 6 Kr. für Württemberg ab der badischen Grenze = 14 Kreuzer. Der Bote (von welcher Post aus?) kassierte 2 weitere Kreuzer, so dass der Vermerk: "Auslage 16 x" links unten sicher passte.



Vormarkenzeitsbriefe aus Pirmasens sind sehr selten - die Preise von 20 Euro sind ein Witz für den Kenner und einen viel Schöneren habe ich nicht gesehen, dazu als 3 Länderbrief mit Gemeinschaftsporto und Botenlohn ein Traum.

Im Inhalt geht es um einen verstorbenen Rabbi dort, wobei man familiäre Bande in Pirmasens vermutete, sie aber kaum fand. Auch das hochinteressant! Wegen der Größe des Schreibens aber nicht abbildbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.03.2022 11:39:27 Gelesen: 127190# 785 @  
Liebe Freunde,

nicht jeder Pfalzbrief ist auch ein echter Pfalzbrief - hier zeige ich einen Brief aus Kitzingen am Main vom 14.4.185?, der nicht dort zur Post gegeben wurde, sondern über Main und Rhein nach Deidesheim geschmuggelt wurde, wo er mit 6 Kr. frankiert als Brief über 1-4 Loth innerpfälzisch nach Neustadt an der Haardt geleitet wurde. Als schwerer Brief hätte er von Kitzingen aus 12 Kr. erfordert, so hat man sich die Hälfte gespart.



Briefe aus dem rechtsrheinischen Bayern nach der Pfalz auf krummem Wege wie hier kenne ich nur eine Handvoll und das ist wohl der Schönste von allen, wenn ich mich nicht täusche. Danke an Kitzingen, Deidesheim und das, was wir lieben (frei nach Loriot).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Ameise Am: 22.03.2022 13:28:10 Gelesen: 127048# 786 @  
Hallo,

hier habe ich einmal einen Brief aus "FÜRTH" und mich würde interessieren was der Rechteckstempel 2z "BESTELLG." bedeutet:



Der Brief scheint fehlgeleitet zu sein. Da steht etwas von Chemnitz und da gibt es in der Datenbank auch einen Stempel [1]. Leider steht da auch nicht dabei welchen Zweck der Stempel hat.

Danke schon einmal für eure Antworten.

Viele Grüße
Enrico

[1] https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/044667
 
bayern klassisch Am: 22.03.2022 13:50:48 Gelesen: 127045# 787 @  
meise [#786]

Hallo Enrico,

zu dem Stempel kann ich nichts sagen, weil es kein bayerischer Stempel war.

Die Aufgabepost in Fürth taxierte ihn als Portobrief unter 1 Loth über 20 Meilen nach Frankfurt an der Oder mit 4 Silbergroschen korrekt. Dort war der Empfänger aber nicht mehr und der dortige Briefträger notierte "verte" für "hinten" vorne und auf der Siegelseite "Bereits abgereist. Steller, Briefträger". Da die Post in Fürth die Post in Frankfurt/Oder mit 4 Sgr. belastet hatte, die man dort wegen mangelndem Empfänger nicht beikassieren konnte, stempelte man in Frankfurt "Entlastet" und notierte weitere 3 Groschen für die Leitung von Frankfurt nach Groß-Röhrsdorf (man kannte aber die neue Anschrift und korrigierte die Adresse mit "nach Groß-Röhrsdorf bei Chemnitz 18/11/54".

Dort wurden jetzt 7 Neugroschen fällig, was meines Erachtens falsch war, weil der Brief offensichtlich nicht in Frankfurt an der Oder den Postweg verlassen hatte. Er hätte weiterhin nur mit 4 Groschen belastet nach Groß-Röhrsdorf weitergeleitet werden müssen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Ameise Am: 22.03.2022 14:04:23 Gelesen: 127042# 788 @  
Vielen Dank Ralph,

das nützt mir schon. Ich war mir nicht ganz sicher ob er in Chemnitz aufgebracht wurde.

Das scheint nun sicher zu sein.

Viele Grüße
Enrico
 
bekaerr Am: 17.04.2022 15:48:06 Gelesen: 122444# 789 @  
Hallo zusammen,

zeige hier einen Ortsbrief von Mellrichstadt an daas Königliche Bezirksamt.



Wenn ich Helbig richtig interpretiere, handelt es sich um die Nr. 1, Typ 11b. Helbig nennt einen Verwendungszeitraum von 1876 bis 1878. Ausweislich der Datumsangabe im Innenteil, ist dieses Stück hier aber deutlich älter, nämlich von 1864.

Der Brief wurde portofrei befördert, links unten lese ich den Vermerk "R. B. / E + Nr." Was bedeutet dieser Vermerk?

Inhaltlich geht es wohl um eine Armensache, obwohl der schwarze Rand sehr an einen Trauerbrief erinnert.. Bruchstückhaft lese ich etwas vom "Vorstand der Armenpflege", "Sophia Schneider", "576 x(Kreuzer?" "in das Spital Schweinfurt". Weiter unten findet sich die Bitte "576 X einzahlen zu wollen".

Zur Vervollständigung hier noch das Papiersiegel:



Beste Grüße,
Bernd
 
bayern klassisch Am: 17.04.2022 15:58:34 Gelesen: 122442# 790 @  
@ bekaerr [#789]

Hallo Bernd,

du zeigst keinen Ortsbrief, sondern einen Lokalbrief, also aufgegeben und zugestellt innerhalb des Postbezirks einer Poststelle. Er wurde am 24.3.1864 in Willmars von der dortigen Armenpflege als portofreier Dienstbrief R. S. = Regierungs - Sache Expeditions-Nr. 277 aufgegeben, womit schon ein Teil deiner Fragen beantwortet sein dürfte.

Der Tod seiner Majestät war dafür verantwortlich, dass alle Dienststellen in Bayern Trauerkuverts bzw. Traueramtspapiere zu verwenden hatten, wie auch bei dir [2].

Max II Joseph war am 10.3.1864 verstorben und für 12 Wochen war Staatstrauer angeordnet worden, um des Toten zu gedenken.

Der Scan zum Inhalt ist nicht gut für mich zu erkennen - es ging wohl um 5f 6x (also 5 Gulden und 6 Kreuzer), soweit ich das interpretieren kann.

Liebe Grüsse,
Ralph

[1] https://www.willmars.de/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_II._Joseph_(Bayern)
 
bekaerr Am: 17.04.2022 17:06:08 Gelesen: 122422# 791 @  
@ bayern klassisch [#790]

Hallo Ralph,

erneut vielen Dank für die rasche und ausführliche Antwort. Was hältst Du von dem Datum, bzw. der Diskrepanz zu den Angaben im Helbig. Das ist ja keine unerhebliche Abweichung.

Beste Grüße,
Bernd
 
bayern klassisch Am: 17.04.2022 17:15:14 Gelesen: 122419# 792 @  
@ bekaerr [#791]

Ich liege hier mit meinem eingeschlafenen Kätzchen (eine ältere Maine Coon Dame) und kann daher nicht nachschauen, aber dieser Stempel sollte einer aus den 1850er bis frühen 1860er Jahren sein.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 17.04.2022 22:49:50 Gelesen: 122369# 793 @  
@ bekaerr [#789]

Hallo Bernd,

Dein Stempel von Mellrichstadt ist die 11 b und der wurde verwendet von 1852-1870.

Der Brief ist von 1864 also alles in Ordnung, schöner sauberer Abschlag.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 19.04.2022 14:21:08 Gelesen: 122141# 794 @  
Liebe Freunde,

diesen portofreien Brief aus Landshut vom 12.5.1849 von der k. Regierung und von Niederbayern, Kammer des Inneren, an das bischöfliche Ordinariat in Passau (hinten blank) habe ich gekauft, obwohl er belegt, dass ich 40 Jahre lang der festen Überzeugung war, dass es ihn (unten links) so nie geben konnte - und doch gibt es ihn.



Früher hieß es, dass Dienstbriefen Akten, Beilagen, Anlagen, Urkunden, Einbände, Unterbünde usw. angehängt werden konnten (i. d. R. mit Bindfaden) und diese dann zusammen transportiert wurden, was auch in 99,99% der Fälle, in der diese Briefe unten links dergleichen ausgewiesen haben, zeigen.

Aber hier lese ist erstmals: "Mit 1 Act u(nd) Beilage". Man hat also unterschieden zwischen Akte und Beilage. Bisher dachte ich (und sicher nicht ich allein), dass dies dasselbe sei und man dann halt "mit 2 Beilagen", oder "mit 2 Akten" geschrieben hätte. Aber offensichtlich unterschied man Akt von Beilage, warum auch immer, oder sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Ameise Am: 19.04.2022 16:40:18 Gelesen: 122112# 795 @  
Hallo,

heute einmal ein Brief von "AUGSBURG" nach Großröhrsdorf:



Was mich hier interessiert, ist das Wort "Abends" (rot) ein Tageszeitstempel, also auch wirklich ein Stempel, der in Augsburg aufgebracht wurde?

Ich denke ja, aber ich könnte mich auch irren, deshalb frage ich hier einmal nach.

Und in der Stempeldatenbank gibt es die Stempelart "Tageszeitstempel" nicht. Die Stempelart habe ich aus Feuser/Münzberg - Vorphila.

Soll der Stempel, wenn es denn einer ist, unter "Nebenstempel (sonstige) hochladen werden?

Danke wieder für die Antworten und viele Grüße
Enrico
 
bayern klassisch Am: 19.04.2022 16:52:24 Gelesen: 122106# 796 @  
@ Ameise [#795]

Hallo Enrico,

die Stempel "Morgens" und "Abends" wurden im 1. Halbjahr 1843 bei den Hauptbriefpostexpeditionen am Sitz der Oberpostämter (OPÄ) eingesetzt, was sich aber letztlich nicht bewährt hatte und danach sind sie verschwunden. Sie sollten bei mehreren, täglichen Postabgängen und Posteingängen anzeigen, wann diese erfolgt waren.

Da es in Augsburg eine Hauptbriefpostexpediton gab, war der Stempel in Augsburg abgeschlagen worden.

Sehr selten sind Briefe von Hauptbriefpostexpedition an Hauptbriefpostexpedition und die von beiden Poststellen je einen solchen Stempel bekamen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Ameise Am: 19.04.2022 17:11:04 Gelesen: 122093# 797 @  
@ bayern klassisch [#796]

Hallo Ralph,

wieder vielen Dank für Deine Erklärungen. Also ist der Schriftzug "Abends" ein Stempel. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er per Handschrift geschrieben oder als Stempel aufgebracht wurde.
Nun weiß ich Bescheid.

Viele Grüße
Enrico
 
bayern klassisch Am: 05.05.2022 13:48:56 Gelesen: 119391# 798 @  
Liebe Freunde,

einen schönen Brief der Ulmer Firma Marx & Schnell (Spitzname: Machs schnell!) wurde am 16.3.1864 in Neu-Ulm mit 6x frankiert zur Post gegeben und war an Sebastian Obermayer in Eggenfelden gerichtet, wofür bis 1 Loth über 12 Meilen tarifgerecht frankiert worden war.



Der Inhalt, eine Rechnung, ist eher belanglos, belegt aber den württembergischen Versender.

Bei über 204 km in direkter Linie hätte man von Ulm aus 9 x frankieren müssen - hier also wieder 3 x gespart.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.05.2022 13:45:17 Gelesen: 119154# 799 @  
Liebe Freunde,



mal hin, mal her - nur der Inhalt wußte damals den Empfänger nicht so recht zu überzeugen. Ein nettes Stück aus meiner Contraventions - Sammlung Bayern 1849-1875.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.05.2022 11:08:37 Gelesen: 117084# 800 @  
Liebe Freunde,

einen der komplexesten Briefe, die ich (als Pfälzer) von der Pfalz kenne, konnte ich am Wochenende beim Treffen der Arbeitskreises Pfalz auf der dortigen Mini-Auktion erwerben und möchte ihn euch nicht vorenthalten.



Üblicherweise glaubt man, dass sehr schwer zu interpretierende Briefe i. d. R. diejenigen sind, die über 5 Länder liefen, 10 Taxen und 15 Stempel aufweisen, aber es geht auch ganz anders, nämlich bei diesem Dienstbrief aus Vorderweidenthal (damals noch ohne eigene Post) in der Pfalz, der am 24.10.1848 bei der Postexpedition Annweiler als R(egierungs) S(ache) portofrei aufgegeben wurde. Empfänger war das Kgl. Staatsprokuratoriat in Zweibrücken. Der Brief lief portofrei hin und her (oben rechts unter der Expeditions-Nr. 17).

Aber am 10.11.1848 wollte man ihn wieder verschicken, jetzt unter der Expeditions-Nr. 4 oben rechts in sepia Tinte, und so stempelte die Aufgabepost in Annweiler nun mit diesem Datum den Brief erneut, taxierte ihn aber jetzt mit 4 Kreuzern in Rötel.

Das war ein Problem, denn der Empfänger in Zweibrücken notierte am 12.11.1848 siegelseitig: "zurückgewiesen, weil nicht frankirt. Zweibrücken 12 Novb. 1848 druch Staatsprocurator gez. Unterschrift".

Am 14.11.1848 war er dann ausweislich seines Ankunftsstempels wieder in Annweiler, aber, warum auch immer, wußte man nicht mehr, wer ihn abgeschickt hatte und man sollte doch 4 Kreuzer vom Absendere einfordern, den man nicht kannte.

Also steckte man den Brief 4 Wochen lang im Postlocal von Annweiler öffentlich sichtbar aus in der Hoffnung, es möge der Absender in dieser Zeit vorbeikommen und seinen Brief für 4 Kreuzer auslösen. Aber das war leider nicht der Fall.

Also sandte man den Brief intern mit der Dienstpost (daher keine Stempel!) an das vorgesetzte Oberpostamt in Speyer (für die ganze Pfalz zuständig) mit der Bitte um Eröffnung des Briefes und Ermittlung des Absenders.

Die doppelt vereidigten Beamten der Retour-Brief-Commission in Speyer öffneten den Brief mit dem Federmesser und lasen nun NICHT den Inhalte (das Briefgeheimnis war auch in diesen Fällen stets zu wahren), sondern nur die Teile, aus denen der Absender hervor ging. Nach Ermittlung des Absenders war der Name desselben in roter Tinte siegelseitig zu notieren - hier: "Bürgermeisteramt Vorderweidenthal, 4x" und der Brief mit dem Amtssiegel der Retourbriefcommission Speyer zu verschließen, was auch getan wurde. Inklusive war hier also auch die Prüfung der Höhe des Portos, nämlich 4 Kr. für Briefe innerhalb der Pfalz über 1/2 und 1 Loth (8,75-17,5 g). Diese Dienstleistung war kostenlos!

Nun leitete ihn Speyer intern mit der Dienstpost zurück nach Annweiler, wo man ja noch immer auf seine 4 Kreuzer wartete. Da der Brief nun von Annweiler nach Vorderweidenthal gebracht werden musste, tat dies ein Cantonsbote, der für seinen Gang aber mit 3 Kreuzern entschädigt werden wollte, so dass er mit Bleistift "Port(o) 7x" anfügte und diese auch vom Absender kassierte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.05.2022 11:31:30 Gelesen: 117076# 801 @  
Liebe Freunde,

den darf ich den hier heute zeigen:





Portofreier Dienstbrief des Forstamts Eltmann an das Forstrevier Zeil vom 30.3.1858 (lt. Inhalt aber schon vom 17.3.1858).

Akkurat gestempelt in Eltmann, so wie man das kennt, kam er in Zeil am Folgetag an, bekam aber nicht einen Ankunftsstempel der Briefpost dort (Halbkreisstempel Type 11b Winkler), sondern allein denjenigen der dortigen Königlichen Güter Expedition Zeil, was man nicht alle Tage sieht.

Es gab, die Gründe sind vielschichtig, KGE-Stempel als Aufgabestempel und als Abgabestempel. Auf einen Brief mit KGE-Auf- und Abgabestempel warte ich noch, aber ich warte schon lange, sehr lange.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.05.2022 11:46:55 Gelesen: 117072# 802 @  
Liebe Freunde,

heute zeigen ich einen frankierten Dienstbrief aus Lorsch (Südhessen) vom 25.6.1872 an das Landgericht in Ludwigshafen (Pfalz, Bayern), mit 3 Kreuzern treffend frankiert, wo es am Folgetag ankam.



Innerhalb weniger Stunden beantwortete man das hessische Schreibung, frankierte es mit 3 Kreuzern und sandte es an das Landgericht in Lorsch zurück, wo es einen Tag später ankam.

Frankierte Dienstbriefe zwischen Gerichten sind schon nicht häufig, aber Hin- und Herbriefe, noch dazu innerhalb von 24 Stunden bearbeitet, beantwortet und versandt, kenne ich sonst nicht (und heute erst recht nicht).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 16.05.2022 12:03:35 Gelesen: 117067# 803 @  
@ bayern klassisch [#800]

Hallo Ralph,

ein sehr schönes Stück, Hin- und Her Briefe gab es ja öfters aber der hier ist ein Knaller und ein Beweis der Pedanterie der Postbeamten um 4 Kreuzer zu bekommen und zum Schluß mussten da ein Bote eingesetzt wurde sogar 7 gezahlt werden.

Auch die beiden nächsten Briefe darunter sehr interessante Postgeschichte, mich würde z.B. interessieren warum hat der Postbeamte den Stempel der KGE genommen, hat er sich vergriffen oder kam der Brief per Eisenbahn.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 16.05.2022 12:25:07 Gelesen: 117061# 804 @  
@ Gernesammler [#803]

Hallo Rainer,

vielen Dank für deinen netten Kommentar - ja, ein Hammerbrief.

Zu dem Stempel der Königlichen Güter Expedition kann ich sagen, ohne die örtlichen Verhältnisse zu kennen, dass Post- und Güterexpedition oft im selben Hause zugange waren und wenn man da nicht sauber trennte zwischen Gütern und Briefen, konnte es wohl schon mal drunter und drüber gehen. Das mit der Bahn ist daher nicht auszuschließen und wenn der eine links keine Zeit hatte, hat halt der andere rechts des Flurs für ihm mitgestempelt.

Generell gilt: Alle Briefe mit KGE-Stempeln sind selten, teils äußerst selten, sowohl was die Auf-, als die Abgabe angeht. Briefe vom/ins Ausland sind extrem selten - ich habe 2 davon und keine 5 in meinem Leben gesehen. Findet man unerkannte Briefe damit, darf man getrost zuschlagen - oft wird einem dieses Glück sicher nicht so hold sein.

Aber es waren halt nicht Postbeamte, die KGE-Stempel führten, sondern Expeditoren der Güterexpeditionen. Was bei der Aufgabe passieren konnte, war folgender Fall: Ein Absender hatte ein Paket abzugeben, und einen simplen Brief mit 3 Kr. frankiert. Wichtig war ihm das Paket, also ging er zur KGE, um sein Paket abschicken zu lassen (war ja nicht mit Marken frankierbar, also musste man selbst an den Schalter dort gehen!). War dies dann erledigt, fragte er vlt., ob er auch gleich dort seinen Brief frankiert abschicken lassen könnte, dann müsste er sich nicht in der Reihe der Postkunden anstellen. Sagte dann der Güterexpeditor zu, gab er diesem seinen Brief und der stempelte die Marke ab und gab ihn später seinem Kollegen jenseits des Flurs. Service, wie wir ihn heute kaum noch kenne, aber als Sammler sicher lieben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 18.05.2022 01:20:54 Gelesen: 116738# 805 @  
Liebe Freunde,

weiter gehts mit einem kleinen Schmuckstück - am 17.8.1860 schrieb ein Privater an das bayer. Landgericht in Parsberg (Brief ist hinten blank) einen mit 6x frankierten Brief, der bei der Königlichen Güter Expedition aufgegeben worden war, dann aber (siehe Mühlradstempel) wohl an die dortige Briefpoststelle weitergeroutet wurde.



Ganz ehrlich - von mir aus hätte der Güter-Expeditor auch die Marke gleich mit entwerten können, aber auch so ist der Brief sehr nett.

Briefe mit Stempeln der K.G.E. muss man suchen, und zwar eher lange. Auch aus der Pfennigzeit sind sie sehr selten und gesucht. Vlt. findet sich hier im Forum noch einer, damit meine beiden nicht so einsam sind ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 19.05.2022 11:54:02 Gelesen: 116390# 806 @  
Hallo Ralph,
Hallo Sammlerfreunde,

Frachtbrief vom 5.6.1856 aus Nördlingen über eine Nachnahmesendung für ein Fass Essig, Gewicht wurde hier eingetragen 720 Pfund, die Lieferung war für Herrn J.B.Wittmann in Ellingen bestimmt über die Bahnstation Pleinfeld.

Die Nachnahmegebühr betrug 4 Gulden und 56 Kreuzer, sowie die Frachtgebühr von 1 Gulden 18 Kreuzer, sonstige Gebühren waren 43 Kreuzer was gesamt dann 6 Gulden 17 Kreuzer ausmachte.

Gestempelt wurde mit Halbkreisstempel der Güterexpedition Nördlingen, "Güter Exped Nördlingen".

Anbei sind noch die Vorschriften der Eisenbahnexpedition Nördlingen auf der Rückseite in 15. Punkten beschrieben.

Gruß Rainer


 
bayern klassisch Am: 19.05.2022 13:59:39 Gelesen: 116351# 807 @  
@ Gernesammler [#806]

Hallo Rainer,

sehr schöner Frachtbrief mit den Halbkreisstempel der Königlichen Güter Expedition Nördlingen. So einen Brief habe ich unlängst erwerben können und wenn ich wieder einen in die Finger bekomme, soll es deiner sein, dann hast du eine perfekte Seite.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 22.05.2022 13:21:08 Gelesen: 115724# 808 @  
Liebe Freunde,

2 Briefe kann ich heute hier vorstellen:



1. A.S. (Armen-Sache) des Landgerichts Cadolzburg, da noch ohne eigene Post erfolgte die Aufgabe im nahe gelegenen Langenzenn am 19.4.1848 nach Ansbach. Der Brief blieb komplett portofrei, obwohl er als A.S. hätte das Dienstsiegel und die Unterschrift des persönlich haftenden Beamten vorne tragen müssen. Aber wo kein Kläger, da kein Richter.



2. D.A.S. (Dienstliche-Armen-Sache) aus Berching vom dortigen Stadtmagistra an das Landgericht in Beilngries mit 3 Beilagen. Leider ohne Inhalt, aber D.A.S. sind m. E. erheblich seltener, als A.S., die selbst schon keine Massenware darstellen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.05.2022 13:30:38 Gelesen: 115720# 809 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Chargébrief aus Eggenfelden, geschrieben im damals ca. 200 Einwohner habenden Hirschhorn bei Eggenfelden, natürlich noch ohne eigene Post.



Es ging um einen Schuldenfall zweier Barone und der Absender frankierte 4x siegelseitig notiert und zahlte auch die Chargégebühr von weiteren 4x. Er vermerkte aber nicht "frei gegen Schein, eilt", sondern nur "geg. Schein, Eilt".

Am 31.12.1845 ging er ab, erhielt aber keinen Ankunftsstempel. Ob er in Passau durch einen Expressen ausgetragen wurde, ist nicht sicher zu sagen. Manchmal hat man einlangende Expressbriefe nicht Ankunft gestempelt, weil man sich sofort um einen Expressen bemühte und das für eine läßliche Sünde hielt. Oder man hat es halt nur so vergessen. Auf der anderen Seite dürfte er am 1.1.1846 in Passau eingeschlagen sein und die Nacht vom 31.12. zum 1.1. ist bekanntlich die Längste des Jahres. Aber es wäre durchaus möglich, dass der Leiter des Appellationsgerichts mit der Passauer Post eine Vereinbarung getroffen hatte, dergleichen Briefe schleunigst zuzustellen. Mehr Briefe täten hier Not.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.05.2022 14:42:49 Gelesen: 115700# 810 @  
Liebe Freunde,



etwas unscheinbar kommt er daher, der portofreie Dienstbrief der Regierung von Schwaben und Neuburg aus Augsburg vom 7.1.1849, der adressiert worden war an: "den Gutsbesitzer Herrn Grafen v. Maldeghem in Riedhausen bei Günzburg. Prompt kam der Brief am Folgetag in Günzburg an (ca. 80 km westlich von Augsburg), wie uns der Ankunftsstempel belegt, doch scheint dort umgehend die Adresse korrigiert worden zu sein in Augsburg und er lief wohl noch mit derselben Post retour, mit der er seine Tour angetreten hatte, sonst wäre ein Ankunftsstempel von Augsburg desselben Tages kaum zu erklären.

Leider ohne Inhalt, aber trotzdem ganz nett, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.05.2022 19:13:14 Gelesen: 114406# 811 @  
Liebe Freunde,

für meine Mini-Sammlung galt es einen Brief der Kreuzerzeit zu erwerben, der fehl- bzw. umgeleitet wurde und der hinten einen Postablagestempel aufweisen sollte. So einfach ist und war das nicht, aber jetzt kann ich Vollzug melden (Mini-Sammlung "Hin, her und zurück").



Dienstbrief portofrei als RS vom katholischen Decanat Herzogenaurach an das katholische Pfarramt in Hausen Post Baiersdorf vom 20.10.1874. So weit, so gut.

Aber: Orte mit dem Namen "Hausen" gibt und gab es in Deutschland Dutzende und auch in Bayern war die Zuordnung damals nicht leicht.

Ausweislich der Siegelseite finden sich daher folgende Stempelabschläge:

Erlangen 20.10.

Forchheim 20.10.

Erlangen 30.10.

Baiersdorf 30.10. und last but not least Postablage Heroldsbach, natürlich ohne Datum.

Adresseitig wurde Baiersdorf gestrichen und mit Blaustift Forchheim hinzu gefügt und tatsächlich liegt zwischen Forchheim und Heroldsbach - Hausen!

10 Tage tiefster Knobelei haben ihn also doch final am richtigen Zielort ankommen lassen und ich freue mich sehr, ihn geschnappt zu haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.05.2022 14:44:38 Gelesen: 113682# 812 @  
Liebe Freunde,

keine klassische, portofreie Armensache, aber dennoch (oder gerade deswgen?) interessant:



Brief vom Bürgermeisteramt Landau an der Isar vom 26.10.1874 an die Gemeindeverwaltung Lokalarmenpflege Aeschach Bezirksamt Lindau im Bodensee.

Über den "frei"-Vermerk wurde die notwendige 3 Kr. Marke geklebt, denn eine Portofreiheit war hier nicht anzusprechen - die Expeditions-Nr. hatte man übrigens auch vergessen, machte aber nichts, wenn das treffende Franko verklebt worden war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2022 09:37:34 Gelesen: 112748# 813 @  
Liebe Freunde,





dank Sigi Deider kam dieses nette Stück auf den Markt bzw. in meine Sammlung:

Brief aus Bamberg vom 18.2.1863-68 vom Bahnhof Bamberg an das Erzbischöfliche Vikariat in Bamberg, also ein Ortsbrief.

Der Absender, Papiersiegel leider undefinierbar, ist nicht bekannt, Inhalt leider keiner mehr vorhanden, aber man schrieb unten links "markirt", also mit Briefemarke versehen.

Das war ein frommer Wunsch, denn eine Marke befindet und befand sich nicht auf dem Brief, statt dessen hat man ihn in den Briefkasten "Boite" des Bamberger Bahnhofs geworfen und die Aufgabepost notierte "Boite" und klebte eine 3x Portomarke auf, die sie auch gleich entwertete.

Die Streichung von "markirt" war nicht erlaubt, da dieser Terminus Teil der Adresse war und die Post nicht Adressteile streichen durfte.

Ich kenne nur wenige Briefe mit der Porto Nr. 1, die ursprünglich frankiert werden sollten, dann aber, weil die Post noch nicht geöffnet, oder längst geschlossen hatte, so auf ihre Reise geschickt wurden.

Interessant in diesem Zusammenhang auch, dass ein Generalvikariat, also nicht gerade eine Dorfbehörde, den unfrankierten Brief annahm, 3x auslegte und hoffte, diese irgendwann einmal wieder zu bekommen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2022 09:52:52 Gelesen: 112745# 814 @  
Liebe Freunde,

nach einem der längsten Bietergefechte dieses Jahrtausends gelang es mir, diesen Brief zum Ausruf zu erwerben:



Brüder Thalmessinger aus Ulm mit Postaufgabe in Neu-Ulm vom 9.6.186? als Postvereinsbrief über 20 Meilen direkt in den Waggon bei der Bahnpost eingeworfen nach Innsbruck an die Firma Löwe.

Da über 20 Meilen von Ulm und Neu-Ulm entfernt, ergab sich natürlich keine Portoersparnis, aber vermutlich hatte man an diesem Tage noch andere Poststücke nach Bayern oder Österreich eingeworfen, so dass es sich doch für den Ulmer Absender rechnete.

Aufgaben Ulmer Briefe direkt bei der Neu-Ulmer Bahnpost sind nicht häufig und setzten voraus, dass der Ulmer genau wusste, wo und wann er "zuschlagen" musste, um die schnellste Beförderung zu erhalten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 02.06.2022 12:09:41 Gelesen: 112036# 815 @  
Hallo Sammlerfreunde,

nochmals ein Frachtbrief vom 7.9.1867 aus Nördlingen über einen Ballen Papier mit 202 Zollpfund Gewicht spediert mit der Bahn.

Die Fracht wurde am 7.9.1867 in Nördlingen gewogen siehe Waagstempel unten und abgeschickt, Stempel KGE Nördlingen von hier ging es weiter nach Roth, Stempel KGE Roth am 9.9.1867 Vormittags dann weiter nach Georgensmünd, Stempel KGE Georgensmünd 10.9.1867 zurück nach Roth, Stempel KGE 10.9.1867 dann wieder nach Georgensmünd, Stempel KGE Georgensmünd 13.9.1867 um dann am gleichen Tag in Pleinfeld bei seinem Empfänger Carl Werzinger anzukommen, Stempel KGE Pleinfeld 13.9.1867.

Somit wurden auf dem Brief 6 Stempel von Königlichen Güter Expeditionen abgeschlagen davon 4 verschiedene, somit hat die Lieferung mit der Bahn 6 Tage gedauert, für die Nachnahme und Frachtgebühr waren 1 Gulden 10 Kreuzer zu zahlen.

Gruß Rainer





 
bayern klassisch Am: 02.06.2022 14:37:42 Gelesen: 111999# 816 @  
@ Gernesammler [#815]

Hallo Rainer,

da hast du wohl ein einmaliges Stück geschnappt - Umspeditionen der K.G.E. sind generell sehr selten - hier gäbe es 2 Gründe:

1. Nicht zustellbar zuerst, warum auch immer.
2. Der Empfänger wünschte eine andere Anlieferung, machte das aber dann rückgängig.

Die wahren Gründe werden wir wohl nie erfahren, aber toll, dass es so etwas feines überhaupt noch gibt.

Ich liebe diese Wiegestempel in Fingerhutgröße!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 16.06.2022 09:21:45 Gelesen: 108929# 817 @  
Liebe Freunde,

am 18.8.1820 ließ der kgl. Landrichter in Cronach/Kronach ein Duplikat einer Rechtssache als portopflichtige Partei-Sache an die freiherrliche von Redwitzische Lehens-Sequestration zu Redwitz auf 3x Stempelpapier gegen 6x Porto abgehen und vermerkte "gegen Empfangsschein".



Dieser Terminus ist ungewöhnlich, denn üblicherweise wurde "gegen Postlieferschein", oder "gegen Lieferschein" vermerkt. Alternativ wäre auch der Terminus Retour-Recepisse möglich, aber dienstliche Rückscheine wurden üblicherweise Lieferschein genannt. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Brief selbst nicht eingeschrieben wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.06.2022 12:25:24 Gelesen: 108869# 818 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen nicht häufigen Brief aus Regensburg vom 4.10.1836 an Madame Elie de Beaumont - poste restante - Croissanville Dept. du Calvados.





PV Bayern - Frankreich vom 1.1.1822. Portobriefe wurden taxiert nach Rayons - Regensburg lag im 4. Rayon, daher 9 Decimes von Strasbourg gestempelt und weitere 9 Decimes für Frankreich bis zur Empfängerin = 18 Decimes Gesamtporto.

Die Zahlen hinten kann ich nicht interpretieren - kann es einer? Waren es Gebühren und hing das mit poste restante zusammen [1] ?

In dem Brief schreibt der Absender, dass man ihm seine Briefe poste restante Nürnberg baldigst schicken sollte, also, wenn man so will, ein doppelter poste restante Brief, wie ich noch keinen zuvor gesehen habe.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A9once_%C3%89lie_de_Beaumont
 
bayern klassisch Am: 23.06.2022 13:12:29 Gelesen: 108396# 819 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen portofreien Dienstbrief des katholischen Pfarramts Nünschweiler an das Bezirksamt Zweibrücken mit Postaufgabe in Pirmasens vom 15.3.1864.



Wir erinnern uns des Todes seiner Majestät König Max am 10.3.1864, weswegen Hof- und Staatstrauer angeordnet wurde und unser Brief aus Nünschweiler datiert vom 11.3.1864, war also am Folgetag des Todes seiner Majestät verfasst worden. Demzufolge mussten alle bayer. Behörden informiert werden (mit dienstlichen Depeschen, Expressen usw., auch die Landbevölkerung und die kleinen Behörden wie hier, was ich mit diesem Stück erstmals beweisen kann, denn es hat einen Trauerrand und diese Papiere waren stets für solche Fälle vorrätig zu halten).

Nünschweiler gehörte ab dem 1.10.1858 zum Lokalbezirk der Postexpedition Pirmasens. Der Brief hätte also am 11.3.1864 in den Briefkasten dort eingeworfen werden sollen/können, aber dem war wohl nicht so, denn er zeigt keinen Ruralstempel und der Aufgabestempel von Pirmasens (12 km Laufweg bis dorthin) dürfte nicht in 4 Tagen zu erledigen gewesen sein, sondern in 2-3 Stunden. Gründe? Vlt. hatte man kurz nach Ableben seiner Majestät auch botenmäßig sehr viel zu tun, zu organisieren und der Laden kam in Pirmasens ein wenig in Unordnung, denn einen Ankunftsstempel von Zweibrücken gibt es auch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 23.06.2022 19:11:21 Gelesen: 108382# 820 @  
@ bayern klassisch [#819]

Hallo Ralph,

Der Brief ist durch die von Dir angestellte Beweisbarkeit der angeordneten Trauer an die bayrische Bevölkerung und deren Ämter ein Knaller.

Schön das man das mal sehen konnte.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 23.06.2022 19:48:28 Gelesen: 108379# 821 @  
@ Gernesammler [#820]

Hallo Rainer,

näher kann man dem Todestag der Majestät nicht kommen, weil er ja erst am 10. verstorben war und der Brief vom 11. ist. Ich habe ihn auf "Verdacht" gekauft und hatte Glück (dümmster Bauer, dickste Kartoffeln usw.).

Ich schenke ihn einem lieben Freund, der aus dieser Ecke kommt, sonst wäre er für dich reserviert worden.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 25.06.2022 12:38:12 Gelesen: 108341# 822 @  
Liebe Freunde,

keine Schönheit, aber für meine Contraventionssammlung reicht das Stück allemal:



Postablage Goßmannsdorf (Sem schreibt "Gohsmannsdorf"), Expedition Winterhausen vom 4.10.1867, nach Carlshütte bei Biedenkopf in Oberhessen (ehemals Thurn und Taxis, dann ab 1.7.1867 Preussen).

Die Postexpedition hatte hier vergessen ihre(n) Stempel abzuschlagen, aber der Brief kam auch so noch am selben Tag in Biedenkopf an.

Postablagenbriefe auf der Nr. 16 sind m. E. selten, in den DÖPV noch weitaus seltener und in das preussisch gewordene Hessen nur 6 Monate möglich gewesen.

Mein Scanner ist heute nicht so gut drauf - jeder Brief wirkt hässlich. :-(

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.07.2022 11:51:09 Gelesen: 107664# 823 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Augsburg aus Kriegshaber vom 25.7.1847 mit Postaufgabe dort erst am 29.7.1847 (!!) an Herrn Philipp Held in Regensburg, mit dem, wie der Absender schreibt, 2 Arten von Mustern angehängt wurden.

Den Beweis hierfür tritt die Vorderseite an (und es hatte wohl auch mit der Verzögerung zu tun), die heute noch 2 Dreiecke zeigt, die eingestanzt wurden und durch die die verschiedenen Seidenmuster mit Bindfäden gezogen wurden (längs, nicht quer, sonst hätte man nicht so perfekt Augsburg stempeln können.



Am Folgetag kam der Brief in Regensburg an.

Portokosten: 9 Kr. für den Emfänger.

Entfernung Augsburg - Regensburg = 114 km in direkter Linie = 15 Meilen.

Gültiger Tarif: Reglement Inlandsbriefe vom 1.1.1843 - 30.6.1849.

Allerdings war in dem neuen Regulativ von 1843 nicht Bezug auf die Versendungsform "Muster ohne Werth" genommen worden, so dass noch das Altregulativ vom 1.12.1810 galt, mit dem folgendes bestimmt worden war:

"Muster ohne Werth, wenn ihnen ein einfacher (1/2 löthiger) Brief beigeschlossen war, waren bis zur 1. Gewichtsstufe nach dem Briefgewicht, darüber hinaus aber nur nach dem günstigen Drucksachentarif zu taxieren. Drucksachen kosteten die Hälfte des einfachen Briefes und darüber hinaus nur 1/4 der weitergehenden Gewichtsprogression. Ein Frankierungszwang, im Gegensatz zu Drucksachen, bestand nicht.

Wer wagt sich an die Berechnung? Einfache Briefe über 12-18 Meilen kosteten 6 Kreuzer. Hier sind es aber 9. Los gehts!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.07.2022 12:15:12 Gelesen: 107661# 824 @  
Liebe Freunde,

ein Teilfrankobrief aus Regensburg vom 23.10.1822 an Firma Jean Nicolas David in Francomont wurde mit 12 Kr. bis zur Grenze frankiert. Nürnberg notierte in blau 2 Gutegroschen für den Transit von Bayern durch thurn und taxisches Gebiet bis Koblenz. Preussen vermerkte in roter Tinte 4 1/2 Gutegroschen (18 Kreuzer) und der Empfänger in den Niederlanden, später ab 1830 Belgien, zahlte 9 Stuiver total.







Schön auch der Stempel hinten: "Duitschland Over Henri Chapelle" (van der Linden Nr. 1001), den es erst ab 1822 gab, daher hier noch in guter Qualität, üblicherweise desolat.

Den französischen Text kann ich nicht lesen, aber es wäre möglich, dass Interessantes in ihm steckt. Wer kann ihn lesen und hier kurz wiedergeben?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 01.07.2022 20:04:32 Gelesen: 107641# 825 @  
@ bayern klassisch [#823]

Hallo Ralph,

kann es sein dass das Ergebnis schon auf der Rückseite steht, das 12 fache und somit der Brief/Drucksache 6 Loth gewogen hat um auf die 9 Kreuzer zu kommen.

Ich lasse mich auch eines besseren belehren.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 01.07.2022 21:04:16 Gelesen: 107636# 826 @  
@ Gernesammler [#825]

Hallo Rainer,

verwirrend, gell?

Also 6 Kreuzer für den einfachen Brief bis 1/2 Loth über 12-18 Meilen, das ist klar.

Die nächste Progression war 1/4 von 3x, weil die Progression ja 50% der 1. Gewichtsstufe war (also bei normalen Briefen 6x, 9x, 12x usw.).

Die Lösung: 4/4 von 3x = 3x! Also wurde gerechnet: 6x plus 1/4 von 3x, plus 1/4 von 3x, plus 1/4 von 3x plus 1/4 von 3x = 9x. Der Brief mit den Mustern war also über 2 - 2 1/2 Loth schwer = 5. Gewichtsstufe. Es könnte auch gerundet worden sein, also 8 3/4x als 4. Gewichtsstufe über 1 1/2 bis 2 Loth. Alles nicht so einfach.

Danke für deinen Mut - es gibt wenig Bayernsammler, die sich an diese Rechnungen wagen - und auch damals schon dürfte diese Rechnung nicht so einfach gewesen sein, denn Taschenrechner hatten sie in den 1840er Jahren noch nicht.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 15.07.2022 18:02:53 Gelesen: 105215# 827 @  
Liebe Freunde,

bei meiner ausgeprägten Liebe für die Farbe Blau UND netten, bayerischen Telegrammen konnte ich mich hier nicht mehr zurück halten und habe zugeschlagen: Die 23. P(rivate) D(epesche) der Kgl. Bayerischen Telegraphen-Station in - das hat man vergessen auszufüllen - an H(errn) Baron v(on) Crailsheim in Amerang. Auch vom Datum lesen wir hier nichts, aber da die ausgewiesene "Botengebühr 2 fl. 18 Xr" = 2 Gulden und 18 Kreuzer (!!) betrug, lag der Zustellversuch noch in der Kreuzerzeit.



Siegelseitig sehen wir die "Rechnung", die man dort aufmachte:

"1 Gulden

1 Gulden 45 Kreuzer

18 Kreuzer

------------------

Porto 3 Gulden 3 Kreuzer

Telegraph. 2 Gulden

------------------

5 Gulden 3 Kreuzer

Seife 1 (??)"

Das letzte Wort kann ich nicht lesen, wurde wohl auch korrigiert, aber wie dem auch sei, man erkennt, dass Telegramme eine teure Sache waren, deren Existenz sich dem gemeinen Volk üblicherweise entzog.

Das Schloß in Amerang und Grundbesitz gehörte ab 1821 den Freiherren (Baronen) von Crailsheim, hier wohl Friedrich Krafft von Crailsheim, immerhin bayer. Außenminister und Vorsitzender des Ministerrats, also wahrlich keine kleine Nummer, damals aber wohl noch Legationsrat (auch nicht übel).

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Krafft_von_Crailsheim

Amerang erhielt im August 1861 eine Postablage und gehörte zur Postexpedition Endorf (heute: Bad Endorf). Erst am 1.8.1872 wurde eine Postexpedition in Amerang geschaffen, weswegen ich den Brief auf 1870/71/72 datiere.

Wenn man bedenkt, dass von der PE Endorf der Weg für den Telegraphenboten ca. 15,5 km einfach weit war, kann man ermessen, dass die notierten 2 Gulden 18 Kreuzer doch in einer gewissen Relation standen, denn für 31 Kilometer konnte man, je nach Witterung, auch mal einen ganzen Tag brauchen, zumindest einen halben auf alle Fälle.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.07.2022 20:40:02 Gelesen: 104588# 828 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Nürnberg vom 20.4.1866 nach Lyon, wo der Brief 3 Tage später einschlug.



Mit 12 Kr. war er treffend für die 1. Gewichtsstufe bis 10g frankiert.

Aber die Besonderheit war, und deshalb habe ich ihn gekauft, dass Nürnberg einen eigenen Kartenschluß mit Strasbourg hatte, also verantwortlich war für alle Briefe aus seinem Bereich nach bzw. über Frankreich.

Daher führte man auch, als eines der wenigen Ämter, einen P.D. - Stempel, der allen Beteiligten klar machte, dass die Aufgabepost das Franko überprüft und für korrekt erachtet hatte - und genau den hatte man hier vergessen.

Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - man hatte zwar den Stempel nicht mehr gefunden, aber einen Rötelstift schnell bei der Hand und notierte manuell "PD". Das war nicht im Sinne des Erfinders, denn das konnte ja jeder auf seine Briefe malen, aber Strasbourg hat das ausnahmsweise mal akzeptiert - bei ähnlichen Briefen hatte Strasbourg mit seinem P.D.-Stempel nachgestempelt, oft gut an der Farbe zu sehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 18.07.2022 20:50:18 Gelesen: 104586# 829 @  
@ bayern klassisch [#828]

Hallo Ralph,

feines Stück der Brief und das mit dem handschriftlichen PD macht ihn zusammen mit den Stempeln attraktiv.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 12.08.2022 10:30:16 Gelesen: 100079# 830 @  
Liebe Freunde,



Briefe aus Bayern in das Dt. Reich sind wahrlich keine Raritäten, aber es gibt unter ihnen auch Raritäten. So hier eine Ganzsache U1 zu 3x aus Bad Reichenhall vom 3.9.1874 an Herrn E. Herrmann, cand. theol. in Thiergarten bei Riemberg Kreis Wohlau mit dem Präzisionsvermerk "nach Schlesien", weil man das wohl sonst kaum gefunden hätte.

Oben lesen wir den alles erklärenden Vermerk: "Einliegend: Probe ohne Werth".

Bayerns Ganzsachenkuverts U1, U2 und U3 kenne ich nur in einer Handvoll Fällen als Verwendung einer Muster ohne Wert bzw. Probensendung, wobei hier mit inliegender Probe keine Portomoderation vorkommen konnte - auch angehängte Proben gab es, wobei auch hier keine Portomoderation mehr erfolgte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.08.2022 12:20:04 Gelesen: 99420# 831 @  
Liebe Freunde,

ein besonderer Brief ist wohl dieser hier aus Bayreuth vom 14.7.1818 (der 14. Juli sagt uns was, wenn auch nicht aus diesem Jahr?), der mir folgender Adresse versehen verschickt wurde: "An den Glaspattern Hütten-Besitzer Herrn Barth in der Reuth - express".





Der Brief weist keine Merkmale eines Postenlaufs auf - kein Stempel, keine Taxe - nichts. Damals verstand man zurecht unter "Express", dass ein gedungener Bote den Brief auszutragen hatte und nicht die staatliche Post.

Die Entfernung von Bayreuth nach Reuth (bei Erbendorf) betrug stattliche 42 km, in direkter Linie etwas weniger. Ein Bote hatte also diesen Brief zu nehmen, 42 km zu laufen (vermutlich bei warmer Witterung) und dort abzugeben, um wieder 42 km zurück zu laufen (immer noch warm).

Inhalt: "Baireuth den 14ten Juli 1818

Von einem Nürnberger Handelshause habe die

Anfrage erhalten, ob von den anliegenden gelben

Glaspattern 350 Maschen a 1000 Stück, dann 150

Maschen dunkelblaue anstatt der beiliegenden

Sorte hellblaue, ferner 50 Maschen gelbe mitt-

lere dergleichen Sorte, so wie 50 Maschen dun-

kelblaue mittlere Sorte, binnen 14 Tagen zu

erhalten sind. Da ich erfahren, daß der Hr.

Barth zu Reuth noch eine im Betrieb

stehende dergleichene Hütte besitzt, so ersuche Sie um

Nachricht ob Sie diese Sorten binnen 14 Tagen

hieher liefern können u. für welchen Preis

franco Baireuth. Daß Sie fernere

Bestellungen wegen die Waare möglichst

schon liefern, u. die Preise billig notiren

werden, darf ich sicher erwarten. Die

mittlere Sorte wovon ich indeß kein Mu-

ster erhalten muß stärker sein als

die gewöhnlichen. Mit Achtung u. Antwort

Killinger Königl. Oberbergbaumeister

N.S.

Sollte Ihre Hütte nicht mehr im Gange

u. die bestellte Waare nicht schon vorräthig,

aber noch eine andere dergleichen Hütte in

Gange seyn so ersuche Sie, diese Bestellung

an deren Besitzer abzugeben. Killinger."

Killinger hatte also diesem Brief Muster beigeschlossen und seinen Expressen (eigenen Boten) beauftragt, nach Reuth zu laufen und nach Eröffnung des Briefes durch den Empfänger auch Antwort zu erhalten.

Da der Brief gesiegelt worden war, war es vom Absender ein Verstoß gegen das Postgesetz, ein Expressbrief außerhalb der Post und ein Versand von Mustern, womit er in 3 meiner Mini-Sammlungen fällt. Ich glaube, es gibt Schlechteres.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.08.2022 15:38:51 Gelesen: 99283# 832 @  
Liebe Freunde,

ab 1.1.1868 kosteten schwere Briefe innerhalb des Königreichs nicht mehr 6x wie zuvor, sondern 7x. So ganz hatte das aber noch nicht jeder mitbekommen, zumindest nicht im schönen Bamberg am 6.5.1868, als man an den Dechanten Haas in Sondernohe, Post Oberdachstetten, einen schweren Brief mit einer Quittung als Einlage verschickte, der das Loth überschritten hatte und von daher mit 7x zu frankieren gewesen wäre.



Der eine Kreuzer wurde dann teuer, denn unfrankierte Briefe der 2. Gewichtsstufe (es gab nur noch 2 Gewichtsstufen) kosteten 11x, wobei immer der Wert der verwendeten Marken in Abzug zu bringen war, also hier 11x minus verklebter 6x = 5x Nachporto beim Empfänger. Na der wird sich gefreut haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.09.2022 10:56:14 Gelesen: 94165# 833 @  
Liebe Freunde,

heute mal ein Bayernbrief nach Ulm, also in Gegenrichtung zu den sonst gezeigten, hier Erding 2.8.1865 an Firma Heinrich Mack in Ulm (142 km in direkter Linie). Der Absender frankierte im Postverein über 10-20 Meilen korrekt 6 x, wobei beide Marken gerissen und nicht aus dem Bogen geschnitten wurden, mal was anderes.



Ab 1.8.1865 kosteten Briefe innerhalb Bayerns ohne Ansehen der Entfernung nur noch 3x bis 1 Loth, über 1-15 Loth nur noch 6 x.

Die Firma Heinrich Mack hat mehrfach Briefe nach Neu-Ulm in Bayern geschmuggelt und dort kostengünstig aufgegeben. Oft unterhielten diese gewerblichen Absender auch Empfänger in Neu-Ulm, die ihnen die Rückbriefe günstig über die Donau lieferten.

Das neue, günstige Regulativ hatte sich hier den Korrespondenten noch nicht ganz erschlossen, denn bei einer Neu-Ulmer Anschrift hätte man sich hier auch 3 x sparen können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[x = Kreuzer]
 
bayern klassisch Am: 11.09.2022 22:42:12 Gelesen: 93856# 834 @  
Liebe Freunde,

weil in Michel und anderen Katalogen immer wieder mal falsche Daten auftauchen, möchte ich hiermit eine Verordnung vom Dez. 1867 zeigen, die die Neugebühren ab 1.1.1868 in die Postvertragsstaaten und im bayerischen Inland regelte. Oft wird da vom Änderungszeitpunkt 1.10.1868 gesprochen, aber wie man hier anhand der Primärliteratur sieht, war der 1.1.1868 richtig, nichts sonst.



Wer noch "historische" Kataloge hat, darf sie gerne manuell korrigieren und die VO hier ausdrucken.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.10.2022 10:02:35 Gelesen: 87900# 835 @  
Liebe Freunde,

Post-Liefer-Schein (also ein amtlicher Rückschein) aus der Pfalz vom 2.10.1858 von der Postexpedition Mutterstadt briefbegleitend nach Speyer und am Folgetag wieder retour ins nahe Mutterstadt geschickt. Ob portofrei, oder portopflichtig ist nicht sicher zu sagen, weil das i. d. R. nur auf dem Postschein, nicht dem Post-Liefer-Schein notiert worden war. Retour-Recepissen aus der Pfalz in der Kreuzerzeit sind selten, Post-Liefer-Scheine sind sehr selten und außerhalb diese kleinen Korrespondenz nach Mutterstadt fast gänzlich unbekannt.



Schön auch der Chargé-Stempel innen, damit Speyer wusste, dass sie ihn auch unter Chargé zurück zu senden hatten; da war die Post in Speyer sicher froh, über diesen internen Sachhinweis. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 09.10.2022 18:01:40 Gelesen: 87822# 836 @  
@ bayern klassisch [#835]

Hallo Ralph,

schönes Stück, im Handbuch von Max Joel wäre das die Schein Nr.2, Deiner ist dann ein frühes Datum mit 1858.

Es gab drei verschiedene Scheine von Mutterstadt, diese wurde in Einsatz gebracht ab 1851.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 09.10.2022 18:10:03 Gelesen: 87816# 837 @  
@ Gernesammler [#836]

Hallo Rainer,

den hier habe ich gerade von einem lieben Sammlerfreund kaufen können - Übergabe erfolgt bei unserer JHV, aber den Scan kann ich schon mal zeigen, vor allem, weil er von 1851 stammt, meinem Lieblingsjahr.



Eine bessere Seite mit Pfälzer Rückscheinen/Postlieferscheinen wird man lange suchen müssen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 09.10.2022 19:14:22 Gelesen: 87795# 838 @  
@ bayern klassisch [#837]

Hallo Ralph,

Das ist im Handbuch der Schein Nr.1, zu unterscheiden an der Schreibweise No.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 09.10.2022 19:25:44 Gelesen: 87792# 839 @  
Hallo Rainer,

sehr fein beobachtet - wie sieht denn die 3. Type aus?

So weit ich weiß, ist der Bestand dieser Scheine einstellig und die, die ich kenne, stammen alle aus den 1850-er Jahren (bzw. beim Letzten sieht man 184 mit Überschreibung der 4 in eine 5 von 1851).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 09.10.2022 20:09:39 Gelesen: 87778# 840 @  
@ bayern klassisch [#839]

Hallo Ralph,

wenn ich morgen dazu komme scanne ich die Seite mal und stelle diese ein, das Schriftbild ähnelt der Type 2 ist aber etwas anders gestaltet.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 09.10.2022 20:10:41 Gelesen: 87777# 841 @  
@ Gernesammler [#840]

Hallo Rainer,

ich danke dir - wäre schön, mal alle 3 zu sehen. Wo könnte man das sonst noch?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 10.10.2022 19:33:52 Gelesen: 87583# 842 @  
@ bayern klassisch [#841]

Hallo Ralph,

wie versprochen hier die Seite mit den Scheinen von Mutterstadt, Schein 1 und 2 sind mit Abbildung, für Schein 3 gibt es nur den Hinweis darauf wie die Schreibweise von No. ist und diese unterscheidet sich von Schein 2 in einer etwas anderen Schreibweise.

Ich habe diese mal im Scann vergrößert um die Unterschiede zu zeigen.

Gruß Rainer



 
bayern klassisch Am: 10.10.2022 19:55:46 Gelesen: 87581# 843 @  
@ Gernesammler [#842]

Hallo Rainer,

vielen Dank - der 3. Typ fehlt mir noch - und ich fürchte für lange Zeit.

Die Bewertung von 120 ist DM oder Euro?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 10.10.2022 21:06:15 Gelesen: 87570# 844 @  
@ bayern klassisch [#843]

Hallo Ralph,

Das Handbuch von Max Joel ist von 1999 ein Ordner von A bis Z in einer sehr tollen Loseblattsammlung.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 10.10.2022 21:16:42 Gelesen: 87568# 845 @  
@ Gernesammler [#844]

Hallo Rainer,

dann sind 120 DM ein fairer Handelswert.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 10.10.2022 21:25:28 Gelesen: 87566# 846 @  
@ bayern klassisch [#845]

Hallo Ralph,

sehe ich genauso und in vielen Fällen wo es um Seltenheit geht hat sich DM nur in Euro gewandelt, es sei denn man kennt den Verkäufer.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 11.10.2022 10:02:14 Gelesen: 87435# 847 @  
@ Gernesammler [#846]

Hallo Rainer,

genau so ist es - persönliches Kennen ist oft viel wert, aber es geht auch ganz gut übers Internet, wenn man Vertrauen zueinander aufgebaut hat. :-)

Hier mein neuester Fang:



Ab und zu findet man Postscheine für die Briefpost, die bei der Fahrpost eingesetzt wurden und umgekehrt.

Meistens betrifft das aber kleinere Poststellen, die nicht im Übermaß mit Postscheinen aller Art versorgt waren.

Hier ein Ausreißer im doppelten Sinn von Nürnberg, dem 3.10.1839, für ein Paket ("Pkt" und damit immer Fahrpost) an das k. Appellations-Gericht in Eichstätt, für das 42 Kreuzer Franko und eine eingedruckte Scheingebühr von 4 x verlangt und mit 46 x in toto auch bezahlt wurden.

Die richtige Scheingebühr bei der Fahrpost betrug 3x, somit hatte man seinen Postkunden um einen Kreuzer "beschissen".

Wieder ein Stück für die Contra-Sammlung der Vormarkenzeit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.10.2022 16:56:17 Gelesen: 87339# 848 @  
Liebe Freunde,

ich zeige heute einen ungewöhnlichen Dienstbrief, wenn es denn einer sein sollte, aus Ansbach (leider ohne Inhalt und Datum) an das Landgericht in Lauf.



Als Partei-Sache war er nur von einer Behörde aufgebbar, aber die hätte vorne oben genannt sein müssen - da ist aber niemand genannt.

Auch hinten ist kein Siegel mehr zu sehen.

Die Expeditions-Nr. 14437 deutet aber auf eine größere Behörde hin, weil 5stellige Fallzahlen bei kleinen Behörden im Jahr nicht erreicht wurden.

Von einer Recommandation ist nichts zu sehen, auch nicht der Wunsch der Absenderbehörde wie "gegen Schein", "bestens recommandirt", oder "Chargé" - und dennoch hat man nachdem die Aufgabepost ihn für seine Strecke mit 14 Kreuzer taxiert hatte (bei 56 km = 7,5 Meilen = 7. Gewichtsstufe), das Zeichen für die Recommanation in Rötel angebracht, das Porto von 14 x gestrichen und um 3 x Bestellgeld auf 17 x erhöht.

Über die Gründe darf spekuliert werden, mir fällt dazu spontan nichts ein und eine 3 x Zustellgebühr für einen Brief (also keine Fahrpost!) an ein Landgericht in dem kleinen Ort Lauf halte ich auch für ganz außergewöhnlich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.10.2022 17:07:21 Gelesen: 87336# 849 @  
Liebe Freunde,

bei der routinemäßigen Durchsicht eigener Bestände fiel mir der hier in die Hände: S.B. (Soldaten-Brief) des Königlich Preussischen Feld - Lazareth No. 5 vom 6.8.1870 "An Frau Direktor Burchardt 30. Hollmann Straße 1 Treppe Berlin" mit Absendervermerk: "Feldpostbrief. Absender: Burchardt Chefarzt N 5. Feldlazareths des II. (?) Armee-Corps".



Siegelseitig nur der Ankunftsstempel vom 10.8.1870, was zur frühen Kriegslage passt.

Selbstverständlich habe ich zu den Beteiligten nichts im Internet gefunden, wie immer.

Interessant fand ich nur den Aufgabeort Lingenfeld bei Speyer, der auch heute noch ein verschlafenes Nest ist und das 1870 sicher keine Großstadt war - ich meine auch, keine 10 Belege von Lingenfeld aus der Kreuzerzeit jemals gesehen zu haben und Post von Chefärzten aus dem Krieg kenne ich aus der Pfalz auch keine.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.10.2022 17:19:39 Gelesen: 87318# 850 @  
Liebe Freunde,

Briefe des Postvertrages von 1822 zwischen Bayern und Frankreich gibt es en masse als Portobriefe, recht häufig noch als Frankobriefe und sehr selten als Chargébriefe.



Sehr selten sind aber Frankobriefe, bei denen die bezahlte Gebühr die beiden unterschiedlichen Gewichtssysteme der Postgebiete aufzeigt.

Ein Brief des Vaters an den Sohn von Augsburg, 23.9.1844, via Strasbourg (25.9.) nach Paris 27.9. zeigt, dass er in Bayern (bis 1/2 Münchener Loth = 8,75 g) noch einfach war und somit für die Strecke bis Kehl 16 x frankiert wurden.

Aber der einfache Satz für Frankreich hätte 15 Kreuzer betragen, doch weil Frankreich in Grammen und nicht in Loth rechnete, musste Bayern die französische Gewichtsprogression kennen, um ihn korrekt frankieren lassen zu können und dort war er im 2. Gewicht, so dass der Absender für die Strecke Strasbourg-Paris 30 Kreuzer zu zahlen hatte.

Strasbourg reduzierte diese in währungsparitätisch korrekte (1 f 1 d) für 1 Franc und 1 Decime, damit die spätere Generalabrechnung (quartiell zu erfolgen zwischen Augsburg und Strasbourg) stimmte.

Im Briefinneren schrieb der Vater schon in der 1. Zeile, dass er dem letzten Brief ja einen weiteren untergejubelt hatte von einer Verwandten und ähnlich muss es hier auch gewesen sein, weil dieser jetzt nur 5 g wiegt und nicht 8,75 g.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 11.10.2022 19:13:31 Gelesen: 87258# 851 @  
@ bayern klassisch [#849]

Hallo Ralph,

gerade gelesen, einmal gegoogelt, das sollte Dein Arzt sein [1].

Gruß Rainer

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Burchardt_(Mediziner)
 
bayern klassisch Am: 11.10.2022 19:16:02 Gelesen: 87255# 852 @  
@ Gernesammler [#851]

Hallo Rainer,

das sieht sehr gut aus. Ich hatte über die Adresse etwas versucht, das ist aber in die Hose gegangen - wie immer.

Vielen Dank und liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 14.10.2022 11:19:35 Gelesen: 86478# 853 @  
Liebe Freunde,

es lohnt sich immer, beim Kemser Schorsch herein zu schauen, so auch diesmal.

Objekt meiner Begierde war ein Kuvert ohne Inhalt aus Ansbach vom 29.6.18?? an Herrn G. Bogendoerfer, Assistent beim k. preusischen Ober Post Amt zu Frankfurt am Main.



Offenbar war der Absender aktiv portobefreit und das nicht nur in Bayern. Siegelseitig sehe ich ein Siegel mit Z.W.L., wenn ich das richtig lese, kann mir aber darauf keinen Reim machen.

Der Absender brachte auch ein liegendes X an als Zeichen, dass hier nichts zu bezahlen war.

Der Ankunftsstempel datiert vom30.6.18??.

Über die Person des Empfängers habe ich natürlich mal wieder nichts heraus gefunden, wäre aber über Daten sehr dankbar.

Meine Vermutung ist folgende: Der Absender wusste, dass Preussen die Thurn und Taxis-Post in Frankfurt am Main zum 1.7.1867 ablösen sollte und schrieb 2 Tage zuvor seinem "Post-Kumpel" in FFM. Vlt. korrespondierten diese und es war nicht klar, ob auch weiterhin kostenlos verschickt und empfangen werden konnte, was zu klären war, da ja die persönlichen Postportofreiheit verliehen war und nicht auch für Preussen gelten musste. Dann wäre der Brief am letzten Tag der Gültigkeit der TT-Post dort eingegangen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 14.10.2022 13:55:30 Gelesen: 86456# 854 @  
@ bayern klassisch [#853]

Lieber Ralph,

ich würde das Siegel umgekehrt betrachten, wohl JME.

Liebe Grüße,
harald
 
bayern klassisch Am: 14.10.2022 14:08:50 Gelesen: 86452# 855 @  
@ bignell [#854]

Lieber Harald,

du hast Recht - ich sollte beim Yoga keine Siegel-Initialen zu interpretieren versuchen. :-)

Vielen Dank und liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.10.2022 11:16:42 Gelesen: 84916# 856 @  
Liebe Freunde,

heute darf ich etwas Außergewöhnliches zeigen, wie wohl es damals nicht ganz außergewöhnlich war.

2 Briefe aus einer Korrespondenz, beide von Würzburg nach Großröhrsdorf bei Dresden, beide nur wenige Wochen auseinander liegend und doch ganz anders:

1. Brief vom 7.11.1865







Postaufgabe bei der Hauptbriefpostexpedition Würzburg, wo der Brief mit 4 Neugroschen (unter 1 Loth, über 20 Meilen) korrekt als Portobrief taxiert wurde. Später verdeutlichte man die 4 durch Wiederholung in blauer Kreide. 2 Tage später wurde der Brief zugestellt, wofür 3 Pfennige Bestellgeld zu zahlen waren, die der Empfänger siegelseitig mit 43 Neupfennigen zusammengefaßt hatte (ein Neugroschen hatte 10 Neupfennige).

Den Inhalt kann ich aber gar nicht lesen, was nicht so oft vorkommt, und ich wäre entzückt, wenn das einer transkribieren könnte. Dazu hatte man noch noch seitlich notiert: "Brief habe abgeschrieben", was mir nicht so ganz ohne den Inhalt zu kennen erschließt.

2. Brief vom 8.12.1865





Postaufgabe jetzt 3 Tage später, aber nicht in Würzburg, sondern in Siegmar bei Chemnitz in Sachsen, daher als innersächsischer Brief nur mit einem Neugroschen taxiert und am Folgetag für weitere 3 Pfennige Bestellgeld (13 Neupfennige) ausgeliefert. Auch hier kann ich den Inhalt der Würzburger Firma Fränkel nicht lesen und wäre dankbar, diesen untragbaren Zustand zu ändern.

Man sieht aber, dass der Absender sich Zeit ließ und seinen Brief illegal über die bayerisch-sächsische Grenze schmuggeln ließ, um sich 3 Neugroschen = postalisch 9 Kreuzer, zu sparen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 21.10.2022 11:52:17 Gelesen: 84911# 857 @  
@ bayern klassisch [#856]

hallo Ralph,

viel ist Aufgrund der "Sauklaue" nicht zu lesen, aber in der zweiten Zeile des ersten Briefes steht etwas von Proben.. auf Wunsch in guter Qualität, der Herr Schöne hatte eine Gurt- und Bandweberei [1], ich denke es hatte etwas damit zu tun.

Gruß Rainer

[1] https://www.alles-lausitz.de/grossroehrsdorfer-schoene-schornstein-ist-geschichte.html
 
bayern klassisch Am: 21.10.2022 12:30:43 Gelesen: 84899# 858 @  
@ Gernesammler [#857]

Hallo Rainer,

vielen Dank für den Link - mit Proben könntest du Recht haben, aber der Kontext ist für mich nicht lesbar, leider. Vlt. ist einer besser als wir es sind und hilft hier weiter.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 04.11.2022 16:22:02 Gelesen: 81460# 859 @  
Liebe Freunde,

unterfrankierte Ganzsachenkuverts gibt es bei Bayern nicht viele - wer wählerisch ist, hat i. d. R. gar keines in seiner Sammlung, wenn überhaupt.



Hier zeige ich eine Ganzsache zu 3x nach Dresden vom 20.4.1872 aus Kulmbach, bei der die Aufgabepost folgendes feststellte:

"reicht nicht", "2" und "2" mittig. Links oben war die Gewichtsstufe zu notieren - da es ab 1.1.1868 nur noch 2 Gewichtsstufen bei Briefen gab, hier also die über 1 Loth bzw. 15 g. Der Absender hätte also 7x frankieren müssen, was die Ganzsache sicher schöner gemacht hätte, aber dafür weniger interessant.

Die Nachtaxe bayer. Sendungen ins Reich war stets in der Reichswährung auszuführen, hier also 2 Groschen, die paritätisch 7x entsprachen.

Frage: Wäre genau dieses Stück statt nach Dresden ins Deutsche Reich nach Nürnberg oder München gelaufen, hätte welche Nachtaxe notiert werden müssen?

Bin gespannt, ob es einer weiß!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.11.2022 16:41:30 Gelesen: 81452# 860 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief aus Ludwigshafen am Rhein vom 15.7.1852 nach Bonn gibt Rätsel auf:



Er sollte 9 Kreuzer Franko über 20 Meilen unter 1 Loth kosten. Man taxierte ihn mit 4 Silbergroschen nach. Demnach wäre er 1 bis unter 2 Loth schwer gewesen. Aber bis 30.6.1856 wäre zu rechnen gewesen: Ganzer Brief unfrankiert, also 3 und 3 plus 1 und 1 = 8 Silbergroschen, abzüglich des Frankos von ursprünglich mal 9 Kr. (= 3 Sgr. postalisch) = noch 5 Sgr. beim Empfänger.

Als Brief höherer Gewichtsstufen können wir ihn vergessen, dann wäre die Diskrepanz noch weitaus krasser.

Immerhin hat man wohl ursprünglich nur 9x verklebt, dann wurde der Brief dem Absender zurück gegeben mit der Bitte um Auffrankatur und danach wurden die (eh falschen) 4 Sgr. wieder gestrichen. Erstaunlich auch, dass er so schnell in Bad Kreuznach war, dem Auswechselpostamt Preussens zur bayerischen Pfalz.

Was es nicht alles gab.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Frankenjogger Am: 04.11.2022 17:25:38 Gelesen: 81444# 861 @  
@ bayern klassisch [#860]

zuerst mal, ganz sicher ein schöner Beleg, den nur der Kenner einzuschätzen weiß. Ich bin da leider kein Kenner.

Nun jedoch meine Anmerkung bzw. Frage: Wie errechnet sich die zwei Mal + 1 Sgr? War das eine Strafgebühr für nicht freigemachte Briefe?

Wenn aber doch der Brief mit 9 Kr freigemacht war, wären dann nicht nur einmal 3 + 1 Sgr, also 4 Sgr richtig gewesen?

So würde ich das interpretieren, als jemand, der keine Ahnung hat. Sicher wirst du für Aufklärung sorgen. Oder waren die 1 Sgr eine andere Gebühr?

Viele Grüße,
Klemens
 
bayern klassisch Am: 04.11.2022 17:37:30 Gelesen: 81438# 862 @  
@ Frankenjogger [#861]

Hallo Clemens,

danke für deinen Mut und schön, dass du einiges weißt über komplizierte Tarifstrukturen im 19. Jahrhundert.

Bis 30.6.1856 war bei unterfrankierten Briefen in den Postverein wie hier zu rechnen:

1. Gewicht unfrankiert = 9x bzw. 3 Sgr. plus 3x bzw. 1 Sgr. Zuschlag (Strafgebühr klingt vlt. ein bisserl hart) = 12x bzw. 4 Sgr..

Ein unfrankierter Brief von Ludwigshafen nach Bonn hätte also genau 4 Sgr. gekostet (12x).

Ein unterfrankierter Brief der 1. Gewichtstufe (unter 1 Loth = 15,625g) hätte auch 4 Sgr. gekostet, abzüglich des Wertes der verklebten Marke(n).

Also bei 6x Marke = 12x minus des Wertes der Marke = 6x Nachgebühr = 2 Sgr. beim Empfänger zu kassieren.

Aber bei schweren Briefen wie diesm hier galt: Beide Gewichtsstufen mit Zuschlag zu belegen und erst dann den Markenwert abzuziehen.

Also: 4 Sgr. für das 1. Gewicht und 4 Sgr. für das 2. Gewicht = 8 Sgr. minus der verklebten 9x = 5 Sgr. Nachporto.

Ab 1.7.1856 hätte man anders gerechnet: 1. Gewicht mit 9x korrekt frankiert und nur das 2. Gewicht unfrankiert, daher jetzt nur noch 4 Sgr. Nachporto. Aber der Brief ist von 1852 und damals konnte noch keiner wissen, welche Verordnung 1856 mal in Kraft treten würde.

Oder man hat es einfach falsch gemacht, wovon ich ausgehe.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Frankenjogger Am: 04.11.2022 18:12:19 Gelesen: 81431# 863 @  
@ bayern klassisch [#862]

Hallo Ralph,

danke für die Erklärung.

Ich muss nur eine Stelle korrigieren: "dass du einiges weißt über komplizierte Tarifstrukturen im 19. Jahrhundert"

Das stimmt (leider) nicht. :-(

Bei mir reicht es aller höchstens zu einfachen Tarifstrukturen. :-)

Viele Grüße,
Klemens (mit"K") ;-)
 
bayern klassisch Am: 04.11.2022 18:46:43 Gelesen: 81421# 864 @  
@ Frankenjogger [#863]

Hallo Klemens,

als Lateiner bitte ich die irrtümliche Verwendung des "C" in deinem Namen zu entschuldigen,

na, stelle mal dein Licht nicht unter den Scheffel - die Masse der Sammler hätte es erst gar nicht gewagt, sich hier zu äußern; da bin ich doch ganz froh, dass einer den Mut gefunden hat und Mut kommt (auch) vom Wissen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Martin de Matin Am: 05.11.2022 16:06:17 Gelesen: 81241# 865 @  
@ bayern klassisch [#860]

Ein Frage zum dem Brief hätte ich noch. Gehört die grüne 9 Kr Marke überhaupt zu dem Brief? Denn wie ist es möglich, das die Stempelfarbe bei den drei auf den Brief übergehenden Schaufeln des Mühlradstempels bis ganz an die Marke intensiv schwarz ist und auf der Marke nur blass und porös ist.

Da die Marke höher liegt als das Briefpapier, würde ich es eher umgekehrt erwarten.

Gruss
Martin
 
bayern klassisch Am: 05.11.2022 20:23:00 Gelesen: 81189# 866 @  
@ Martin de Matin [#865]

Gute Frage - eine 9 Kreuzer Marke war sicher auf dem Brief; ob es diese genau ist, wird sich schwer ermitteln lassen, aber 1852 passt vom Farbspektrum her zu dieser Nuance und so oft wird man keinen 190-er auf einer 5a finden. Aber zweifeln kann man immer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.11.2022 09:15:09 Gelesen: 80820# 867 @  
Liebe Freunde,

heute stelle ich einen Bestellzettel für den General-Anzeiger zu den Verordnungsblättern der k. b. Verkehrsanstalten von Carl Sittl (Passau) vor, wie ich ihn noch nicht gesehen habe. Mit diesem Bestellzettel, der an sich als Zeitungssache portofrei war, konnten die angeschriebenen Posthalter/Postexpeditoren/Postverwalter usw. bei dem Postassistenten Carl Sittl Literatur bestellen, die ihnen ihren praktischen Dienst erleichterte und somit das Suchen in manchmal zig Jahre alten Verordungsblättern ersparte.





Sittl hatte sich seine Werke von der Oberbehörde amtlich absegnen lassen und bot diesen Dienst um 36 Kreuzer feil. Interessierte, wir kennen ca. 250 dieser Bestellzettel dank Herrn Peschl, hatten nun folgende Möglichkeiten:

1. Sie fügten 36 Kreuzer in Marken dem Zettel bei, verschlossen diesen und schickten ihn kostenlos an Sittl zurück,

2. Sie überwiesen per Postanweisung 36 x an Sittl (der dann wartete, bis die Postanweisung mit dem Geld bei ihm in Passau eintraf), oder

3. Wir haben einen Fall wie diesen vor uns - er läßt uns knobeln, wie Sittl an seine 36 x kam, denn der Rücksender war Franz Maier, Posthalter in Tittling, wenn ich das richtig lese und der hatte ein Exemplar bestellt, aber den Bestellzettel offen an Sittl zurück gesandt.

Was in Bläuel vermerkt wurde, vorne wie hinten und außen, dürfte von Sittl selbst stammen - der Posthalter hatte ja in sepia Tinte geschrieben. Aber Sittl notierte ein Exemplar oben, machte darunter eine Buchhalternase für erledigt und vermerkte hinten eine 9, vlt. die Auftragsnummer, die er im Nachhinein vergeben hatte.

Lustig ist für mich als Contra-Sammler die Tatsache, dass alle andere ca. 249 Bestellzettel vorne - wie es die Vorschrift war - den Aufgabestempel (hier: Tittling) zeigen. Siegelseitig beweist der Passauer Ankunftsstempel, dass er schon mit der Post befördert wurde, ein Einschluß war also nicht getätigt worden.

Wieder eine kleine Seite für die Contraventions-Sammlung der Markenzeit.
 
bayern klassisch Am: 14.11.2022 11:42:22 Gelesen: 78405# 868 @  
Liebe Freunde,

einen Dienst-Express-Brief aus Neuötting mit Postaufgabe in Altötting vom 21.9.1836 von der dortigen Kgl. Bezirks-Bau-Inspektion an das Pfarramt Neuhofen bei Pfarrkirchen darf ich zeigen, der als Königliche-Regierungs-Sache mit dem in roter Tinte gehaltenen Vermerk "Äußerst Dringend" versehen wurde. Ausweislich des Präsentationsvermerks erfolgte die Zustellung am 23.9.1836.



Da Neuhofen heute ca. 170 Einwohner hat, wird es damals nicht viel mehr gehabt haben und daher ohne eigene Post gewesen sein. Es war also ein waschechter Dienst-Expressbrief aufs flache Land und der Bote, vom Postexpeditor der Abgabepost zu dingen, hatte (s)einen Botenlohn zu fordern, auch wenn dieser nicht auf dem Brief vermerkt wurde.

Lustig ist noch vorne oben links die Franchise "Ex Offo" = Ex Officio = aus dem Büro, den es in Bayern gar nicht geben durfte, weil die Franchise-Vermerke vorgeschrieben waren und "Ex Offo" war eine österreichische Franchise.

Im Inneren des Briefes lesen wir den Grund für die eilige Zustellung:

"Den angebogenen Kostenvoranschlag wolle gefälligst durchgangen und insofern Erinnerungen zu machen, für nöthig erachtet werden selbe beyge (Textverlust) ausserdessen aber nur die Namensunterschrift angefügt, und dieses Etats-Product umgehend wieder hierher rückgesendet werden, da das Etats-Exbonat bey höchster Kreis-Regierung schon vorliegen soll. Mit Hochachtung! Der Kgl. Bezirks-Ingenieur gez. Unterschrift".

Unten ist noch ein Kostenvermerk angefügt, der über 282 Gulden und 59 Kreuzer ausgefertigt wurde.

Eine Quittung für die Kosten des Expressbotens ist nicht erhalten geblieben. Die Entfernung von Pfarrkirchen bis Neuhofen beträgt fußläufig ca. 9,5 km einfach, so dass ich mir einen Botenlohn von etwas unter einem Gulden vorstellen kann.

Besonders schön ist die Tatsache, dass der Express-Vermerk in roter Tinte ausgeführt wurde, die sonst nicht auf dem Brief innen und außen zu finden ist - die spätere Express-Vorschrift sagte aus, dass Expressbiefe in roter Tinte in den Manualen und Briefkarten einzutragen waren, damit der emfpangenden Post sofort auffallen musste, dass Expressbriefe unterwegs waren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.11.2022 11:55:50 Gelesen: 78403# 869 @  
Liebe Freunde,

Expressbrief des Grafen Guttenberg "An Den Freiherrlich von Guttenbergischen Patrimonial-Richter 1. Classe Herrn Raab Wohlgeboren cito cito in Weisendorf über Nürnberg und Emskirchen der Herr Posthalter wird gebeten den Brief sogleich nach Weisendorf zu senden".



Die Aufgabepost in Günzburg taxierte ihn mit 6x am 20.1.1834. Der Inhalt, den ich teilweise wiedergebe, erklärt, warum er sofort ausgetragen werden sollte:

"... künftigen Mondtag den 23. dieses reise ich, wenn nicht ein unvorgesehenes Hinderniß eintritt, von hier ab und werde also am 24. in Weisendorf eintreffen, wollen Sie dieß meinen Leuten sagen, ich komme mit Fanny, meiner Frau Mutter, dem kleinen Frantz, seinem Erzieher, die Meine ...".

Aus dieser Korrespondenz kennen wir mehrere Expressbriefe, die außen/innen Expressbotenlöhne aufweisen (oft 15 Kreuzer) - hier ist innen und außen aber nichts vermerkt worden - vlt. kamen an dem Tag auch mehrere Expressbriefe gleichzeitig an, oder der Herr Amtsrichter weilte gerade zufällig bei der Briefankunft in Emskirchen? Wir werden es nie erfahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.11.2022 12:00:44 Gelesen: 78402# 870 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein Beutestück der JHV diesen Jahres - ein Brief vom Münchener Bahnhof vom 3.2.185? an Frau Bojanowski poste restante Kosten Großherzogtum Posen Preußen.



9 x reichten für über 20 Meilen unter 1 Loth - in Preussen waren p.r. Briefe kostenlos zu verwahren und eine Lagerbuchnummer bekam er auch nicht.

Siegelseitig sehen wir einen Bahnpoststempel Leipzig-Berlin vom Folgetag und einen Ausgabestempel ohne lesbares Datum.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.12.2022 12:35:33 Gelesen: 72049# 871 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich meinen 4 x Brief von Bayern (Einlieferung bei der Bahnpost, wo unbekannt) nach Rödelheim (heute: Frankfurt am Main, Kreuzerbezirk), der in meiner Contraventions-Sammlung bestens aufgehoben ist, denn der Bahnpostbeamte hätte im Falle einer Aufdeckung der Nichtstempelung der beiden Marken das 10fache des Markenwertes bezahlen müssen, also eigentlich 40x.



Frage: Da die 1 x Marke das taxische Bestellgeld decken sollte, was nicht möglich war, hätten im Falle der Aufdeckung nicht auch 30 x Strafe gereicht?

Siegelseitig der Zettel von Maria Brettl, die mit einer bayer. 4 x Frankatur in den DÖPV nichts anfangen konnte, wie die allermeisten damals um 1990.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.01.2023 11:24:53 Gelesen: 66466# 872 @  
Liebe Freunde,

ein schöner Brief aus Seebach (heute Stadtteil von Bad Dürkheim in der Pfalz) vom 15.1.1842 mit Postaufgabe 2 Tage später bei der Postexpedition Dürkheim lief von einem württembergischen Pflegling "An Herrn Johannes Braunn. Wintzer in Kleinbottwar (heute eingemeindet in Steinheim an der Mur) bey Heilbronn im Königreich Wirtenberg".



Obwohl der Brief eher großformatig war, bestand er nur aus dem Quart-Foglio und muss daher unter 1/2 Loth gewogen haben. Bayern rechnete für sich 6x bis zum Rhein. Baden addierte 8x in Rötel. Das waren 14x bis zur württembergischen Grenze. Württemberg strich die beiden Alttaxen und setzte für sich 4x obendrauf, so dass die 18x Endporto beim Empfänger kassiert wurden. Hinten ist der Bief blank, wir praktisch immer in dieser Zeit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.01.2023 11:48:32 Gelesen: 65804# 873 @  
Liebe Freunde,

zeigen kann ich heute eine Armensache der Armenpflege Roggenstein mit Postaufgabe am 18.3.1874 in Weiden an den Magistrat in Amberg.



Für mich sieht die Franchise unten links sehr nach P.S. = Partei - Sache aus, aber es ist weder eine Marke vorhanden, noch eine Taxe zu erkennen. Ich denke, Bayern hat hier 3 Kreuzer verloren und keiner hats gemerkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.01.2023 12:29:16 Gelesen: 65796# 874 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine portofreie Regierungs-Sache vom 5.1.1879 von der Stiftungsadministration Bayreuth an das katholische Pfarramt in Hausen, Post Baiersdorf.



Doch "Post Baiersdorf" war wohl nicht ganz richtig, auch wenn der Brief schon am Folgetag dort ankam. Man strich "Post Baiersdorf" und vermerkte "Forchheim" daneben und leitete ihn kurzerhand nach dorthin um, wo er noch am selben Tag eintraf.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2023 17:15:16 Gelesen: 65733# 875 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, wie man ihn sicher nicht jeden Tag findet:



Trotz weitläufigen Inhalts ist weder ein Absendeort, noch ein Datum zu erkennen. Als wäre das für 3 volle Seiten nicht genug, stempelte man in (Bad) Dürkheim 9 / 5, um den Fehler zu bemerken und mit Tinte den 10 / 5 daraus zu machen - erlaubt waren manuelle Änderungen von Stempeldaten nicht, denn das hätte ja bei Fristsachen jeder machen können!

Der mit "frey" bezeichnete Brief kostete den Absender 6 Kreuzer bis Odernheim in der Pfalz.

Drehen wir den Brief hinten aber um 90 Grad, lesen wir, mit Rötel der Abgabepost versehen: "Porto 3x".

Aha - Das Franko reichte also nur von Post zu Post und der Cantonsbote ließ sich seinen Dienst des Austragens mit 3x vom Empfänger versüßen.

Passt gut in die Contra-Sammlung der Vormarkenzeit!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Franz88 Am: 10.01.2023 21:21:13 Gelesen: 65720# 876 @  
Lieber Ralph,

ein sehr interessanter Brief (auch für einen "nicht" Bayernsammler).

Liebe Grüße
Franz
 
Gernesammler Am: 10.01.2023 22:34:21 Gelesen: 65713# 877 @  
@ bayern klassisch [#875]

Hallo Ralph,

toller Brief, Danke fürs zeigen, ein echter Augenschmaus.

Steht im Text vielleicht ein Name mit Provenienz dass man auf den Absende Ort schließen könnte.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 10.01.2023 22:44:58 Gelesen: 65711# 878 @  
Liebe Freunde,

vielen Dank, freue mich auch sehr ihn zu haben.

Leider steht auf der 3. und letzten Seite nur unten ein Vorname, sonst nichts. Es war um 1840 absolut ungewöhnlich, kein Datum in einem Brief zu notieren, ohne Ortsangabe kam schon mal vor, wenn der Wohnort dem Postort entsprach. Aber auch hier wäre ich mir nicht sicher.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 12.01.2023 01:50:10 Gelesen: 65667# 879 @  
Liebe Freunde,

am 25.3.1844 verfasste das kgl. Landgericht in Markt Bibart ein Schreiben an das Kreis- und Stadtgericht Würzburg, welches erst 2 Tage später bei der Postexpedition Langenfeld aufgegeben wurde.



Die Franchise lautete: "Armensache Attestirt Königl. Landgericht Mkt. Bibart, gez. Unterschrift".

Es ging wohl um 2 Verfahren, denn unter der Expedition-Nr. 1890 und 1891 wurde gemeldet, dass 2 Schlossersöhne aus Iphofen wichtige Aussagen zu machen hätten.

Wieder eine kleine Facette mehr in meiner Armensachen-Sammlung.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.01.2023 12:17:59 Gelesen: 65632# 880 @  
Liebe Freunde,

den nachfolgenden Brief besaß ich sehr lange, stellte aber dann die Sammlung um und verkaufte ihn. Fehler.

Jetzt konnte ich ihn bei Rauhut zurückkaufen und bin sehr glücklich darüber, denn er ist etwas ganz Setenes.



Der Postvertrag zwischen den Niederlanden und Preussen vom 1.4.1851 bestimmte für Korrespondenzen in reinen Staatsdienstangelegenheiten die beiderseitige Portofreiheit, wenn die von der jeweiligen Aufgabepost bestätigt wurde.

Mein Brief vom 24.7.1859 aus Bad Kissingen nach Rotterdam entsprach als Regierungs-Sache diesen Anforderungen. Absender war das K. bayer. Landgericht und Badcommissariat vor Ort.

Empfänger: "An den Staatsrath und K. Commissar für die Provinz Südholland zu Rotterdam".

Die Leitung erfolgte über Frankfurt am Main (Taxis) und Preussen (Warburg) in die Niederlande.

Bei seiner Ankunft stellte man aber fest, dass er nach s´Gravenhabe laufen sollte, nachdem ihn der Briefträger Nr. 15 in Rotteram ausgetragen hatte. Letztlich wurde er am 27.7. in s´Gravenhage zugestellt.

Warum ist dieser Dienstbrief selten?

1. Gibt es von Bayern so gut wie keine Dienstbriefe in die Niederlande, warum auch immer.

2. Kenne ich keinen Dienstbrief mit Weiterleitung und da ich ja eine Mini-Sammlung "Dienstbriefe mit Besonderheiten" und "Weiterleitungen" habe, passt er jetzt sogar in 2 Sammlungen gut herein.

Liebe Grüsse von einem glücklichen bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2023 00:36:30 Gelesen: 65530# 881 @  
Liebe Freunde,

wenn man einen Brief mit der Franchise K.D.S. (Königliche-Dienst-Sache) sieht, der aus der Markenzeit stammt, hier: München 24.6.1860, dann darf eine Augenbraue schon mal zucken, denn zu dieser Franchise fallen einem spontan nur Briefe der frühen Vormarkenzeit ein; oder ein Brief einer Majestät in späterer Zeit eben.



Hinten, außer einem Fragment des Speyerer Halbkreisstempels, sehen wir ein großes Siegel mit folgender Inschrift, wenn ich das richtig lese (600 dpi Scan):

Secretariat Ihrer Majestät der Königin von Bayern - das müsste Marie von Preussen sein, die von 1848-64 als Gattin seiner Majestät König Ludwig II in Bayern residierte. Nach dem Tod von Ludwig II war sie als Königinmutter bis 1889 Teil des bayer. Hochadels. Sie verschied in Hohenschwangau. Friede ihrer Asche.

Stellt sich nur noch eine Frage: Wer war der Empfänger, Herr C. (Caspar, Carl, Casimir, Cornelius usw.) Korn in Speyer? Leider habe ich, wie nicht anders zu erwarten, beim Googlen alles gefunden, nur nichts Taugliches. Gerne lese ich etwas zu dem Emfpänger in meiner Geburtsstadt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 16.01.2023 08:23:51 Gelesen: 65513# 882 @  
@ bayern klassisch [#881]

Hallo Ralph,

ich habe alles mögliche versucht, aber ohne direkte Anrede keine Chance.

C. Korn Speyer, gehörte er zu den Bediensteten, war es ein Kaufmann oder, oder.

Vielleicht hat ja jemand anderes noch eine Idee um Dir zu helfen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 16.01.2023 10:11:14 Gelesen: 65512# 883 @  
@ Gernesammler [#882]

Hallo Rainer,

vielen Dank für deine Mühewaltung - da die Königin ihm schrieb, gehe ich davon aus, dass es eher eine Person aus der Öffentlichkeit war (ein Literat, ein Wissenschaftler, ein A oder B-Promi der Stadt Speyer, oder jemand aus ihrem aktuellen, oder ehemaligen Umfeld wie ein Erzieher).

Ich habe einen Freund in Speyer, der sehr belesen ist und über Speyer viel weiß (100 mal mehr als ich) und hoffe auf dessen Spürnase. Wäre schön heraus zu finden, was sie ihm 1860 geschrieben hätte haben können.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 18.01.2023 10:38:29 Gelesen: 65466# 884 @  
Liebe Freunde,

wer Contraventionen sammelt, freut sich über krumme Hunde, denn sie sind die Basis einer solchen Sammlung.

Aber ich will auch gerne mal eine Lanze brechen für richtig Gemachtes, obwohl es sonst oft falsch gemacht wurde und solch ein Brief wurde in Fürth am 4.6.1875 vom dortigen Magistrat an das württembergische Amtsnotariat in Dizingen (heute: Ditzingen) verschickt mit dem Vermerk "Porto jenseits". Diesem Terminus technicus begegnen wir schon im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts bei portopflichtigen Dienstbriefen, also Partei-Sachen, wenn der Absender eine Behörde war, die für eine fremde Behörde = Empfänger eine Dienstleistung vollbracht hatte, die eine Partei (= ein Privater) im seinem Einzugsbereich benötigte.



In diesen Fällen war seit 1868 unter den Korrespondenzen der Vertragsstaaten ausgehandelt worden, dass auch bei einer unfrankierten Versenund nur die günstigen Frankotaxen in Anwendung zu kommen hatten, und es demnach keine Portozuschläge geben sollte (im Gegensatz zu Privatkorrespondenzen).

Als Fernbrief Fürth - Ditzingen hätte man also bei einer Firma 7 Kreuzer bis 1 Loth bzw. 15g notieren müssen, über 1-15 Loth bzw. 250g 11 Kreuzer.

Hier war aber nur die weitaus günstigere Frankotaxe anzusetzen, also bis 15g nur 3 Kreuzer, wie es die aufmerksame Aufgabepost auch tat und die das Amtsnotariat am Folgetag gerne bezahlte (danke für diesen Abschlag, lieber Ditzinger!).

Bei regulären Dienstbriefen hätte sich die Absenderbehörde oben frontseitig benennen müssen - hier schlug man nur das grün-blaue Dienstsiegel ab, siegelseitig drücke man ein Papiersiegel auf - diese Nicht-Benennung als Absenderbehörde kenne ich seit den späten 1860er Jahren, vor allem aus der Pfalz und sie kommt hier und da immer mehr in Mode, weil ein Stempelabschlag schneller von statten ging, als das Ausschreiben mit Feder und Tinte. Auf eine Genehmigung der Post für dieses Vorgehen bin ich aber nicht gestossen - aber wir wollen ja nicht meckern, so sieht es doch viel attraktiver aus.

Hätte man diesen Brief (leider ohne Inhalt) mit 7 Kreuzern taxiert, wäre bei richtiger Taxierung ein Portobrief der 2. Gewichtsstufe gewesen, oder bei falscher Taxierung (der Mehrheit mir bekannter Briefe) nur ein Brief der 1. Gewichtsstufe, aber ungerechtfertigterweise mit Portozuschlag.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.01.2023 11:44:43 Gelesen: 65459# 885 @  
Liebe Freunde,

auch wenn das Jahr noch jung ist, bewerbe ich mich mit diesem Brief schon mal vorweg auf einen Treppchenplatz für den hässlichsten Brief Altdeutschlands - ich denke, meine Chancen, auch am Ende ganz oben zu stehen, sind gut.



Ein Brief aus Bamberg/Bahnhof vom 16.6.187(ich denke 72 oder 73) wurde verschickt an Seine Hochwürden Herrn Oberconsistorialsrath Hermes, Berlin, Ober....tor Nr. ?".

Jedenfalls zeigt uns die Siegelseite, die optisch der Frontseite in keiner Weise nachsteht, dass er dort wohl nicht mehr zu erreichen war und jemand in Berlin strich die Straßenangabe durch und setzte über Berlin "Köthenerstr. No. 38". Da werden sie den Brief auch zugestellt haben.

Die blaue 133 vorne kann ich mir nicht erklären - kann es einer?

Kaufgrund war der siegelseitige Vermerk des Absenders: "Rückadresse N(ota)B(ene) an das k. Bauamt Bamberg II". Der Absender war Bauinspektor, der Brief hat heute nur einen Teilinhalt.

Offenbar ahnte er, dass er mit der ihm vorliegenden Adresse vlt. gar nicht erst in Berlin zugestellt werden würde und sorgte so mit Bleistift schon mal vor, dass er an die richtige (dienstliche) Adresse zurücklaufen könnte. Kenne ich so auch kaum.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.01.2023 10:30:39 Gelesen: 64660# 886 @  
Liebe Freunde,

eine Partei-Sache des Landgerichts Wertingen vom 14.9.1848 wurde an das Landgericht in Au versandt und dafür 4x Porto taxiert, obwohl es mehrere Orte mit diesem Namen in Bayern gab - Contravention der Absenderbehörde, denn man hätte hier präzisieren müssen "bey München".



Siegelseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Au b. München vom Folgetag und den Insinuation-Vermerk der Absenderbehörde "Auf die Post den vierzehnten Septr. 1848, gez. Unterschrift".

Keine häufigen Stempel, noch voller Inhalt und eine kleine Contravention - da konnte ich nicht untätig bleiben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.01.2023 11:35:26 Gelesen: 64628# 887 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des katholischen Pfarrers von Dackenheim (südlich von Grüstadt) wurde am 17.7.1848 verfasst, aber erst am 22.7.1848 als Frankobrief im 16 km entfernten Frankenthal zur Post gegeben.



ein Brief des katholischen Pfarrers von Dackenheim (südlich von Grüstadt) wurde am 17.7.1848 verfasst, aber erst am 22.7.1848 als Frankobrief im 16 km entfernten Frankenthal zur Post gegeben.

Dazu muss man wissen, dass das kleine Dackenheim zur Postexpedition Freinsheim gehörte und erst am 1.2.1900 eine Posthilfsstelle bekam. Freinsheim war von Dackenheim nur 3 km entfernt.

Bei der Postaufgabe zahlte man 8 Kreuzer Gemeinschaftsfranko Bayern-Baden, halbscheidig zu teilen, und 4 Kreuzer Weiterfranko für Württemberg. Die Adresse lautete:

"Von dem katholischen Pfarramt in Dakenheim Canton Dürkheim

An das Wohllöbliche Bürgermeister Amt in Weisen bey Stuttgart, Privatsache, frey".

Ein Weisen bei Stuttgart gab es aber nicht, daher war der Brief auf die Schnelle nicht zustellbar, aber es gab ein Weissach (Porschefahrern wohlbekannt) und man ergänzte in Stuttgart die Adresse um: "Vielleicht Weissach".

Siegelseitig sehen wir nur den Transitstempel von Mannheim am 23.7., den Rest haben sich die sparsamen Schwaben erspart.

Freinsheim - Stuttgart war aber nur 3 km weiter als Frankenthal - Stuttgart, so dass die Mühewaltung gebührenmäßig nichts gebracht hat; die Gründe werden andere gewesen sein.

In jedem Fall eine Contravention durch den Absender, denn den genannen Ort gibt es heute noch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.01.2023 12:00:10 Gelesen: 64623# 888 @  
Liebe Freunde,

das k. b. Kreis- und Stadtgericht Kempten schrieb am 8.3.1851 eine portofreie Armensache an das württ. Oberamtsgericht Vaichingen (richtig schon damals war aber Vaihingen), die am 10.3. in Kempten aufgegeben wurde. 2 Tage später zeigt uns der Ankunftsstempel in grün-blau von Vaihingen den Posteingang dort.



Den Vorschriften für portofreie Armensachen wurde nicht genügt, aber das war der Aufgabepost nicht so wichtig und beide Seiten haben die Portofreiheit anerkannt.

Inhalt:

Verlassenschaft des Eisenbahnarbeiters Jakob Heinrich Weidelich aus Weissach betreffend.

Am 6. dieses Monats starb dahier Jakob Heinrich Weidelich, Maurergeselle von Weissach jenseitigem Oberamtsgerichtes. welcher temporär hier beim Eisenbahnbau beschäftigt war-

Der Verstorbene hat nach vorliegender Anzeige außer einem ganz einfachen Kleideranzuge hier nichts hinterlassen, doch soll von ihm der Wirth Lang an der Altbäckersteig in Ulm einen Koffer mit Effekten in Verwahr haben.

Das verehrliche Gericht als competente Behörde hievon in Kenntnis setzend, zeichnet mit Hochachtung

königlicher Director, Unterschrift".

Darunter mit anderer Hand steht: "Am 19. März 1851 an das Schultheissenamt Weissach das Erforderliche veranlassen".

Wenn man weiß, dass zum 1.4.1852 die Strecke Kaufbeuren - Kempten eröffnet wurde, kann man davon ausgehen, dass unser Geselle bei eben dieser Strecke arbeitete und zu Tode kam.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.01.2023 10:28:50 Gelesen: 64587# 889 @  
Liebe Freunde,





zwee Flieschen mid eener Glabbe - davon kann ich hier einen zeigen: Der einzige mir bisher bekannte Brief aus Ludwigshafen nach Oggersheim (andersherum wäre es ganz genau so) mit 3 Kr. treffend frankiert vom 22.8.1868, dazu 2 praktisch gleichartige Abschläge des Halbkreisstempels mit der "7" als Zeitangabe, zumal kurz zuvor noch die "7A" Type in Gebrauch war, aber das hatte man wohl abgeschafft.

Der 2. Stempelabschlag brachte hier also keine Verbesserung der Klarheit - Briefe mit 2 vergleichbaren Abschlägen von Aufgabestempeln suche ich schon lange und viele gibt es wohl nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.02.2023 10:13:26 Gelesen: 62097# 890 @  
Liebe Freunde,

was es nicht alles gibt bzw. gab! Ein Kuvert der Nürnberger Spiel-, Kurz- und Galanteriewaaren Christian Wilhelm Arold, Agentur & Commissions-Geschäft (ich liebe diese Signetten) zeigt uns die Postaufgabe in Nürnberg am 7.6.187(2), wie ich vermute.



Man notierte oben: "Zur promptesten Weiterbeförderung", was auch mit Rötel unterstrichen wurde, aber für läppische 3 Kreuzer gab es keine Expressbriefe und das Express-Porto von 2 1/2 Groschen ist auch nirgends vermerkt worden, wenn es denn je eines gab (ich glaube es nicht).

Empfänger war: "Herren Haasenstein & Vogler, Annoncen - Expedition in Leipzig - mit Briefen unter Chiffre G.K. 979".

All diese in dem Kuvert befindlichen Briefe waren sehr leicht, denn es wurde das Gewicht von 15g nicht überschritten (bzw. vorher 1 Loth).

Für mich scheint die Nürnberger Firma die Briefe von Kunden gesammelt zu haben, die sich auf die Leipziger Annonce gemeldet hatten.

Hier ein Link zu wikipedia, in dem auch die Firma Haasenstein 1855 in Altona [1] genannt ist:

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Annoncen-Expedition
 
bayern klassisch Am: 30.03.2023 10:35:31 Gelesen: 57569# 891 @  
Liebe Freunde,



hier einer mIt gestempelter Marke (Fuchsmühl bei Mitterteich, gM 320 von Mitterteich) vom 2.2 1860 an den Freiherren Max von Zoller in Bayreuth., wo er am Folgetag ankam, aber ohne Aufgabestempel! Hat man auch nicht jeden Tag.

Interessant ist noch der Inhalt, er bestand aus "Forstfrevel Anzeigen". Kann man auch mal lesen, was damals im Wald so abging.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.03.2023 11:22:47 Gelesen: 57511# 892 @  
Liebe Freunde,

ein einfacher Brief aus Ulm vom 29.1.1845 nach Leipzig zeigt seinen Lauf ganz gut: 4 Kreuzer für Württemberg bis zur bayer. Grenze, 8 Kreuzer Transit für Bayern pauschal von Nürnberg unterhalb des Nürnberger Auslagestempels notiert nach dem Postvertrag Bayerns mit Württemberg von 1809 = 12 Kreuzer. Der Empfänger zahlte 55 Neupfennige, wobei 10 Neupfennige = 1 Neugroschen = 3,5 Kreuzern entsprachen, also etwa 19 Kreuzern gleichkamen, somit 7 Kreuzer für Sachsen.



Häufig habe ich, vor allem in der frühen Markenzeit, auf das Einsparpotential Ulmer Korrespondenten hingewiesen, wenn man Briefe nach und über Bayern aufzugeben hatte und in der Masse lohnte sich der Ganz über die Donaubrücke, um Geld zu sparen, wobei der Absender hier, die Gebrüder Wechsler, in der Markenzeit in Erscheinung traten.

Hier haben wir jedoch einen Fall vor uns, bei dem es im Endeffekt nicht günstiger gewesen wäre, wie eine Parallelrechnung ergibt:

Bei einer Postaufgabe im bayer. Neu-Ulm hätte der dortige Expeditor die Entfernung von Neu-Ulm bis Hof an der Saale mit ca. 255 km = 34 Meilen zu berechnen gehabt. Für diese Strecke hätte man bei über 30 - 36 Meilen Entfernung 12 Kreuzer angesetzt. Die sächsische Forderung wäre gleich geblieben.

Durch einen Briefschmuggel wäre er mit 19 Kr. final genauso teuer geblieben, wie bei der regulären Versandweise.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.04.2023 12:08:52 Gelesen: 55734# 893 @  
Liebe Freunde,

heute darf ich ein ganz besonderes Stück vorstellen - ein Brief vom 8.4.1853 der Firma Scherer & Schad aus Schweigen (heute: Schweigen-Rechtenbach), direkt an der bayer.-französischen Grenze liegend (s. Absenderstempel in blau) mit Postaufgabe in Wissembourg (ein paar Meter entfernt) als Portobrief für 25 Centimes (ca. 7 Kreuzer) ins nahe Strasbourg als Rechnung über Zuckerdosen (abschließbar und nicht abschließbar, weil Zucker damals noch recht teuer war, im Gegensatz zu heute) im Wert von 35 Francs und 70 Centimes.



Die Frage stellt sich, was der Brief bei der regulären Postaufgabe in Bayern (Schweigen hatte keine eigene Post, man hätte den Brief ca. 7 km nach Bad Bergzabern bringen müssen) gekostet hätte? Die Antwort ist: Sondertarif für die Pfalz in die Departements Bas-Rhin und Moselle nur 6 Kreuzer franko bis 8,75 g, hier nur bis 7,5 g.

Der Brief wiegt aber nur 5 g, von daher war das Gewicht nicht ausschlaggebend, ebenso wenig der eine Mehrkreuzer, weil durch die nahe Postaufgabe wenig Zeit und Weg vor einem lag, während man in Bad Bergzabern erst nach ca. 1,5 Stunden Fußweg, wenn man fit ist, angekommen wäre - und von dort aus wäre der Brief auch erst nach Wissembourg geschickt worden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.04.2023 16:37:25 Gelesen: 55708# 894 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Solnhofen vom 3.9.187? nach Neufraunhofen, Post Velden, wo er noch am selben Tag ankam.



Dann tat sich 2 Tage lang nichts mehr, ehe man ihn mit korrigierter Anschrift "Haidenburg Post Aidenbach" - ohne Angaben von Gründen - weiter sandte.

Allein schon vom Datum her müsste er in Neufraunhofen ausgeliefert worden sein. Alternativ lag er im Postfach von Velden, dann kam ein Schreiben, oder eine Depesche, dass er sich seine Post nach Haidenburg nachschicken lassen wollte und auf der Post hat man dann die Adresse des Briefes schnell geändert und ihn weitergeleitet. Zumindest sieht er sehr adrett aus, auch wenn ich nicht weiß, warum die Siegelseite so aussieht, wie sie aussieht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.04.2023 16:53:17 Gelesen: 55705# 895 @  
Liebe Freunde,

Chargébriefe in Bayern gibt es heute noch Zehntausende. Aber Chargébriefe, bei denen die Aufgabepost die Reco-Nummer vergessen hatte, obwohl sie eindeutig als Einschreiben gekennzeichnet waren, gibt es nur eine Handvoll (wenn wir von den wenigen Briefen unter Recommandation der Notare und Anwälte absehen, die eigene Reco-Scheine benutzen durften).



Hier aus den 1870-er Jahen ein Kuvert ohne Inhalt und Ankunftsstempel von Vilshofen an den k. Advocaten Dr. Petzold in Pfarrkirchen.

Obwohl klar mit Chargé bezeichnet, bekam er keine Reco-Nr. von der Aufgabepost zugeteilt, was ein schwerer Fehler war und ob ein Postschein für ihn ausgestellt worden war, muss offen bleiben. In der Briefkarte hätte er unter den Chargébriefen namentlich (Empfänger) aufgeführt sein müssen, aber auch das wissen wir nicht.

Im Rahmen des Postlaufs wurde der Fehler festgestellt und jemand schrieb " ohne Nummer !" neben die Marke, vergab jedoch selbst keine Reco-Nummer.

Die Vorschriften wechselten sich zwar ab, aber im Prinzip war die Kontrolle bei Reco-Briefen stets sehr streng, waren sie doch mit 24 1/2 Gulden versichert und das war fast ein Monatslohn. In mehreren Anweisungen mit dem In- und Ausland verlangte die bayerischen Postverwaltung, dass in Fällen, in denen eindeutig als eingeschrieben gekennzeichnete Briefe in den Postsäcken vorgefunden wurden, diese selbst zu recommandiren waren und der zuleitenden Post sofort gegen Postlieferschein (Rückschein für Behörden) Kenntnis zu geben war, dass ein solcher Fall aufgetreten war. Hinten ist das Kuvert blank, was wohl dem damaligen Stress mit ihm geschuldet sein könnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.04.2023 16:16:25 Gelesen: 55617# 896 @  
Liebe Freunde,

durch ein nettes Auktionshaus vermittelt: Brief mit Retour-Recepisse (vulgo: Rückschein) aus Burglengenfeld vom Oktober 1811 "Zur Königlich baiernschen allgemeinen Stiftungs-Administration in Kamm (heute Cham).



Die Post schrieb mit Rötel "Chargé" oben links, weil dieser Sonderpostdienst gewünscht, aber auf dem Brief nicht zum Ausdruck gebracht worden war, führte auch das Nota - Bene - Zeichen, vulgo: # hinzu, und man notierte die Manual-Nr. 3 oben rechts.

Außergewöhnlich ist der Praesentations-Vermerk unten links: "Praes den 20 Octob(ris) 1811 und in Cham bekam er die Manual-Nr. 1.

Die oben links zweifach abgeschlagenen Chargéstempel sind weniger deutlich zu erkennen, als der Rötel-Vermerk, wobei man wieder sieht, wie wichtige das Farbenspiel damals war.

Der Absender hatte 4 Kreuzer Chargégebühr zu zahlen und 12 Kr. für den Rückschein, der nach Ankunft und Auslieferung des Briefes wieder unter Recommandation der Aufgabepost zu remittieren war. Der Empfänger zahlte 6 Kr. Porto für einen Brief in der 3. Gewichtsstufe (über 1-1,5 Loth) in der 1. Entfernungssteufe bis 6 Meilen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2023 10:29:38 Gelesen: 52296# 897 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief von München I, abgeschickt am 18.1.1871, an "seiner Wohlgeboren Herrn Jakob Grassl, Wirthschafts-Paechter in Oberölkofen, G(erichts) Ebersberg".



Der Weiler heißt mittlerweile Oberelkofen und ist nach Grafing eingemeindet worden, war also ein Kuhkaff (mit Verlaub).

Am 19.1. lief er über Ebersberg nach Grafing, wo er am 20.1. ankam, konnte jedoch nicht per Landbriefträger zugestellt werden. Statt dessen notierte man verso: "Grassl soll sich jetzt in München aufhalten. Gez. Unterschrift".

Nun sandte man ihn nach München retour, wo er am Folgetag vom Briefträger Nr. 20 dem Absender G. Dürr, Advocat, zugestellt wurde. Außer Spesen also nichts gewesen.

Im Inhalt forderte Dürr den Grassl auf, "das als Anlage versandte Deservitorium pro 1870 zur anfälligen Berichtigung in Vorlage bringen zu wollen".

Auch, oder gerade hier, sieht man wieder, wie wichtig Absenderoblaten bzw. Absenderstempel waren, denn sonst wäre der Retour-Brief sicher nicht innerhalb von 3 Tagen wieder vorgelegen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.06.2023 16:26:15 Gelesen: 50885# 898 @  
Liebe Freunde,

seit langer Zeit suche und begehre ich schon Briefe mit Firmenzudruck, auch wenn die in meiner Sammelperiode von 1806-1875 leider keine Massenware darstellen. Heute darf ich einen aus Hochstadt vom 22.12.1868 vorstellen, der mit 12 Kreuzern korrekt nach Bordeaux in Frankreich frankiert worden war (Postvertrag vom 1.7.1858).



Aber die Entwertung der Marke hätte mit einem Mühlradstempel vorgenommen werden sollen, nicht mit einem Rötelkreuz, aber das war wenigstens besser, als die Marke gar nicht zu entwerten. Über Forbach und Paris lief er nach Bordeaux. Siegelseitig sehen wir die Werbung der Firma Heinrich Kerling, Korbwaaren-Fabrik in Michelau bei Lichtenfels in Bayern, wovon Hochstadt nicht weit entfernt lag. Vlt. teilen andere meine Freude auch an diesem schönen, blauen Umschlag mit roten und schwarzen Stempeln, grüner Marke und Rötelstift.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 01.06.2023 16:53:32 Gelesen: 50878# 899 @  
@ bayern klassisch [#898]

Hallo Ralph,

ein wunderschöner Brief, mehr kann man dazu nicht sagen und ich denke da sucht man lange nach.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 01.06.2023 17:01:52 Gelesen: 50876# 900 @  
@ Gernesammler [#899]

Hallo Rainer,

ein Leben lang ...

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 05.06.2023 10:42:41 Gelesen: 49722# 901 @  
Liebe Freunde,



als ihre Majestät, Königin Marie von Bayern, am 17.05.1889 von ihren hiesigen Pflichten entbunden wurde, galt die Staatstrauer umgehend und Behörden und Beamte hatte sofort Briefe und Kuverts mit schwarzem Trauerrand zu benutzen.

Das Standesamt der Haupt- und Residenzstadt München sandte am 23.05.1889 ein Trauerkuvert an den Stadtmagistrat Schwabing (jetzt mit eingener Post, davor im Ortsbestellbezirk gelegen) und frankierte das schwere Schreiben mit 20 Pfg.. Am selben Tag wurde es zugestellt. Verschlossen war es mit einer braunen Oblate - da hätte ich mir eine schwarze Oblate eher ausgedacht ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.06.2023 10:48:12 Gelesen: 49720# 902 @  
Liebe Freunde,

das königl. bayer. Kreisarchiv in Nürnberg versandte sonst wohl nur portofreie R(egierungs) - S(achen) und verfügte über teilvorgedruckte Briefe (schööön).



Hier die Ausnahme: R.S. wurde gestrichen bei einem Brief vom 20.02.1899 an die Vorstandschaft des historischen Vereins von Unterfranken & Aschaffenburg in Würzburg, der mit 10 Pfg. frankiert wurde und am Folgetag eintraf. Der Würzburger Stadtpostbote Nr. 45 durfte ihn austragen.

Dergleichen Briefe sind m. M. n. nicht häufig und gefallen mir außerordentlich gut.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.06.2023 15:15:20 Gelesen: 48731# 903 @  
Liebe Freunde,

heute erhoffe ich mir eine Erklärung zu einem Brief von 1853 aus Landau in der Pfalz nach Schweigen (auch in der Pfalz) von euch. Jeder darf laut knobeln, keiner blamiert sich bei der Beschreibung, derer ich harre.





Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 11.06.2023 16:46:48 Gelesen: 48692# 904 @  
@ bayern klassisch [#903]

Hallo Ralph,

Brief vom 24.2.1853 vom Bezirksgericht Landau, vom Advokaten Böcking an den Meister Beck in Schweigen über Bergzabern, dort kam der Brief am gleichen Tag zur Ausgabe.

Einfacher Brief innerhalb der Pfalz bis 1 Loth mit 3 Kreuzer, Bayern Nr.2 II frankiert, gestempelt mit geschlossenem Mühlradstempel Nr.173 (1.Verwendung) sowie Halbkreisstempel von Landau i.d.Pf. (Winkler 11b) verwendet 1842-61.

Auf der Rückseite der Ankunftsstempel von Bergzabern (Winkler 11b ohne Punkt) verwendet 1844-55, ab da wurde der Brief mit Boten nach Schweigen an Herrn Beck gschickt, Schweigen hatte erst ab 1884 eine Postablage.

Eine Gebühr für den Boten ist hier aber nicht zu sehen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 11.06.2023 16:58:57 Gelesen: 48683# 905 @  
@ Gernesammler [#904]

Hallo Rainer,

danke für deinen Mut und du bist schon nahe dran, Respekt!

Bis 30.9.1858 wurden die Landgemeinden in der Rheinpfalz, also die Orte ohne eigene Postanstalt, von den Orten mit Postanstalt durch Cantonsboten (CB) bedient. Hier von Bad Bergzabern (Ort mit Post) nach Schweigen (heute: Schweigen-Rechtenbach), damals ohne Post. Diese CB waren auf Kosten DER Gemeinden angestellt, die ihre dienstliche Post in die nähere Umgebung und aus der näheren Umgebung ablieferten. Allerdings gewährte man den CB, dass, wenn sie ihre dienstlichen Aufträge dadurch nicht vernachlässigen würden, die Aufgabe und Abgabe von privaten Poststücken, wofür sie entweder 2, oder 3 Kreuzer vom Absender bzw. Empfänger kassieren durften, statthaft war. Daher kennen wir Dienstbriefe in der Pfalz, die weder ein Postporto, noch einen Botenlohn aufweisen, weil die CB genau dafür geschaffen wurden.

Dann gibt es Privatbriefe, die frankiert, oder unfrankiert sein konnten und die, wenn sie in die Landgemeinden gerichtet waren, oder von dort kamen, 2 und 3 Kreuzer Botenlöhne aufweisen. Hier haben wir aber den Brief eines königlichen Advocaten und Rechtsanwalts vor uns, den dieser mit 3 Kreuzer Marke frankiert hatte, also keinen klassischen Dienstbrief, und der aber ab Bergzabern OHNE Botenlohn ausgetragen wurde. Eigentlich hätten ja markenfrankierte Briefe alle Botenlöhne in die Landgemeinden aufzuweisen, aber hier ging er an den Bürgermeister von Schweigen und nicht an Tante Dora, oder Onkel Herbert.

Ich nehme an, dass bei der Ankunft in Bergzabern sowohl dienstliche Schreiben, als auch dieser frankierte Brief angekommen waren und man diese dem CB einfach mitgab, ohne ihn darauf hinzuweisen, dass er theoretisch 2 oder 3 Kreuzer hätte kassieren können; aber bei DEM Empfänger hat man es wohl gelassen, denn er musste ja seine Post sowieso bei ihm abgeben und man wollte als CB sicher kein Faß aufmachen wegen der paar Kreuzer. Einen vergleichbaren Brief kenne ich aus dem Gedächtnis nicht - vlt. finde ich nochmals einen, dann hätte ich eine Traumseite voll.

Danke für deinen Mut und deine Ausarbeitung - klasse!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 18.06.2023 18:48:46 Gelesen: 47312# 906 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen eingeschriebenen Dienstbrief des Landcommissariats Homburg in der Pfalz an das Landgericht Weissenburg in Bayern (und nicht "Weissenburg" im Elsaß direkt an der pfalz-französischen Grenz vom31.5.1857.



Die Aufgabepost übertraf sich mit einem herrlichen Rötelkreuz, vergaß aber die Manual-Nummer des Einschreibens auf dem Brief zu notieren. Schwerer Fehler.

2 Tage später wurde er in Weissenburg / Bayern zugestellt.

Dienstbriefe unter Recommandation mit vergessener Manual-Nummer sind alles, nur nicht häufig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.06.2023 11:40:51 Gelesen: 46597# 907 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen portofreien Dienstbrief des Pfarramtes Altenmünster vom 2.12.1856 an die Bauinspektion Schweinfurt, bei dem die Absenderbehörde "Sehr dringend" notiert hatte und die Post (oder wer auch immer) unterstrich diesen Express-Vermerk mit Rötelstift.



Im Inhalt lesen wir, warum es so eilig war:

"Unter Bescheinigung der Zuschrift vom 27. v(origen) M(onats) praes(entirt): 1. letzten Monats im rubrizirten Betreffe wird der anberaumte Termin genehm gehalten, muß man jedoch sein Bedauern darüber ausdrücken, aß man dem Wunsche der verehrlichen k. Bauinspektion, den vorigen Bewohner hiezu einzuladen, deßhalb nicht entsprechen kann, weil diesseits dazu die Competenz, wleche nach der allerh(öchsten) Verordnung vom 28. Febr. 1851 der kgl. Baubehörde zusteht, abgeht".

Wir sehen also auch hier wieder, was hier und da bestritten wird, dass kostenlose Dienstbriefe mit Express-Vermerk stets sehr wichtig waren und nur wegen möglicher Verfristungen per Express ausgetragen wurden.Da der Zielort eine Postexpedition hatte, bekam der Expressbote nichts.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.06.2023 11:53:05 Gelesen: 46596# 908 @  
Liebe Freunde,

manche Briefe kauft man äußerlich, weil sie gut aussehen, oder von vorn (dem einzigen vorliegenden Bild) schon etwas Außergewöhnliches zeigen und stellt erst beim Empfang fest, dass auch oder gerade der Inhalt ein Schmankerl der besonderen Art ist.



So geschehen in der Bucht bei einem schönen Dienstbrief vom K. Bair.-Stadtgericht Nürnberg an das Landgericht in Schwabach als portopflichtige Partei-Sache vom 30.1.1812, taxiert mit 4 Kr. Porto.

Mein Kaufgrund war der herrliche Abschlag des Behörden-Absenderstempels, denn bei Dienstbriefen galt die Vorschrift, die Absenderbehörde oben mittig zu notieren und hier hat man sich durch Abschlag eines eigens für diese Behörde hergestellten Stempels der Umständlichkeit von Feder, Tinte usw. entledigt. Hingegen gelang der Aufgabepost nicht das Kunststück, ihren Zweizeiler adäquat abzuschlagen, aber das war wohl auch wegen des erstklassigen Abschlags des Nürnberger Gerichts dann nicht mehr so notwendig.

Das Interessante aber kommt im Inneren (90% gottlob noch vorhanden):

Es war ein Empfangsschein über 3 Kr. Stempelgebühr, den Anna Susanna Mo(ser?) in Nürnberg zu quittieren hatte und der dann retour zu senden war.

Oben unter "Empfangs-Schein" lesen wir noch "pr(aesentirt) den 2.2.12, 4x Porto".

Dergleichen ist so früh von Bayern nicht häufig und macht mich noch glücklicher, als ich es eh schon gewesen wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.06.2023 16:32:51 Gelesen: 45771# 909 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Hof an der Saale vom 30.1.186? mit folgender Adresse:" Ihro Wohlgeboren Fräulein Hedwig Heyner mit Briefen an Herrn Doktor Heyner Lepzig. Am Folgetag wurde er zugestellt.



Bei 120 km Entfernung in direkter Linie waren bis 1 Loth (16,66g) folglich 6 Kreuzer zu frankieren, was man auch tat - die eingelegten Briefe dürften also nicht sehr schwer gewesen sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.06.2023 16:43:05 Gelesen: 45764# 910 @  
Liebe Freunde,

am 13.1.1866 schrieb Rechtsanwalt Götz aus Landshut einen mit 3 Kreuzer frankierten Briefe ins nahe Stadtamhof zu Händen des Landgerichts dortselbst. Am Folgetag war er auch schon dort.



Am 16.1. schrieb das LG Stadtamhof Herrn Dr. Götz zurück nach Landshut. Die Partei-Sache (also hatte Götz etwas vom Gericht gewollt und nicht anders herum) kostete jetzt aber 6 Kreuzer, weil das LG nicht frankiert hatte (wovon auch). Dazu gab es den Insinuations-Vermerk siegelseitig.

Auch wenn solche Wendebriefe häufig sind, erfreuen sie sich bei mir großer Beliebtheit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.06.2023 10:30:56 Gelesen: 45580# 911 @  
Lieber Freunde,



anbei ein Scan meines "jüngsten" Briefes, noch dazu aus Deggendorf nach Passau vom 11.1.1876 (oder etwas später). "Herrn Georg Lemb mit Briefen Herrn Jos. Pummerer, Passau". In über 30 Jahren hatte ich nie einen Brief aus der Pfennigzeit als BmB (Brief mit Briefen) gesehen und hätte auch eine Existenz nahezu ausgeschlossen, aber man täuscht sich (gern).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.06.2023 14:47:56 Gelesen: 45083# 912 @  
Liebe Freunde,

wer würde sich die Mühe machen, bei einem simplen 3 Kreuzer blau - Brief aus Kempten nach Kaufbeuren den Inhalt näher zu betrachten? Vermutlich niemand, zumal die Korrespondenz an Caspar Gerhauser ja jedem Bayernsammler hinlänglich geläufig ist und große Besonderheiten nicht zu erwarten sind. Oder?





Der am 16.2.1860 in Kempten aufgegebene Brief, der am Folgetag bei Gerhauser ankam, wurde nämlich ausweislich seines Inhalts schon am 11.2.1860 in Rosenheim verfasst von einer Maschinenfabrik dort, dessen Namen ich nicht lesen kann.

Entfernung Rosenheim nach Kaufbeuren = 112 km, also klar über 12 Meilen, somit hätte der Brief 6 Kreuzer Franko gekostet.

Entfernung Kempten nach Kaufbeuren = 29 km, also klar unter 12 Meilen, so dass die frankierten 3 Kr. korrekt waren und sich der Absender 3 Kr. gespart hatte.

Große Frage: War das ein Postbetrug? Nach heutiger Definition nein, weil der Brief zwar in Rosenheim schon verschlossen worden war, aber bei einer Postaufgabe in Bayern wohl legal war.

Dennoch wird es der bayer. Post ein kleiner Dorn im ärarischen Auge gewesen sein, auf 3 Kr. verzichten zu müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 30.06.2023 22:50:11 Gelesen: 44661# 913 @  
@ bayern klassisch [#912]

Hallo Ralph,

schöner Brief, ich sehe oben im Briefkopf einen eingedruckten Absender, steht da nicht der Name der Maschinenfabrik ?

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 01.07.2023 10:58:57 Gelesen: 44564# 914 @  
@ Gernesammler [#913]

Hallo Rainer,

so ist es - aber ich kann es nicht lesen. Du könntest es sicher, aber meine Augen sind nicht mehr so gut.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
dikoe Am: 01.07.2023 14:29:46 Gelesen: 44536# 915 @  
Ich lese (ohne Gewähr):

Maschinen-Fabrik Gebr. Beilbach, Rosenheim.
 
bayern klassisch Am: 01.07.2023 15:14:47 Gelesen: 44525# 916 @  
Gernesammler Am: 01.07.2023 18:38:18 Gelesen: 44497# 917 @  
@ bayern klassisch [#916]

Hallo Ralph,

habe mir mal das Bild vom Text runtergeladen und gedreht, Gebrüder Beilhack ist richtig.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 01.07.2023 18:42:44 Gelesen: 44495# 918 @  
@ Gernesammler [#917]

Hallo Rainer,

vielen Dank für die Bestätigung.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
dikoe Am: 02.07.2023 13:55:54 Gelesen: 44351# 919 @  
@ bayern klassisch [#916]

Klar doch, wenn auch das Stadtarchiv eine Fa. Beilhack bestätigt.

Gruß zurück
 
filunski Am: 04.07.2023 00:42:03 Gelesen: 43852# 920 @  
@ bayern klassisch [#912]

Lieber Ralph,

als "Stempelfreak" gefällt mir ausnehmend gut der Ankunftstempel!

Nicht nur weil er so schön abgeschlagen wurde, sondern auch weil er recht selten sein dürfte. Die Schreibweise des Ortsnamens (vielen Lesern hier wahrscheinlich gar nicht aufgefallen) KAUFBEUERN gab es im Poststempel nicht sehr oft. Die Stadt wird heute und schon seit langer Zeit KAUFBEUREN geschrieben.

Vielen Dank fürs Zeigen, Stempel wird in die Datenbank Eingang finden. ;-) [1]

Viele Grüße,
Peter

[1] https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/543714
 
bayern klassisch Am: 04.07.2023 10:36:48 Gelesen: 43771# 921 @  
@ filunski [#920]

Lieber Peter,

da hast du natürlich Recht - "Kaufbeuern" ist schon etwas außerplanmäßig geschnitten worden, aber offenbar gab es gerade bei diesem Ort gewisse Freiheiten, denn ich kenne auch Briefe, die nach "Kaufbairen" gerichtet waren und auch dort ankamen. Das 19. Jahrhundert hat sich zwar schon um die korrekte Orthographie bemüht, aber selbst die Ministerien haben sich nicht immer auf eine Meinung zu allgemeinen Worten durchringen können, wie 1849 ff "DREI KREUZER" bei den Frankomarken, aber "DREY KREUZER" bei den ersten Ganzsachenkuverts.

Danke für die Aufnahme in die Stempeldatenbank!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
filunski Am: 04.07.2023 14:16:18 Gelesen: 43721# 922 @  
@ bayern klassisch [#921]

Lieber Ralph,

ja, der Fall Kaufbeuren/Kaufbeuern ist schon interessant und dieses auch von dir beschriebene "orthographische Dilemma" kann man gerade an diesem Ort gut an Poststempeln verfolgen.

Im Winkler [1], einem zwar schon älteren aber immer noch zutreffenden Stempelhandbuch, finden sich bei Kaufbeuren noch ein paar Kuriositäten.

Bereits der erste gelistete Stempel ab 1801 zeigt die heute gültige Schreibweise, ein Zeilenstempel " V. Kaufbeuren". Danach wird es abenteuerlich, ab 1805 " R.3. KAUFBEYERN", 1808 " R.3. KAUF BEIERN". Dann kehrt erst mal Beruhigung ein und es folgen mehrere Stempel mit der "richtigen" Schreibweise KAUFBEUREN bis dann 1850 nochmals der "Ausrutscher" mit dem von dir gezeigten Stempel passiert!

Leider kann ich selbst keinen dieser "orthographisch" interessanten Stempel zeigen.

Viele Grüße,
Peter

[1] Handbuch der Bayerischen Poststempel, Dipl. Ing. Karl Winkler, Nürnberg 1951
 
bayern klassisch Am: 04.07.2023 14:34:34 Gelesen: 43716# 923 @  
@ filunski [#922]

Lieber Jürgen,

ja, diese Stempel gibt es, aber sie sind teils nicht häufig. Ich habe in meinen Sammlungen nur einen Einzeiler; die frühen Stempel mit Rayon-Angabe besitze ich leider nicht und kann sie auch nicht zeigen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 04.07.2023 17:15:48 Gelesen: 43671# 924 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen recommandirten Portobrief der Staats-Schulden-Tilgungs-Special-Cassa in München vom18.7.1839 an den Magistrat der Stadt Eichstätt.

Der Brief war ursprünglich unten links mit dem Vermerk: "R.S. Mit Urkunde" versehen worden, wodurch er bis 1 Pfund (560 g) portofrei bei der Briefpost wiegen durfte.



Dann aber strich man das alles ab und notierte darüber: "recommandirt", wünschte also die portopflichtige Absendung als Einschreiben.

Dafür zahlte man dann 4 Kreuzer in bar für die Einschreibung und ließ den Empfänger 15 Kreuzer Porto berappen.

München-Eichstätt = 88 km = 11,8 Meilen = 4 Kr. einfach, aber dann kämen wir bei höheren Gewichten immer nur auf gerade Zahlen.

Rechnete man aber einen Tick über 12 Meilen, dann wäre das einfache Porto schon 6 x und bei den notierten 15 Kreuzer lag der Brief in der 4. Gewichtsstufe (über 1,5 bis 2 Loth).

Aber nicht nur, dass man in die Spalte für Briefe über 12-18 Meilen gerutsch war, statt über 6-12 Meilen, nein, man hat auch die Reco-Nr. vergessen und das war richtig schlecht.

Im Inhalt lesen wir, dass man in München eine Urkunde über 500 Gulden von Eichstätt zwar erhalten hätte, diese aber zu unterschreiben vergessen worden war, wodurch sie rechtlich nicht gültig war, weswegen München diesen Brief mit anliegender, unvollständiger Urkunde zurück nach Eichstätt schickte, verbunden mit der Bitte, dies umgehend nachzuholen und diese dann erneut in Vorlage zu bringen.

Tja, so ist das eben - wenn mal was schief läuft, dann aber richtig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.07.2023 17:27:09 Gelesen: 43668# 925 @  
Liebe Freunde,

Ulm, die freie Reichsstadt, war vom 1.7.1808 bis 30.9.1810 bayerisch unter bayerischer Staatspost und erhielt den Stempel Rayon 3 Ulm, womit sie im 3. Entfernungsbereich ("Rayon") zu Frankreich lag.



Ein Brief aus Ulm vom 3.4.1809 nach Rheims kostete daher bei der Leitung über Strasbourg ("Allemagne par Strasbourg" total 12 Decimes.

Viele wird es aus dieser engen Zeitspanne nicht geben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.07.2023 17:43:04 Gelesen: 41321# 926 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen mit 6 Kreuzer bar frankierten Privatbrief von Dingolfing vom 14.5.1842-49 an Herrn Bischof Valentin von Regensburg in Regensburg unter Recommandation, so dass der Absender total 10 Kreuzer zu bezahlen hatte.



Aber Bischofsbriefe interessieren mich nicht, im Gegensatz zu handschriftlichen Datumskorrekturen in Halbkreisstempeln (Winkler Type 11a, sog. "frühe Type"). Die Aufgabepost hatte mit Tinte den Tag im Zähler des Stempels offenbar annuliert, weil er falsch links eingesetzt worden war (der 14.). Aber jetzt hatte man ein seltsames Konstrukt geschaffen, das auch blöd aussah, nicht nur weil es ein wichtiger Brief war, wie alle Einschreiben, sondern auch der Empfänger nicht auf den Namen Hinz oder Kunz hörte. Ergo schrieb man den 14/5 nochmals rechts mit Tinte in den Halbkreisstempel und war offenbar jetzt endlich zufrieden.

Wie viele Briefe dieser Spielart mag es damals wohl gegeben haben?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.07.2023 14:48:48 Gelesen: 39319# 927 @  
Liebe Freunde,

auch wenn der Titel hier nicht so ganz stimmt, sei mir folgender Brief hier zu zeigen erlaubt.

Portobrief aus Landau in der Pfalz, damals Teil des franz. Departements 67 Bas Rhin, verfasst von Guillaum (Wilhelm) Beker in Billigheim bei Landau "An Citoyen (Bürger) Brex....t S´amis Libraire here des Juifs (Juden) á Strasbourg.



Die Aufgabepost taxierte ihn mit 4 Decimes.

Das Datum ist ein bisserl verzwickt: Anno VIII. 5. Thermidor = im 8. Jahr der Revolution am 5. Thermidor (= 24.07.1800).

Pro memoriam: Ab 1800 wurde in Decimes und Centimes taxiert, zuvor in Sous bzw. Sols (2 Sols = 1 Decime).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 25.07.2023 10:12:29 Gelesen: 39136# 928 @  
@ bayern klassisch [#927]

Hallo Ralph,

zu Deinem Brief aus Landau in der Pfalz vom 5. Thermidor des Jahres 8 hier einige Ergänzungen zur Adresse:

Au Citoyen LESCAULT l’ainé, Libraire CHEZ des Juifs á Strassbourg
An Bürger Lescault der Ältere, Buchhändler bei den Juden, in Strassburg
Die ganze Adresse ist in lateinischer Schrift geschrieben, in Frankreich so üblich. Also kein B im Namen Lescault wie in der deutschen Kurrentschrift.

Zur Währung: Du hast recht, dass ab (22. März) 1800 die französische Währung auf Décimes umstellte. Die Distanzmessungen erfolgten neu in km, von Büro zu Büro auf dem kürzesten Postweg (gem. Buch Schäfer, Band VIII). Landau nach Strassburg ist im Bereich „bis 100 km“.



Der innerfranzösische Tarif von 4 decimes würde für einen Brief von 10 – 15 Gramm passen, siehe Tabelle.

Liebe Grüsse
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 25.07.2023 10:56:37 Gelesen: 39119# 929 @  
@ SH-Sammler [#928]

Lieber Hanspeter,

du bist der BESTE ! Vielen Dank für deine weiterführenden Angaben und dein Transkriptionsgeschick - mir sind bei alten englischen, italienischen, oder wie hier, französischen Handschriften oft die Hände gebunden.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 31.07.2023 16:37:36 Gelesen: 37882# 930 @  
Liebe Freunde,

als ausgewiesener Liebhaber der Bayern Porto Nr. 1 konnte ich diesen Brief erwerben, den ich für einen der Schönsten halte, die ich kenne.

Der Brief datiert innen vom 15.7.1868 und wurde am 22.7.1868 bei der Post eingeworfen in Hersbruck. Gerichtet war er an das Pfarramt Happurg, 4 km entfernt, also ein klassischer Lokalbrief.



Da der Brief als P.S. = Partei-Sache unfrankiert aufgegeben wurde, wurde er mit der Postaufgabe portopflichtig.

Wer auch immer taxierte ihn mit 7 Kreuzer in blauer Kreide als unfreien Brief im Fernverkehr. Dann aber kam das Korrektiv und man strich die falsche, blaue 7 ab mit Rötelstift. Danach klebte man die Portomarke auf und entwertete sie perfekt mit dem geschlossenen Mühlradstempel 199 von Hersbruck.

Was mich umtreibt: Warum waren hier bei der postalischen Behandlung 2 Hände im Spiel, evtl. sogar drei?

Ich hätte erwartet, dass der, der den Briefkasten leert morgens den Brief taxiert und im Falle eines Fehlers die falsche Taxe auch wieder mit seinem blauen Stift annulliert. Aber dem war wohl nicht so ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.11.2023 21:12:03 Gelesen: 15284# 931 @  
Liebe Freunde,

heute habe ich einen Brief aus Ansbach vom 12.12.1854 geschnappt, der hinsichtlich seiner Adresse unüblich ist (auch beachtlich der überaus klare Abschlag des Ansbacher Halbkreisers):



"Herrn Herrn Rechtspraktikant Bernhard Sonntag in München Landwehrstr. N. 16/3

nach erfolgter Abreise in Pilgramsreuth bei Hof"

Nach dem Motto: Wenn er nicht hier ist, dann ist er sicher dort. Lt. Ankunftsstempel von München hat ihn der Stadtbriefträger dort aber noch erreicht, was schade ist, denn ich hätte ihn lieber als Abzugsbrief in der Sammlung, aber ich meckere hier auf hohem Niveau.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.11.2023 11:17:39 Gelesen: 14635# 932 @  
Liebe Freunde,

ein eingeschriebener Frankobrief aus Arnstorf vom 31.03.1869 lief an Herrn Michael Unutl in Simbach bei Landau an der Isar. Er erhielt die Reco-Nr. 31 und war schon am selben Tag dort, um ausgetragen zu werden.



Allerdings sträubte sich der Empfänger, die Annahme gegen Unterschriftsleistung im Botenbuch zu quittieren.

So notierte der Postbote Ramsteiner noch am selben Tag siegelseitig Folgendes: "wird nicht unfrankiert angenommen, Ramsteiner, Postbote".

Sehr gut gemacht und hier sieht man wieder, wie die Routine zuschlug, denn die Masse der Briefe wurden vor allem deshalb nicht angenommen, weil sie mit Porto belastet waren, weswegen sich unser wackerer Postbote den Satz eingeprägt hatte: Wird unfrankiert nicht angenommen.

Er strich das falsch Wort "unfrankiert" und notierte "Vert." für "vertatur" = bitte wenden und gab ihn seinem Expeditor zurück (Vermerk: "Retour").

Auf einen Ankunftsstempel bei der Rücksendung verzichtete der Postexpeditor in Arnstorf großzügig.

Um ihn zurückgeben zu können, musste man aber zuvor den Postschein Nr. 31 wieder vom Absender, der in Arnstorf offenbar durch Siegel oder Handschrift bekannt war, zurückfordern. Viel, viel Arbeit für gar nichts und 3 Kr. Franko mit 7 Kr. Reco waren auch noch perdue!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.11.2023 11:32:21 Gelesen: 14632# 933 @  
Liebe Freunde,

Vermittlungsbriefe aus Braunschweig mit Postaufgabe in Bayern findet man nicht jedes Jahr, schon gar keine mit 6 Kreuzer Frankaturen, die eigentlich von Braunschweig aus hätten 3 Groschen kosten sollen (= 10,5 Kreuzer).



Die Firma F. B. Denike & Co. in Braunschweig schrieb am 25.05.1864 einen einfachen Brief an ihren Kunden A. Leidescher in Landsberg am Lech. Hinten nur ein mies abgeschlagener Halbkreiser von Buchloe, sonst nichts.

Alle mir bisher bekannten Vermittlungsbriefe aus Braunschweig stammen von der Firma Denike - ob es noch mehr gab, die sich dieser kostensparenden Maßnahmen unterzogen?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.11.2023 11:49:40 Gelesen: 14618# 934 @  
Liebe Freunde,

wollte ein Absender im 19: Jahrhundert seinen Brief frankieren, ob mit, oder ohne Marke(n), hatte er als Zeichen dieses Wunsches das Wort Franko, Franco, Frey, Frei usw. frontseitig unten links zu notieren, damit alle auf der Post wußten, worum es sich bei jenem Brief handelte.



Seit Anbeginn des DÖPV zogen un- und unterfrankierte Briefe deutlich höhere Kosten nach sich, weswegen es sinnvoll war, gänzlich frankierte Briefe zu verschicken, wobei man natürlich bei jedem Einzelnen von ihnen das Wort "Franco" usw. hätte manuell hinzufügen müssen.



Es gab nur ganz wenige Absender, denen diese Mühewaltung zuviel war - und so schafften sie sich Franco-Stempel an, die sie links unten anstelle des manuellen Vermerks abschlugen.

Da auch die Firmenstempel in den 1850er und 1860er Jahren immer mehr zunahmen, konnte man nun mit einem Stempelkissen und 2 Stempeln sowohl die gewählte Versendungsform, als auch den Absender vorderseitlich kenntlich machen, am besten natürlich damit, dass man eine Farbe wählte, die auffällig war, hier also ein schönes Blau. Die Firma J. Schneider & Diss in München verfuhr so, wie man an der exakt gleichen Farbgebung dieser 2 Stempel sehen kann.

Leider sind nur ganz wenige Briefe erhalten geblieben, die dieses Verfahren zeigen können - umso mehr freue ich mich, einen aus München vom 16.03.1863 nach Gera zeigen zu können, der 2 Tage später (kopfstehende 3 in Ankunftsstempel von Greiz als Bonus) dort ankam.

Und um die Sache komplett zur eierlegenden Wollmilchsau zu machen, lesen wir im Inneren noch: "P.S. 1 Muster von der obigen Thibet Qualität II liegt bei".

Geht noch mehr?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.11.2023 12:03:50 Gelesen: 14594# 935 @  
Liebe Freunde,

in Weiler im schönen Allgäu schrieb man, die Unterschrift vermag ich nicht zu lesen, einen Brief am 22.04.1836 an Herrn Doktor Vogl, einen Advokaten in Lindau im Bodensee, den man siegelte und mit "frei" bezeichnete, damit Herr Dr. Vogl wusste, dass er dem privaten Überbringer nichts schuldete.



Im Inhalt ging es um eine beiliegende Anzeige um den Unfug des Kieswerfens ein für alle Mal abzustellen.



Erinnert mich irgendwie an Wilhelm Busch und Max und Moritz, diese beiden ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.11.2023 12:12:45 Gelesen: 14584# 936 @  
Liebe Freunde,

eine kleine Contravention darf ich heute zeigen - in Straubing wurde am 06.05.1874 ein sehr französisch gehaltener, einfacher Frankobrief mit 3 Kr. beklebt und an Herrn Carl Nüssler Sekondlieutenant im k. 14 Infanterie Regiment in Nürnberg Goßenhof Hauptstr. 37/44 bei Pfragner Stöcker residierend auf die Reise geschickt.



Elegant wurde "marqué" für "markirt" vermerkt, statt des schnöden, deutschen "frei".

Aber darunter schrieb er auch noch "Je Te Salu!" für "Ich grüße Dich!" und das hätte er, streng genommen, nicht gedurft, jedenfalls nicht auf der Außenseite des Briefes, denn wer wen grüßte, war nicht Teil der Adresse, sondern Teil des brieflichen Inhalts. Aber die Straubinger waren schon damals sehr herzliche und ganz liebe Menschen, was sich ja nicht im Geringsten geändert hat.

Aber damals wie heute sah man das nicht so streng, vor allem in so kleiner Schriftgröße, und so wurde er am Folgetag durch Nürnbergs Stadtbriefträger Numero 7 anstandslos zugestellt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
10Parale Am: 15.11.2023 15:43:37 Gelesen: 14445# 937 @  
@ bayern klassisch [#932]

obwohl du den Brief sehr gut erklärst, verstehe ich doch 2 Dinge nicht:

Weshalb hat der Empfänger die Annahme verweigert? War das Einschreiben mit 3 Kreuzer unterfrankiert? Du schreibst ja das Wort "unfrankiert" war falsch. Warum war das Geld "perdue"? also verloren? Gab es keine Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben?

Sorry, vielleicht klingt die Frage für Dich als Routinier etwas simpel, aber ich wage sie trotzdem zu stellen.

Gruß

10Parale
Stephan
 
bayern klassisch Am: 15.11.2023 15:58:03 Gelesen: 14442# 938 @  
@ 10Parale [#937]

Hallo Stephan,

sind doch gute Fragen.

weshalb hat der Empfänger die Annahme verweigert?

Das hat er nicht angegeben und musste auch nicht angegeben werden. Wie ich mittlerweile weiß, wurde er kurze Zeit später inhaftiert und evtl. hatte der Brief etwas mit dieser Sache zu tun.

War das Einschreiben mit 3 Kreuzer unterfrankiert?

Nein, sonst hätte vorne ein Nachporto von 8 Kreuzern notiert werden müssen, was nicht der Fall war.

Du schreibst ja das Wort "unfrankiert" war falsch. Warum war das Geld "perdue"?

Ja, denn der Brief war ja voll frankiert. Perdue war das Geld, weil der Absender total 10 Kr. ausgegeben hat, ohne einen Effekt dafür zu bekommen, weil der Empfänger ihn ja nicht entgegengenommen hatte.

Gab es keine Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben?

Die gesetzliche Vorgabe war die der Post, ihn zuzustellen. Gegen den Willen eines Empfängers konnte man ihn aber nicht zustellen damals. Danach war die ges. Vorgabe ihn wieder an den Absender kostenlos zu retournieren. Das hat man offensichtlich getan, auch wenn es keinen stempelmäßigen Beweis dafür gibt.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 17.11.2023 11:38:04 Gelesen: 14164# 939 @  
Liebe Freunde,

einer der ganz wenigen Funde in Ulm war dieser hier: Reco-Brief aus Öttingen vom 29.03.1871 nach Ichenhausen bei Günzburg an Herrn Isr(ael) Roschland. Pflichtgemäß wurde unten links neben dem Franko-Vermerk "7X rec(ommandirt)" vermerkt.



Schön zu sehen die Arbeitsweise bei Reco-Briefen auf dem flachen Lande:

Zuerst wurde der Postschein ausgefertigt, dann auf dem Brief die frisch gezogene Reco-Nummer notiert (rechts neben der Marke die 52), dann die Marke appliziert, dieselbe entwertet und der Aufgabestempel beigesetzt, ehe man bemerkte, dass die Entwertung der Marke dafür gesorgt hatte, dass die Reco-Nr. 52 nicht mehr gut zu lesen war und man sie oben mittig der Deutlichkeit halber wiederholte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.11.2023 10:03:40 Gelesen: 13801# 940 @  
Liebe Freunde,

der Begriff "hässliches Entlein" wäre wohl noch eher ein Euphemismus bei dieser Vorderseite aus München vom 06.03.1855 an Herrn Herrn Carl Berchem k. b. Appel- Gerichts Rathe wohlgeboren in Neuburg an der Donau. Der Absender notierte "Gegen Aufgab und Retour Recepisse", also gegen Postschein = Chargé und Rückschein.



Dafür waren zu zahlen: 3 Kr. Franko bis 12 Meilen und 1 Loth inklusive, 6 Kr. Chargé und 6 Kr. für den Rückschein = 15 Kr. in toto.

Was man Mitte der 1850er Jahre allerdings kaum noch bei Privatbriefen sieht, ist ein Präsentationsvermerk (oben mittig: "Praes. 08.03.1855") und das war auch ein Grund, sich dieses Entleins zu erbarmen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.11.2023 10:13:00 Gelesen: 13799# 941 @  
Liebe Freunde,

seit altersher waren verstellbare Stempel, also Datumsstempel, vor Beginn der Aufnahme postalischer Tätigkeiten auf ihre korrekte, aktuelle Einstellung hin zu prüfen und gfs. zu aktualisieren.

Hierbei sollte ein Probeabschlag des Morgens dienen, an dessen Abdruck man ersehen sollte, ob das Datum und gfs. die Uhrzeit korrekt eingestellt worden waren.



Hin und wieder finden wir solche Abschläge auf den Siegelseiten durch die Aufgabepost und nicht etwa durch die Abgabeposten, die dieses Verfahren erst ab dem 31.01.1843 auszuführen hatten.

Ganz wenige Briefe, vor allem ohne Sonderdienste wie Chargé, Express, poste restante usw., kenne ich aus der Vormarkenzeit, die dieses Procedere aufweisen.

Hier einer davon aus Bayreuth mit dem grünen Zweizeiler BAIREUTH 26. JUL 1819 der Königlichen Regierung des Obermainkreises, Kammer des Inneren, an das kgl. Rentamt Lichtenberg, als K.D.S. natürlich portofrei zu befördern.

Siegelseitig wurde genau diese "Probeabschlag" ausgeführt und als gut empfunden, wiewohl Rayon-Stempel damals schon lange keinen Sinn mehr machten. In Grün ist es der erste Testabschlag, den ich kenne.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.11.2023 10:46:37 Gelesen: 13791# 942 @  
Liebe Freunde,

was es nicht alles gab ...

Am 20.12.1852 fertigte die Redaction des kgl. Intelligenzlbattes von Unterfranken und Aschaffenburg mit Sitz in Würzburg eine "Liquidation" aus für die Gemeindeverwaltung in Nordheim, für die 35 Kreuzer zu zahlen war.



Am Folgetag kam der Brief als R. S. kostenlos zur Aufgabe. Doch irgendetwas links in sepia Tinte Geschriebenes, das ich nicht lesen kann, änderte wohl das Ganze und man frankierte 6 Kr.

Unten lesen wir dann aber: "Gehört nicht nach Nordheim v. d. Rhön, sonddern a. Main".

Als Zeichen einer neuen Postaufgabe fügte man in Fladungen am 25.12.1852 (ja, damals wurde auch dann noch gearbeitet) einen Halbkreise bei und ließ den Brief über Mellrichstadt und Volkach nach Nordheim am Main retour laufen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.11.2023 18:30:17 Gelesen: 13465# 943 @  
Liebe Freunde,




ich möchte diesen portofreien Dienstbrief aus Neu-Ulm nach Deidesheim in der Pfalz hier zeigen, weil er uns ein wenig schlauer macht.

Verfasst am 01.12.1864 wurde er am 04.12. erst vom Bezirks-Amt zur Post gegeben. Offenbar gab es einen direkten Kartenschluß in die Pfalz nach Ludwigshafen (also über Württemberg und Baden), denn einen Tag später war der Brief bereits dort.

Am Folgetag lief er mit der Pfälzer Bahnpost nach Neustadt an der Weinstraße und von dort ins nahe Deidesheim, wo er noch am selben Tag ausgetragen wurde.



Im Inhalt bestätigte das Bezirksamt den Erhalt von 2 Gulden als Reisegeld für einen Neu-Ulmer.

Bisher kannte ich 2 Neu-Ulmer bzw. Ulmer Briefe in die Pfalz, die nicht direkt kartiert worden waren. Jetzt fehlt noch ein Ulmer Brief mit Postaufgabe in Neu-Ulm mit direkter Kartierung zu 3 oder 6 Kreuzer in die Pfalz. Aber so einer kommt auch noch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.11.2023 19:07:55 Gelesen: 12471# 944 @  
Liebe Freunde,

heute darf ich eine Vorderseite zeigen, die es in sich hat: 2I vom 29.05.1858 aus Rosenheim mit gM 437 der 2. Verteilung nach München, wo am Folgetag hinten (und nicht im Attest beschrieben) Eingang gestempelt wurde.



Die Erstausgabe wie hier war in der Regel 1851 aufgebraucht und wurde schon im Spätsommer 1850 sukzessive durch spätere Ausgaben ersetzt. Ab 1852 spricht man von seltenen Spätverwendungen.



Belege aus der 2. Verteilung kenne ich keine Handvoll und Mitte 1858 ist schon ganz extrem spät für die 2I.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.12.2023 11:32:42 Gelesen: 10079# 945 @  
Liebe Freunde,

ein Portobrief aus dem schönen Würzburg wurde am 29.3.1855 bei der dortigen Hauptbriefpostexpedition aufgegeben mit der Anschrift: S. Wohlgeboren Herrn A. von Lipsky, Rittergutsbesitzer auf Lewkowo bei Ostrowo R. Posen.



Absender war ein N. Neumann in Würzburg, der sich segensreicherweise mit einem ungummierten Wapperl links oben verewigte und es mit Gummi arabicum auf der Adresseite anheftete (die teuereren Wapperl waren damals schon vorgummiert!). Siegelseitig sehen wir den Ausgabestempel (von wo?) vom 1.4.1855.

Da ich ja diese privaten Wapperl über die Maßen liebe, war das für den Kauf ausschlaggebend - aber nachdem ich ihn vor mir liegen habe, weiß ich die Chronologie der Taxierungen nicht recht einzuordnen:

Bayern notierte üblicherweise in schwarzer Tinte, blau kam erst später (von Ausnahmen abgesehen). Man könnte nun links eine 4 und eine 3 lesen, oder die "3" als Streichung der 4, warum auch immer. Mittig ist die 4 von preussischer Hand, aber sie wurde mit dünnem Tintenstrich, obwohl richtig, gestrichen, ohne ersetzt zu werden. Hinten gibt es keine Taxen. Erklärungen von preussischer Seite werden gerne zur Kenntnis genommen und 4 Sgr. für die bayerischen Post waren natürlich korrekt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.12.2023 22:17:27 Gelesen: 9899# 946 @  
Liebe Freunde,

von einem lieben Sammlerfreund aus dem Ländle gerade bekommen, darf ich dieses p.r. gestelltes Kuvert vom 23.3.1871 aus Regensburg an Fräulein Anna Stuckenberger in Landshut zeigen.



Ein Schriftpsychologe würde sagen, dass die dem Absender wichtigen Teile der Adresse besonders groß, deutlich, oder unterstrichen verfasst werden - und hier wurde nebem den Zielort und poste restante noch Anna und nicht der Nachname unterstrichen.

Nun kann man spekulieren, ob es noch mehrere Damen der Familie Stuckenberger in Landshut gab, wobei vlt. die ein oder andere mal ein Briefchen ausgehändigt bekommen hatte, das gar nicht für sie bestimmt war?

Jedenfalls sind private p.r. gestellte Briefe nicht häufig, auch wenn mangels Inhalt hier keine Antwort auf dieses kleine Rätsel wird gegeben werden kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.12.2023 15:30:14 Gelesen: 9576# 947 @  
Liebe Freunde,

eine eierlegende Wollmilchsau darf ich heute präsentieren, die bei mir in gleich 3 Sammlungen passt:



1. Trauerbrief ("mourning cover") aus München vom 23.11.1865 nach Wesel.

2. Adresse: "Herrn E. Bettger mit Briefen der Herren Chr. Bettger & Co in Wesel". Man hat also Geschäftsbriefe in dieses Trauerkuvert (!) eingetütet und verschickt. Dennoch hat alles zusammen unter 16,66g = ein neues Loth gewogen, da sonst 9 Kr. nicht ausgereicht hätten.

3. Und es war eine Contravention, weil München seinen offenen Mühlradstempel 325 gleich 2 mal abgeschlagen hatte. Das schwarze Siegel mit dem Monogramm P.D. kann ich natürlich nicht entschlüsseln, aber 3 Besonderheiten reichen wohl auch so.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.12.2023 15:56:08 Gelesen: 9567# 948 @  
Liebe Freunde,

eine 2. eierlegende Wollmilchsau darf ich heute noch vorstellen; da ich den unattraktiven Brief nur von außen sehen konnte, wagte ich ein Abstauber-Limit zu geben und hatte Glück, wie ich jetzt weiß.







In einer Erbschaftsangelegenheit (der Vater war verstorben) schrieb der Oberamtsschreiber Spanzeder in Neu-Ulm am 26.01.1851 einen Brief an die bucklige Verwandschaft, hier namentlich Franz Rausch, k. Salzamtsschreiber in Rosenheim", der aber erst am 30.01.1851 in Augsburg zur Post gegeben wurde. Die Entfernung Augsburg-Rosenheim betrug über 12 Meilen = 6 Kr. Franko für einfache Briefe bis 1 Loth inkl..

Aus dem Inhalt kann man ersehen, dass ihm ein Protokoll beigegeben worden war, was ihn sicher über 1-4 Loth schwer hat werden lassen, aber das wurde wohl in Augsburg entnommen. Auf eine schwarze Siegelung verzichtete man aber ... und ein Trauerkuvert war wohl auch nicht bei der Hand.

Am 01.02.1851 kam er in Rosenheim an. Entfernungsmäßig war es egal, ob man ihn von Neu-Ulm, oder Augsburg aus verschickt hätte, aber wenn man in Augsburg einen Teil des Inhalts entfernte, sparte man sich viel Geld, nämlich 6 Kreuzer Franko!

Auf der letzten Seite des Textes sehen wir daher auch, dass ein "Schwager Max" dem Brief noch etwas Schriftliches beifügte, womit es ein Brief mit Briefen war.

Darüber hinaus sehen wir auf der Anschriftsseite unten links den Vermerk "per Einschluss", welcher gestrichen wurde und "franco" überschrieben wurde.

Daher passt der Brief in a) meine Mini-Sammlung "1851", b) meine Mini-Sammlung "Einschlußbriefe", c) Contraventionen und d) Siegelungen in Bayern. Was will man mehr?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2024 13:43:41 Gelesen: 7719# 949 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine undatierte Briefhülle (mit Bleistift ist 1827 hinten mühsam zu lesen, aber ob das stimmt?) mit dem großen Einzeiler von Amberg, der aussieht, als hätte ihn ein Grobmotoriker geschnitzt, und CHARGÉ-Stempel "An die Königliche General-Post-Administration München".



Die Besonderheit liegt in der NULL-Paraphe und darunter noch ordentlich "Chargé" vermerkt.

Allerdings weist der Brief kein Franko, kein Porto und auch keine Chargé-Nummer auf, weshalb ich denke, dass er von der Amberger Post selbst stammt und der dortige Postbedienstete für sich natürlich keinen Schein zog.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 04.01.2024 19:18:56 Gelesen: 7700# 950 @  
@ bayern klassisch [#949]

Hallo Ralph,

der L1 Einzeiler Amberg, Winkler Nr.7 war von 1825-34 in Gebrauch, ich weiß ja nicht wie hoch das Postaufkommen von Amberg war, aber 1827 könnte vielleicht stimmen. Der Stempel selbst sieht in seiner Gestalt gut aus auch wenn der Beamte mit Farbe gespart hat, die Serifen und der Punkt hinter Amberg sind gut zu erkennen und zeigen keine Abnutzung auf.

Meine Frage zum Brief, die Charge Gebühr musste der Postbeamte aber selber zahlen da eine Rekommandation doch in einem Büchlein eingeschrieben werden musste, oder hat er diese vielleicht auch noch veruntreut?

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 04.01.2024 20:03:15 Gelesen: 7693# 951 @  
@ Gernesammler [#950]

Hallo Rainer,

danke für die Angaben - 1827 könnte demnach schon stimmen und warum sollte jemand eine falsche Jahreszahl notieren? Davon hat er ja nichts. Ich übernehme das also wie von dir geschrieben.

Die Post musste die Postscheine für Einschreiben ja selbst von der Materialverwaltung kaufen, um sie dann für 4 Kreuzer damals den Kunden zu verkaufen, wenn die Einschreibungen wünschten.

Wenn der Absender, den ich nicht kenne, offenbar portobefreit war, wie die NULL - Paraphe demonstriert, wäre für einen regulär Portobefreiten tatsächlich die Gebühr angefallen, man hätte ihm einen Schein gezogen und die Nummer des Scheins auf dem Brief vermerkt.

Aber genau das glaube ich nicht - ich vermute, dass ein Postler dort einfach nur den Chargé-Stempel auf dem Brief abgeschlagen hat, ohne einen Schein zu ziehen, aber um zu dokumentieren, dass es ein wichtiger Brief war. Ungeachtet dessen war er im Recommandations-Rapular der Amberger Aufgabepost zu erfassen und in der Briefkarte nach München aufzuführen. Es gab auch einen Versicherungsschutz von 25 Gulden, denn im Falle eines Verschwindens hätte sich der Postler ja einen Blanko-Postschein genommen, ihm ausgefüllt und dem Oberpostamt eingereicht zur Erstattung.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 27.01.2024 11:33:12 Gelesen: 6302# 952 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Vilshofen mit sehr schön abgeschlagenem Fingerhut vom 26.07.1840 an Firma Venino in Würzburg, wo er am 30. des laufenden Monats noch eintraf.



Absender war Christian Niedermayer in "Heimberg nebst Orttenburg", damals ohne eigene Post.

Der Brief war über 36-42 Meilen unterwegs und kostete daher 14 Kreuzer bis 1/2 Münchener Loth.

Innen sehen wir noch das Muster unseres Garnbleichers C. Niedermayer, sehr adrett.

Links unten steht jedoch (und das darf sich jeder merken, der der Ansicht ist, dass Portobriefe nur deshalb abgesandt wurden, um nicht zu glauben, dass der Empfänger mittellos wäre):

wegen dem Briefporto werdens Sie nicht ungütig nehmen, das ich es nicht bezahlt habe, es ist mir nur un sicherer zu bekommen. ich hoffe bey einer Sendung es in Abzug zu bringen.

Man hat also aus Sicherheitsgründen unfrankiert versendet und versprach, die Kosten bei einem Auftrag zu entrichten. So war das!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.02.2024 09:46:35 Gelesen: 4706# 953 @  
Liebe Freunde,

wurde ein unfrankierter, bzw. unterfrankierter Brief mit Frankovermerk im Briefkasten, damals "Boite" = Schachtel bezeichnet, aufgefunden, durfte die Post den offensichtlich falschen Frankovermerk NICHT streichen, da er Teil der Adresse war und als solcher nur vom Absender aus zu berichtigen war.



Am 7.5.1860 wurde ein mit 3 Kr. frankierter Brief im Filialbüro Augsburg aufgegeben, der nach Ellhofen bei Röthenbach im Allgäu adressiert worden war. Die Entfernung von Augsburg nach Röthenbach betrug aber 108 km und somit klar über 12 Meilen innerbayerisch, weswegen 6 Kr. hätten frankiert werden müssen.



Um sich zu exkulpieren (Fehler nicht vom Annahmebeamten am Schalter der Briefpost), notierte man "Boite 6" Kreuzer und fuhr ihn später, mit der anderen Brief- und Fahrpost, per Schubkarre zum Augsburger Bahnhof, wo er mit dem Zug gen Süden lief. Am Folgetag kam er in Röthenbach-Bahnhof an und wurde in das ca. 3 km südlich gelegene Ellhofen durch den Landbriefträger zugestellt.

Briefe einer Filialexpediton über eine Hauptbriefpostexpedition an eine Postexpedition im Bahnhof mit Zustellung durch dem Landbriefträger sind schon nicht so häufig, unterfrankiert werden es nicht mehr sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.02.2024 10:13:20 Gelesen: 4700# 954 @  
Liebe Freunde,

ein Brief ohne Inhalt und Datierung, der viele Fragen aufwirft, auf die ich leider nur wenige Antworten habe. Aber mit eurer Hilfe klappt das schon!

Stempelung: Rayon 2 Aschaffenburg "A Ihro Excelence Herrn Graf von Bassenheim - gestrichener Ortsname - ".

Später ergänzt "á présant à Buxheim près Memmingen", also derzeit in Buxheim bei Memmingen.

Die Siegelseite ist völlig blank.



Links von dem Aschaffenburger Stempel könnte R.1. Thal (für Ehrenbreitstein bei Koblenz) stehen, auch ein Stempel um 1810, der aber gestrichen wurde.

Taxen: Mit Rötel 1- = 1 1/2 Batzen = 6 Kreuzer, später gestrichen und mit Rötel 2- = 2 1/2 Batzen = 10 Kreuzer notiert. Diese auch gestrichen und oben 10 Kreuzer / 10 Kreuzer = 20 Kreuzer notiert.

Was ich mir vorstellen könnte: Aschaffenburg-Thal 2 1/2 Batzen = 10 Kreuzer, dann retour nach Aschaffenburg, diese nicht bezahlt, sondern den Brief sofort umadressiert und für weitere 10 Kr. nach Buxheim bei Memmingen geleitet, dafür 10 plus 10 = 20 Kr. von seiner Erlaucht dort.

Zu den Grafen von Bassenheim [1]

Interessant, dass die Grafen 1925 auch das Archiv verkauften, woher dieser Brief wohl stammen dürfte. Daher mal kein gestohlener Archivbrief, sondern ein legal damals schon Erworbener.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Waldbott_von_Bassenheim
 
bayern klassisch Am: 23.02.2024 11:50:39 Gelesen: 3218# 955 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus München vom 4.10.1860 (welch ein Jahr!) nach Bologna zeigt uns die Veränderungen südlich der Alpen auf, die nicht nur politisch eklatant, sondern auch postgeschichtlich sehr interessant sind.





Der Portobrief wurde von München aus mit 9 Kreuzern Postvereinstaxe (ohne Zuschlag über 20 Meilen ins Ausland) via Schweiz (Chur am 5.10.1860) geleitet im offenen Transit und erreichte Bologna (vormals zum Kirchenstaat gehörig) am 8.10..

Zu Bologna noch folgendes aus wikipedia: "Bologna stimmte am 12. Juni 1859 für seine Annexion durch das Königreich Sardinien, wodurch die Stadt Teil des vereinten Italien wurde."

Bayerische Portobriefe über die Schweiz kosteten in Sardinien/Italien 6 Decimi, also ca. 17 Kreuzer.

Der Inhalt, könnte ich ihn denn lesen, könnte interessant sein, bezog er sich doch wohl auf ein Paket des Bolognesers, mit dem allerlei nicht in Ordnung gewesen sein könnte. Wer kann das einigermaßen übersetzen?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.03.2024 18:20:08 Gelesen: 2349# 956 @  
Liebe Freunde,

Landau in der Pfalz 05.06.1856 nach Köln hätte natürlich 9 Kreuzer Franko gekostet, aber der sparsame Pfälzer verklebte nur 6 Kr., warum auch immer.





Die aufmerksame Aufgabepost stellte die Unterfranktur fest und rechnete 9 Kr. für den Brief, 3 Kr. Portozuschlag wegen Unterfrankatur = 6 Kreuzer = 2 Silbergroschen, die man in unscheinbarem Schwarz notierte.

Preussen bekam den Brief in Koblenz (nicht wie zuvor in Bad Kreuznach!) und taxierte ihn nochmals in blau groß nach, denn man war ja von Bayern mit 2 Sgr. belastet worden, die man in Köln vom Empfänger auch kassieren konnte.

Bei der interessanten Diskussion über den Transport mit Schiffen über den Rhein hätte ich jetzt einen Stempel mit Ligatur von Cöln erwartet, aber hier nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 01.03.2024 20:12:38 Gelesen: 2332# 957 @  
@ bayern klassisch [#956]

Hallo Ralph,

schönes Stück welches gefällt, schön auch das der Halbkreisstempel im Hintergrund neben den Cölnern in Spiegelschrift zu lesen ist.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 01.03.2024 20:15:34 Gelesen: 2330# 958 @  
@ Gernesammler [#957]

Hallo Rainer,

ja, sieht gefällig aus, auch in deiner Sammlung. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 12.03.2024 14:54:34 Gelesen: 1333# 959 @  
Liebe Freunde,





Einblicke in vergangene und sogar längst vergangene Zeiten sind immer wertvoll - so auch hier, als ein Briefmarkenhändler namens Botz in Dachau im Jahre des Herrn 1926 eine Offerte als Drucksache an Sammlerfreund (heute: Kunden) Christian Schwartz, Kaufmann, in Zweibrücken absandte, für die er wohl noch Restbestände bayerischer Ganzsachen aus besseren Zeiten vorrätig hatte, hier einen 3 Kreuzer Ganzsachenumschlag.

Leider war der Kunde wohl von Angeboten des Dachauers aus der Vergangenheit weniger überzeugt, jedenfalls verweigerte er die Annahme, wie man siegelseitig ersehen kann und ließ die feine Drucksache zurück gehen.

Die Post in Dachau konnte natürlich nicht ahnen, wer der Absender war und konnte am gedruckten Inhalt erkennen, dass BH Botz der Absender war, notierte diesen Namen frontseitig attraktiv in Rot und gab das Ganze dem Stadtbriefträger, der sie dann zustellte.

Dergleichen Belege gibt es hin und wieder mit sammlerischem Einschlag, sprich: Man "tunte" das Ganze als Bedarf, obwohl es keiner war. Hier aber wird beim Anblick des Inhalt sofort klar, dass der gute Herr Botz Werbung in eigener Sache machte und unwillkürlich kommt einem die Beitragsreihe jüngster Rundbriefe unserer ARGE Bayern von Dietmar Schmitz in den Sinn, in der es um die Verteilung und den Verkauf der Restbestände bayerischer Postwertzeichen im späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts geht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.03.2024 16:18:38 Gelesen: 1163# 960 @  
Liebe Freunde,

für ein gepflegtes Mittagessen mit Kaltgetränk konnte ich mich sofort zum Kauf dieser Rosine erwärmen, warum, versuche ich hier zu klären.



Eine Ganzsache zu 3 Kreuzer aus Geiselhöring wurde am 26.12.187? an Herrn C. F. Dietz nach Nürnberg verschickt. Die Aufgabepost schlug ihren Einkreiser 2 mal ab und von einem 3. Abschlag lugt auch noch etwas links oben hervor.

Die Besonderheit ist aber die, dass er in Nürnberg 1 am Folgetag um 08.00 Uhr Morgens eingelaufen war und Ankunft gestempelt wurde (hinten).

Damit war er einem Stadtbriefträger zu übermachen, der ihn austragen sollte.

Aber einen Briefträgerstempel suchen wir vergebens.

Stattdessen sehen wir vorne (!!) 2 Abschläge des Nürnberger Einkreisers (jetzt ohne die "1") um 10.00 Uhr Vormittags. Aus welchen Gründen auch immer entwertete einer der beiden Stempel den Wertzeicheneindruck nochmals, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre.

Über die Gründe darf gerätselt werden. Vlt. gab es 2 oder noch mehr Personen mit dem Namen C. F. Dietz in Nürnberg damals? Aber dann müssten wir eigentlich sogar 2 oder noch mehr Stadtbriefträgerstempel haben - die gibt es aber nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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