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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 969 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 26.04.2016 17:59:14 Gelesen: 329935# 45 @  
Liebe Freunde,

heute eine simple 12 Kr. Einzelfrankatur mit der Nr. 6 - nichts besonderes, oder?





Man sollte dabei aber bedenken, dass die Marke erst zum 1.7.1858 (theoretisch) an den Schaltern verfügbar war und die Leitung in dieser Weise mit 3 Kr. für den geschlossenen Schweiztransit in die Lombardei nur bis Ende April 1859 wegen des sardisch - piemontesischen Krieges überhaupt möglich war - damit haben wir ein Zeitfenster von knapp 10 Monaten, wobei etliche Poststellen diese Marke mangels Bedarf erst gar nicht führten.

Ich hoffe, meiner sieht nicht ganz so schlecht aus und der VIA DI SVIZZERA auf Marke ist auch keine Massenware, schon gar nicht auf dieser Marke.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dikoe Am: 27.04.2016 16:08:28 Gelesen: 329939# 46 @  
Bayernbriefe

Hallo "bayern klassisch" u.a.

Hier zwei Briefe aus meiner postgeschichtlichen Frankenthal-Sammlung, über die ich gerne noch Näheres erfahren würde.

Bief nach Wien von 1835: Taxierungsvermerke, Zahlen ?



Brief nach Worms (1817?)



Bedeutung der Rötelstriche zusätzlich zur 3-Kreuzer-Taxierung?

Schöne Grüße - und vielen Dank schon mal im Voraus!
 
bayern klassisch Am: 27.04.2016 17:16:57 Gelesen: 329915# 47 @  
@ dikoe [#46]

Hallo Dieter,

1. Brief nach Wien 1835:

Wenn siegelseitig kein Franko notiert wurde, was ich nicht weiß, dann hatta man ihn portofrei über Frankfurt am Main und Aschaffenburg Richtung Grenze bei Passau geschickt.

Ab dort wurden 28 Kreuzer Conventionmünze fällig, die linke über "Dienstsachen" notiert wurden. Das war das Porto für Briefe über 12 Poststationen über 1/2 bis 1 Wiener Loth (über 8,75 bis 17,5g), also das 2. Gewicht.

Die 6 - Rötel kennen wir auf Briefen dieser Korrespondenz häufiger. Es wäre möglich, dass es ein Bestellgeld war für mehrere, gleichzeitig eintreffende Briefe.

2. Brief nach Worms 1817:

Brief an den Rechtsgelehrten Graul, also ein Privatbrief.

Sonderporto 1 Kr. (links) von Frankenthal zur Postgrenze, dann 2 Kr. für Briefe bis 3 Meilen von da bis nach Worms = 3 Kr. Gesamtporto.

Ich hoffe, ich konnte etwas helfen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 28.04.2016 11:52:02 Gelesen: 329850# 48 @  
Liebe Freunde,

zuerst die VO, dann die Briefe ... :-)



Der 1. wurde in München 1860 an die Post in Augsburg gesandt, mit 1 Kr. vorfrankiert und anderen Briefen unter Band - dort wurden die Marke entwertet und Aufgabe gestempelt - jetzt als Ortsbrief nur 1 Kr., statt 3 Kr. von München aus und der Brief über den Bahnhof Augsburg dem Empfänger Mittler zugestellt.



Ein zweites Beispiel zeigt, dass man auch in Preußen bayerische Marken verwendete, um sich Geld zu sparen. Statt 3 Silbergroschen nur 1 Kr. als Ortsbrief nach Würzburg frankiert, machte eine Ersparnis von 8 Kr. postalisch und 9,5 Kr. paritätisch aus. Das war viel Geld ...



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.05.2016 12:57:57 Gelesen: 329728# 49 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen spannenden Brief aus Bamberg vom 5.12.1811, den ich interpretieren kann, ohne sagen zu können, dass es sich dunnemals auch so zugetragen haben muss. Aber der Reihe nach.



Geschrieben wurde er von Dr. Michael Laurenz HEUNISCH am 2.12.1811 und adressiert war er nach Rüdenhausen. Warum entzieht sich meiner Kenntnis, aber der gute Heunisch setzte unten links eine NULL - Paraphe hin, die auf die aktive Portofreiheit hindeuten sollte.

Das sah man in Bamberg aber etwas anders. Rechts von ihr lese ich "frey", doch ist dieser Vermerk m. E. absichtlich mit dem Zweizeiler am 5.12.1811 überstempelt und mit Rötel anulliert worden. Man strich auch die NULL und notierte "franco" über ihr, damit man sah, dass er nicht ohne Bezahlung ablaufen durfte. Siegelseitig sehen wir folgerichtig 4x in Rötel, die der gute Heunisch zu zahlen hatte.

Ich halte es für ein hübsches und außergewöhnliches Briefchen, dass zeigt, wie um 4x schon damals gerungen wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.05.2016 12:58:52 Gelesen: 329726# 50 @  
Liebe Freunde,

zu jeder Zeit war es sinnvoll und richtig, bei einem Brief den Ort des Adressaten anzugeben. Nicht immer aber war der Absender so auskunftsfreudig!

Und wenn dann die Post zwar richtig zu kassieren hatte, aber auch nicht bemerkte, welche Angabe fehlte, dann war der Sache nicht mehr zu helfen.



Am 22.2.1837 im pfälzischen Burrweiler gab man einen Frankobrief an Herrn Pfarrer Kloib auf, für den man 8x frankierte, ohne den Zielort zu benennen. Offenbar wusste die Aufgabepost in Edenkoben, wohin er zu laufen hatte, den angekommen ist er gut und auf Grund der Höhe des Frankos war er auch sicher in einer Gemeinde der Pfalz ansässig - nur in welcher, konnte ich bisher noch nicht heraus finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.05.2016 13:22:38 Gelesen: 329719# 51 @  
Liebe Freunde,





heute ein kleiner Langweiler - in Paulsdorf geschrieben (ca. 5 km östlich von Amberg) lief eine portofreie Regierungs - Sache an das Rentamt Amberg, die dort erst aufgabegestempelt wurde (Landbotenversäumnis?) am 18.4.1866.

Rückseitig lesen wir den Kaufgrund: "In Ermangelung eines Dienstsiegels" - der Brief wurde also unvorschriftsmäßig mit einem Privatsigel verschlossen.

Absender war Michael Lindner, z(ur) Z(eit) Curatbeneficiat in Paulsdorf, und daher wohl ohne Amtssiegel dort zugange gewesen. Sieht man auch nicht alle Tage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.05.2016 11:54:01 Gelesen: 329657# 52 @  
Liebe Freunde,

für den folgenden Brief ist es schwer, einen adäquaten Titel zu finden, wenn man das Englische nicht bemühen will. Wie du mir, so ich dir - das könnte noch am besten passen.



Der Stadtmagistrat Straubing ließ am 23.7.1872 ein Schreiben an die Gemeindeverwaltung Oberschneiding ab, 12 km entfernt. Man notierte franco N. E. 4571 Mit Beilage, wodurch es zwar ein Dienstbrief blieb, aber einer, für den man das Franko selbst entrichten wollte.

Just aber daran mangelte es und man gab den Brief unfrankiert auf. Die Post in Straubing staunte wohl nicht schlecht, denn Briefe mit Frankovermerk ohne Marke(n) waren zur Korrektur der Adresse dem Absender zu retournieren, was man hier aber unterließ. Stattdessen taxierte man den Brief bis 15g mit 7 Kr. Porto als Fernbrief nach, die die Gemeindeverwaltung Oberschneiding am Folgetag zu zahlen hatte.



Aber da hatte man in Straubing die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn am 4.8.1872 sandte die Gemeindeverwaltung Oberschneiding den mittlerweile gewendeten Brief an den Magistrat nach Straubing zurück, vermerkte auch P(artei) S(ache), frei, die Exped.-Nr. 171 und mit Beilage, klebte aber nur 3 Kr. auf, die leider nicht reichten. Die aufmerksame Postexpedition wog den Brief und erkannte sein Gewicht auf 22gr, die oben links korrekt in blau notiert wurden. Damit lag er über 15g und erforderte ein Franko von 7 Kr.. Weil nur 3 Kr. verklebt worden waren, war zu rechnen: Unfrankierter Brief über 15 - 250g = 11 Kr. minus der Freimarke von 3 Kr. = 8 Kr. vom Empfänger einzuheben.

Diese wurde noch am selben Tag dem Stadtmagistrat belastet und vom Empfänger auf dem Brief mit: "T.Z.N. 783 III. Q(uartal) 1872 porto 8 Xr Zugschwert" vermerkt.

Der Gewinner dieser niederbayerischen Ränkespiele war aber die bayer. Post - statt 3 Kr. hin und 7 Kr. retour bekam sie 7 Kr. hin und 11 Kr. retour, also ein Gewinn von 8 Kr.. Mich freuts und ich hoffe, euch auch!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2016 11:15:18 Gelesen: 329614# 53 @  
Liebe Freunde,



heute von einem lieben Sammlerfreund bekommen und schon im Forum: Vom Armenpflegschaftsrath Eschenbach (gehörte zur Postexpedition = PE Triesdorf, die ca. 5 km weiter östlich liegt) an den Armenpflegschaftsrath Haundorf, ca. 5 km östlich von der zuständigen PE Altenmuhr, die für Haundorf zuständig war (Altenmuhr war selbst eine Postablage von 1.7.1861 bis 30.9.1867 der PE Gunzenhausen!).

Am 6.3.1872 in Eschenbach geschrieben, gelangte sie erst am 9.3.1872 in Triesdorf zur Post, um am selben Tag bei der PE Altenmuhr einzutreffen, von wo aus sie wohl am Folgetag nach Haundorf gebracht wurde. Leider weiß ich nicht, ob dieser Ort von Landpostboten (LBT) der PE Altenmuhr angelaufen wurde, weil ich keine Vorweise von Altenmuhr überhaupt kenne.

Am 13.3.1872 beantwortete man das Schreiben und gab es in Altenmuhr auf (HKS vorn), nachdem man die Adresse geändert und die Expeditionsnummer 10 beigefügt hatte (zuvor Nr. 7 von Eschenbach). Am 14.3.1872 kam sie in Eschenbach an und erhielt 2 Ankunftsstempel. Er wurde noch am 14.3.1872 in Eschenbach zugestellt.

Im Inhalt geht es um die nicht zu leistenden Feldarbeiten des Pfleglings Schuster.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2016 11:31:40 Gelesen: 329611# 54 @  
Liebe Freunde,



hier ein krummer Hund der JHV in Landshut: 3 Kr. frankiert in Welchenberg (oM 619) "frei recommandirt" am 15.5.1866 nach Schloß Egg bei Deggendorf.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Egg

Trotz der gewünschten Recommandation mangelt aber der Chargé - Stempel, auch ist keine Nummer vergeben worden. Dennoch glaube ich, dass er unter Reco lief, weil jemand Chargé in rot auf ihn pinselte und das liegende X als Zeichen der Bezahlung aller Postgebühren mag auch hier seinen Teil dazu beigetragen haben, dass der Verwalter Georg Schmaus in nur gegen Unterschrift ausgehändigt bekam.

Siegelseitig nur der Halbkreisstempel von Straubing vom 15.5.1866, mehr nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dikoe Am: 12.05.2016 14:36:38 Gelesen: 329408# 55 @  


Zum Brief nach Wien hier auch noch die Rückseite. Der hat also doch einen Portovermerk von 29 Kreuzer, der aber dann wohl durchgestrichen wurde (warum?). Vorne also dann 28 Kreuzer. Könnten die 6 Kreuzer in Rötel nicht die Gebühr bis zur bayerisch-österreichischen Grenze sein?

Gruß
Dieter
 
bayern klassisch Am: 12.05.2016 15:52:05 Gelesen: 329385# 56 @  
@ dikoe [#55]

Hallo Dieter,

vorne stehen, wie von mir bemerkt, 28 Kreuzer CM Porto für den Empfänger. Mit einen Kreuzer Botenlohn ergab das die hinten notierten 29 Kr. CM.

Bei Dienstbriefen wie hier fiel in Bayern bis zur österreichischen Grenze kein Porto an. Leider kann ich sie nicht erklären, nur ausschließen, was es nicht sein konnte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 13.05.2016 17:10:04 Gelesen: 329351# 57 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen einfachen Brief bis 8,75g aus München vom 23.9.1857 über Frankreich nach New York, der mit 45x frankiert wurde. 2 Tage später schlug er in Strasbourg auf und erhielt, neben dem obligatorischen Vertragsstempel noch den T.F. für Transit Francais.

Der Absender hatte "P(e)r Steamer frc. Liverpool notiert, was nicht auf die gewünschte Nutzung einer franz. Linie hindeutete. Tatsächlich landete er am 12.10.1857 in New York mit dem "AM(ERICAN) PACKET" an.

Die "Atlantic" der Collins Line hatte ihn am 30.9. in Liverpool abgeholt und am besagtem 12.10. in NY an Land gebracht.

Nach dem PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1847 kosteten Briefe via Le Havre nach NY 45x, via Frankreich und britischem Packetboot 45x und mit amerikanischem Packetboot 24x. Aber wie hätte der Münchner wissen sollen, wann welches Schiff welcher Packetroute ihn übernehmen würde? Eigentlich hatten die bayerischen Poststellen Listen, aus denen die Abfahrtszeiten der Linien hervor gingen. Aber was machen, wenn das angedachte Schiff weg war, der Brief aber noch unterwegs?

Jedenfalls freue ich mich, mal einen überfrankierten zeigen zu können, denn unterfrankierte (die oft durch rutschen), gibt es schon deutlich mehr.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 17.05.2016 17:48:24 Gelesen: 329240# 58 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen etwas ungewöhnlichen Brief mit etwas krimineller Energie der Nürnberger Absenderfirma Berger & Ziegler. Diese schrieben am 13.9.1862 den 1. Teil eines Briefes und am 17.9.1862 den 2. und letzten Teil ihres Briefes an die Firma Dupla Hermanos in Zaragoza (auch Saragossa manchmal geschrieben). Aber frankieren wollte man nicht ... Briefe nach Spanien kosteten zu dieser Zeit 18 Kr. über Frankreich offen spediert bis zur franz. - spanischen Grenze (Tarif ab 1.7.1858 ), oder alternativ über Preußen 9 Kr. frankiert bis zur deutsch - französischen Grenze.



Hier schmuggelte man in einem Paket den Brief an eine befreundete Firma im südfranzösischen Bayonne, welches nur ca. 30 km nördlich der spanischen Grenze lag und sorgte dort für eine unfreie Versendung nach Zaragoza. Der Empfänger bezahlte stattliche 18 Cuartos, die ca. 16 Kr. entsprachen. So riesig war der Gewinn also nicht und wenn die französische Post oder der französische Zoll versiegelte Briefe in Warensendungen feststellten, war immer eine Meldung von Paris nach München fällig, mit der man sich dies verbat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.05.2016 16:15:11 Gelesen: 329104# 59 @  
Liebe Freunde,

ich freue mich heute einen Brief zeigen zu dürfen, der einen Anachronismus seiner Zeit zeigt, denn wir schreiben den 8.8.1868 und eine Käsesendung aus Biglen bei Bern nach Ludwigshafen in der Pfalz ist angesagt.





Wir erinnern uns, dass der DÖPV mit dem 31.12.1867 seine Existenz verloren hatte und mit ihm das 3 Zonensystem eingeführt worden war.

Diese Postsystematik war auch im Oktober 1852 für die Schweiz übernommen worden, indem man sie in 2 Tarifzonen (bis 10 und über 10 Meilen) teilte.

Während also die Korrespondenten in Deutschland ab dem 1.1.1868 munter für 3 Kreuzer (Kr.) hin und her schreiben konnten, wohin sie wollten in Deutschland, Luxemburg, Ungarn usw., galt der Altvertrag mit der Schweiz vom Okt. 1852 noch immer und damit auch das Distanzsystem der 3 Rayons in Deutschland und der 2 Rayons in der Schweiz. Erst zum 1.9.1868, also 3 Wochen nach Absendung unseres Briefes, wurde ein einheitliches System aus jedem Ort der Vertragsstaaten nach jedem Ort der Schweiz von einheitlich nur noch 7 Kr. eingeführt.

Aus der Pfalz waren immer, weil über 20 Meilen zu jedem Ort der Schweiz, 9 Kr. zu frankieren. Biglen bei Bern lag im 2. Schweiz - Rayon und hätte ein Weiterfranko von 6 Kr. erfordert (20 Rappen). Weil man aber statt 15 Kr. nur deren 12 Kr. geklebt hatte, konnte man der badischen Bahnpost nur 3 Kr. an Weiterfranko (in blau notiert) für die Schweiz bonifizieren. Baden nahm diese 3 Kr., trug sie als Weiterfranko in der Briefkarte nach Basel vor (Zug 19 auch noch vom 8.8.1868 und spedierte ihn der Bahnpost Basel - Olten zu. Diese erkannte die Unterfrankatur und taxierte ihn mit 10 Rappen nach, der der Empfänger zahlen musste (in Rötel, mittig nicht leicht zu erkennen).

Nett finde ich auch den selbstklebenden Verschluss des Absenders in preussisch - blau, der noch gut mit dem Briefpapier korrespondiert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 31.05.2016 16:52:53 Gelesen: 328743# 60 @  
Liebe Freunde,

bei dem ein oder anderen Brief huscht einem ab und zu ein kurzes Lächeln übers Antlitz, einfach weil man das Schmunzeln nicht unterdrücken will oder kann.

So war es auch bei dem hier, den ein liebes Forumsmitglied durch seine Passivität mir günstigst zukommen ließ (besten Dank dafür!).





In München am 15.7.1847 nach Wien adressiert und mit 15 Kreuzern rheinisch bezahlt (die hälftig zwischen Bayern und Österreich zu teilen waren und 12 Kreuzer Conventionsmünze entsprachen), wusste man nicht, wo man den guten Louis Hitzelsperger (man achte auf den Namen, wenn man im deutschen und britischen Fußball Ahnung hat!), immerhin ein Brauereigeselle, dort zu vermuten hatte und notierte unten links "Postrestando". Was damit gemeint war, ist wohl klar: Poste restante, also die Anweisung an die Wiener Post, ihn nicht zuzustellen zu versuchen, sondern ihn auf der Hauptpost liegen zu lassen für 3 Monate, bis der junge Herr Hitzelsperger ihn abholte, was auch passiert sein dürfte, denn er lief ja nicht retour.

Wien stempelte artig in rot für Frankobriefe Eingang und versah ihn mit einem Vermerk/einer Nummer, die ich nicht lesen kann. Leider weiß ich nicht, ob damals dieser Postdienst in Österreich kostenpflichtig war, oder nicht. Wer es weiß, darf es gerne hier posten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.06.2016 17:41:15 Gelesen: 328628# 61 @  
Liebe Freunde,

heute ein eher langweiliger Brief aus Lindau vo 26.2.1856 an die Baumwollspinnerey Lauffermühle bey Thüngen p(resso) Constanz. Hinten jungfräulich (leider!) zeigt er aber eine Vorgehensweise, die wir erst seit der Gründung des DÖPV kennen - nämlich das Festmachen an der frankierten Versendung zwischen Kaufleuten bzw. Firmen.



Hier schön dokumentiert an dem "franco" - Vermerk, auf dem man seinen blauen Lindauer Firmenstempel abschlug um zu zeigen, dass diese Firma sich gerne die 3 Kreuzer Portozuschlag sparte und nur fankiert versandte. Sonderbarerweise kenne ich - außer Bayern - kaum ein Land, in dem dies auch so gehandhabt wurde. Aber vielleicht habe ich nur noch nicht genügend andere DÖPV - Briefe gesehen.

Der Text ist auch gut lesbar und sehr interessant, wirft er doch ein etwas bedenkliches Licht auf das Geschäftsgebaren der Lauffermühle.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.06.2016 17:30:38 Gelesen: 328576# 62 @  
Liebe Freunde,

auch ein alter Hase wie ich hat in seinem Leben nicht viele Belege mit der Nr. 3 aus dem Jahr 1850 gesehen - vlt. waren es 4 insgesamt?



Die Marke kam nur bei ganz, ganz wenigen Stellen Ende Dezember 1850 an die Schalter, wenn es überhaupt mehr als 2 Schalter waren und wurde dann, weil die schwarzen Einser aufgebraucht werden sollten, erst einmal auf Halde gestellt.
Noch im Januar 1851 sind Verwendungen der Nr. 3 handverlesen, um so mehr in dem Jahr, in dem sie zum 1.10.1850 angekündigt, aber nicht ausgeliefert werden konnten.

Heute zeige ich einen Ortsbrief, meines Wissens den ersten mit dieser Marke überhaupt, aus Augsburg vom 31.12.1850 an Fr. Mittler, dessen schöner Inhalt mir sofort gefiel. Wer sich die Marke genauer betrachtet, findet diese "Erstausgabe" noch recht schroff in den Ecken, nicht so rund, wie man sie in der Masse über viele Jahre später kennt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.06.2016 10:22:33 Gelesen: 328494# 63 @  
Liebe Freunde,

einen der wichtigsten Transitbriefe, die ich je besessen habe, darf ich heute vorstellen:





Leipzig 21.9.1852 über Bayern (sehr unüblich, weil Wohlen als Zielort in der zentralen / westlicheren Schweiz liegt und dafür Baden als Leitweg anzusehen war) am 22.9. (bayer. Bahnpost Hof - Nürnberg) nach Wohlen im Aargau.

Nach dem DÖPV - Vertrag vom 1.7.1850 je Loth über 20 Meilen 9 Kreuzer, die Leipzig brav in blauer Kreide notierte und die man, daher auch rheinische Kreuzer, Bayern belastete.

Bayern notierte 12 Kr. für seinen Transit, den es eben gerade nicht im DÖPV geben sollte und durfte!

Daher kam der Brief mit 21 Kr. belastet in der Schweiz an, die 75 Rappen entsprachen. Für die Schweiz kamen über 25 - 40 Wegstunden 6 Kr. = 20 Rappen dazu, so dass der Empfänger total 95 Rappen (= 27 Kr.) zahlen musste.

Pro memoria: Sachsen - Baden - Schweiz hätte 9 Kr. für Sachsen und 4 Kr. für die Schweiz (10 bis 25 Wegstunden) = 14 Kr. gekostet. Welch ein Unterschied und ein bayer. Affront gegenüber allen Beteiligten.

Als Kirsche auf dem Sahnehäubchen A) waren Muster eingelegt worden und B) war der Absender Isler selbst (Leipziger Messe!). Eine eierlegendere Wollmilchsau muss mir erst mal einer zeigen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.06.2016 15:42:20 Gelesen: 328122# 64 @  
Liebe Freunde,

6 blaue bzw. blauviolette Stempel (allesamt dadurch illegal) findet man in den 1870er Jahren nicht auf jedem Brief, daher war es meine vornehmste Aufgabe, ihn in meine kleine Retourbriefsammlung aufzunehmen.



Ursprünglich geschrieben vom Landgericht Mainburg am 14.5.1874 an das Landgericht Geisenfeld als portofreie Regierungssache bei 2 Meilen fast Tür an Tür gelegen. Am 15.5. lief er über Wolnzach Bahnhof (auch nur 2 Meilen entfernt), um dann am Folgetag dem 16.5. endlich in Geisenfeld anzukommen.

Noch am selben Tag (16.5) korrigierte man die Adresse und gab ihn neu versiegelt in Geisenfeld auf. Jetzt war er noch am selben Tag in Wolnzach Bahnhof und kam am 17.5. wieder in Mainburg an.

Auch simple Briefe haben ein Gesicht, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.06.2016 19:04:46 Gelesen: 328102# 65 @  
Wer A sagt, muss auch B sagen. Also sage ich mal Bamberg, 7.12.1868 nach Barmen (heute ein Stadtteil von Wuppertal) mit 3 Kr. treffend bis 1 Loth frankiert.



Aber - oh weh - der Empfänger weilte dunnemals schon nicht mehr unter den Lebenden, so dass die Abgabepost dort frontseitig "retour 8.12." und siegelseitig der Briefträger "Adressat ist gestorben. Unterschrift, Briefträger" notierte.

Am 9.12. schlug er bereits wieder in Bamberg, einer der schönsten Städte der Welt, ein und wurde seinem Absender retourniert, dem Absenderstempel sei Dank. Schade, hätte ihn noch lieber gehabt mit einem Wäppchen der Retourbriefcommission von dort.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.06.2016 16:44:29 Gelesen: 327972# 66 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein hübsches Portobriefchen aus München vom 13.10.1860 nach Wien, bei dem die Aufgabepost 20 Neukreuzer in dunkelblauer Tinte (so noch nie gesehen von München) angesetzt hat. Als Postvereinsbrief über 20 Meilen waren 15 Nkr. zu rechnen und der Portozuschlag von 5 Nkr. war auch nicht vergessen worden.



Beim direkten Paketschluß- und Abgabepostamt Wien wurden diese "fremden" 20 Nkr. umrandet, damit der Stadtbote gleich erkannte, was er zu kassieren hatte und am 15.10.1860 tat er das wohl auch gewissenhaft bei dem Herrn Doktor Friedrich von Hurter, immerhin Reichshistoriograph [1].

Ich hoffe nicht, dass aus mir noch irgendwann einmal ein Sophy - Sammler wird und ich damit in Konkurrenz zu anderen treten könnte ... :-)

Für mich etwas überraschend ist der rote Wiener Stempel, den ich bei Portobriefen eher in schwarz erwartet hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjQta7hu83NAhWpa5oKHcpzBeUQFggcMAA&url=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FFriedrich_Emanuel_von_Hurter&usg=AFQjCNFT6Cz8aORJX8Lqwj08oSm6in5CiQ&sig2=VAoxIw2Lun8P63nBjyLDVA
 
Max78 Am: 26.07.2016 11:16:01 Gelesen: 327374# 67 @  
Hallo zusammen,

das Thema heißt zwar Brief erklären, aber auf dem Gebiet Bayern bin ich ein absoluter Laie und brauche viel eher eine Erklärung. Ohne einen Beleg vorzustellen, geht es mir um die Erläuterungen im Michel, die ich nicht genau verstehe. Leider habe ich zu dieser Frage kein besseres Thema gefunden:

Es geht um die Bemerkung zu der 9 Kreuzer Mi.11: "Besondere Frankaturen: Mi. 11 als EF im Inland 250 €."

Diese höhere Bewertung muss ja einen Grund haben. Bei den anderen altdeutschen Staaten findet man etwas genauere Einzelaufführungen zu besonderen Versendungsarten.

Da der Michel nicht gerade genau ist nun meine Frage:

Welche Möglichkeiten gab es, einen Brief/Postsendung innerhalb Bayerns (Pfalz) portogerecht mit 9 Kreuzer zu versenden (Zeitraum 1.10.1862 bis 01.08.1865) ?

Wäre über ein Auskunft dankbar,

mit Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 26.07.2016 11:43:39 Gelesen: 327364# 68 @  
@ Max78 [#67]

Hallo Max,

eine gute Frage, die der Michel sicher nicht erklären kann.

Die Nr. 11 wurde am 1.10.1862 an die Schalter gegeben. Innerbayerisch galt bis zum 31.7.1865 das Reglement vom 1.1.1861 mit Veränderung des Lothgewichts zum 1.4.1862 von 15.625g auf 16.66g, indem man das Zollpfund von 500g nicht mehr in 32 Lothe aufteilte, sondern nur noch in 30 Lothe.

Ortsbriefe oder Briefe in den Lokalbezirk der Aufgabepost konnten bei einem Gewicht von 9 bis 10 Loth mit 9 Kr. frankiert werden (größte Raritäten, die vierstellig kosten würden), aber es gibt sie von München.

Fernbriefe innerhalb Bayerns kosteten je Loth in dieser Zeit 3 Kr. bis 12 Meilen und 6 Kr. über 12 Meilen oder im Wechselverkehr zwischen der Pfalz und dem rechtsrheinischen Bayern.

9 Kr. konnten also erreicht werden durch Briefe in der 1. Entfernungsstufe bis 12 Meilen mit über 2 bis 3 Loth und für die Pfalz alle Briefe ohne Entfernungsunterschied innerhalb der Pfalz bei gleichem Gewicht.

Zum 1.8.1865 reduzierte man das Franko innerhalb Bayerns auf 3 Kr. je Loth unabhängig von der Entfernung, also auch im Wechselverkehr zwischen der Pfalz und dem rechtsrheinischen Bayern. Aber es gab nur noch 2 Gewichtsstufen, nämlich bis 1 Loth wie eben beschrieben und über 1 bis 15 Loth, für welche nun nur noch 6 Kreuzer zu frankieren waren. Ortsbriefe kosteten nun 1 Kr. bis 1 Loth und 2 Kr. bis 15 Loth. Der Wert von 9 Kr. war also im normalen Briefpostverkehr nicht mehr erreichbar und auch Drucksachen, die zuvor noch 1 Kr. je Loth gekostet hatten, waren nun mit 1 Kr. je 2 1/2 Loth zu frankieren, so dass wir hier auch keine 9 Kr. mehr erreichen konnten.

Theoretisch möglich wären ein innerbayerischer Expressbrief mit einer Nr. 11, bei dem der Absender portofrei gestellt war, die Rekommandationskosten von 6 Kr. bar bezahlt wurden und nur die Expressgebühr als Weiterfranko für die Abgabepost/den Expressboten in Höhe von 9 Kr. durch Marke(n) frankiert wurde. Einen derartigen Brief habe ich jedoch in 40 Jahren Bayernsammelei nie gesehen und es ist fraglich, ob es ihn so je gegeben hat.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 26.07.2016 12:19:41 Gelesen: 327355# 69 @  
Hallo Ralph,

vielen Dank für Deine Erläuterung, die ich erst 3-4 mal durchlesen mußte, bis ich sie wirklich verstanden habe. Ich werde mir das auf jeden Fall mal ausdrucken zum Eigengebrauch, wenn es ok ist.

Ich hatte bei der Tabelle vom Michel tatsächlich die Gewichtsstufen übersehen, da hätte ich eventuell noch auf etwas "portogerechtes" kommen können. Aber die Tabelle ist im Vergleich zu Deiner Ausführung natürlich dürftig.

Ich finde es noch ganz interessant mit den Barzahlungen auf Abholschein bei Einschreiben. Das kenne ich von anderen Gebieten nicht. Eventuell dürfte ja auch das dafür gesorgt haben, das manche Einzelfrankaturen höherer Kreuzerwerte selten sind.

Schönes Sammelgebiet und lehrreich,

mit einem herzlichen Dank Max
 

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