Thema: Moderne Privatpost in Deutschland
Stefan Am: 11.06.2015 19:03:40 Gelesen: 2019322# 956@  
Nachfolgend ein Sachverhalt, welcher mir bis vor kurzem unbekannt war und durch den Fund entsprechender Belege in Kombination mit der eigenen Sammlung deutlich wurde. Bei der Durchsicht eines Nachlasses Absenderfreistempel, hier konkret einer nach Maschinennummer sortierten Sammlung des Herstellers Hasler (2003 von Neopost übernommen), kamen zwei Belege auf, bei denen die Gerätenummer bereits bekannt war, allerdings nicht aus dem jeweils bekannten Ort. Doch der Reihe nach...

Es ist üblich, dass Postmitbewerber Frankiergeräte verschiedener in Deutschland zugelassener Hersteller nutzen. Diese gelangen in den Besitz des Postmitbewerbers durch Kauf eines neuen Gerätes (bzw. alternativ Leasing vom Hersteller bzw. mit dem Vertrieb beauftragten Unternehmen) bzw. durch Firmenübernahmen, -zusammenlegungen oder Umfirmierungen. Im ersten Fall allerdings stand das Gerät mit der Kennung C049179 bei dem Absender RWTÜV GmbH in 45127 Essen (http://www.rwtuev.de/ ), welcher das Gerät zur Frankierung der eigenen Tagespost nutzte:



Sendung der RWTÜV GmbH vom 13.01.2005

Das Gerät C049179 kann bisher für die Jahre 2004 und 2005 mit einer Zulassung in Essen nachgewiesen werden. Anscheinend wurde das Gerät gebraucht verkauft. Ob hier eine Rücknahme des Gerätes seitens des Herstellers (als Anzahlung für ein neues Modell, vermutlich ein Frankit mit der Kennung 1D... des Herstellers Neopost) oder ein Verkauf an den Fachhandel erfolgte, ist nicht bekannt. Im darauf folgenden Jahr 2006 tauchte das Gerät C049179 im ca. 250 km entfernten Frankfurt am Main auf und zwar zur Frankierung der zum Versand über die Deutsche Post AG bestimmten Sendungen, welche der Postmitbewerber TNT Post (Briefzentrum Frankfurt/Main) an die DPAG gab. Aufgrund der Entfernung ist auszuschließen, dass die RWTÜV GmbH die Tagespost von TNT Post in Frankfurt/Main abholen ließ (die Essener Niederlassung von TNT Post lag 2006 deutlich näher an der RWTÜV GmbH) und das Frankiergerät daher als nicht mehr benötigtes Modell bei TNT Post in Frankfurt landete:



Sendung von TNT Post, NL 60327 Frankfurt/Main vom 16.01.2006

Aktuell kann dieses Gerät vom 16.01.2006 bis 05.03.2008 in Frankfurt am Main nachgewiesen werden. Im Anschluss erfolgte allerdings keine Verschrottung der Hasler Mailmaster sondern eine weitere Nutzung in der Frechener Niederlassung von TNT Post:



Sendung von TNT Post, NL 50226 Frechen (bei Köln) vom 19.12.2008

In der eigenen Sammlung ist die Verwendung von C049179 vom 19.12.2008 bis 24.04.2009 belegt. Danach verliert sich jede Spur dieses Frankiergerätes. Eventuell erfolgte eine Verschrottung der Hasler.

In dem zweiten vor kurzem aufgefundenen Fall wurde m.E. das Frankiergerät mit der Kennung C046394, zugelassen in 45365 Essen, von der AOK Westfalen-Lippe, Regionaldirektion Recklinghausen, Bottrop und Gelsenkirchen (Postleitbereiche 45 und 46) zur Frankierung der Tagespost genutzt. Bei der PLZ 45365 handelt es sich scheinbar um die Großkundenpostleitzahl der Deutschen Post AG in Essen (Briefzentrum 45) selbst:



Sendung der AOK vom 26.10.2001

Es handelt sich hierbei um einen eher unscheinbaren Absenderfreistempel. Allerdings verrät die Gerätenummer C046394, dass dieses Gerät später vom Postmitbewerber Westdeutscher Post Service GmbH (WPS) im eigenen Briefzentrum in 45657 Recklinghausen (!) zur Frankierung der Tagespost für den Versand über die DPAG verwendet wurde. Leider fehlt mir ein Nachweis dieser Verwendung in der eigenen Sammlung, allerdings ist ein solcher Absenderfreistempel mit einem typischen Werbeeinsatz von WPS im Buch von Bernd Rosolski "Sammlung privater Postdienst" (Stand 15.03.2008) abgebildet. Es ist z.Z. unklar, ob die eingangs genannte Regionaldirektion der AOK Westfalen-Lippe bedingt durch eine Aufgabe eigener Frankieranlagen das Frankiergerät an WPS übergab und WPS mit der zukünftigen Durchführung von Briefdienstleistungen beauftragte.

Fazit: es lohnt sich durchaus, Sammlungen von Belegen, sortiert nach Maschinennummer, lediglich nach den Gerätenummern durchzusehen und die restlichen Bestandteile wie Postleitzahl und Zulassungsort vorerst zu ignorieren. :-)

Gruß
Pete
 
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