Thema: (?) (1180) Rohrpostbelege
juni-1848 Am: 26.08.2015 15:17:57 Gelesen: 969689# 1007@  
@ telosgraphein007 [#676]

Es gab irgendeinen uns noch nicht bekannten guten Grund, diese Karte bei der Ankunft im Hotel Bristol mit einem Eingangsstempel zu versehen. Es handelt sich dabei um einen automatischen Uhrzeitstempel, wie er auch beim Haupttelegraphenamt verwendet wurde, ja es ist sogar die gleiche blaue Stempelfarbe, die von den diversen Ausgefertigt-Stempeln des HTA bekannt ist. Mit anderen Worten: Das Hotel Bristol verfügte wie das Hotel Adlon übrigens auch über einen automatischen Stechuhrstempel, mit dem der Eingang von Sendungen bestätigt wurde.

Die Frage: Weshalb wurde dort ein Stempelautomat eingesetzt, der mit genauer Minutenangabe das Eintreffen einer Sendung dokumentierte. {.....}

Machte sich um 20.50 noch ein spezieller Bote vom PA 64 ins Hotel Bristol auf den Weg, um die Karte loszuwerden, oder hat es - was ich ja zur Seltenheits- und Wertsteigerung meiner Karte sehr hoffe - einen Hausrohrpostanschluß zwischen PA W 64 und dem Hotel Bristol gegeben, mithilfe deroselbigem die Karte der Rezeption des Hotels Bristol - oder einer nachgelagerten Einrichtung - auf den Rohrpoströhrenauswurf gepustet wurde?


Manchmal bringt der Zufall die Antwort ans Licht:



Ein ganz normaler Fernbrief vom 12.2.41 an einen Herrn Baudirektor, der in Berlin im Hotel Bristol abgestiegen war.

Der im Hotel eingelangte Brief erhielt den dreizeiligen Minuten-Eingangsstempel
HOTEL BRISTOL.
9 12 15 FEB'41
POST


Nun war eben jener schon aus seinem Zimmer "485" ausgebucht und weitergereist und hatte gebeten, zu späte Post nachzusenden. Also notierte der beflissene Hotelservice in roter Tinte " nachs(enden) : Essen Ruhrallee 56" und gab 23 Minuten nach seiner Ankunft den Brief wieder auf die Reise, nicht ohne vorher preussische Gründlichkeit und excellenten Hotelservice kraft eines weiteren rückseitigen Minutenstempels zu dokumentieren:

HOTEL BRISTOL.
9 35 15 FEB'41
POST


Die Nachgebühr für das nicht frankierte Weitersenden wurde in Essen offensichtlich wieder gestrichen.

Verstehen wir Schmuggler [#1002] richtig, dann war ein aus einem Hotel abgereister Gast gleichzusetzen mit solchem Empfänger, der sich bei seinem Postamt "abgemeldet" hatte.

Ein wunderbarer Beleg preussischer Genauigkeit - und in meinen Augen, lieber Reinhard, leider keine Rohrpost zur Seltenheits- und Wertsteigerung. Auch nicht mit dem augenzwinkernden Argument, 1941 sei die Berliner Unterwelt noch in Ordnung gewesen - die alliierten Luftangriffe begannen erst im November 1943).

Das Adlon und das Bristol waren sicher nicht die einzigen Hotels der gehobenen Klasse, die sich derlei Genauigkeit (auch ohne Hausrohrpostanschluß) leisteten. Hier als Beispiel ein 1925 im Hotel Savoy in Oslo eingegangenes Telegramm:



Mich würde allerdings brennend interessieren, wie solche Stempelautomaten aussahen, die sowohl bei Telegraphenrohrposten als auch in Hotels ihre Verwendung fanden.

Mit Sammlergruß
Werner (zurück aus längerer Schaffenspause)
 
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