Thema: Philatelie in der Presse - Aus den Vereinen
Richard Am: 02.12.2008 09:02:02 Gelesen: 1197467# 105@  
Marken mit Geschichte - Philetalisten trafen sich zum Großtauschtag in der Reutlinger Listhalle

Von Noreen Eberle

Schwäbisches Tagblatt, Reutlingen (01.12.08) - Am gestrigen Sonntag boten rund 200 Briefmarkensammler aus der Region alte Marken, Postkarten und Münzen zum Tausch an. Gastgeber war der Reutlinger Briefmarkenverein, der bereits zum 21. Mal den jährlichen Großtauschtag ausrichtet.

Im großen Saal der Listhalle sind lange Tischreihen aufgebaut. Wie auf dem Trödelmarkt haben rund 200 Sammler ihre Schmuckstücke vor sich ausgebreitet: Briefmarken in allen Formen und Farben, große und kleine Münzen, Berge von Ansichtskarten und zerlesenen Kinderbüchern.

Weniger wertvolle Marken und Postkarten auf wild durchmischten Haufen laden zum Stöbern ein. Ältere Stücke sind säuberlich sortiert in Ordnern ausgestellt und werden von den Hobbysammlern und Kennern allenfalls mit Pinzette und Lupe begutachtet.

Der Raum ist von einem leisen Raunen erfüllt: Briefmarkenliebhaber verhandeln diskret über die Preise oder fachsimpeln über das Angebot. Wertvolle Seltenheiten oder Plunder? Kenner blättern im „Michel“, dem Briefmarkensammlerkatalog, um mehr über die Marken zu erfahren. Obwohl er viele nützlichen Informationen für den Sammler enthält, seien die darin genannten Richtpreise oft überhöht, erklärt Fachmann Dieter Drieschner vom Landesverband Südwest. Er bietet an diesem Tag „Realschätzungen“ für Sammlungen und Einzelstücke an. „Oft schicken wir die Sammler zu Auktionshäusern, weil sie dort mehr kriegen, als bei den Tauschbörsen“, sagt Drieschner.

Reich werden kann man nicht

Reich werden könne man mit den Marken heutzutage ohnehin nicht mehr, berichtet ein langjähriger Sammler. Als Grund nennt er, dass der Sammlermarkt derzeit von privaten Alben aus Erbschaften überschwemmt werde. Neben seiner Rarität tragen auch Besonderheiten wie Fehldrucke oder außergewöhnliche Stempel zum Wert eines Postzeichens bei. So kann allein schon eine durch den Druck abgebrochene Hutkrempe den Preis locker um einige tausend Euro in die Höhe schnellen lassen. Auch Marken mit Federzug-Entwertung – einem handschriftlichen Tuschezug des Postbeamten – sind sehr begehrt.

Immer beliebter werden Marken auf Originaldokumenten, wie Briefen oder Postkarten. „Mich interessiert die Geschichte, die hinter der Marke steht.“, sagt ein Liebhaber, der sich auf Ostblock-Postwertzeichen und Dokumente von 1918 bis 1945 spezialisiert hat. Detektivisch genau recherchiert er die historischen Hintergründe zu seiner Sammlung. So kommt es, dass oft nicht die Marken als solche, sondern vielmehr die Inhalte der Briefe und Postkarten im Mittelpunkt des Sammlerinteresses stehen.

„Dieses Hobby ist sehr geschichtsträchtig“, bestätigt der 1. Vorsitzende des Reutlinger Briefmarkenvereins Walter Wieland, der sich vor allem für Bayrische Marken interessiert. Er mahnt zu Vorsicht, denn auch bei den Philatelisten gebe es Schlitzohren. Zahlreiche Fälschungen seien auf dem Markt. Echt von unecht unterscheiden zu können, das sei eine Fertigkeit, die jeder Sammler erlernen müsse. Feststehende Fälschermerkmale gebe es nicht. Also müssen die Sammler genau hinsehen, um festzustellen, ob es sich um ein Original handelt oder nicht. „Man muss schon viel Geduld mitbringen“, betont Wieland.

Dies zeigt auch die im Vorraum aufgebaute Ausstellung der Reutlinger Briefmarkensammler: Hier erfährt der Laie, dass bereits im Jahr 1807 der erste königlich eingesetzte Postbeamte Michael Vogelweyd im einzigen Postamt der Stadt den Briefverkehr in Reutlingen regelte.

Akribisch zusammengetragen

Ob Reutlinger Postgeschichte, Dokumentensammlung aus Kriegen oder Postkarten mit Pflanzenmotiven – alles haben die 51 Briefmarkenliebhaber des Vereins in Eigenarbeit akribisch zusammengetragen und für den Sammlertag dokumentiert. „Schade, dass viele Jugendliche heutzutage lieber vor dem Computer sitzen“, bedauert Wieland. Er wünscht sich, dass sich wieder mehr junge Leute für die Philatelie begeistern und Spaß an der Spurensuche in die Vergangenheit finden.

(Quelle: http://tagblatt.de/2764441)



Briefmarken in allen Formen und Farben: Sammler tauschten und fachsimpelten beim gestrigen Treffen in der Listhalle. (Bild: Haas)
 
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