Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 21.11.2015 13:19:34 Gelesen: 256485# 51@  
Liebe Freunde,

der hier gezeigte Brief war Anlass, in Kiefersfelden nachzufragen, ob dort noch heute jemand die tatsächlichen Verhältnisse der kaiserlich königlichen Hüttenverwaltung in Kiefer kennen würde.

Tatsächlich konnte ich jemanden bei der Stadtverwaltung für meine Anfrage gewinnen, der einen alteingesessenen Kiefersfeldener befragen konnte und die Antwort dieses Kenners möchte ich euch nicht vorenthalten:

"Die K. K. Hütten- und Hammerverwaltung Kiefer bei Kuftstein in Bayern war ein österreichisches Werk auf bayerischem Boden. Es wurde um 1700 aus dem Zillertal nach Kiefersfelden verlegt, da nur so die im österreichischen Thierseetal reichlich vorhandenen Holzvorkommen problemlos genutzt werden konnten. Das Eisenhammerwerk befand sich im Ortsteil Kiefer, heute der Bereich zwischen dem Werkkanal und dem Kieferbach.

Das Eisenwerk wurde schließlich 1871 wegen fehlender Rentabilität geschlossen. Als Folge des gewonnenen Krieges 1870/71 gegen Frankreich kamen Elsaß und Deutsch - Lothringen zum Reich und die dortigen Eisenwerke produzierten deutlich günstiger, als das Werk in Kiefersfelden, obwohl der dort produzierte Stahl eine hervorragende Qualität besaß.

1882 wurden die leer stehenden Fabrikationsanlagen des Eisenhammerwerkes von einem Augsburger Konsortium aufgekauft, das dort im April 1883 die Marmor - Industrie Kiefersfelden gründete."



Zurück zum Brief - er wurde in Lausanne (CH) am 27.8.1868, also 4 Tage vor dem neuen Postvertrag Bayerns mit der Schweiz vom 1.9.1868, geschrieben und in Folge des Altvertrags richtig mit 50 Rappen (15 Kr.) frankiert. Das Weiterfranko für Deutschland wurde mit 9 Kr. vorderseitig ausgewiesen (kein Nachporto!). Da man diese 9 Kr. aber hätte in Deutschland für ein Nachporto halten können, wurde es von der württembergischen Bahnpost gestrichen (blauer Kreidestift damals wie üblich).Da er mit der Bahnpost Lausanne - Bern(e) schnell befördert wurde, ging es zuerst über den Bodensee, ehe er in Friedrichshafen der württembergischen Bahnpost übergeben wurde. Diese kassierte 9 Kr. als Aufgabepost im Postverein, obwohl es diesen längst nicht mehr gab, aber der Altvertrag sah dies noch so vor - glückliches Württemberg.

Hatte der Absender noch vermerkt "Kiefer bei Kufstein in Bayern", so war das etwas problematisch, denn Kufstein in Bayern lag schon damals in Österreich, aber die involvierten Postler wussten offenbar, was man in der Romandie gemeint hatte. Am 29.8.1868 kam er schließlich in Kiefersfelden an und wurde der österreichischen Hütten- und Hammerverwaltung zugestellt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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