Thema: Moderne Privatpost in Deutschland
DL8AAM Am: 24.05.2016 16:26:31 Gelesen: 1817346# 1025@  
@ Detlev0405 [#1024]

Sehr schöner Beleg aus dem Bereich Privatpost und internationales Remailing, den ich in dieser Form bisher noch nicht gesehen habe. Auch hier DANKE für das Zeigen!

Üblicherweise haben deutsche Privatposten (noch) keine direkten Privatpost-Partner im europäischen Ausland, um Auslandssendungen direkt mit diesen auszutauschen. Um ihren Kunden aber trotzdem eine "All-Inclusive" Dienstleistung für deren gesamten Postausgang anzubieten, wird oft sämtliche Post übernommen. Man möchte seine Kunden nicht durch eine arbeitsaufwändige Vorauswahl vergraulen, deshalb nimmt man trotzdem auch dessen Auslandssendungen an. Zur Zustellung müssen dieses dann ja aber irgendwie in den UPU-Kreislauf eingeschleust werden - und damit hier aber kein finanzieller Verlust, sondern vielleicht sogar noch ein Gewinn, hängen bleibt, müssen Versandländer mit einem günstigeren Auslandsporto verwendet werden. In der Vergangenheit hat man dafür häufig die Post von Malta auf ähnlichen Sendungen aus der deutschen Privatpostszene gesehen. Mauritius war mir bisher unbekannt.

Der Brief lief zwar über die Post von Mauritius, aber er hat wahrscheinlich Mauritius nie gesehen. Vermutlich wurde die Sendung dabei über ein - offiziell bei der UPU registriertes - exterritoriales Briefzentrum der Mauritius Post in Europa versendet. Solche ETOEs (Extraterritorial Office of Exchange) werden von etlichen internationalen Postdienstleistern weltweit betrieben. Der Boden dieser ETOEs ist postalisch gesehen dann z.B. Mauritius. In Deutschland hat die Mauritius Post aber wohl keine Niederlassung. In der aktuellen UPU-Liste "International Mail Processing Centre (IMPC)" [1] findet sich aber beispielsweise so ein ETOE der Mauritius Post in Lyon, Frankreich:

FRLIOZ LIO / ETOE MUA / Mauritius PL / LYON Z ETOE MUA / Mauritius Post Limited MUA / J1CMUA / O / 20151101 / E / A / U / BILATERAL AGREEMENT REQUIRED

Weitere IMPCs betreibt die Mauritius Post in London (internationale UPU-Kennung "GBLONY") und in Amsterdam ("NLAMSF").

Ich gehe also davon aus, dass die Sendung (wahrscheinlich über einen externen Dienstleister/Markler bzw. über eine zentrale Privatpost-Sammelstelle aus dem Dunstkreis der deutschen Privatpost-Kooperationsnetzwerke) irgendwie einer ETOE/IMPC der Mauritius Post in Europa angedient wurde, die diese dann im Nachgang mit der dortigen hoheitlichen "vor Ort"-UPU-Post ausgetauscht hat. Dann lief die Sendung regulär über die üblichen UPU-Wege zur tschechischen Post weiter. In Port Louis war der Brief bestimmt nie (vermutlich).

Ist das mit dem deutschen Postrecht vereinbar wenn ja ?

Warum nicht? Das ist ein klassiches Beispiel eines ABC-Remailings (d.h. Absender im Land A/Deutschland, UPU-Versand im Land B/Mauritius und Empfänger im Land C/Tschechien). Alles korrekt. Direkte ABA-Remailings wären hingegen nicht mehr UPU-konform, d.h. ein Brief aus Deutschland über Mauritius zurück nach Deutschland. Remailings (oder Direct Mail) über Drittländer sind heute beim Auslandsversand großer Institutionen üblich. Bei Direct Mail versenden (vereinfacht gesagt) z. B. deutsche DPAG-Kunden ihre Post nach Frankreich über eine DPAG-Niederlassung in Frankreich, mit französischer Frankatur. Oder deutsche Kunden der frz. Post versenden ihre Post nach England über eine NL der frz. Post in England, mit britischer Frankatur; etc. etc. Und natürlich geht das auch umgekehrt, siehe [2] - hier: Werbung eines frz. Werbetreibenden nach Deutschland, versendet über eine NL der frz. Post in Deutschland direkt mit der DPAG, mit deutscher INFOPOST-Frankatur - nur meist erkennt man diese Konstruktion selten so schön und einfach wie in diesem Fall. Der internationale Postmarkt bietet hier sehr viele Möglichkeiten, für Großversender - nur noch die Oma verschickt Geburtstagsgrüße an ihre Enkelchen in Italien direkt und teuer mit der DPAG ;-)

Nochmals, ein ausgesprochen SCHÖNER Beleg! Besonders wenn/falls das Fensterfeld mit tschechischem Leben gefüllt ist/wäre. ;-)

Gruß
Thomas

[1] http://www.upu.int/uploads/tx_sbdownloader/108.txt
[2] http://www.philaseiten.de/beitrag/64929
 
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