Thema: Altdeutschland Helgoland: Die acht verschiedenen Auflagen der MiNr. 6
Markus Pichl Am: 08.08.2017 19:39:52 Gelesen: 25381# 4@  
Hallo,

grundsätzlich kann man vorausschicken, dass sich bei allen Marken, der acht Auflagen der MiNr. 6, die Druckfarbe und auch die Papierfarbe, infolge von umweltbedingten Einflüssen, gegenüber dem ursprünglichen Originalzustand stark verändern kann. Davon sind vor allem gewaschene Marken betroffen (ungebraucht ohne Gummierung, ungebraucht mit Neugummi, gebraucht). Diesbezüglich zitiere ich nachstehende, kursiv gestellte Absätze aus dem Kohl-Handbuch (Hervorhebung in Fettschrift entsprechend übernommen).

Zuvor noch eine Anmerkung: Im Kohl-Handbuch ist die heutige MiNr. 6 als No. 5 und die heutige MiNr. 7 als No. 6 katalogisiert. Der Michel-Katalog hatte früher, siehe Deutschland Spezial 1937, die eigentliche No. 7, heutige MiNr. 8, in 7 und 8, letztere heutige 8 F, unterteilt und irgendwann wurde alles neu nummeriert und dabei die Nummer 5 übersprungen. Als A-Papier werden im Kohl-Handbuch die heutigen x-Papiere und als B-Papier die heutigen y-Papiere bezeichnet.

Zu allen Auflagefarben ist jedoch grundsätzlich zweierlei zu bemerken: Erstens haben fast alle für No. 5, 6 verwendeten Papiere, und zwar sowohl bei gebrauchten wie bei ungebrauchten Marken, vielfach mit der Zeit einen vergilbten bis geradezu leicht bräunlichen Ton angenommen, durch den häufig auch die Tönung der Druckfarben insofern beeinflußt wird, als z.B. an sich bläulichgrüne Töne durch die gelbliche Färbung ihres Papiers den Stich ins Blaue ganz verloren haben oder sogar umgekehrt eher gelblich erscheinen. Besonders die Farbe des B-Papiers macht häufig einen geradezu stockigen Eindruck.

Zweitens hat sich manchmal besonders bei gebrauchten Marken auch die Druckfarbe selbst infolge nachträglicher Einflüsse wie z.B. durch Zutritt von Licht, Feuchtigkeit o.ä. im Ton verändert, derart, daß dadurch z.B. eine nur schwach bläulichgrüne Farbe entweder noch bläulicher, graustichiger o.ä. oder aber, umgekehrt, gelbstichiger bzw. olivstichiger wie im Originalzustande erscheint. In allen Fällen, in denen der Verdacht oder die Möglichkeit einer derartigen Farbveränderung durch nachträgliche äußere Einflüsse oder durch die Papiertönung vorliegt, wird man also außer dem Papier auch die verschiedenen gleich zu besprechenden Druckmerkmale mit zur Auflagenbestimmung heranziehen, obwohl letztere naturgemäß noch viel mehr als die eigentliche Farbmischung von allerhand Zufälligkeiten, Unregelmäßigkeiten usw. abhängig ist.


Leider fiel dann die angekündigte Besprechung der Druckmerkmale nicht so nachvollziehbar aus, wie sich viele dies vorgestellt hatten. Es ist natürlich auch damals schwerer gewesen, so ganz ohne Abbildungen, nachvollziehbare Erklärungen zu geben. Da sind wir heute in technischer Hinsicht klar im Vorteil. Nun denn, möchte ich hier einen neuen, recht umfangreichen Versuch starten, die einzelnen Auflagen vorzustellen und im Vergleich zu zeigen.

Die I. und die II. Auflage sind heute im Michel wie folgt katalogisiert:

a blaugrün / dunkelkarmin (15. Aug. 1869)
b mittelbläulichgrün (Druck unscharf) / karmin (Aug. 1870)

und Im Kohl-Handbuch:

a zartblaugrün (Druck fein) / dunkelkarmin (Druck voll) (Frühdatum JY 5 1869, Sammlung Kapitän Sachse)
b hellgrün (Druck unscharf) / karmin

Die Auflagenhöhe der I. Auflage beträgt 20.000 und die der II. Auflage 15.000 Stück.

Im nachstehenden Bild befinden sich in der oberen Reihe fünf Marken aus der I. und in der unteren fünf aus der II. Auflage. Nur die ersten beiden Marken in der oberen Reihe haben Originalgummierung, die anderen sind ohne Gummierung. Hierbei zeigt sich der im Kohl-Hanbuch erwähnte Unterschied, vor allem der Papiereinfärbung. Auch sind die Kopfprägungen bei denen mit Originalgummierung erhaben, bei denen ohne Gummierung platt gedrückt bzw. gepresst.



Die grüne Druckfarbe der I. Auflage ist blaustichiger und der Druck feiner, letzteres sich durch den glatt wirkenden Gründruck des Medaillons zeigt. Das Karmin der Zwickel ist in einer einheitlichen Farbgebung und voll ausgedruckt. Hingegen die grüne Druckfarbe der II. Auflage gelbstichig ist und ein geprenkeltes Aussehen hat. Das Karmin der II. Auflage ist dunkler und kommt in vielen Sättigungsstufen vor, kann aber auch gegenüber der Angabe im Kohl-Handbuch voll ausgedruckt sein, wirkt aber ebenso, wie der Gründruck der II. Auflage, weitaus gesprenkelter als bei der I. Auflage. Die Unschärfe im Druckbild der II. Auflage rührt durch eine schlechtere Ausrichtung der Druckplatten. Unschärfe ist aber nicht zu verwechseln mit zusammengeflossenen Rahmenlinien, welche auch bei der I. Auflage durchaus vorkommen (vor allem bei Marken vom Bogenrand). Durchaus kommen auch recht scharf wirkende Drucke bei der II. Auflage vor, deren Druckfarben aber immer gesprenkelt und das Karmin im Ton dunkler ist, als bei der I. Auflage.

Hier noch einmal zwei der zehn zuvor gezeigten Marken in einer größeren Darstellung.

6 a und 6 b



Dabei ist die rechte Marke von großem Interesse, denn sie zeigt uns den im Eingangsbeitrag erklärten Zwickel-Plattenfehler im linken oberen Zwickel. Bei dieser Auflage ist der Plattenfehler noch recht schmal, er wird dann bei späteren Auflagen immer breiter. Somit stammt diese Marke von Feld 3 und die Stellung der Zwickelplatte ist "kopfstehend", insofern man den Plattenfehler, wenn er auf Feld 48 im rechten unteren Zwickel vorkommt, als "normal stehend" definiert.

So sieht bei dieser Marke der Zwickel-Plattenfehler bei 80facher-Vergrößerung aus.



Im Kohl-Handbuch wird angegeben, dass bei der I. Auflage der Zwickel-Plattenfehler auf Feld 3 zu finden sei. Persönlich habe ich leider bisher keine Marke der I. Auflage gesehen, welche diesen Zwickel-Plattenfehler zeigt. Daher habe ich mir lange Gedanken gemacht, wie man denn auch ohne Kenntnis über Feld 3 oder 48 die Stellung der Zwickelplatte ausfindig machen kann. Im Photoshop (eine Bildbearbeitungssoftware) habe ich beim übereinanderlegen von verschiedenen Marken festgestellt, dass es, je nach dem in welche Richtung man die aufliegende dreht, bei 50% Deckkraft in der einen Stellung zur absoluten Übereinstimmung und in umgekehrter Stellung zu leichten Verschwimmungen von mindestens einem Zwickel kommt, selbst wenn es sich um das selbige Bogenfeld der Rahmenplatte handelte und dies musste ja irgend einen Grund haben und vor knapp zwei Wochen sind mir dann die Schuppen aus den Augen gefallen und ich konnte erkennen, warum dem so ist.

Es ist eigentlich ganz einfach, denn die Arabesken in den Zwickeln sind auf der einen Seite anders geformt als auf der gegenüberliegenden Seite (links zu rechts). Im Speziellen ist damit die linke Einrollung der Arabeske gemeint (oder wie man das auch immer genau bezeichnet), die links einen steilen oder einen diagonalen Aufstrich der linken Einrollung hat (siehe auch die Stellung der Pfeile, in den nachstehenden Bildern). Um dies gut darstellen zu können, habe ich bei Marken von allen Auflage die Ecken virtuell abgeschnitten und die Arabeske jeweils aufrecht gestellt. Die beiden Bilder zeigen die Zwickel von je einer MiNr. 6 a (linkes Bild) und einer 6 b (rechtes Bild). Bei jeder Auflage werde ich ein solches Bild zeigen und bei "normal stehender" Zwickelplatte ist es genau umgedreht, dann sind die jetzt links im Bild sitzenden Zwickel auf der rechten Seite.



Bisher habe ich nur Marken der I. und II. Auflage gesehen, bei denen der Kammschlag von oben kam. Somit hatten die Bogen unten durchgezähnte Bogenränder und in der obersten waager. Reihe befinden sich jeweils die etwas kleinformatigeren Marken. Um sicher zu gehen, dass es sich auch wirklich um eine Marke von Bogenfeld 3 handelt, habe ich im Photoshop einen Berliner Neudruckbogen auf den Kopf gestellt, damit die richtige Richtung des Kammschlags gegeben ist. Dann die Marke mit 50% Deckkraft auf "Zähnungsfeld" 3 eingesetzt und siehe da, die Zähne und die Perforationslöcher stimmen exakt überein (für die Berliner Neudruckbogen 1875, wurde selbiges Druckmaterial inkl. selbigem Zähnungskamm, wie bei den Originalen verwendet). Jedes "Zähnungsfeld" hat seine typischen Merkmale, Perforationslöcher sind größer oder kleiner, stehen weiter links oder rechts, höher oder tiefer.



Beste Grüße
Markus
 
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