Thema: Altdeutschland Helgoland: Die acht verschiedenen Auflagen der MiNr. 6
Markus Pichl Am: 20.08.2017 16:42:12 Gelesen: 24615# 21@  
Hallo,

mit diesem Beitrag möchte ich eine Gesamtübersicht, über die acht verschiedenen Auflagen der MiNr. 6, geben. Am Ende finden sich dann noch die verschiedenen gezähnten Neudrucke zu 1/2 Schilling und Fälschungen.

Da nun ein Merkmal gefunden ist, mit dem die Stellung der Zwickelplatte bei einer jeden Einzelmarke auskundig gemacht werden kann und auch eine Auswertung der Verwendungsdaten stattfand, kann ab sofort in Zusammenhang mit weiteren drucktechnischen Merkmalen eine korrekte Zuordnung von Marken der MiNr. 6, zu der richtigen der acht verschiedenen Auflagen, gewährleisteistet werden.

Welche Stellung der Zwickelplatte nun als „kopfstehend“ oder „normal stehend“ bezeichnet werden kann, ist evtl. nicht mehr rückvollziehbar. Da die noch vorhandenen 25 Klischees den Zustand zeigen, den sie seit dem letzten von Goldner in Hamburg in Auftrag gegebenen Druck haben und bereits zu den Leipziger Neudrucken im Jahre 1888 überarbeitet wurden, evtl. sogar vom Urstempel neue Klischees gefertigt wurden.

Letztendlich kommt es aber auch nicht darauf an, ob nun die Stellung der Zwickelplatte als „kopfstehend“ bezeichnet wird, wenn der Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 3 oder 48 positioniert ist. Wichtig ist aber die Erkenntnis, welche man aus den verschiedenartigen Drucken inkl. den Neudruckauflagen zu MiNr. 6 ziehen kann, dass innerhalb der Zwickelplatte die Galvanogruppen immer nur in eine Richtung eingesetzt werden konnten und nur die gesamte Druckplatte als solche in die eine oder in die andere Richtung eingesetzt werden konnte. Daher werde ich in der nachstehenden Übersicht angeben, auf welchem Feld sich der Zwickelplattenfehler befunden hat.

Für die Angaben der Druckfarben, verwende ich nachstehend die Farbbezeichnungen aus dem Kohl-Handbuch. Anzumerken ist, dass in den meisten Auflagen deutlich unterschiedliche Sättigungsgrade des Rotdrucks beobachtet werden können.

MiNr. 6 a, I. Auflage, Papier ohne Struktur, geliefert im April 1869
Druckfarben: zartblaugrün (Druck fein) / karmin (Druck voll)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 3
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 400 Bogen (= 20.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 5.Juli.1869 (nach Kohl), gezeigt werden konnte der 15.Juli.1869



MiNr. 6 b, II. Auflage, Papier ohne Struktur, geliefert im August 1870
Druckfarben: hellgrün (Druck unscharf) / karmin (verschiedene Sättigungsgrade)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 3
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 300 Bogen (= 15.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 28.Mai.1871



MiNr. 6 c, III. Auflage, Papier ohne Struktur, geliefert im Juli 1871
Druckfarben: bronzegrün (Druck sehr scharf) / karmin (Druck porös)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 500 Bogen (= 25.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: es sind Teilabschläge aus August 1871 bekannt, leider sind auf diesen die Tagesziffern nicht erkennbar



MiNr. 6 d, IV. Auflage, Papier ohne Struktur, geliefert im Januar 1872
Druckfarben: trübhellgelbgrün (Druck unscharf) / mattrosa (verschiedene Farbtöne bis karminrot)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von unten kommend
Auflagenhöhe: 200 Bogen (= 10.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 18.Mai.1872
Anmerkung: Marken dieser Auflage kommen überwiegend in ungebraucht vor, ein größerer Teil der Auflage ist vermutlich damals von der Helgoländer Post an Händler verkauft worden. Dies erklärt auch, dass spätere Verwendungsdaten als Juli 1871 bisher nicht vorliegen.



MiNr. 6 e, V. Auflage, Papier ohne Struktur, geliefert im Juli 1872
Druckfarben: hellolivgrün (Druck scharf) / karmin (verschiedene Sättigungsgrade)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 3
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 400 Bogen (= 20.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 13.August.1872



MiNr. 6 f, VI. Auflage, Papier ohne Struktur, geliefert im September 1872
Druckfarben: licht- bzw. maigrün (Druck scharf) / karmin (verschiedene Sättigungsgrade)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 200 Bogen (= 10.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 21.Juni.1873



MiNr. 6 g, VII. Auflage, gegittertes Papier, geliefert im Juni 1873
Druckfarben: mattbläulichgrün (Druck unscharf bzw. unklar) / dunkelkarmin
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 400 Bogen (= 20.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 14.August.1873



MiNr. 6 h, VIII. Auflage, gegittertes Papier, geliefert im August 1873
Druckfarben: lebhaftbläulichgrün (Druck scharf) / karmin
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von oben kommend
Auflagenhöhe: 400 Bogen (= 20.000 Stück)
Bisher registriertes Frühdatum: 23.Mai.1874
Anmerkung: die letzte Auflage ist in gebrauchter Erhaltung sehr selten und völlig unterbewertet.



Zu den ½ Schilling-Marken gibt es keine amtlichen Neudrucke, nur amtlich vermittelte und rein private. Diese gibt es in den Trennungsarten: ungezähnt, gezähnt und durchstochen. Letztendlich können aber nur die gezähnten Neudrucke mit den Originalmarken MiNr. 6 verwechselt werden und daher zeige ich nachstehend auch nur solche.

Grundsätzlich wird bei Neudrucken von Helgoland in drei Gruppen unterschieden:
Erste Gruppe: amtliche Neudrucke, hergestellt in der Reichsdruckerei Berlin
Zweite Gruppe: amtlich vermittelte Neudrucke, hergestellt in der Reichsdruckerei Berlin (kurz BND)
Dritte Gruppe: rein private Neudrucke, hergestellt in Leipzig (kurz LND) und in Hamburg (kurz HND)

Die in der Reichsdruckerei Berlin hergestellten amtlich vermittelten Neudrucke, sind mit den gleichen Druckmaterialien und Zähnungskamm hergestellt worden, wie die Originale. Papier, Druckfarben und letztendlich auch das Druckbild, unterscheiden sich aber von den Originalen. In gezähnt wurden in Berlin drei verschiedene Auflagen hergestellt:

Berliner Neudruck I vom 6.Juni.1875
Druckfarben: schmutziggelbgrün (Druck grob bis unsauber) / trübkarmin bis trübrosa (Druck voll, scharf durchgeprägt)
UV-Reaktion der Druckfarben: schwarzgrün / lila
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 3
Kammschlag: von unten kommend
Auflagenhöhe: 1.000 Bogen (= 50.000 Stück)

Berliner Neudruck II aus Mai 1879
Dieser wurde in einer Auflage von nur 5.000 Stück hergestellt und unperforiert ausgeliefert. Erst im Mai 1884 wurden 84 Bogen (= 4.200 Stück) mit einer Kammzähnung versehen.
UV-Reaktion der Druckfarben: dunkelgeblichgrün (Rahmenlinien, vor allem die des kleinen Rechtecks um das Oval, meist unvollständig) / lila (Druck fein)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von unten kommend
Anmerkung: durch die unterschiedliche Stellung der Zwickelplatte zum Berliner Neudruck I, als auch die unterschiedliche UV-Reaktion zu selbigen und dem nachfolgenden, lässt sich dieser in gezähnte seltene amtlich vermittelte Neudruck klar gegenüber den beiden anderen Auflagen unterscheiden. Das nachstehende Stück, wurde mit einem Falschstempel versehen. Hierbei handelt es sich um einen vermutlich von Goldner selbst angebrachten Falschstempel.

Berliner Neudruck IV aus Mai 1884
Druckfarben: moosgrün (Rahmenlinien weniger unvollständig, aber in den Mittelmedaillons häufig weiße Stellen) / karminrot bis rosa (Eosinfarben, druck voll und deutlich durchprägend)
UV-Reaktion der Druckfarben: schwarzgrün / grelleosinrot („Leuchtkeksfarben“)
Stellung der Zwickelplatte: Zwickelplattenfehler „zungenförmige Einkerbung“ auf Feld 48
Kammschlag: von oben kommend



Die Druckmaterialien der Schillinge-Marken kaufte der Briefmarkenhändler J. Goldner bereits am 14.Januar.1879 von der Helgoländer Regierung, aber die Reichsdruckerei nahm von Goldner selbst keine Druckaufträge an und so bedurfte es immer der Vermittlung durch den britischen Gouverneur von Helgoland. Im Jahre 1886 wurde auf Helgoland ein neuer britischer Gouverneur eingesetzt, der die Vermittlung von Druckaufträgen ablehnte. Er ließ sogar die Druckmaterialien beschlagnahmen, aber Goldner konnte sich durch den erwähnten Kaufvertrag als rechtmäßiger Eigentümer der Druckplatten ausweisen und so wurden sie wieder freigegeben. Da aber keine weitere Vermittlung durch den neuen Gouverneur stattfand, war Goldner die Möglichkeit genommen, seine Neudrucke weiter in der Reichsdruckerei herstellen zu lassen. Weitere Neudrucke ließ Goldner dann zunächst im Jahre 1888 in Leipzig durch die Firma Giesecke & Devrient und von 1891 bis 1895 in Hamburg von der Buchdruckerei F. Schlotke & Co. anfertigen. Bei diesen in Leipzig und Hamburg hergestellten Neudrucken spricht man daher von „rein privaten Neudrucken“. Wie oben schon erwähnt, wurden die Druckplatten zur Herstellung der Leipziger Neudrucke vollständig überarbeitet, weitere Überarbeitungen fanden dann wohl auch in Hamburg statt.

Diese sogen. Leipziger- und Hamburger-Neudrucke zu ½ Schilling unterscheiden sich abermals im Papier und den Druckfarben, von allen zuvor hergestellten Originalen und amtlich vermittelten Berliner Neudrucken. Auch bei den rein privaten Neudrucken möchte ich mich hier nur auf die in gezähnt hergestellten konzentrieren. Vor allem sind diese an der abweichenden Zähnung zu erkennen, da die beiden oben genannten Druckereien über andere und nicht die gleichen Zähnungskämme wie in der Reichsdruckerei Berlin verfügten.

Bei den Leipziger Neudrucken ist es eine kleinlochige waager. Reihenzähnung (Kammzähnung), die angebracht wurde. Soll heißen, bereits an den viel kleineren Zahnlöchern sind gezähnte Leipziger Neudrucke gegenüber Originalmarken oder amtlich vermittelten Berliner Neudrucken zu erkennen.

Alle gezähnten Hamburger Neudrucke zu Helgoland-Marken wurden mit einer Linienzähnung perforiert. Die Linienzähnung ist an den unregelmäßigen Eckzähnen gut erkennbar. Nach den bisherigen Erkenntnissen sind die Hamburger Neudrucke in vier Auflagen eingeteilt (A, B, C und D), gezähnte Neudrucke zu ½ Schilling wurden den Auflagen B und C zugeordnet.



Zu guter letzt noch Fälschungen der MiNr. 6, hergestellt mit falschen Druckmaterialien. Jedes Detail im Druckbild weicht von allem zuvor gezeigten ab.



Beste Grüße
Markus

[Redaktioneller Hinweis: Korrektur siehe Beitrag [#26]]
 
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