Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 21.08.2017 19:52:54 Gelesen: 310863# 174@  
Liebe Freunde,

von ganz wenigen Korrespondenzen abgesehen, die per se nicht gerade Wühlkistenformat haben, sind mit eigenen Boten bestellte Briefe des Königreichs Bayern (Expressbriefe) bis 1847, als der Expressdienst normiert wurde, nicht gerade häufig.



Heute zeige ich einen Brief aus Günzburg vom 11.1.1843 an:

Seine Wohlgebohren dem Herrn Thomas Schulgraf Patrimonial Richter Dachau Haßlangkreit Aichach bei München vertatur

Er wurde mit 6 Kr. als Portobrief über 12 - 18 Meilen nach dem Reglement vom 1.1.1843 taxiert.

Er zeigt einen Präsentationsvermerk, wie er bei Briefen aus dieser Zeit unüblich war und ist, jedoch keine weiteren Stempel, wie es die Vorschrift war. Wir lesen: Praes(entirt) am 16te Januar 1843.

Des weiteren vermerkte eine andere Hand hinten: Befindet sich nunmehr in Haslangkreit bei Aichach - sicher ein Vermerk aus Dachau, wohin der Brief zuerst spediert worden war.

Haslangkreit hatte zum Zeitpunkt des Briefes ca. 300 Einwohner und somit keine Post - diese kam wohl erst viel später, denn gefunden habe ich in meinen Unterlagen und im Netz hierüber gar nichts.

Interessant ist aber in dem Zusammenhang der Vermerk oberhalb des Siegels mit Bleistift, also sicher kein postalischer, da Bleistiftgebrauch nicht gestattet war: Mathias Lechner Uhrmacher in Fridberg B. Eilbote 3 f 52 x.

Inhalt hat der Brief leider keinen mehr, aber die Datierung ist gesichert und 4 Hände auf einem Inlandsbrief muss man auch erst einmal nachweisen können.

Mir scheint, dass der Empfänger für den Brief tatsächlich 3 Gulden 52 Kreuzer (abzüglich 6 Kr. für die Post) an einen Eilboten bezahlt hat, obwohl die Entfernung von ca. 8 - 9 km nicht gerade riesig war. Auf der anderen Seite: Wer wollte es machen im kalten Januar des Jahres 1843?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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