Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Magdeburger Am: 22.08.2017 08:07:26 Gelesen: 311351# 175@  
@ bayern klassisch [#174]

Mir scheint, dass der Empfänger für den Brief tatsächlich 3 Gulden 52 Kreuzer (abzüglich 6 Kr. für die Post) an einen Eilboten bezahlt hat, obwohl die Entfernung von ca. 8 - 9 km nicht gerade riesig war. Auf der anderen Seite: Wer wollte es machen im kalten Januar des Jahres 1843?

Lieber Bayern Klassisch,

für die Wegstrecke von etwas 1,25 Meilen benötigte ein Fußbote ca. 1 Stunde, für hin und zurück also 2 Stunden.

Wenn er dafür fast 4 Gulden bekam, wäre es ein Wahnsinnsverdienst für diese Zeit. Grob könnte man sagen, wenn er jede Woche 1 Brief für diese Kosten zustellen würde, hätte er für 100 Stunden im Jahr 400 Gulden bekommen (Dafür geht man in dieser Zeit auch hinaus, wenn es sprichwörtlich "Mistgabeln regnen würde.").

Im Vergleich: In Magdeburg verdiente ein Briefträger zur gleichen Zeit ca. 250 Thaler im Jahr, ein Aushilfsbriefträger ca. 15 Sgr. pro Tag. Man kann davon ausgehen, dass die tägliche Arbeitszeit ca. 10-12 Stunden betrug. In der Woche wurde 5,5 Tage gearbeitet. Die Angestellten des Postamtes hatten also in der Woche einen ganzen und einen halben Tag frei.

In Magdeburg bekam also ein Briefträger bei etwa 55-60 Wochenstunden knapp 5 Thaler, was 8 Gulden 45 Kreuzer entsprach. Ein Aushilfsbriefträger kam bei gleicher Leistung etwa bei 60 Prozent an - und das auch bei jedem Wetter.
Auch ist zu beachten, dass gerade im Winterhalbjahr, also ab Oktober das Postaufkommen deutlich höher war, als im anderen Halbjahr.

Summa summarum: Ich bin mir sicher, dass dies kein Express-Lohn für nur einen Brief sein kann. Eventuell gibt auch eine andere Erklärung, was nicht mit einem Eilboten zu tun hat.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/8122
https://www.philaseiten.de/beitrag/159917