Thema: (?) (668) Postverhältnisse Bayern - Österreich
bayern klassisch Am: 13.11.2017 12:10:11 Gelesen: 223002# 208@  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen sogenannten Cholera - Brief aus Wien vom 17.9.1831 "An den Wohlgebohrnen den Gräflich Königseggschen Domainen - Inspector Herrn Mosmann in Aulendorf in Württemberg durch München und Waldsee".



Der Absender frankierte (vorn rechts und kaum zu lesen - auch der Wiener Beamte wollte mit seinem Rötelstift den Brief nur leicht und schnell tangieren) mit 14 Kreuzer Conventionsmünze bis zur Grenze Bayerns bei Freilassing.

Dort wurde der Brief geräuchert, indem man ihn rastelte und dann zur Abwehr der Cholera bearbeitete. Geholfen, das wissen wir heute, hat das nichts, aber das Gefühl der Sicherheit ist, wie wir ja alle wissen, wichtiger als die Sicherheit selbst ...

Interessant ist der vollständig erhaltene Inhalt (der sich ja bei 99% der mir bekannten sog. Cholerabriefe nicht auf die Cholera selbst bezog):



"Gehorsamster Herr Inspector!

Nun ist alle Täuschung vorüber, nach auselend kalten, dreytägigen Regengüssen ist hier vom 13ten auf den 14ten die Cholera ausgebrochen. Nach essencieller Angabe sind am 14ten 41 Personen erkrankt, 1 davon genäßen, 40 verstorben und in der Behandlung noch 30. Am 15. erkrankten 139, hiervorn genlß 1, starben 64 und in der Behandlung blieben mit obigen 30 noch 104, am 16ten erkrankten 127, genoßen 3, gestorben 58 nach Bestand 170. Daß bey diesen Umständen keine Gesundheitspäße mehr gegeben werden, ist wohl sehr natürlich, daher das Abreisen von sich selbst nicht mehr möglich ist. Ich bin überzeugt, daß besonders Ihnen und jenen, die wahre Anhänglichkeit an mich und meiner Familie fühlen, diese Nachricht höchst schmerzlich fallen wird,

auch auf mich wirkt dieses Ereigniß betrübend ein, denn nicht n ur allein, daß ich der höchst traurigen Zeit, die mir hier erlebe werde durch meiner Abreise entgehen wollte, sondern ich freute mich schon nach so langer Zeit vereinigt mit meiner Familie in Aulendorf wieder einen Aufenthalt zu machen. Nun läßt sich nichts anderes thun, als sich in das Mißgeschick zu fügen, und sich dem Schutze des Allmächtigen zu empfehlen, der uns seine Gnade nicht entziehen wird. Der Trost, daß wir stets in Gottes Hand sind, mag auch auf Sie wohlthätig einwirken; sowie ich hoffe, daß er auch mich aufrecht erhalten wede. Näbst meinem herzlichen Gruß an alle meine Aulendorfer verbleibe ich mit den Gesinnungen aufrichtigster Neigung
Ihr dienstwilligster Franz Georg Königsegg mpp".

Postalisch fielen 12 Kr. für Bayern an (8+4) und 6 Kr. für Württemberg (4 + 2) = 18 Kr., dazu 1 Kr. Bestellgeld, so dass der Empfänger total 19 Kr. zahlen musste.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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