Thema: Kanadische Stempelgeschichte - die Werbestempel
Carolina Pegleg Am: 09.10.2009 03:16:58 Gelesen: 35862# 8@  
Nach einigen beschaulichen Jahrzehnten, in denen sich auf der technischen Seite nicht soviel tat, gibt es nun beginnend ab den frühen 70er Jahren gravierende Entwicklungen, bis dann in der Gegenwart wieder relativ ruhiges (beinahe zu ruhiges) Fahrwassser erreicht wird.

Ausschlaggebend für die Entwicklung waren Bestrebungen nicht nur das Stempelgeschäft, sondern nun auch die Postbehandlung in der Gesamtheit zu automatisieren. Versuche in dieser Richtung gab es viele und sie reichen teils auch weit zurück. Ich möchte hier nur an der Oberfläche bleiben; dies sind alles Themen für sich. Auch möchte ich mich nicht in einzelnen Pilotversuchen -- zumal den gescheiterten -- verlieren, sondern das übergeordnete Thema der Werbestempel nicht aus den Augen verlieren. Tatsache ist jedenfalls, dass sich nach einer ersten Pionierphase innerhalb weniger Jahre zuverlässige Maschinen herauskristallisierten, die zwar noch perfektioniert wurden, aber im Prinzip für ihre jeweiligen Einsatzzwecke vollkommen zufriedenstellend waren. Die International Flier, das Universal Model G, die Krag Bandstempelmaschinen stempelten alle zwischen 600-1,000 Sendungen pro Minute. Und die Flier gab es schon seit den 1880ern Jahren. Mit ein paar dieser Maschinen konnte man selbst das Postaufkommen einer Großstadt stemmen.

Stempeln war aber eben nicht alles. Anfang der 70er schaffte die kanadische Post einige Pitney-Bowes Mark II "Facer-Canceller" Maschinen an. Dies waren -- zumindest aus meiner beschränkten nordamerikanischen Sicht -- die ersten in Zahl verbreiteten Maschinen, die die Sendungen nicht nur stempelten ("to cancel"), sondern zuvor auch erst richtig dafür aufstellte ("to face"). Bis zu dieser technischen Neuerung konnten für die Stempelung zwar die Maschinen verwendet werden, die Post musste allerdings zuvor erst zeitraubend von Hand so sortiert werden, dass die Marke alle in der selben Ecke waren. Einzug des Briefes in die Maschine erfolgte dann auf dem Kopf stehend (mit der Marke in der linken unteren Ecke) von rechts nach links. Der Stempel war kopfstehend in der Maschine montiert, so dass dann im Ergebnis wieder alles richtig herum war. Ich schreibe dieses technische Detail hier rein, weil es bei den noch darzustellenden modernen ink-jet Stempeln nämlich anders ist.


Werbestempel "Postal Code / Code Postal" einer Pitney-Bowes Mark II Maschine, Winnipeg, MB, 18. November 1979.

Die kanadischen Mark II Machinen, die es nur bei 14 grösseren Postämtern gab, haben einen kleinen Stempelkopf und gewöhnlich (immer? -- will mich nicht festlegen) eine Maschinennummer im Stempelkreis, hier '1'. Es kommen aber auch Maschinen mit Buchstaben (2A etc.) vor. Die horizontalen Balken links vom Stempelkopf oben und unten sind ebenfalls charakteristisch für diese Stempel und finden sich häufig auch bei den verbreiteten amerikanischen Stempeln dieses Types.

Praktisch zur gleichen Zeit nahm die Post auch eine Anzahl Toshiba TSC81C Maschinen in Betrieb. Diese waren "CFC" (= "Culler-Facer-Canceller") Maschinen, die die Briefe nicht nur richtig aufstellten und dann stempelten, sondern zuvor noch automatisch sämtliche nicht-standard Sendungen (unförmig etc.) raussortierte ("to cull").


Werbestempel "Postal Code / Code Postal" einer Toshiba CFC Maschine, 19 April, 1989, 'G1K 3W0' = (Quebec).

Die Maschinen dieses Types waren überwiegend bei Briefzentren eingesetzt, deren Postleitzahl sie im Stempel tragen. Nur vereinzelt gibt es Ortsbezeichnungen im Stempel. Charakteristisch ist auch die Angabe "Postes Canada Post" im Stempel (obwohl es auch hier wieder ein paar Ausnahmen gibt). Beachtenswert bei den Toshiba Stempeln im übrigen die Angabe der Maschinennummer links oben ausserhalb des Stempelkreises. Hier eine "1" -- man muss schon genau schauen.

Ich habe die Stempel mit Bedacht ausgewählt, bewerben sie doch das postgeschichtlich bedeutsamste Ereignis dieser Periode: Die schrittweise Einführung der Postleitzahl von 1970 bis 1974, die das Fundament jeder weiteren Postautomatisierung legte. Dazu kam dann überlappend noch ein weiteres Grossereignis: In 1981 ersetzte das Unternehmen "Canada Post" das Postministerium in der Trägerschft der Post. Die Auswirkungen auf die Poststempel waren zusammengenommen gravierend.
 
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