Thema: (?) (687/689) Air Mail / Luftpost - Aufkleber, Labels, Eindrucke, Vermerke
saintex Am: 28.10.2013 20:45:57 Gelesen: 758904# 330@  
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Postsegelflug in der DDR 1956/1957

Nachdem ich seit fast 18 Jahren vor Ort in Meiningen lebe, wage ich einmal einige Anmerkungen zu dem von Mozart gezeigten Flugpostbrief aus dem Jahr 1957, obwohl das Sammelgebiet der DDR-Luftpost, noch dazu der Segelflugpost, eigentlich nicht zu meinen Sammelgebieten gehört.

Der nahe Meiningen gelegene 739 Meter hohe Dolmar war bereits seit dem Jahre 1927, ebenfalls wie die in der benachbarten Rhön gelegene Wasserkuppe, ein Mekka für Segelflieger[1].



Nach dem 2. Weltkrieg wagten die Segelflug-Enthusiasten ab dem Jahr 1952 einen Neuanfang und hielten erste Lehrgänge für Segelflieger ab. In diese Zeit fällt auch der 1. Postsegelflug in der DDR. Anläßlich der III. Südthüringer Briefmarkenausstellung in der nahe Meiningen gelegenen Stadt Hildburghausen in der Zeit vom 4. bis 12.8.1956 sollte der 1. Postsegelflug vom Dolmar nach Hildburghausen stattfinden, wobei nach den Angaben auf einer Internetseite zur Geschichte Hildburghausens zwei Segelflugzeuge des Typs Baby mit der Kennung DDR-1509 und DDR-1547 zum Einsatz kommen sollten [2]. Treibende Kraft hinter diesem 1. Postsegelflug in der DDR im Jahr 1956 scheint dabei nach den Angaben auf der erwähnten Internetseite die örtliche Sektion Philatelie des Kulturbundes gewesen zu sein.

Durchstöbert man das Internet, findet man zahlreiche Flugpostbelege, die angeblich am 15.8.1956 mit dem 1. Postsegelflug von Meiningen (Dolmar) nach Hildburghausen befördert wurden. Nachstehend zeige ich einmal zwei Exemplare, die ich im Internet gefunden habe.



Beide Flugpostbriefe ähneln sich hinsicht Aufgabe- und Ankunftsstempel: Meiningen Tagesstempel 15. 8.56.-14, Hildburghausen Sonderankunftsstempel 15.8.56.-15. Lediglich im Flupostbestätigungsstempel entdeckt man bei näherem Hinsehen, dass die Flugzeugkennung variiert, einmal DDR 1509, das andere mal DDR 1547. Danach hat es den Anschein, als ob der eine Teil der auf dem 1. Postsegelflug beförderten Postladung mit dem Segelflugzeug DDR 1509 und der andere Teil mit dem zweiten Segelflugzeug DDR 1547 befördert wurde.

Völlig anders liest sich das jedoch in der in Fn. 1 zitierten Publikation zur Meininger Luftfahrtgeschichte. Dort heißt es auf Seite 22 wörtlich:

Postsegelflug in der DDR

Neben der systematischen Ausbildung gab es aber auch weitere interessante Höhepunkte am Dolmar. Da hatten die Philatelisten in der Zeit vom 4. bis 12. August 1956 in Hildburghausen ihre III. Südthüringer Briefmarkenausstellung. Aus diesem Anlaß sollte der erste Postsegelflug der DDR stattfinden. Hunderte von Briefen trafen zur Beförderung beim Postamt Meiningen ein. Nur ein Teil davon konnte bei dem Flug am 24. Juli 56 im Segelflugzeug von Walter Zinner verstaut werden und so die Luftreise antreten. Der Rest erhielt symbolisch den Tages- und Beförderungsstempel.

Hier klafft beim 1. Postsegelflug in der DDR im Jahr 1956 offensichtlich eine Lücke zwischen Schein und Wirklichkeit.

Interessant ist allerdings der nachstehende Hinweis auf der erwähnten Internetseite zum Flugablauf des 1. Postsegelfluges im Jahr 1956:

Die Landung sollte auf den Werrawiesen erfolgen. Wegen widriger thermischer Verhältnisse werden die Flüge jedoch vorzeitig abgebrochen.

Zu dem von Mozart gezeigten Flugpostbrief aus dem Jahr 1957 habe ich leider weder in der Publikation zur Meininger Luftfahrtgeschichte noch auf der erwähnten Internetseite zur Geschichte Hildburghausens etwas gefunden. Aus den Erfahrungen mit dem 1. Postsegelflug im Jahr 1956 lassen sich für den von Mozart gezeigten Flugpostbrief aus dem Jahr 1957 aus meiner Sicht jedoch folgende Schlußfolgerungen ziehen:

1. Diese Flugpostbriefe und die „Bestätigungsstempel“ haben wir nicht dem österreichischen Händler Adolf Kosel sondern örtlichen Sammlerfreunden zu verdanken.

2. Vermutlich war es tatsächlich so, dass das auf dem Dolmar gestartete Segelflugzeug aufgrund widriger Witterungsverhältnisse das weiter östlich gelegene Sonneberg nicht erreicht hat und eine Außenlandung machen musste.

3. Der grüne Flugunterbrechungsstempel wurde wohl von den Initiatoren des Postsegelfluges angebracht, um die Attraktivität der Flugpostbelege zu erhöhen.

4. Ob die auf dem Markt angebotenen Flugpostbriefe tatsächlich am 3.9.1957 mit dem Postsegelflug von Meiningen (Dolmar) nach Sonneberg befördert wurden oder nicht nur symbolisch den Tages- und Beförderungstempel erhielten, erscheint mir äußerst fraglich.

Quellenangaben:

[1] Günter Flach, Meiningen aus der Vogelperspektive – einst und jetzt -, 1. Aufl. Verlag A.Resch Meiningen 1998 Seite 12ff.
[2] http://dunkelgraefinhbn.de.tl/1949-_-1990.htm

saintex
 
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