Thema: (?) (234) Entgeltvermerke - sammelwürdig ?
DL8AAM Am: 05.08.2014 21:02:01 Gelesen: 264442# 160@  
@ Altmerker [#159]

Hallo Uwe,

streng genommen ist das kein Entgeltvermerk im engeren Sinne. ;-) Das ist eine mit Briefmarken frankierte INFOPOST-Sendung (deshalb der Hinweis ENTGELT BEZAHLT, damit der Briefträger erkennen kann, dass es sich nicht um eine vollbezahlte Sendung handelt und er fälschlich Nachporto erhebt) mit Vorausentwertung. Diese spezielle Art der Vorausentwertung heisst auf Postdeutsch "Absenderstempel", wohl weil der Absender, besser der Einlieferer, die selbst aufgebrachten Briefmarken vor der Einlieferung bei der Post, durch postlisch zugelassene Gerätschaften, selbst entwertet hat. Die kleine Zahl "351" unter Reutlingen zeigt an, dass das Gerät von Hasler stammt - der Präfix 3 steht für Hasler.

Bei dieser Art von Werbemailings ist in aller Regel (zu gefühlten 99+x%) der Absender nicht mehr der Erzeuger (von der Konzeption über den Drucker, Kuvertieren, Frankieren bis zur Posteinlieferung). Der Absender beauftragt einen externen Dienstleister mit all diesen Dingen. Vereinfacht werden diese Dienstleister neu- bzw. post- und werbedeutsch "Lettershop" genannt. Diese Dienstleister übernehmen zum Teil auch das Retourenmanagement.

So kommt auch Dein Beleg zu Stande: Der Berliner Absender "Albert Schweitzer Verband ..." hat eine (unbekannte) Firma in bzw. um Reutlingen beauftragt (wohl) "Bettelbriefe" in seinem Namen zu erstellen und zu versenden.

Für uns Philatelisten ergibt sich hier oft die Schwierigkeit diese Vorgänge korrekt bzw. vollständig beschreibend anzusprechen. Leider outen sich die Lettershops recht selten auf den Belegen selbst. Da hilft meist nur das Sichten von möglichst vielen, gleichartigen Mailings unterschiedlicher Absender, Gemeinsamkeiten suchen und ein glückliches Händchen beim "Googlen". Das alles kann oftmals noch sehr viel komplizierter werden, da heutzutage viele Absender für diese Aufträge auch international tätige (Groß-) "Versender" einschalten, sodass (eigentlich innerdeutsche) Sendungen, statt eines Stempels aus Reutlingen, auch Frankturen (-vermerke) aus dem Ausland erhalten können. So kam hier vor einiger Zeit ein Werbemailing eines deutschen Verlages an, der das Mailing von einer kanadischen Werbeagentur hat erstellen und drucken lassen, die die Briefe dann mit "Entgeltbezahlt"-Vermerken aus Surinam in Südamerika hat versenden lassen. Wobei der Brief physisch sicherlich nie selbst in Surinam war, sondern er wurde über irgendein, bei der UPU registriertes, exterritoriales Postamt ("Extraterritorial Exchange Office/ETOE"), irgendeiner nationalen Post, irgendwo auf Welt eingeliefert. So betreibt die deutsche Post DPAG/DHL zum Beispiel u.a. in den USA etliche dieser ETOE- Auslandspostämter, so in Los Angeles, Miami und Chicago ;-) (siehe [1], Remailing [2])

Diese Beziehungen zu knacken, um die Belege auch richtig lesen zu können, ist der "Spass" den moderne Postgeschichtler haben (können). ;-)

So genug Werbung für mein Hobby im Hobby gemacht,
beste Grüße

Thomas

[1]: http://www.philaseiten.de/beitrag/48174
[2]: http://www.philaseiten.de/thema/1334

Nachsatz: Dein Reutlinger Stempel ist bisher noch nicht bekannt, zumindest nicht in unserer Stempeldatenbank, bitte stell den doch ruhig einmal ein. Ist ein schönes Exemplar! Ein passendes Beispiel wäre u.a. http://www.philastempel.de/stempel/zeigen/74253

Sorry, wenn wir schon dabei sind:

@ Martinus [#156]

Auch das ist eine Vorausentwertung, ein Absenderstempel, der beim Versender und nicht bei der Post, geführt wird. INFOPOST-Sendungen (eine 25 Cent-Franktur ist ein eineindeutiges Zeichen dafür) dürfen zwar mit Briefmarken freigemacht werden, MÜSSEN aber mit einem Absenderstempel vorausentwertet sein. Zitat DPAG " Mit Briefmarken freigemachte (INFOPOST-) Sendungen wirken noch persönlicher. Voraussetzung ist, dass Sie mit uns Absenderstempelung vereinbaren.". D.h. die Post ist "leider" nicht Schuld, sondern der Absender bzw. eher der versendende Lettershop. Der Post hätte das bei der Gerätetypenzulassung aber auch auffallen müssen, denn Zitat " Die Absenderstempelmaschine wird von Ihnen gekauft und von uns zugelassen."
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/306
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