Thema: Deutsches Reich Feldpost 1. Weltkrieg
Claudius Kroschel Am: 08.10.2014 13:33:37 Gelesen: 694352# 234@  
@ Victoria8749 [#218]

Diese stummen Feldpoststempel gibt es auch für portopflichtige Sendungen unter den Feldpostsendungen. Anbei ein Beleg aus meiner Sammlung aus 1918 auf einer portorichtigen Feldpostkarte mit MiNr. 86IIc in Einzelfrankatur ins Ausland (Schweiz), ohne Hinweis auf irgend eine Art von Zensur. Man sollte sich für den 1. Weltkrieg angewöhnen, dass da noch alles mögliche auftauchen kann, was man nicht in einem Satz erklären kann. Auf Deinem Beleg machen mich die verklebten 75 Pf. stutzig, die mich eher an eine Art Aufbrauchsverwendung als Postkarte im Jahr 1922 erinnern, wenn da der FePo-Stempel aus 1917 nicht wäre. Solche Aufbrauchsverwendungen von Feldpostkarten und Kartenbriefen als Formulare gibt es in der Infla-Zeit nach Beendigung des 1. Weltkrieges recht häufig, da Papier knapp war.

Diese Vignetten wurden zu Beginn des Krieges aufgelegt aber man findet sie nicht häufig auf Belegen. Als Rotkreuz-Spende wurde sehr viel öfter die Ganzsache P100, die "Deutsche Kriegskarte 1914" verkauft.

In 1917 sind 75 Pf. auch mit etwaigen Zusatzleistungen auf einem Feldpostbrief nur schwer bis kaum portorichtig darstellbar. Ein normaler Soldat hat damals so irgendwas um die 20-40 Pf. an Sold pro Tag bekommen, wieso sollte ein normaler Soldat 75 Pf. auf einen Brief kleben? Ein Ansatzpunkt kann immer auch der Absender/Anschrift sein. Ich lese da irgendwas von "Fahrb."(bereitschaft)... und "Halle 7"... wobei auch das recht dürftig ist und kaum eine Aufschlüsselung zu erwarten ist. Die bisherigen Falsch-/Gefälligkeitsstempel aus der Germaniazeit mit Feldpoststempeln kommen hauptsächlich auf den etwas teueren Ausgaben Mi-Nr. 95AII und 96AII als Feldpost-Nr. 168 und 251 vor und wurden nach dem Krieg oder gegen Ende des Krieges angebracht. Es wurden ganze Bögen von 3 und 2 Mark Werten abgestempelt, wobei wir heute annehmen, dass die Feldpost so hohe Werte nur in den Stabsstellen der Armeekommandos bereit hielt, wenn überhaupt.

Einen anderen Beleg, den ich noch raussuchen müsste, das ist ein Feldpost-Wertbrief über 100,-- Mark der Deutschen Bank Berlin an einen Oberleutnant in Lille, MiNr. 92IIb (60Pf.) in Einzelfrankatur. Dieser Beleg trägt keinen Feldpoststempel, sondern den Stempel Berlin W8. Es wird also immer Belege geben, die nicht eindeutig erklärbar bleiben, oder etwas abweichend von den Vorschriften bearbeitet wurden. Ich halte den von Dir gezeigten Beleg zumindest für philatelistisch beeinflusst und fraglich. Bei einer Vielzahl der gegen Ende des 1. Weltkrieges verwendeten stummen Stempel in der gezeigten Form wird eine exakte Zuordnung auch nicht gerade erleichtert bis unmöglich.


 
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