Thema: Bayern: Vorausentwertung / Vorentwertung (Federzug); Tirschenreuth u.a.
plytra7 Am: 09.12.2014 17:13:17 Gelesen: 4994# 6@  
Lieber "bayern klassisch",

vielen Dank für die umfassende Darstellung, welche aber auch den meisten dieses Sammelgebietes bekannt sein dürften. Obwohl ich annehme, dass diese spezielle "Orts"-problematik weniger im allgemeinen Forum diskutabel sein dürfte, muss ich wenigstens der Konsequenz halber ins Detail gehen:

Ausgangspunkt ist - wie Sie richtig erwähnen - der "arbeitserleichternde Verkauf" und das auch nach meiner Überzeugung in Tirschenreuth > nur bogenweise (Doppelbogen wohl eher nicht)<

Doch jetzt der Kern der Angelegenheit: Nach meinen früheren Belegen (vgl.meine frühere Anmerkung) in Verbindung mit Diskussionen (ebenfalls oben erwähnt) festigt sich die mit schon an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass in Tirschenreuth vor- und vorausentwertete Bögen (Federzug: bekannt bislang nur 3 Kr / 6 Kr - 2I u. 4I) nur an Behörden, speziell das örtliche Notariat (kam im ländlichen Bayern in der Bedeutung gleich nach dem Lieben HERRGOTT) "verkauft" wurden.

Dieses Notariat betrieb gleichzeitig (Nebenerwerb ?) eine öffentliche Schreiberei, welche für die des geschäftlichen Schriftverkehrs unkundigen Mitbürger gegen Entgelt zur Verfügung stand.

Beweis: Hier von vielen exemplarisch 2 von gleicher 'Hand' geschriebener Briefe betreffs auswandernder Bürger nach Nordamerika via Bremen.

Es scheint sich also hier um eine "wechselseitige" Arbeitserleichterung zwischen "Amts"personen gehandelt zu haben. Die Vermutung, dass dies bekannt war, geduldet oder ausdrücklich erlaubt, konnte ich bislang "postseits" nicht erhärten !

Auch ob andere Amtsstellen, wie Stadtverwaltung / Pfarrämter, ebenso bedient wurden, bedürfte der Belegung zumindest mit zuordnungsfähigen Briefen aufgrund ihres Inhalts. Dass eine gesicherte Vorausentwertung von Tirschenreuth durch MR 347/522 ebenfalls durch Bogenverkauf erfolgte, scheint indes Zweifelhaft. So hielt z.B. Dr. Menzinger die beiden 9 kr-Briefe (siehe Abbildung - die ich dankeswerterweise durch ihn erwerben konnte) ebenfalls wie so viele andere für zweifeldfreie Vorausentwertungen. Jedoch gab er mit Recht zu bedenken, dass kein Prüfer (ohne kriminaltechnische Hilfsmittel) ohne die charakteristischen Schaufelfragmente eine Echtheit bescheinigen würde. Erschwerend (nur in diesem Zusammenhang!) kommt hinzu, dass in Tirschenreuth ja 'Schönstemler' am Werke waren.

Dennoch auch hier erhärtet durch Notariats-/Schreibereibelege eine Fortführung nach dem 1.7.1850 durch MR-V-Entwertung. Eine Besonderheit, die den Bogenverkauf bestätigen würde, ist der hier abgebildete Nachweis für den 19.5.1850 > einmal mit Federzug (Notariat - verkauft über KIRSTEIN 1991s. mein Anrechnungsbeleg, nur Halbkreiser auf 4I; aber auch 2 Tage später das Pärchen auf Briefstück.

Kurz, es wären noch viele Belege-Details zu nennen, welche jedoch meine Grundsatzfrage nur streifen: Kann es sein, dass nur "Amtsstellen" geduldete Vorausentwertungen erhielten, dieses Verfahren aber unerlaubterweise von "arbeitsüberlasteten ..." Posthaltern übernommen wurde, was letztendlich zu einem Gesamtverbot führte ? ... u. ä. mehr. Diese Frage stelle ich mir weniger als Markensammler denn als Heimatsammler (Chronik) von Tirschenreuth.

Ich hoffe nicht zu ermüdend dargestellt zu haben und verbleibe mit freundlichem Sammlergruß - s. Scans aus meiner dezimierten Restsammlung.
 
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