Thema: Portobestimmung von Belegen: Altdeutschland Bayern - Schweiz
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bayern klassisch Am: 17.11.2019 10:36:53 Gelesen: 29723# 57 @  
Liebe Freunde,

wo liegt die Besonderheit bei dieser Drucksache von Nürnberg nach Bischofszell in der Schweiz?



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 17.11.2019 13:56:10 Gelesen: 29705# 58 @  
@ bayern klassisch [#57]

Hallo Ralph,

PP sagt ja aus bezahlt bis Grenze und ich weiß nicht, ob für über 50 Meilen 3 Kreuzer ausreichten auch wenn es eine Drucksache war.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 17.11.2019 15:21:14 Gelesen: 29698# 59 @  
@ Gernesammler [#58]

Hallo Rainer,

das P.P. stand innen und hatte mit der Taxierung/Frankierung nichts zu tun und bedeutete nur:

praemissis praemittendis

Bei Drucksachen war die Entfernung egal (wenn es kein Grenzrayon war und das war es hier natürlich nicht).

Die Lösung ist also noch zu erahnen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 17.11.2019 15:42:58 Gelesen: 29697# 60 @  
@ bayern klassisch [#59]

Hallo Ralph,

ich weiß aber ein Versuch war es Wert aber ich lass mich gern durch die Lösung überraschen und bin gespannt.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 17.11.2019 15:52:21 Gelesen: 29696# 61 @  
@ Gernesammler [#60]

Hallo Rainer,

danke für deinen Versuch - dann löse ich mal:

Eine Drucksache (DS) Bayern - Schweiz kostete immer 1 Kreuzer für Bayern und 1 Kreuzer für die Schweiz je Gewichtsstufe.

Hier war es natürlich die 1. Gewichtsstufe, also hätte man 2 Kreuzer frankieren müssen.

Aber wenn man keine 1 Kreuzermarken zur Hand hatte, klebte man schnell eine geläufige 3 Kreuzermarke, die ja jeder hatte und verschwendete so 1 Kreuzer.

Die bayerische Post knobelte nun, ob es eine unterfrankierte 2. Gewichtsstufe einer DS war, oder gar ein unterfrankierter Brief. Da es aber eine DS war, die offen aufgeliefert wurde (ich hoffe, dass man das erkennen kann), konnte es also nur eine DS sein, die um 1 Kreuzer überfrankiert worden war.

Bayern behielt hier also 2 Kreuzer und notiert in Blau (richtig wäre es in Rot gewesen) 1 Kreuzer Weiterfranko für die Schweiz.

Überfrankierte Drucksachen sind sehr selten, weil gerade Auslandsdrucksachen Poststücke der "Profis" waren, die natürlich genau wußten, was die Poststücke kosteten. Hier sollte sie schnell raus und den Extrakreuzer wird man wohl verschmerzt haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.01.2020 14:43:12 Gelesen: 28824# 62 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen der ungewöhnlichsten Bayern - Schweiz - Briefe, die ich kenne und ich musste ihn unbedingt haben.

Eine Portofreie Regierungs Sache vom 2.8.1848 aus Memmingen des 7. Bundes - Armme - Korps zu Memmingen "An Herrn Major von Liel im Kgl. bay. Generalquartiermeisterstabe in Bern", womit der Brief in Bayern und der Schweiz portofrei zu belassen war. AM 4.8.1848 kam er in Zürich an und war am Folgetag schon in Bern. Doch in Bern war Herr von Liel nicht mehr, weswegen man oben notierte: " Von Bern den 4ten August abgereist. J. Kraft zur Krone".



Ich folgere also, dass der Brief Herrn von Liel um einen Tag verpasst hatte und Herr J. Kraft vom Gasthaus Krone im Bern, wo er wohl logiert zu haben schien, den Brief der Berner Post retour gab. Diese schickte ihn postwendend nach Zürich zurück, wo er siegelseitig am 7.8. vormittags ankam und wo der Auslag von Zürich - Stempel etwas sinnlos abgeschlagen worden war, denn "Auslagen", also eigene, Schweizer Porti, waren ja keine angefallen, weshalb das Innere des Auslagestempels auch leer bleiben musste.

Am 9.8. traf der Retourbrief wieder in Memmingen ein, doch war Herr von Liel auch jetzt nicht mehr dort zu erreichen und man strich "Memmingen" und setzte seine neue Anschrift "München" darüber, wo er letztlich erfolgreich am 10.8. auch zugestellt werden konnte.

1 Tag zu spät, 7 Stempel, ein Armeekorps - Siegel, das sich gewaschen hat, 2 mal nachgesandt und das alles kostenlos - Sammlerherz, was willst du mehr?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 21.01.2020 19:17:19 Gelesen: 28807# 63 @  
@ bayern klassisch [#62]

Hallo Ralph,

tolles Stück was wohl jeder gern in seiner Sammlung hätte, ob Bayern oder Schweiz Sammler.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 21.01.2020 20:04:38 Gelesen: 28801# 64 @  
@ Gernesammler [#63]

Hallo Rainer,

danke dir - sehe ich auch so. Suche mal einen Brief mit leerem Auslagestempel von der Schweiz - kenne keinen anderen bisher.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 12:06:46 Gelesen: 28773# 65 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief als gebührenpflichtige Partei - Sache des Kreis- und Stadtgerichts Ansbach vom 12.3.1824 an das Oberamt Zofingen, Bezirk Zofingen im Kanton Aargau in der Schweiz, welcher frankiert bis zu Grenze und recommandirt war (gegen Postschein).



Der Absender zahlte 30 Kreuzer, aber nicht den Schweizerischen Anteil, daher notierte die Post in Ansbach "Grenz" neben "frei" vom Absender. Die Entfernung betrug 206 km, also 27,4 Meilen. Ein einfacher Brief über 24 bis 30 Meilen hätte 10 Kreuzer gekostet, so dass dieser bis 1 Loth = 15 Kr., bis 1 1/2 Loth = 20 Kr., bis 2 Loth = 25 Kr. und bis 2 1/2 Loth 30 Kr. kosteten, weil er auch mit dem Vermerk "Mit Anlage" versehen worden war.

Oben rechts notierte Ansbach die Reco-Nro. 1, Nürnberg fügte ein blaues Tintengitter wegen der Recommandation und die Reco-Nr. 1 bei, Lindau die N. 8, Zürich die 3 oben rechts und die 20. (Eingangsmanualnummer) oben links, eine Transitpost der CH fügte die 20 bei, strich sie und vergab statt dessen die 40 und Zofingen notierte letztlich die Reco-Nr. 62 (nicht 64, wie man auch lesen könnte).

Interessanterweise blieb dieser Brief, wohl weil die CH "R.S.", statt "P.S." gelesen hatte, komplett gebührenfrei und einen Reco-Brief mit 7 verschiedenen Reco-Nummern muss man auch erst einmal finden.

Liebe Grüsse von bayern kassisch
 
bayern klassisch Am: 18.02.2020 13:55:43 Gelesen: 28215# 66 @  
Liebe Freunde,

den hier musste ich aus 2 Gründen haben, auch wenn die mit dem Postvertrag Bayern - Schweiz vom 1.9.1868 wenig zu tun hatten:



1. Ein kleiner Einkreisstempel = 24 mm (!) entwertete gleich 3 Marken - und das in München, wo es ja nur gute Beamte am Schalter gab, und

2. Der Absender stempelte bereits mit seinem eigenen "Recommandirt" - Stempel, dem die Aufgabepost pflichtbewußt einen roten Chargé - Stempelabschlag folgen ließ.

Ich kenne nur wenige Fälle, in denen Absender für sich selbst Recommandirt - Stempel anfertigen ließen.

Dieser hier aus München vom 4.7.1869 lief nach Luzern (wunderschöne Stadt, bitte mal besuchen, wenn ich die Schweiz passiert) und wurde von Lindau aus über den Bodensee mit dem Dampfboot nach Romanshorn verfrachtet, also ein sog. Überseebrief.

In Luzern kam er schon am Folgetag an - unglaubliche Leistung und daher höchster Respekt für unsere Kameraden der damaligen Zeit - heute unmöglich, ob eingeschrieben, oder nicht.

4 Kreuzer für Bayern, 3 Kreuzer für die Schweiz und 7 Kreuzer Reco-Gebühr für die Aufgabepost.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.03.2020 14:47:05 Gelesen: 27497# 67 @  
Liebe Freunde,

wieder einen Grenzrayonbrief der Firma Schieling & Co in Lindau an Firma Kinkelin in Romanshorn, jetzt ohne Abgabestempel verblieben. Das Datum war der 2. Mail 1868 und die Ankunft dürfte am selben Tag erfolgt sein per Dampfboot über den Bodensee.



Bei Grenzrayonbriefen innerhalb von 5 Postmeilen zwischen Aufgabe- und Abgabepost verblieb das Porto/Franko komplett der Aufgabepost, hier also 3 Kreuzer für Bayern allein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.03.2020 11:48:42 Gelesen: 27476# 68 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Brief konnte ich - leider! - nicht für 1 BP$ (Bernatzscher Pizza Dollar) irgendwo in der Bucht grabschen, sondern musste ihn auf einer Schweizer Auktion heimholen, aber seis drum, man lebt nur ein Mal und ich musste ihn unbedingt haben.







Verfasst wurde er am 15.4.1863 in München auf Briefpapier der Firma Bath von Jacob Pfeiffer und gerichtet war er an den allseits bekannten Strohfabrikanten Isler in Wohlen im Aargau. Text (eignet sich auch für diejenigen, die die deutsche Kurrentschrift nicht gut lesen können als Übungs- und Anschauungsmaterial):

"Indem mir Ihr w(erthes) Haus noch aus früherer Zeit bekannt ist, wo ich in Kempten etablirt, mit Ihnen in Stroh - Waaren mehrere Jahre hintereinander verkehrte, dasselbe aber wegen Kränklichkeit meiner Frau aufgab, um dafür eine Kunstmühle angetretten habe, welche ich in jüngstens an meinen Sohn übergab, und hierher gekommen bin um mir Agenturen zu sammeln. Ich kenn das Strohgeschäft, und an große Thätigkeit von jeher gewöhnt, könnte Ihnen gewiß gute Dienste leisten, wenn Sie mir Ihr werthes Zutrauen schenken wollten.

Nicht allein für hier wäre ich dazu bereit, sondern ich ließte mich wenn Sie es wünschten, auch darauf ein, einen gewissen Bezirk selbst über Baiern hinaus zu bereisen.

Nahdem ich immer eine besondere Vorliebe für die Schweitz gehabt, würde im Falle auch eine feste Stelle bey Ihnen als Buchhalter, Correspondent, Magazzinier & annehmen, und weil ich 8 meiner Jugendjahre in Italien auf dem Comptoir und auf Reisen zugebracht, bin ich deßhalb in der italienischen Sprache ganz ferm (soll heißen "firm"), und der französischen auch kundig.

Mein Herr Vetter Albert Rohr in Lenzburg, der mir Ihre verehrliche Addresse aufgegeben, und Herr Friedrich Jäger in Lindau, können über mich genügende Auskunft ertheilen.

Zum Schluße hoffend, von Ihnen in irgendeiner Beziehung eine günstige Antwort mit Anträgen zu erhalten, empfehle mich Ihnen mit besonderer Achtung und Ergebenheit.

Sendlingerrhor - Platz No 7, parterre links."

Der Brief hätte im April 1863 bei regulärer Aufgabe in München unfrankiert bis 1 Loth 9 Kreuzer für Bayern und 3 Kreuzer für die Schweiz = 12 Kreuzer = 40 Rappen gekostet.

Durch den Schmuggel (wohl Verwandschaft bzw. ehemalige Geschäftsfreunde) und Postaufgabe in Zürich kostete er jetzt als innerschweizer Fernbrief nur 15 Rappen, also etwa 5,5 Kreuzer.

Das war natürlich nett von ihm, dass er seinem potentiellen, zukünftigen Arbeitgeber diese 25 Rappen ersparte, aber man hätte sich auch sehr gut vorstellen können, dass er den Brief, ob in München, oder in Zürich von einem Dritten aufgegeben, frankiert hätte, um so einen guten Eindruck zu machen - aber das tat er nicht.

Dergleichen Briefe sind m. E. recht selten, auch wenn Kuvertierungen und durch Güte - Aufgaben auch im Auslandsverkehr schon mal vorkommen.

Interessant ist noch die Tatsache, dass der Brief am 15.4. in München geschrieben und noch am selben Tag in Zürich aufgegeben wurde, wobei er am Folgetag in Wohlen seinen Empfänger erreichte.

Leider weiß ich nicht, ob die Bemühungen unseres Herrn Jacob Pfeiffer aus München von Erfolg gekrönt waren. Über nähere Informationen würde ich mich sehr freuen (im Netz erfolglos geblieben).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.05.2020 12:06:35 Gelesen: 27142# 69 @  
Liebe Freunde,

am 27.6.1864 sandte man in Augsburg / Stadt einen einfachen Brief nach Weißenburg Canton Bern ab, für den man 9 Kr. frankierte, wovon 3 Kr. als Weiterfranko für die Schweiz ausgewiesen wurden.

Schaut man jedoch in die Tariflisten der Schweiz zu dieser Zeit, so sind alle Orte genannt, für die das Weiterfranko 3 Kr. kostet - alle anderen Zielorte kosteten 6 Kr. Weiterfranko.



Der Canton Bern lag im 2. Rayon, wie Bern selbst, so dass das korrekte Weiterfranko immer 6 Kr. betrug und die Entfernung von Augsburg bis zum Grenztaxpunkt zur CH, ab dem 1.9.1859 Basel - Schaffhausen, betrug ebenso immer 6 Kr., was also einen Brief mit einem Franko von 12 Kr. bedingt hätte.

Wohl dem, der rechnen kann - unser Augsburger konnte es nicht und Bayern entgingen zwar keine 3 Kr. bei der Aufgabe, aber die Schweiz musste diese 10 Rappen als Verlust verbuchen, denn eingefordert vom Empfänger hat sie niemand mehr.

Hinweis: Der Scanner hat die Marke oben koupiert - sie ist vollrandig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 07.05.2020 13:31:48 Gelesen: 27135# 70 @  
@ bayern klassisch [#69]

Hallo Ralph,

die Schweiz ist doch so klein, da müssten 3 Kreuzer Weiterfranko doch genügen. Aber Du hast recht, Bern lag im 2. Rayon. So musste die Schweizer Post halt einen Abstrich machen.

Liebe Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 07.05.2020 16:37:41 Gelesen: 27124# 71 @  
@ SH-Sammler [#70]

Hallo Hanspeter,

da hast du Recht - cleverer wäre es gewesen, die ganze Schweiz als nur einen Rayon zu sehen; wenn man sich die Größe des Postvereins anschaut mit nur 3 Rayons und die kleine Schweiz mit 2 Rayons, ist das schon ein besserer Witz.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 15.06.2020 12:33:24 Gelesen: 26704# 72 @  
Liebe Freunde,

von einem äußert netten Forumsmitglied konnte ich den hier 1 zu 1 eintauschen. Brief aus Augsburg vom 19.12.1855 nach St. Gallen in der Schweiz, frankiert mit 9 Kreuzern für den 2. Rayon Bayerns und den 1. Rayon der Schweiz, also korrekt. Aber die Besonderheit war, dass der Absender den Brief in den Briefkasten geworfen und auf ihm oben Recommandirt vermerkt hatte.






Hierzu passt die VO-Nr. 14.873 vom 16.9.1853, nach der eigentlich dieser Vermerk durch die Hand des Absenders zu streichen war - aber ein Absender war nicht greifbar. Man hätte dann unter dem Vermerk "Boite", oder "Aus dem Briefkasten" notierten und den Brief unrekommandirt abgehen lassen sollen.

Aber die 6 Kreuzer für die Recommandation wollte man in Augsburg dann doch haben und notierte daher folgendes: "Boîte, noch 6 Recomand. Gebühr" und belastete somit die Schweiz, in specie St. Gallen, mit dem Einzug von 20 Rappen, die allein der Aufgabepost zustanden, nicht der bayer. Postverwaltung, weil in Bayern die Reco - Gebühren zu den Emolumenten der Postbediensteten gehörten.

Man brachte aber KEINEN Chargé - Stempel an und vergab auch keine Reco - Nummer! Das ist nun ein sehr widersprüchliches Verhalten, denn die Stempelung mit dem Chargéstempel war vorgeschrieben, auch wenn niemand da war, der einen Schein beanspruchen konnte (Vermerk im Reko - Manual dann einfach: "Aus der Boîte recommandirt").

Ob der Empfänger in St. Gallen die 20 Rappen bezahlt hat? Ob der Brief in der CH als rekommandirt behandelt wurde und nur gegen Unterschrift auszuhändigen war? Wir wissen es leider nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.07.2020 11:08:27 Gelesen: 26230# 73 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich meinen Brief des Monats Juli 2020, der in Sils im Engadin am 30.11.1831 verfasst wurde und an Herrn Andreas B. Puonz nach Berlin gerichtet war.





Als Aufgabestempel fungierte ENGADIN in blau und das Gewicht scheint mit 1 3/4 Loth (3. Gewicht) ermittelt worden zu sein. Das Engadin gehörte zu Graubünden und für die Schweizer Strecken gibt es die Taxen 4, dann 12 und letztlich 6 Kreuzer, so dass Bayern bis Lindau mit 22 Kreuzer belastet wurde für den schweren Brief (einfach wohl 2, 6 und 3 Kreuzer). Zu diesen 22 Kreuzern kamen für Bayern 32 weitere Kreuzer, so dass sich das Porto bis zur bayer. Ausgangsgrenze auf 54 Kreuzer belief.

Im Nünrberger Auslagestempel wurden die Taxen für die Schweizer Postverwaltungen gleich in Gutengroschen eingetragen und 5 1/2 Gutegroschen entsprachen genau 22 Kreuzern und für Bayern die ermittelten 32 Kreuzer in 8 Gutegroschen reduziert, auch wenn in Preussen längst der billigere Silbergroschen im Einsatz war.

Preussen strich dieses Währungsgewirr durch und notierte seine Endforderung nach dem Postvertrag Bayern - Preussen von 1816 mit total 29 Silbergroschen (1 Sgr. entsprach 3,5 Kreuzern, 1 Gutergroschen war einst 4 Kreuzer wert), womit wir in Kreuzern eine totale Forderung in Berlin von 102 Kreuzern haben (1 Gulden 42 Kreuzer).

Die Besonderheit liegt aber hier, abgesehen davon, dass Briefe aus dem Engadin über Bayern im Transit keine Massenware sind, schwere schon gar nicht, in dem roten Sanitätsstempel, dessen Existenz auf die Choleraepidemie dieser Zeit (vor allem 1831) zurück zu führen ist. Der Stempel KÖNIGLICH BAYERISCHES SANITAETS SIEGEL wurde lt. Feuser in rot in Augsburg abgeschlagen. Die Frage ist nun, warum sollte man in Augsburg beim Dekartieren des Zürcher Briefepakets einen Brief rasteln und mit einem Stempel bedrucken, ihn dann aber nach Nürnberg zu kartieren? Die Notation 22 / 32 könnte von Augsburg stammen, aber viel Sinn macht die Leitung nach Nürnberg mit der dortigen Rechnungsstellung nicht.

Der Inhalt ist auf Italienisch verfasst - meines ist leider ganz schlecht geworden - wenn etwas Interessantes zu erkennen ist, wäre eine kurze Inhaltsmeldung nett.

Wie sich nun anhand anderer Briefe dieser Zeit heraus gestellt hat, stammen die schwarzen Taxen unten links und der rote Sanitätsstempel tatsächlich von Lindau im Bodensee und nicht von woanders her.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.08.2020 16:33:34 Gelesen: 26041# 74 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine kleine Besonderheit, die nett daher kommt, wenn man von dem etwas individuellen Schnitt der 6 Kreuzermarke mal absieht.



Eine Partei - Sache (Dienstbrief mit privatem Hintergrund) des katholischen Pfarramtes Weiler im Allgäu vom 31.10.1859 ging unter dem Geschäftszeichen Nr. 162 "An das Katholische Pfarramt in Baden in der Schweiz" mit dem Vermerk "frei" ab. Jedoch sehen wir neben dem "Frei" - Vermerk eine Rötel - 3 und darunter "Zur Frankirung retour". Scheinbar hatte man in Weiler versucht, den Brief als Dienstbrief kostenlos durch zu schleusen, doch war dieses Unterfangen aufgefallen und man sandte ihn dann der Aufgabepost retour.

Siegelseitig sehe ich folgende Stempel in chronologischer Reihenfolge: 31.10. Röthenbach, 31.10. Weiler (wieder zurückgeschickt bekommen), 1.11. Röthenbach-Bahnhof, 2.11. Zürich und 2. oder 3.11. Baden als Ankunftsstempel.

Dienstbriefe Bayern - Schweiz sind nicht häufig, wiewohl es davon Tausende noch heute geben müsste und welche mit Besonderheit wie hier schon gar nicht. Daher verschmerze ich mal die etwas lieblos geschnittene Marke.

Postgeschichtlich simpel: 1. Rayon Bayerns = 3 Kreuzer und 1. Rayon der CH ebenfalls 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Schaffhauser Am: 07.10.2020 16:24:30 Gelesen: 25175# 75 @  
Hallo zusammen,

da der Brief in die Zeit der Helvetik fällt, ist er für mich von besonderem Interesse.

02.02.1801 Nördlingen nach Schwitz, franco Schaffhausen.

Rückseitig ist kein Tarif vermerkt. Könnte mir jemand helfen die Tarife zu entschlüsseln?

Vielen Dank
Schaffhauser


 
bayern klassisch Am: 07.10.2020 17:29:38 Gelesen: 25160# 76 @  
@ Schaffhauser [#75]

Hallo Schaffhauser,

die freie Reichsstadt Nördlingen wurde erst 1803 bayerisch (Kurfürstentum Bayern, ab 1.1.1806 Königreich Bayern) und war damals als Enklave der Grafschaft Oettingen ohne eigene Postregie. Oettingen wurde von der kaiserlichen Reichspost bedient, deren Tarife ich leider nicht kenne, weil eben vor meiner Sammlerzeit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Schaffhauser Am: 08.10.2020 19:25:00 Gelesen: 25048# 77 @  
@ bayern klassisch [#76]

Hallo bayern klassisch,

vielen Dank für die Rückmeldung. Ich werde dran bleiben.

Liebe Grüsse
Schaffhauser
 
bayern klassisch Am: 19.11.2020 11:56:03 Gelesen: 24252# 78 @  
Liebe Freunde,



heute zeigen ich ein kleines Schmankerl von innen und außen. Verfaßt wurde der einfache Brief am 2.4.1863 in Sibratshofen, etwa 7 km östlich der Aufgabepost von Harbatzhofen gelegen. Sibratshofen bekam erst 1897 eine Postagentur, weil sein Korrespondenzaufkommen zu gering war, als dass man eine Expedition einrichten wollte.

Der Brief von Benedict Mader war an Martin Brugger in Berlingen/Schweiz am Bodensee im Kanton Thurgau gerichtet. Am 4.4.1863 wurde er mit 3 Kreuzern frankiert aufgegeben - weitere Stempel existieren nicht.

Problem: Von Aufgabeort bis zum Abgabeort waren es Luftlinie 73 km, also über 5 Meilen (37,5 km), für die 3 Kr. als Grenzrayonbrief ausgereicht hätten. Von Sibratshofen, auch wenn das nicht relevant ist, waren es noch 7 km mehr, der Brief wurde also näher an der Schweiz aufgegeben. Von daher war es ein unterfrankierter Brief aus dem 1. bayer. Rayon zur Schweiz in den 1. Schweizer Rayon. Da es nach dem Postvertrag vom Okt. 1852 mit Modifikation zum 1.9.1859 keine Portozuschläge gab, hätte man mit nur 3 Kreuzern die bayer. Strecke frankiert, die Schweizer Strecke aber nicht und es wären 3 Kreuzer = 10 Rappen Porto beim Empfänger zu zahlen angefallen.

Vlt. trug der Zusatz "bei Constanz" zu diesem Fehler bei, denn von Harbatzhofen nach Konstanz waren es nur 68 km, also 9 Meilen und dafür wäre er als Postvereinsbrief bis 10 Meilen korrekt frankiert gewesen. Aber Berlingen lag 12 km westlich von Konstanz und selbst wenn es noch in Baden gelegen hätte, wäre es dann auch ein unterfrankierter Brief gewesen, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Weder die bayer., noch die Schweizer Post erkannten den Fehler und sollte er tatsächlich über Konstanz in Baden gelaufen sein, hätte man den Fehler auch dort nicht bemerkt und lieferte ihn kostenlos dem Empfänger aus.

Inhalt des Briefes (auch nicht uninteressant für uns moderne Menschen):

"Für die mir mit Ihrer Rechnung vom 27ten Porto, welche mir aber erst heute zugekommen ist, beigefügte frühere Rechnung vom 6ten November 1861, bin ich Ihnen sehr verbunden, musß Ihnen aber anderseits bemerken, daß mir diese Sendung, welche ich erst gegen Ende May bestellt habe sehr mißbeliebig ist, und besonders auch die Qantitäten dieser 3. Gattungen Wein bei Weitem meiner Bestellung übersteigt; daher ich in keiner gewöhnlichee Zahlungszeit eingehen, noch viel weniger die Verbindlichkeit der Zurücksendung der lelren Fäßer binnen 4. Monaten, oder agr eine Vergütung von f 50 (50 Gulden) hiefür über mich nehmen kann, welches ich Ihnen hiemit, und allenfallsigen Unannehmlichkeiten zu begegnen, erklärt haben will; und verbleibe übrigens mit Ergebenheit und Freundschaft Benedikt Mader.

N.S. Soeben werde mir obige 3. Fäßer überliefert, worauf ich f 2 (2 Gulden) Nachnahme bezahlen mußte. Die Inlage wollen Sie gfl (geflissentlich) besorgen."

Liest man allein diese Daten (April 1863 Erhalt der Rechnung von Nov. 1861) usw, kann man das fast gar nicht glauben. Es gab da wohl einigen Ärger zwischen diesen Firmen, aber das hielt unseren Absender nicht davon ab, dem Brief noch einen weiteren Brief beizufügen (Inlage), die dieser dann "besorgen" = auf der Post in Berlingen aufgeben soll.

Wahrlich ein Brief, der von außen und innen zu beeindrucken weiß und der gM 197 von Harbatzhofen ist auch nicht gerade Massenware.

Liebe Grüsse von einem begeisterten bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.04.2021 12:04:31 Gelesen: 21649# 79 @  
Liebe Freunde,





optisch unattraktiv, keine Marke(n), nur wenige Stempel, keine Taxen oder Weiterleitungen, keine interessanten Vermerke - ja warum um Gottes Willen sollte man sich dann bayerische Dienstbriefe in die Schweiz anlachen? Antwort: Weil es nicht viele gibt und wenn doch, hätten sie sich ausgezeichnet versteckt.

Heute zeige ich einen der wenigen, die ich besitze, vom katholischen Stadtpfarramte St. Lorenz in Kempten "an das hochwürdige, kathol. Pfarramt in Uznach, Canton St. Gallen". Als Regierungs - Sache portofrei hüben wie drüben, wurde diese am 15.1.1866 aufgegeben. Am Folgetag war sie schon in St. Gallen und wiederum einen Tag später gelangte sie in Urznach zur Auslieferung.

Weil es vlt. Schweizer (gell, Hanspeter!) hier gibt, die auch Inhalte von Dienstbriefen interessieren könnte, möchte ich diesen transkribieren:

Geburts- und Taufanzeige betreffend

Am 11. Januar l(aufenden) J(ahres) wurde dem Fabrikarbeiter Franz Anselm Federli in Numero 262 der Altstadt Kempten von seiner Ehegattin Josepha Birro ein Knabe geboren, welcher am 14ten Januar in hiesiger Stadtpfarrkirche zu St. Lorenz von Herrn Stadtkaplan Groß nach kathol. Ritus getauft, Franz Anselm genannt, und in das Taufregister von St. Lorenz eingetragen wurde. Taufzeugen waren: Joseph Heinrich Blöchlinger von Golding, Cant(on) St. Gallen, und Euprhosina Birro von Weitnau bei Kempten.

Dieß wird dem hohen Pfarramte der Heimathgemeinde zum Behufe der Vermerkung im Familienbeschriebe zur Anzeige gebracht. Hochachtungsvollst! P. l. a. gez. Unterschrift.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.04.2021 14:19:22 Gelesen: 21567# 80 @  
Liebe Freunde,

von außen eher harmlos, von hinten und innen aber ganz sicher nicht:



Die Firma Beat Hurter aus Schaffhausen wollte einen einfachen Brief an ihren Kunden J. A. Schenkenhofer in Augsburg versenden und prüfte nun die Möglichkeiten des Versandes.

Da nach praktisch allen uns bekannten Postgesetzen des 19. Jahrhunderts die verschlossenen Briefe im Land ihres Absenders der Post zum Transport zu übergeben waren, hätte man am 21.1.1869 den Brief dem dortigen Postamt, frankiert, oder unfrankiert, aufgeben müssen.

Nach dem Postvertrag Bayerns mit der CH vom 1.9.1868 betrugen die Kosten für einfache Briefe 25 Rappen bei der Frankierung, die 7 Kreuzern entsprachen und sie teilten sich auf in 10 Rappen für die CH und 15 Rappen für Bayern.
Im Falle einer unfreien Versendung verdoppelten sich diese Gebühren auf 20 Rappen für die CH und 30 Rappen für Bayern, so dass dann in Augsburg vom Empfänger total 14 Kreuzer zu zahlen gewesen wären. Ab dieser Zeit finden wir auch kaum noch Portobriefe, die ja doppelt so teuer waren, wie Frankobriefe, aber das nur nebenbei.

Aber auch 25 Rappen = 7 Kreuzer waren dem sparsamen Absender einfach zu viel Geld, so dass er einen Dritten suchte, der den Transport günstiger bewerkstelligen sollte - und den fand er auch in der Firma der Gebrüder Buz in Augsburg, siehe Firmenstempel hinten. Diese schmuggelten den Brief (und wohl nicht nur diesen einen) über die Grenze und gaben ihn für 1 Kreuzer als Augsburger Ortsbrief am 23.1.1869 auf. Im Inhalt ging es um Pinsel und deren rechtzeitige Lieferung.

Postgeschichtlich-tarifmäßige Würdigung: Der CH entgingen 10 Rappen, aber sie hatte auch keine Dienstleistung zu erbringen, also ein theoretischer Verlust. Bayern entgingen 3 Kreuzer (4 Kreuzer abzüglich eines Verklebten), dafür mussten sie ihn nicht in Lindau im Bodensee übernehmen und in Augsburg ausliefern, sondern sie bekamen nur einen Kreuzer wie für jeden Ortsbrief auch. Sicher ein Verlust, aber auch kein Weltuntergang.

Man muss allerdings bedenken, dass es sicher weitaus mehr Briefe dieser Art gab, als wir heute kennen (ich habe in fast 35 Jahren nur eine Handvoll entdeckt), aber wenn man das auf die Jahre hochrechnet, wird schon ein erheblicher (Minder-)Betrag in den Büchern gestanden haben, der den Postverwaltungen sicher ein Dorn im Auge war, aber eine 100%ige Kontrolle gab es nicht mal theoretisch, von der Praxis reden wir da erst besser gar nicht.

In jedem Fall Postgeschichte pur und wenn dann noch die Optik und Erhaltung, nebst Inhalt und Stempel aller Beteiligten, vorhanden sind, ist der Tag ein besonders Guter.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.11.2021 12:11:56 Gelesen: 17548# 81 @  
Liebe Freunde,

manche Briefe kauft man "von vorne" und stellt dann freudig fest, dass sie auch "von hinten" oder gar "von innen" sehr passabel sind - und man freut sich, dass es dann nicht nur einen Kaufgrund für sie gab.





So auch hier: Portobrief aus Lindau im Bodensee von der großen Spedition Martin Spengelin an Y. Rud. Gayer nach Neuthal bei Bauma am Zürichsee vom 6.8.1866. Lindau taxierte 3x für Bayern über den Bodensee und, was man nicht hätte machen müssen/sollen, 6x für die CH, weil man den Zielort im 2. CH - Rayon ansah, also in summa 9x bzw. 30 Rappen für den Empfänger. Aber nach dem Verzeichnis vom 1.9.1859 lag Bauma als Postort für Neuthal im 1. Rayon, womit die bayer. Rechnung falsch war und die CH taxierte ihn korrekt mit nur 20 Rappen = 6x, also 3x für Bayern und 3x für die CH. Offenbar hatte man in der Bevorzugungsliste der nur bis 10 Meilen entfernten CH - Orte "Neuthal" nicht gefunden und somit Briefe nach dorthin automatisch dem 2. CH Rayon zugeordnet, aber über "Bauma" hätte man die treffende Taxe finden können und müssen.

Siegelseitig sehen wir die Leitung in der CH mit der Bahnpost Zürich Chur vom 6.8.1866 mit Zug 82, Chur - Zürich vom 7.8.1866 mit Zug 87 und Wetzikon vom 7.8.1866, also ein bisserl hin und her, aber das war der Kartierung durch die Bahnpost geschuldet und normal.

Inhalt:

"Wir besitzen Ihr Werthes vom 27. Juli. Da in den nächsten Tagen die Wieder - Eröffnung des Verkehrs der Strecke nach Hof stattfinden wird & Herr E. Keffel auf die Garne sehr pressirt ist, so belieben Sie dieselben sicher vorrücken zu lassen. Achtungsvollst Martin Spengelin & Co.

Vorderhand ist der Güterverkehr bis Nürnberg ausgedehnt worden."

Man sieht also, obwohl sich die kriegerischen Ereignisse fernab der CH abgespielt hatten und vorbei waren, welche weitreichenden Auswirkungen die Eisenbahnen auf den mitteleuropäischen Warenverkehr hatten (heute: Lieferketten).

Man sieht, es ist alles schon mal dagewesen!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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