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Thema: Steigende Kosten der Auktionsfirmen ?
Richard Am: 20.06.2014 09:04:55 Gelesen: 3892# 1 @  
Erfreulich liest sich der Text, mit welchem der BDB, Bundesverband Deutscher Briefmarkenversteigerer, in der philatelistischen Presse und über Pressemitteilungen seine Kunden informiert:

Die BDB-Auktionatoren haben es geschafft, dass trotz der Mehrwertsteuer-Erhöhung zum 1.1.2014 die Briefmarken auf den Auktionen für den Käufer nicht teurer geworden sind und auch der Einlieferer davon profitiert.

In einem Leserbrief schreibt Manfred Rommel in der "philatelie" Juni 2014, Seite 35:

Die auf Seite 6 [in der "philatelie" Mai 2014] zitierte Äußerung des Vorsitzenden des Bundesverbandes der Deutschen Briefmarkenversteigerer [Harald Rauhut] reizten mich von Anfang an zum Widerspruch. Der Satz "Die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2014 hat für den Käufer auf Auktionen nicht zu einer Preiserhöhung geführt" ist streng genommen nicht falsch - aber nur die halbe Wahrheit! Viele Auktionshäuser haben nämlich die Gelegenheit genutzt und die Provision von 17 oder 18 % auf 20 % erhöht.

In der BDB Meldung vom Mai 2014 heisst es unter anderem:

"Die Mehrwertsteuer-Erhöhung zum 1. Januar 2014 hat für den Käufer auf Auktionen nicht zu einer Preiserhöhung geführt", so Rauhut. Vielmehr habe es sich ausgezahlt, das die deutschen Auktionatoren sich intensiv auf diese Mehrwertsteuererhöhung vorbereitet haben. Das Ziel, zum einen eine Weitergabe der Mehrwertsteuer-Erhöhung an den Käufer zu meiden, zum anderen die Interessen des Einlieferers zu wahren, sei rund herum erreicht. Rauhut: "Der Kunde hat gewonnen!".

Das Auktionshaus Helmut Nahues aus Essen schreibt dazu im Vorwort des Katalogs zu seiner 32. Auktion vom 28. Juni:

Ab dieser Auktion müssen wir die Provision um 2 Punkte auf 20 % angeben. Seit vielen Jahren haben wir mit Preiserhöhungen auf allen Ebenen zu kämpfen. Seien das nun bei den Kosten der Katalogerstellung, dem Papier oder den allgemeinen Lohnkosten etc.

Was aber sehr ins Gewicht fällt, ist die Materialbeschaffung. Hier haben wir heute doppelt so viele Kosten wie je zuvor. Der Einzelne von Ihnen kann sicher mit den für ihn nur zwei Prozent leben. Für uns ist das ein kleiner Anteil den jeder beiträgt, er ist zumindest ein Trost für die ewig rollende Kostenlawine.


Soweit die Firma Nahues, sie wird vermutlich nicht der einzige Anbieter sein, der die Kostenlawine jetzt über die Käufer rollen lässt. Eine Erhöhung der Provision um 2 auf 20 % bedeutet in Wirklichkeit eine Erhöhung von 18 auf 20 Prozentpunkte entsprechend einer Preisanhebung von gut 11 %. Zudem steigt natürlich auch die Mehrwertsteuer auf diese zusätzlichen Provisionen.

Damit dieser Beitrag nicht falsch verstanden wird: Die deutschen Auktionsfirmen machen in aller Regel eine exzellent gute Arbeit und sind sehr erfolgreich. Ich habe jedoch das Gefühl, daß der vom Nahues Team aus Essen geführte "Kampf um die Einlieferer", bei dem in riesigem Umfang Inserate geschaltet, auf Messen geworben und Agenten bezahlt werden, die Kosten der Auktionsfirmen und damit auch der Endkunden noch weiter treiben wird.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Kosten der Auktionsfirmen ? Haben Sie selbst Preiserhöhungen festgestellt ? Stimmt nach Ihrer Meinung das Preis-Leistungs-Verhältnis für die Käufer der Saal- und Fernauktionen ?

Schöne Grüsse, Richard
 
22028 Am: 20.06.2014 12:18:49 Gelesen: 3838# 2 @  
Für mich stellt sich de Frage ob der zeitweise extreme Werbeaufwand mit identischen Anzeigen in fast allen Philatelistischen Blättern weltweit, Teilnahme mit 3-5 Personen an Veranstaltungen weltweit gerechtfertigt ist.

Für 0815 Werte wird dieser Aufwand durch die erzielten Verkäufe doch kaum reingeholt werden.

Ich vermute mal dass bei der Provision für die Verkäufer ein Preiskampf entstanden ist und die entgangenen Einnahmen dann auf der Käuferseite wieder reingeholt werden müssen.

Das Argument: Was aber sehr ins Gewicht fällt, ist die Materialbeschaffung. Hier haben wir heute doppelt so viele Kosten wie je zuvor dürfte so zu lesen sein wie ich beschrieben habe, Verkäufer wollen weniger Provision zahlen, der Käufer wird dann zur Kasse gebeten.

Fakt ist auch dass einfach zu viel Standardware angeboten wird welche die Kataloge füllt, die Kosten werden kaum jemals reingeholt werden.
 
Erdinger Am: 20.06.2014 13:42:59 Gelesen: 3799# 3 @  
Verehrte Freunde,

in die Kosten für die Materialbeschaffung sollte man wohl auch die Rundreisen einrechnen, auf denen Auktionatoren potenzielle Einlieferer besuchen.
Dazu kommen die Versicherungskosten für Einlieferungen. Schließlich sind diese in der Regel ab Übergabe versichert.

Ich rechne damit, dass wir uns nach und nach von einer Reihe von kleineren Häusern verabschieden dürfen (Pumpenmeier ist erst der Anfang), für sich der Aufwand einfach nicht mehr rechnet.

Den gewohnheitsmäßigen Anbietern von Eigenware macht zudem sicherlich auch die Reform der Mehrwertsteuer zu schaffen.

Das beantwortet zwar nicht Richards Frage [#1], nach den Erfahrungen, aber vielleicht ist es auch noch ein bisschen früh dafür?

Viele Grüße aus Erding!
 
philapit Am: 20.06.2014 14:03:29 Gelesen: 3785# 4 @  
Ich glaube, wir diskutieren hier in die falsche Richtung. Nicht die MWST hat zu den Preissteigerungen geführt, sondern die immer stärkere Konkurrenz der Internetanbieter. Wer kauft sich noch mittlere Werte mit z.B. einem Katalogwert von 1000,00€ bei einer Auktionsfirma zum Ausrufspreis von 20%-30% + 20% Provision + Losgebühren + MWST auf die Provision, wenn er diesen Wert im Internet bei verschiedenen Anbietern zu 15-20% Gesamtpreis ersteigern kann bei garantierter Rücknahmegarantie.

Um nicht falsch verstanden zu werden. Es tut mir leid um viele Auktionsfirmen. Es werden nur die "Großen" überleben, die Sachen anbieten die nicht im Internet zu bekommen sind. Natürlich ist es für uns Sammler schön in Wunderkisten bei der Auktionsbesichtigung zu wühlen und das ein oder andere Schnäppchen zu machen. Aber davon können die Firmen nicht überleben.

Meine subjektive Meinung
philapit
 
Claudius Kroschel Am: 20.06.2014 15:05:49 Gelesen: 3751# 5 @  
@ philapit [#4]

Also, ich würde schon ganz gerne so manchen mittleren Wert zu einem solchen Preis kaufen:

Zum Beispiel Deutsches Reich 151b ungebraucht, DR 94-97BIIUr, oder Bayern-Abschied 122K mit Plattenfehler IV gestempelt (in ungebraucht habe ich den !), oder DR 88IIa ungebraucht, 87IIb WOR ungebraucht, wenn denn überhaupt so etwas mal angeboten würde oder DR 86IIa PFII. Dieser Plattenfehler ist zwar im Michel, aber auf der Urmarke konnte mir noch niemand diesen Plattenfehler zeigen, nicht mal als Foto, er existiert vermutlich nur im Danzigüberdruck, nach Meinung unseres Germania-Forschungsleiters.

Es sind nicht nur die im Katalog dicken Brocken, die selten angeboten werden, sondern auch recht günstig im Katalog ausgepreiste Marken, die nicht im Markt sind, oder versuche mal eine Deutsches Reich 359Xz, DR445F, Hindenburg Wz.2HAN oder eine 424X irgendwo einzukaufen. Einige der genannten Marken würden mich, andere einiger meiner Kunden brennend interessieren, steht alles nicht sonderlich hoch im Katalog, aber ist kaum auf dem Markt. Bei einigen meiner Kunden ist bei den kleinpreisigen "Exoten" der "Sammlerleidensdruck" schon so hoch, dass da Michel-Prozente keine Rolle mehr spielen.

Die Beschaffung von Kataloghauptnummern im Segment bis 1000 M€ ist dagegen wirklich Kinderspiel und damit kann der Auktionatorenmarkt vermutlich auch kaum noch Sammler hinterm Ofen vorholen. Wer sich auf so etwas konzentriert geht wahllos unter.

Man sieht an solchen Beispielen, dass da auch der BDB nicht gegensteuern kann, der Verband existiert zwar, kann aber letztendlich den Niedergang einiger Auktionshäusern nicht verhindern und es sind da auf lange Sicht keine Konzepte da, die auch kleine Auktionshäuser irgendwie schützen könnten. Es kann letztendlich auch nicht gut gehen, dass einige Häuser mit Doppelfunktion Auktionshaus und Händler auf eBay oder im eigenen Shop Angebote im low cost Segment platzieren oder sich nach Preisdiskussion mit einem interessierten Kunden dann doch auf einen "Kuhhandel" zu 20 % bei einer mittelpreisigen Ware einlassen, damit wenigstens "Geld gewechselt wird".

Auch die Händlerverbände bringen nichts, da jeder Händler weiter sein eigenes Süppchen kocht. In anderen Bereichen, die durch Verbände zusammengeschlossen sind, ist gemeinsamer Einkauf, gemeinsame Software usw. schon lange Standard. Ich arbeitete mal für ein Unternehmen, da konnte ich in 28 Ländervertretungen mit Knopfdruck direkt nachfragen, ob eine Artikel-Nummer an Lager war; das war vor mehr als 15 Jahren und ohne SAP ! Das können die organisierten Händler oder Auktionatoren im Briefmarkenbereich heute nicht und in 20 Jahren auch nicht, obwohl so etwas heute für versierte Firmen echt ein Klacks ist. Wenn heute Auktionator A Händler X anruft ob er eine bestimmte Marke (Katalog-Hauptnummer) an Lager hat, dann muss er wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in sein Lagerbuch schauen. Das kann heutzutage nicht gut gehen.

Firmen die so etwas machen, werden früher oder später irgendwann, unabhängig von der Branche die weisse Fahne raushängen, im Breitenmarkt etwas früher, in einem Nischenmarkt später, weil hier evtl. noch eine Spezialisierung gut möglich ist. In einem Breiten- oder Massenmarkt kann man mit Geldwechseln am Anfang nur gross werden, wenn man Kapital hat und expandiert ohne Ende, siehe Aldi, Mediamarkt und andere, aber Briefmarken gehören wohlweislich nicht in das Massen- oder Breitenmarkt Segment. Meine Prognose ist: Briefmarken-Auktionshäuser, die sich nicht spezialisieren, werden in den nächsten 20 Jahren immer weniger, da der Standardmarkt irgendwann nur noch vollelektronisch abgewickelt werden wird.
 
Richard Am: 28.09.2014 09:47:08 Gelesen: 3524# 6 @  
Auktionsbieter sollten „Kennzeichnungen“ nicht übersehen!

Von Wolfgang Maassen (25.09.14) - Sternchen (*), Punkte (•) oder ein kleines Plus (+), die vor einer Losbeschreibung stehen, haben eine wichtige Bedeutung. Denn sie hängen häufig mit der Steuer zusammen, die in Deutschland für Briefmarken und Münzen seit 2014 von 7 auf 19% erhöht wurde. Viele Auktionatoren bieten seitdem, um ihren Kunden entgegenzukommen, Lose differenzbesteuert an. Das Auktionshaus Christoph Gärtner in Bietigheim-Bissingen schrieb dazu: „Bei diesen Losen wird weder für den Zuschlag noch für das Aufgeld Umsatzsteuer gesondert berechnet, da wir als Auktionshaus die anfallende Umsatzsteuer bei Lieferungen in Deutschland und innerhalb der EU tragen.“ – Der Kunde spart also, zumal dann, wenn der Auktionator nicht gleichzeitig seine eigene Provision erhöht hat.

Gärtner, der seit Anfang Januar 22% statt zuvor 20% Aufgeld berechnet, kennt beispielsweise folgende Kennzeichnungen: Lose ohne Markierung sind differenzbesteuert, d.h. der Käufer zahlt weder für den Zuschlag noch für das Aufgeld gesonderte Umsatzsteuer. Lose, die in die EU eingeführt wurden (Kennzeichnung „+“), werden zusätzlich mit 7% Importspesen versehen und Lose, die der Regelbesteuerung unterliegen (Kennzeichnung „•“) werden mit 19% Umsatzsteuer für Zuschlag und Aufgeld berechnet.
Bei einem 1000 Euro Zuschlagsbeispiel kann man leicht die Spanne ermessen: sie reicht von 1.220 Euro (Lose ohne Markierung, differenzbesteuert) über 1.290 Euro (dito, aber „+“ 7% Importspesen) bis zu 1.451,80 Euro für „•“-Lose, die mit 19% USt angesetzt werden. Fleißige Auktionskäufer sollten diese Spannen im Blick behalten. So oder so: In Relation zum Zuschlag ist man – berücksichtigt man auch die Versandkosten – häufig mit einer um ein Drittel und mehr höheren dann zu bezahlenden Endsumme dabei, zumindest dann, wenn die Auktionatorenprovision bereits 22% statt der bislang häufig in Deutschland üblichen 15% oder 18% beträgt.

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[Hervorhebungen durch die Redaktion Philaseiten]
 
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