Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Postgeschichte 2. Weltkrieg - die "zivile" Seite
Carolina Pegleg Am: 26.09.2008 18:32:58 Gelesen: 26603# 1 @  
Es gibt hier schon diverse Themen, die sich mit der miltärischen Postgeschichte im 2. Weltkrieg auseinandersetzen, Feldpost, Kriegsgefangenenpost usw.

Ich habe einige Briefe, die den Einfluss des Krieges auch auf den zivilen Postverkehr zeigen, Interniertenpost, Flüchtlingspost usw. Alle diese Stücke erzählen oft eine interessantere Geschichte als die Feldpost, der beim Thema "Postgeschichte und Zweiter Weltkrieg" so häufig der breiteste Raum eingeräumt wird. Schon immer wollte ich dazu ein Thema eröffnen, da hier postgeschichtlich-philatelistische als auch historisch-zeitgeschichtliche Aspekte gleichermassen von Interesse sind.

Hier ein zunächst unscheinbarer Brief aus der Schweiz, den ich einmal für $0.25 erstanden habe. Adressiert ist der Brief an den amerikanischen Botschafter in Bern.



Unten links ein unscheinbarer kleiner Kastenstempel "zensuriert." Warum sollte ein normaler Inlandsbrief zensiert werden, mag man sich wundern? Selbst in Nazi-Deutschland, unterlag die Inlandspost keiner Kontrolle.

Also, das übliche Verfahren: Brief umdrehen und auf der Suche nach Erkenntnis die Rückseite studieren.



Leider keine weiteren Stempel und postalischen Behandlungsvermerke, aber halt, was steht da als Absender?



"Flüchlingslager Büsserach". Ist dies Post von einem internierten Flüchtling in der Schweiz? Das "Googlen" des Begriffes "Flüchlingslager Büsserach" bringt keine weiteren Aufschlüsse. Ein kleiner Ort im Kanton Solothurn, in dem die Existenz eines Lagers zur Zeit des 2. Weltkrieges jedenfalls "im Netz" keine Spuren hinterlassen hat. Die Geschichte der oft jüdischen Flüchtlinge in die Schweiz (und auch die USA) wird aus heutiger Sicht sehr kontrovers und kritisch betrachtet. Hat die Absenderin sich um ein Visum in die USA bemüht? Hat ihre Eingabe an die US-Botschaft Erfolg gehabt? Wurde sie nach Deutschland zurückgeschickt? Zeugnis ihres Schicksals ist nur der Umschlag.
 
Carolina Pegleg Am: 28.09.2008 03:15:37 Gelesen: 26567# 2 @  
Hier ein weiteres Stück.



Eine Karte gesendet aus dem ILAG VII/Z in Tittmoning/Oberbayern in die Schweiz. Das nachgestellte "Z" indiziert ein Zweiglager. Die Haupteinrichtung war das Internierungslager VII in Laufen, Oberbayern.

Auch hier ist es wieder schwer Details aufzudecken. Offenbar wurde das Lager zuerst als Kriegsgefangenlager für Offizier eingerichtet in 1943 jedoch in ein Internierungslager für Zivilisten umgewandelt. Nach Informationen auf der Webseite der Stadt Tittmoning soll es ein Internierungslager für amerikanische Zivilinternierte und für Juden mit Pässen aus südamerikanischen Ländern gewesen sein.

Der Text der Karte ist im wesentlichen eine endlose Liste, wann wer von wem Post erhalten hat. Ich vermute, der Zweck dieser Information lag darin nach dem Schneeballsystem Lebenszeichen zu übermitteln, da die Anzahl der erlaubten Sendungen pro Monat limitiert war.



Wie auch zu dem ersten Brief, würde ich mich über ergänzende Information freuen. Das Schicksal der Zivilinternierten aller Länder bildet ein weiteres interessantes Kapitel der Geschichte dieses verheerenden Krieges.
 
Carolina Pegleg Am: 30.09.2008 05:04:36 Gelesen: 26536# 3 @  
Nicht nur in Deutschland wurden Zivilpersonen interniert. Diese Karte wurde am 10. Oktober 1940 von einem siebzehnjährigen deutschen, vermutlich jüdischen Mädchen aus dem englischen Frauen-Internierungslager Rushen auf der Insel Man an Freunde in den USA gesendet.



Aus dem Karteninhalt ergibt sich, dass das Mädchen von der Familie getrennt alleine in England aufhielt, als die britische Regierung in 1940 die Internierung deutschstämmiger Personen anordnete. In den Sog gerieten dabei auch die älteren der etwa 10,000 aus Deutschland und Österreich im Zuge der Aktion "Kindertransport" in 1939 nach England gekommenen jüdischen Flüchtlingskinder: http://en.wikipedia.org/wiki/Kindertransport

Natürlich ist es schwierig sich anhand nur einer einzigen Postkarte eine Lebensgeschichte zusammenzureimen. Hier erlaubt der Karteninhalt allerdings schon die Vermutung, dass es um ein aus deutsches Flüchtlingsmädchen geht, dass in England zwischen die Fronten geraten ist. In 1940 war die Besorgnis einer deutschen Invasion in England gross, was die englische Regierung zu dem Entschluss der grossflächigen Internierung aller Deutschen als potentielle Kollaborateure bewegte. Es wurde da oft über einen Kamm geschoren: Die Person ist eine Deutsche, mit Deutschland sind wir im Krieg, also ab auf die Insel Man.



Hier der Kartentext:

Lieber Herr Valfer und Irma,

vielen Dank für ihren Brief. Ich freue mich sehr darüber, da ich schon die Hoffnung aufgegeben hatte, dass Sie mir schreiben würden. Ich bin erfreut zu hören, dass es Ihnen und Ihrer Familie gut geht. Gott sei Dank kann ich dasselbe von mir sagen. Bekommen sie regelmässig Post von meiner Mutter und Bruder? Bitte teilen Sie ihnen alles über mich mit und dass es mir gut geht. Ich hoffe sie wiederzusehen. Sie können sich vorstellen, wie besorgt ich bin, aber mit Gottes Hilfe, möchten wir uns bald glücklich und gesund wiedersehen. Unglücklicherweise, kann ich nur eine Karte diese Woche schreiben, da dies mein Kontingent von Briefen für diese Woche füllt. Gestern habe ich einen sehr netten Brief von Frau T. Strauss bekommen. Sie hat geschrieben, dass sie mir die eidesstattliche Versicherung schickt sobald sie mein Geburtsdatum hat. Es ist der 26. April 1923. Wollen Sie es ihr bitte mitteilen, da ich erst nach nächster Woche einen Brief an sie schreiben kann. Bitten Sie sie, sie sofort zu schicken, da ich sie sehr bald brauche. Ich hoffe, ich werde keine Last für Sie sein, weil ich beabsichtige meinen Unterhalt selbst zu verdienen, wie ich schon geschrieben habe. Dennoch, ich danke ihnen sehr und hoffe sehr bald von Ihnen zu hören. Alles Liebe für sie und ihre Familie und meine Mutter, Helga

Hoffen wir, dass auch diese Briefschreiberin den Krieg überlebt hat. Die Familienangehörigen der mit "Kindertransport" ausgereisten jüdischen Kinder sind allerdings fast ausnahmslos dem Holocaust zum Opfer gefallen.


 
Carolina Pegleg Am: 25.08.2009 05:15:41 Gelesen: 26284# 4 @  
Eigentlich wäre das wieder eine prima Quizfrage: Was würdet Ihr mit diesem Brief machen?



Antwort: Umdrehen!



Ich bin nun gut am neuen Wohnort angekommen. Von Umzug gut überstanden kann man aber noch nicht sprechen. Wir haben im Moment nur eine temporäre Lösung, da wir für eine richtige Lösung erst noch unser Haus verkaufen müssen. Das Leben aus Kisten wird sich also noch einige Monate mehr oder minder so hinziehen.

Ein erster Ausflug zu einer grossen Antik- und Trödelhalle in Medina brachte gestern als Ausbeute den obigen Briefumschlag sowie noch eine Anzahl weiterer aus gleicher Korrespondenz. Für etwas was ich gar nicht richtig sammele, habe ich dafür recht viel bezahlt. Mir erschienen die Belege allerdings geschichtlich interessant genug. Da ich für meine eigene Sammlung praktisch nichts gefunden habe, brauchte ich auch nicht abwägen.

Es handelt sich hier um die Korrespondenz eines amerikanischen Diplomaten. Mit google habe ich etwas Hintergrundinformation herausgebracht, aber sicher bin ich mir bei dem allen nicht. Jedenfalls scheint das amerikanische Botschaftspersonal der diplomatischen Vertretung im freien Vichy-Frankreich bei der Besetzung auch dieses Teiles von Frankreich in deutsche Hand gelangt zu sein. Die Gruppe von anscheinend 140 Amerikanern wurde in wegen des Krieges geschlossenen Hotels in Baden-Baden untergebracht (interniert).

Die Versorgung erfolgte durch die Schweizer Botschaft, daher wohl der Stempel Bern auf dem Brief. Weitergabe dann an die US Botschaft im neutralen Portugal, und wie das Fehlen einer Freimachung nahelegt, erfolgte wohl auch die Beförderung in die USA auf dem Kurierwege. Das handschriftliche Datum 30. September 1943 scheint das Eingangsdatum beim Empfänger zu sein. So erkläre ich es mir; es ist nicht mein Gebiet. Daher diese "Erläuterungen" nicht unbedingt als letzte Weisheit annehmen.

Sicher sind Belege dieser Interniertengruppe nicht häufig. Aufgrund der besonderen Situation als Diplomaten war sicher auch der Postweg ungewöhnlich. Ein normaler Interniertenbrief, der Kriegsgefangenensendungn sehr ähnelt, ist ja oben [#3] zu sehen. Über nähere Informationen zu dem gezeigten Stück würde ich mich freuen. Ich habe mir die Informationen soweit nur zusammengereimt.
 
Stefan Am: 25.08.2009 17:38:11 Gelesen: 26257# 5 @  
@ Carolina Pegleg [#4]

Diplomatenpost hin oder her - man kann nun spekulieren, dass während des 2. Weltkrieges von deutscher Seite aus generell Diplomatenpost geöffnet und geprüft (zensiert?) wurde. Zumindest in diesem Fall ist dies geschehen.

kopfschüttelnd
Pete
 
Lacplesis Am: 25.08.2009 19:41:27 Gelesen: 26245# 6 @  
Zu dem Thema habe ich natürlich immer etwas zu sagen.

Das von Carolina gezeigte Stück ist natürlich nur "Diplomatenpost" in Anführungszeichen. Eigentlich handelt es sich um eine Zivilinternierten-Sendung.

Diplomatenpost, die in den normalen Postkreislauf gelangt, ist keine. Also kann die Post nach ihrer normalen Prozedur verfahren. Wenn dies Zensur einschließt, dann halt auch das.

Echte Diplomatenpost (und dabei sei erwähnt, das dies im ganz besonderem Umfang, speziell auf die USA zutrifft), wird in versiegelten Beuteln von Kurieren direkt ans Ziel, respektive zur Poststelle des Auswärtigen Amtes des Heimatlandes gebracht. Diese Kuriere waren (samt Gepäck) mit diplomatischer Immunität ausgestattet.

Bei den amerikanischen Auslandsvertretungen wurde alles was wichtiger war, als eine Bierbestellung bei Anheuser-Busch, per Kurier nach Washington DC gebracht und von dort im Inland per Post versand.

Soweit zur Theorie.

Carolinas internierten Gruppe war von Anfang an nicht durch diplomatischen Status geschützt, weil bereits lange vor ihrer Aufgreifung, die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und den USA abgebrochen wurden.

Es handelte sich einfach nur um Zivilinternierte, für die sich wahrscheinlich niemand zuständig fühlte und die deswegen vom Auswärtigen Amt in Berlin (der Höflichkeit halber) in einem Luxus-Sonderlager untergebracht wurden.

Da der Beleg keine weiteren Spuren einer Bearbeitung in Deutschland zeigt, ist meine Theorie zur Zensur und Beförderung folgende:

Der Brief wurde ja offensichtlich offen eingeliefert, d.h. vor Ort den Betreuern/Dolmetschern/Spitzeln übergeben und von diesen direkt zensurgelesen. Möglicherweise hat die Reichspost die Briefe dann ohne jegliche weitere Stempelung an die Schweizer PTT übergeben. Ich halte es jedoch für wahrscheinlicher, das die Briefe an die, extra für die Internierten eingerichtete, diplomatischen Vertretung der Schweiz in Baden-Baden übergeben wurden.
 
Carolina Pegleg Am: 25.08.2009 22:15:56 Gelesen: 26230# 7 @  
@ Pete [#5] und Lacplesis [#6]

Ich freue mich, dass dieser Brief doch Interesse findet. Ich werde heute abend (ich schreibe im Moment aus dem Büro) noch ein ein paar weitere aus derselben Korrespondenz scannen. Da ist auch wenigstens einer dabei, der in die umgekehrte Richtung lief.

Insgesamt hat mir google bislang nicht viele Ergebnisse gebracht. Das einzige was ich vernünftiges gefunden habe, habe ich mir nicht gespeichert und kann es nun nicht mehr finden. Ich kann mich an die Suchbegriffe nicht erinnern, die mir schliesslich doch Resultate brachten. Da stand auch was drin, was die Schweizer Rolle im Hinblick auf diese Gruppe betraf, an die ich mich nun überhaupt gar nicht mehr erinnern kann.

Jedenfalls -- aus der Erinnerung -- handelte es sich nicht um die Diplomaten der US Vertretung in Berlin, die bei Kriegsbeginn wohl sämtlich Deutschland verlassen haben. Es handelte sich um die amerikanischen Vertretung bei der Vichy-Regierung, mit der die USA offenbar auch während des Krieges noch diplomatische Beziehungen aufrecht erhielt. Als dann Vichy Frankreich ebenfalls von deutschen Truppen besetzt wurde, gerieten sie eben in deutsche Hand.

Inwieweit diese Zusammenhänge den Diplomatenstatus des so "überrollten" Botschaftspersonal beinträchtigen, kann ich nicht sagen. Die Kategorie Zivilinterniertenpost ist aber schon richtig, meine ich, egal ob die Internierten nun "technisch" noch Diplomaten waren oder nicht.

Die Zensur-Verschlusstreifen und -stempel mit Buchstaben 'b' deuten m. M. auf Zensur in Berlin hin. Es müsste da aber jemand ran, der sich damit auskennt.
 
Lacplesis Am: 25.08.2009 22:48:44 Gelesen: 26223# 8 @  
Für mehr Informationen über die Umstände könntest Du z.B. "Weltsturm" von Hermann Wouk lesen. Dieser beschreibt seine Internierung mit dieser Gruppe. Zu den internierten gehörte auch der Neffe von General MacArthur.

Schau mal hier:

http://books.google.de/books?id=qEfSxf19KocC&pg=PA295&lpg=PA295&dq=baden-baden+MacArthur+schweiz&source=bl&ots=pgTFJDcN85&sig=sORX2409KzmaqIn6PMGXad1SkxY&hl=de&ei=uk2USuCrMaaqmwOBj_CmAQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1#v=onepage&q=&f=false
 
Carolina Pegleg Am: 26.08.2009 00:37:15 Gelesen: 26218# 9 @  
@ Lacplesis [#8]

Ah ja, vielen Dank lacplesis. Für alle: die entsprechende Stelle im oben verlinkten Buch ist Seite 315. Sehr gut. Ich hatte auch noch eine andere Quelle gefunden; nun ja irgendwann finde ich sie schon wieder.
 
Carolina Pegleg Am: 26.08.2009 02:09:40 Gelesen: 26214# 10 @  
Hier also nun die gesamte Gruppe der Briefe im Zusammenhang. Möglicherweise ergeben sich ja aus der Gesamtschau Aufschlüsse über die Behandlung und den Postweg, die sich bei einem Einzelbrief nicht ergeben. Als grundsätzliche Aussage, finde ich geschlossene Korrespondenzen für die postgeschichtliche Auswertung immer gut. Man beachte z. B. die Variationen bei den Verschlusstreifen über den Zeitraum hinweg.

Ich habe die Briefe chronologisch nach dem Eingangsstempel der amerikanischen Botschaft in Lissabon sortiert, dem einzigen Bestandteil der bei allen Briefen gleich ist. Wenn nicht gezeigt, ist die Vorderseite ohne Stempel jeder Art und mit Absender- und Empfängeradresse wie oben [#4].

August 1943:



September 1943 (wiederholend, wegen des Zusammenhanges):



Oktober 1943:



Dezember 1943:



Der einzige Brief mit einem Poststempel: Berlin-Charlottenburg 2, 3.11.1943.



Januar 1944:



Februar 1944:


Auf der Vorderseite befindet sch ebenfalls einmal der Abschlag 'Ab' in Kreis.

Februar 1944 -- andere Richtung:





Zu den deutschen Briefen fehlt mir überwiegend die Literatur, aber hier kann ich definitiv sagen, dass die Zensornummer 11047 der Zensurstelle in New York, Abteilung Kriegsgefangenenpost, zugeordnet war. Seltsam ist mir der fehlende Poststempel, der nahe legt, dass auch in umgekehrter Richtung die Post ausserhalb des normalen Postweges lief.
März 1944:



Undatiert, ebenfalls in dem Posten:



Dieser Beleg hat mit den anderen Briefen ausser dem Empfänger nichts gemein (mutmasslich). Ich stelle ihn hier nur mit rein, da es sich dabei um ein Beispiel für die von lacplesis erwähnte amerikanische Diplomatenpost per Kurier handelt. Der Brief wurde ausserhalb des Postweges transportiert und in Washington, DC in die Post gegeben. Der Zweizeiler "This article originally mailed in country indicated by postage" (= Dieses Poststück wurde ursprünglich aufgegeben im Land, dass in der Frankierung angegeben ist) verrät die Herkunft (hier, natürlich, neben dem eindeutig 'diplomatischen' Absender. Daneben dann noch der Kastenstempel "AM-M from F-C" (= mutmasslich, American Mail from Foreign Country).
 
Manne Am: 22.07.2012 12:12:09 Gelesen: 23472# 11 @  
Kriegszeit - Notzeit

Hallo zusammen,

bei der Durchsicht meiner Sammlung fiel mir diese Karte vom 22.2.1944 auf. Beleg ist nur für die Heimatsammlung interessant. Die Rückseite zeigt, mit welchen Problemen die Betriebe im Krieg zu kämpfen hatten, nicht nur in Schwenningen! Es geht um einen Elektromotor, der nur gegen entsprechende Bezugsscheine geliefert werden kann.

Gruß
Manne




 
Cantus Am: 30.11.2012 03:10:26 Gelesen: 22729# 12 @  
Ich will euch hier einen Brief aus unserer Familiengeschichte des Jahres 1943 vorstellen. Meine Mutter, geboren im Juli 1923, damals also mit zwanzig Jahren noch minderjährig, war 1943 bereits längere Zeit nach Ostpreußen zwangsverpflichtet worden und musste dort als Aushilfslehrerin tätig sein. Sie schrieb regelmäßíg an ihre Eltern in der Heimat Berlin, durfte selber aber nicht dorthin zurückkehren; erst mit den Flüchtlingstrecks gegen Ende des 2. Weltkrieges gelang es ihr nach abenteuerlicher Flucht, die Heimat wieder zu erreichen.

Für ihre Post verwendete meine Mutter jeweils das Papier oder die Postkarten, die sie irgendwie ergattern konnte. Es gibt daher recht unterschiedliche Poststücke aus dieser Zeit; hier hat sie das Formular eines Feldpostbriefes für eigene private Zwecke beanstandungslos verwendet.

Der Brieftext, den ich nachstehend zitiere, liest sich auf den ersten Blick recht harmlos, aber immer wieder gibt es da Passagen, die sich mit der vorherrschenden Mangelwirtschaft befassen. Und wenn das 1943 in Gumbinnen schon so war, wie mag es dann erst ein bis anderthalb Jahre später gewesen sein?




Gumbinnen, den 13.11.1943

Mein liebes Mutterchen !
In der letzten Woche habe ich Dir ja mächtig wenig geschrieben. Grund: Zeitmangel. In der nächsten Woche wird es nicht anders werden. Denke Dir, zu meinem Pech muß ich hier einen Luftschutzkursus mitmachen. Er dauert die ganze nächste Woche, täglich von 7 - 9 Uhr abends. Ich habe ‘ne Wut, aber es hilft nichts.

Fein, daß das Paket an mich unterwegs ist. Der alte Bezug ist trotz meiner Flickerei erneut an 2 Stellen zerrissen, der alte Stoff ist schon sehr mürbe. Wenn das Paket kommt, werde ich sofort die neue Bettwäsche aufziehen und die alte, schmutzige zu Dir schicken.

Muttel, die Zeit rast wieder mal! Doch bin ich im Augenblick gar nicht böse darab. Wenn ich daran denke, daß es in etwa 5 Wochen schon Weihnachtsferien gibt, hüpft mein Herz vor Freude.

Ich habe jetzt endlich einen Klavierstimmer ermitteln können. Der wird nun in der nächsten Woche an einem Vormittag kommen und den Flügel stimmen. - Beim letzten Konzert traf ich die Klavierlehrerin, die mich neulich vor Überlastung nicht zum Unterricht annehmen konnte. Sie ist jetzt einen Schüler losgeworden, so daß ich die freigewordene Stunde nehmen kann. Fein, nicht wahr? Ich will in der übernächsten Woche mit dem Klavierunterricht beginnen. Nächste Woche habe ich ja leider Gottes erst mal Luftschutzkursus.

Liebes Mütterchen, kannst Du nicht noch irgendwo Seidenpapier (in allen Farben) und Buntpapier für mich ergattern? Wenn ja, schicke es mir doch sofort als Doppelbrief zu, ja? Hier in Gumbinnen gibt es nämlich rein gar nichts. Und ich möchte doch mit meinen Kindern zu Weihnachten allerlei nette Sachen basteln und zusammenwerken in der Zeichenstunde. Da sind sie auch brav und tüchtig bei der Sache. Ich habe ihnen heute von meiner Weihnachtsfeier in der Groß-Schönforster Schule erzählt. Nun wollen sie unbedingt auch eine haben. Mal sehen, wie sie sich bis Weihnachten betragen! Diese Rasselbande ist bestimmt nicht wenig schuld daran, daß meine Mandeln wieder sehr schmerzen und der Hals dick und rauh ist.

Am nächsten Sonntag fahre ich wieder nach Hochfließ und freue mich schon sehr darauf. Morgen werde ich fleißig sein. Nachmittags bin ich bei den Schwestern Wetzel. - In herzlicher Liebe Dir, Annemarie und Vati meine Grüße.
Deine Hanna

So viel für heute.
Viele Grüße
Ingo
 
chuck193 Am: 07.12.2012 04:36:04 Gelesen: 22652# 13 @  
@ Carolina Pegleg [#2]

Hi Carolina Pegleg,

die Internierung von Japanern hier in British Columbia, Canada, hat es ja auch gegeben. Denen wurde das Haus weggenommen, und die wurden in die Nähe von Nakasp geschickt. Bei Canadiern mit deutschem Namen, wurde wenn ein Name mit 'nn' war, das zweite 'n' gestrichen.

Viele Grüsse,
Chuck
 
volkimal Am: 15.02.2013 13:54:14 Gelesen: 22251# 14 @  
Hallo zusammen,

diesen Brief an das Rote Kreuz in Genf kommt aus Znin in Polen:



Znin ist eine Stadt in der polnischen Woiwodschaft Kujawien-Pommern. Von Juni 1941 bis 1945 hieß die Stadt Dietfurt. Polen war im Herbst 1939 im Polenfeldzug von der Wehrmacht erobert worden. Wenn ich es richtig sehe, handelt es sich um einen neu hergestellten deutschen Stempel und nicht um einen weiterverwendeten polnischen Stempel.

Der Brief geht an die Internationale Zentralstelle für Kriegsgefangene beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). In meiner Sammlung ist es der früheste Brief aus dem 2. Weltkrieg an diese Stelle.

Viele Grüße
Volkmar
 
robweiss Am: 15.02.2013 17:39:59 Gelesen: 22218# 15 @  
@ Carolina Pegleg [#1]

Ich kenne das Auffanglager "Büsserach" bei Soloturn sehr gut. War dort als Flüchtling im September 1943 bis Dezember 1943. Ich kam von Italien illegal über die Schweizer Grenze. Im Lager waren damals meistens Italiener, aber auch Russen. Nach diesen Auffanglager wurden wir in Arbeitslager gebracht. Ich nach Sierre / Sione später nach Bex-le Bains.
 
Martinus Am: 07.04.2013 19:36:14 Gelesen: 21836# 16 @  
Bialystok 2

Habe heute morgen eine Kiste mit Belegen aus dem dritten Reich ergattert. Darunter auch diesen hier, den ich hier im Forum gern zeigen möchte. Wohl haben sich die deutschen Soldaten hier eingerichtet! Private Post aus dem Osten!



Vom 09.11.1943 datiert die Paketkarte Front - Heimat!

Meine Frage, die sich mir stellte, was schickte man damals von der Front aus Richtung Heimat mit einem Paket?

mit Sammlergruß Martinus
 
JFK Am: 07.04.2013 20:07:27 Gelesen: 21819# 17 @  
@ Martinus [#16]

Hi Michael,

einen interessanten Einblick auf Deine Frage findest Du unter:

http://www.zeit.de/2003/20/Feldpostp_8ackchen

Lieben Gruß
Jürgen (JFK)
 
Martinus Am: 07.04.2013 20:55:23 Gelesen: 21801# 18 @  
@ JFK [#17]

Danke schön! Das war mir so nicht bekannt! :)
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.