Thema: eBay führt neues Zahlungsverfahren für alle ein
Richard Am: 07.03.2012 11:06:36 Gelesen: 55158# 30@  
Axel Gronen von http://www.Wortfilter.de zum neuen Ebay Zahlungssystem:

Kritik am neuen eBay-Zahlungsverfahren

Vor allem für private Verkäufer ist das geplante neue Zahlungsverfahren bei eBay eine Zumutung. Ich meine, damit wird eBay der gesamten Plattform schaden.

Bisher war ich dem neuen Zahlungsverfahren bei eBay gegenüber einigermaßen neutral eingestellt, weil ich insbesondere für gewerbliche Verkäufer keine allzu gravierenden Nachteile sehe. Nun wird aber immer deutlicher, dass eBay gewaltige Probleme mit den privaten Verkäufern bekommen wird.

Zunächst einmal zum Sinn des Ganzen: eBay verliert gegenüber Amazon immer mehr an Boden und ist seit letztem Jahr nur noch die Nummer zwei. Da Amazon offenbar vieles besser macht, kopiert eBay seit einiger Zeit Amazon in vielen Bereichen und möchte nun mit einem umfassenden Käuferschutz punkten. Meine Prognose: Das wird nicht funktionieren!

Ich halte schon die neuen eBay-Verkäuferbedingungen (Ergänzende Geschäftsbedingungen für die Nutzung der eBay.de- und eBay.at-Website als Verkäufer) für rechtswidrig: Darin wird als neuer Vertragspartner der Verkäufer eine mir bisher völlig unbekannte Firma "eBay Services S.à r.l." aus Luxemburg benannt. Dass eBay weder den Geschäftsführer, noch weitere Details außer der Postanschrift nennt, halte ich für einen klaren Verstoß gegen § 5 TMG.

Update 06.03.2012: Der Firmensitz der eBay Services S.à r.l.

Die dann folgende Widerrufsbelehrung ist auch für juristische Laien erkennbar rechtswidrig, denn sie bezieht sich nicht auf die von der "eBay Services S.à r.l." erbrachten Finanzdienstleistungen. Im Übrigen halte ich die Tätigkeit der "eBay Services S.à r.l." für erlaubnispflichtig, sie verfügt aber weder über eine BaFin-Lizenz, noch hat sie eine Banklizenz.

Viel gravierender als die rechtlichen Probleme sind aber die technischen Herausforderungen. Zwar veröffentlicht eBay keine Informationen zum Volumen des Handels in Deutschland. Meiner Schätzung nach geht es aber hier um 200 bis 300 Millionen Zahlungen jährlich, die künftig nicht an die eBay-Verkäufer, sondern an die "eBay Services S.à r.l." gehen. Diese Briefkastenfirma aus Luxemburg ohne vernünftiges Impressum soll künftig jährlich rund 5 Milliarden Euro vereinnahmen? Tolle Idee.

Dass eBay den technischen Herausforderungen der korrekten Verbuchung von Zahlungen schon im bisherigen kleinen Umfang nicht gewachsen ist, zeigt exemplarisch dieser Bericht in der c´t. Das deckt sich auch mit den Erfahrungsberichten, die ich von meinen Lesern bekommen habe.

Vor allem für private Verkäufer ist das neue Zahlungsverfahren eine Katastrophe: Selbst wenn alles glatt läuft, müssen die mindestens zwei Wochen auf ihr Geld warten. Und wenn die "eBay Services S.à r.l." die Zahlung nicht zuordnen konnte oder es sonst ein Problem gibt, dann gibt es richtigen Frust: Von der "eBay Services S.à r.l." gibt es nämlich statt Geld nur mehr oder weniger unpassende Textbausteine. Menschen werden bei der "eBay Services S.à r.l." offenbar nur dann mit Problemfällen befasst, wenn sich die c´t oder ein Fernsehsender meldet. Und Strafanzeigen wegen Untreue werden von den örtlichen Polizeidienststellen vermutlich nur mit Gelächter quittiert: Wer sein Geld einer ausländischen Firma ohne Geschäftsführer und Impressum anvertraut, ist selbst schuld. Zudem haben deutsche Ermittler wohl kaum die Möglichkeit, wegen Einzelbeträgen unter 1.000 Euro gegen potenzielle Täter im Ausland vorzugehen.

Eine Konsequenz des neuen Zahlungsverfahrens wird bisher kaum diskutiert, sie wird aber meines Erachtens das größte Problem werden: Die Verlagerung des Versandrisikos auf den privaten Verkäufer. Künftig müssen auch private Verkäufer bei eBay den Versand nachweisen können. Zitat aus den Verkäuferbedingungen: "Verkäufer sind verpflichtet, auf Anforderung von eBay Services den Versand eines Artikels mittels eines qualifizierten Versandbelegs oder einer Sendungsverfolgungsnummer des Versanddienstleisters nachzuweisen."

Das bedeutet: Wer künftig als privater Verkäufer seine Artikel preiswert als Bücher- oder Warensendung verschickt, wird häufig sein Geld nicht bekommen. Der Käufer muss dann nur behaupten, er habe die Ware nicht bekommen - dann bekommt er sein Geld ohne weitere Prüfung zurück, weil der Verkäufer keinen qualifizierten Versandbeleg hat.

Private Verkäufer sind also künftig gezwungen, nur dokumentierbare (teure) Versandformen anzubieten. Das wiederum ist für die Käufer äußerst unschön: Die hohen Versandkosten werden natürlich auf die Käufer abgewälzt.

Viele von den angeblich 5,4 Millionen aktiven privaten eBay-Verkäufern in Deutschland werden auf den ganzen Ärger keine Lust haben und eBay spätestens nach der ersten Zahlungspanne den Rücken kehren. Und damit sind sie natürlich auch als Käufer verloren.

Bei den rund 110.000 aktiven gewerblichen Verkäufern sieht es etwas anders aus: Die werden die Zähne zusammenbeißen und weitermachen. Das Versandrisiko hatten sie auch schon in der Vergangenheit und einigen Ärger mit (PayPal-)Zahlungen sowieso. Aber auch die gewerblichen Verkäufer werden weniger umsetzen, wenn frustrierte Privatverkäufer die Plattform verlassen und künftig lieber woanders einkaufen.
Mein Fazit

Der Käuferschutz wird durch das neue Zahlungsverfahren verbessert. Das wird das angeschlagene eBay-Image aber nicht entscheidend verbessern: Wer früher schlechte Erfahrungen mit eBay gemacht hat, wird deshalb nicht zurückkommen.

Neue Käufer wird eBay damit nicht gewinnen, im Gegenteil: Verärgerte Privatverkäufer gehen auch als Käufer verloren.

Fakt bleibt: Der Einkauf bei Amazon ist bequemer (1-Klick-Checkout), als der bei eBay. Zwar holt eBay aus Käufersicht bei der Sicherheit nun auf, aber das ist meines Erachtens viel zu teuer erkauft und wird sich vermutlich ohnehin nicht im von eBay gewünschten Maß herumsprechen.

Update: Rechtsanwalt Johannes Richard wirft in seinem kritischen Beitrag noch weitere ungelöste rechtliche Fragen auf. So behält sich eBay Services S.a.r.L. das zweifelhafte Recht vor, mit Forderungen einer völlig anderen Firma, nämlich der eBay Europe S.à r.l., aufzurechnen. Unklar sind auch alle Fragen der Rückabwicklung, z.B. nach Widerruf oder in Gewährleistungsfällen: Internetrecht-Rostock.de Die "Neue eBay-Zahlungsabwicklung"

(Quelle und noch mehr Beiträge: http://www.wortfilter.de/news12Q1/4298-Kritik-am-neuen-eBay-Zahlungsverfahren.php )

Weiteres Thema:

eBay-Preiserhöhung wird Existenzen vernichten

http://www.wortfilter.de/news12Q1/4297-eBay-Preiserhoehung-wird-Existenzen-vernichten.php
 
Quelle: www.philaseiten.de
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