Thema: Altdeutschland Bayern: Stempel bestimmen
bayern klassisch Am: 24.02.2015 16:19:30 Gelesen: 88001# 49@  
@ Eilean [#48]

Nicht ganz.

Ich habe dir die Verordnung für Haspelmoor mit dem Verordnungs - Blatt aus den Akten eingescannt und wenn man so will, ist das die Geburtsurkunde dieses Ortes.





Zum 1.4.1855 soll es dort eine Post gegeben haben; aus anderen Unterlagen von anderen Postexpeditionsgründungen wissen wir, dass diese Termin mit Vorsicht zu genießen sind - das konnte ein paar Tage vorher schon laufen, oder auch erst ein paar Wochen nachher.

Von daher ist der theoretische Maßstab der 1.4.1855 bis zum 19.11.1856. An diesem Tag musste Haspelmoor seinen Stempel an das vorgesetzte Oberpostamt schicken, welches ihn der Materialverwaltung in München zuleitete. Vom 20.11.1856 bis zum 30.11.1856 wurde dann nur mit dem Halbkreisstempel gearbeitet, ab dem 1.12.1856 mit dem geschlossenen Mühlradstempel (gM) 182, den man gebraucht von Lauingen in Schwaben über München zugeteilt bekam.

Mit diesem gM 182 stempelte man bis in den September 1865, ehe der Stempel gegen den neuen, sog. offenen Mühlradstempel 182 ausgetauscht wurde. Dessen Verwendungszeit endete nach der VO vom 9.3.1869 in eben diesen März - Tagen.

Zum Preis, da mir der Katalog vorliegt: Die 1. Verteilung mit der Nr. 584 wertet als Zuschlag auf einer losen Marke 175 Euro. Das ist aber nicht relevant, weil es keine Marke in Bayern gab, die um den November 1856 sicher einer Verwendung zugeteilt werden könnte. Bei einer losen Marke ist also stets davon auszugehen, dass die billigere 2. Verteilung von Windsbach in Mittelfranken (ein recht häufiger Stempel dort) zu unterstellen ist (Zuschlag hierfür: 35 Euro auf loser Marke).

Auf Brief wertet ein gM 586 von Haspelmoor 450 Euro Zuschlag. Auch wenn ich konkret zu diesem Stempel und seiner individuellen Bewertung wenig beitragen kann, kann ich dir sagen, dass gerade die Katalogpreise für die sog. späten 1. Verwendungen, also die Reihe der Nrn. 550 ff. sehr moderat sind und ich Steigerungsraten im Auktionssaal von mehreren Hundert Prozent erlebt habe.

Ich würde mich daher nicht wundern, wenn ein hübscher Brief mit einer simplen 3 Kreuzer Marke und schönem Abschlag ein paar Tausend Euro kostete. In einer der besten Auktionen für Mühlradstempel bei Peter Sem (Auktion vom 29.10.1988 mit meiner Anwesenheit), war jedenfalls kein gM 586 von Haspelmoor vertreten. Das deutet durchaus darauf hin, dass Peter Sem hier in seinem Katalog einen Ankaufspreis mit 450 Euro gesetzt hat und keinen Handels- oder Verkaufspreis.

Auch der gM 182 steht mit einem Zuschlag auf loser Marke von 125 Euro und auf Brief mit 300 Euro nicht schlecht da. Bei ebengeannter Auktion kam unter der Los - Nr. 1231 eine billige Nr. 9 mit dem offenen 182er Stempel zu einem Ausruf von 175 DM, wobei die Marke verschnitten war, ins Angebot. Der Zuschlag ist mir nicht mehr geläufig und nach 26 Jahren bitte ich dafür um Nachsicht. Peter Sem bewertet heute den Zuschlag auf loser Marke mit 130 Euro, auf Brief mit 450 Euro.

Fassen wir zusammen: Wie wir der VO entnehmen, war Haspelmoor nur eine Haltstation, also eine Relaisstation, die logistisch für die Post sinnvoll war, weniger für das vermeintlich hohe Postaufkommen der Kundschaft. Demzufolge dürften Briefe kaum existieren, denn die Bahn verschickte primär Waren und Menschen, weniger Briefe oder Drucksachen (wiewohl sie das natürlich auch tat).

Ich denke, dass ein hübscher Brief mit 1.000 Euro, einer mit besonderer Frankatur mit dem Doppelten oder einem Vielfachen davon bezahlt werden müsste. Ob dir das ein Brief wert ist, kann ich natürlich nicht sagen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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