Thema: Ausschluss des Britzer Philatelisten Clubs aus dem BDPh
DL8AAM Am: 25.03.2015 17:08:46 Gelesen: 19764# 21@  
@ drmoeller_neuss [#17]

Langsam verlässt die Diskussion etwas das Thema. Doch Stop, wenn man es genauer betrachtet, ist das genau "der Punkt". Inwieweit sind die Mitglieder heutzutage bereit für das "Große und Ganze" mitzubezahlen? Oder wollen sie nur noch für den Unterhalt ihres Stammtischschildes in Gasthaus ihren Beitrag verwendet sehen und die Verbände verhungern lassen?

Dein angesprochenes " Auch Sportvereine sind Dienstleistungsbetriebe." fördert aber genau diesen Trend vom Verein Leistungen eines Dienstleisters "Fitnesstudio" zu erwarten (nur für diesen zahlt man oft den 10fachen monatlichen Beitrag), ohne sich selbst zu engagieren. Ich brauche keine IBRA-, kein Ausstellungswesen, also zahle ich dafür auch nichts. Ich bin zwar im zweiten Leben nicht erster Vorsitzender eines Sportvereins, sondern nur Zweiter und Schriftführer, trotzdem meine ich die Verhältnisse auch hier etwas zu verstehen. Bei der letzten Zählung, die ich gesehen habe, waren wir (als Schützen) die zweitgrößte Sparte im DOSB, d.h. unsere Beiträge querfinanzieren neben den Sportfunktionären 'da oben' auch andere kleinere Sparten, die aus eigener Kraft eben nicht ihre Teilnahmen an deutschen und internationalen Meisterschaften bezahlen könnten. Aber auch große TV-trächtige Großevents werden so mitfinanziert. Und das gut so, genau so ist das in einem gemeinsamen Verband gewollt und notwendig. Ohne das geht es nicht. Das sollte im BDPh ebenso sein, ohne die Querfinanzierungen über die Verbände sind überregionale Veranstaltungen, wie Ausstellungen und auch eine breite Öffentlichkeitsarbeit nicht möglich. Wir als Schützen (z.B.) haben neben der Sportverbandsschiene (vom Stadt-, Kreis-, Landes- bis zum Deutschen 'olypischen' Sportbund) die unser Geld benötigt, auch zusätzlich noch die (erheblich teurere) Schiene des Fachverbandes (ebenfalls von Kreis- über Landverband bis zum Deutschen Schützenbund hoch). Beide Verbandsschienen sind für das normale 'kleine Mitglied' vor Ort kaum sichtbar (außer als Unterschrift auf Ehrenurkunden), sind aber trotzdem immens wichtig, insbesondere hinsichtlich der politischen Lobbyarbeit, beginnend im Ortsrat bis zum Europaparlament. Ohne Einflußnahme auf öffentliche Entscheidungen wäre kaum eine Sportart noch so da. Nicht zu vergessen, ist ohne eine öffentliche Förderung auch kaum noch etwas möglich und sei es nur der zinsgünstige Kredit der örtlichen, öffentlichen ("semi-staatlichen") Sparkasse (ohne eigene nennswerte Sicherheiten des Vereins, seine Sicherheit sind die zahlenden Mitglieder).

Wenn nur noch nach der egoistischen Maxime " Du bist Mitglied in einem Tennisverein, nicht weil es Dir um die "Förderung des Tennissportes (besser Sport allgemein -ed) in der Gesellschaft" geht, sondern weil Du Tennis spielen willst." gehandelt wird, dann hätten wir ein echtes Problem. Ersetzte Sportverein mit Briefmarkenverein und die Aussage "nur ich" stimmt trotzdem noch. Es ist gut möglich, dass es beim Tennis (und Golf) noch anders funktionieren mag, da ist vielleicht mehr eigenes Geld (sprich 'höhere Beiträge') bzw. genug eigener "Einfluß" im Spiel, um autark existieren zu können, der örtliche kleine Lacrosse-Verein fällt bei dieser Art des "Ich"-Vereinsverständnisses aber sicherlich hinten runter.

Gut, bei den Briefmarken-Einzelkämpfersammlern im stillen Privatkämmerchen mag das etwas einfacher aussehen. Wenn es mir egal ist, ob es in 20 Jahren noch Sammler gibt, gut, dann brauche ich keine querfinanzierte Öffentlichkeits-, keine Jugendarbeit und kein Ausstellungswesen (zu unterstützen). Schön. Wenn ich aber in einem verbandlich organisierten (möglichweise sogar gemeinnützigen) Verein eintrete, unterschreibe ich aber auch meine Verantwortung dem "Großen und Ganzen" gegenüber, ob ich die angebotenen Leistungen selbst in Anspruch nehmen will oder nicht. Siehe auch Satzungsziele (insbesondere bei Gemeinnützigkeit) des Vereins und der Verbände, da steht sicherlich fast immer etwas von "Förderung von ..." drin. Diese Satzungen sind für das Mitglied rechtlich verbindlich, dann muss ich mir das auch bindend anrechnen lassen.

" Viele Sportarten sind "Einzelkämpferdisziplinen" (siehe das Briefmarkensammeln). Dort ist die Vereinsbindung längst nicht so hoch.". Das sehen wir aber in den traditionellen Vereinssportarten (Briefmarkenverein) bereits auch. Früher war man ein Leben lang dabei, egal ob man noch aktiv ist oder noch sein konnte, selbst wenn man nach Amerika ausgewanderte, blieb man trotzdem weiter in seinem Verein Mitglied. Heute will man schon, wenn man nur ein halbes Jahr beruflich ins Ausland geht, ein paar Euro sparend raus.

@ uli [#19]

Nur kurz am Rand dazu, natürlich hat nicht jeder kleine Sportverein ein eigenes Haus oder eine eigene Sportstätte. Es ist aber auch so, dass sich oft mehrere Vereine zusammentun, um eine gemeinsame Sportstätte zu betreiben. Unser Verein 'besitzt' bzw. betreibt (über einen gemeinsamen Dachverein) zusammen mit 15 weiteren Vereinen (ich meine insgesamt nun um die 700-800 Mitglieder) ein gemeinsames Schützenhaus (offene 50 und 100 Meter-Bahnen für Groß- und Kleinkaliberlangwaffen, 25 Meter Großkaliberpistolenstand plus Luftgewehrhalle mit "Restaurant" und großen Veranstaltungs-Ballsaal mit Bundeskegelbahnen, direkt im Zentrum der Stadt Göttingen, nur ca. 1 km von der historischen Altstadt entfernt. Einen pachtenden Wirt dafür findet man trotzdem inzwischen nicht mehr (wie kaum noch ein Vereinshaus heute). Der Neubau bzw. Grundrenovierung zum Ende des 'letzten Jahrtausend', eine Millioneninvestition auf Kredit, geht ohne eine erfolgreiche (unsichtbare) Lobbyarbeit und eine freundliche öffentliche Sparkasse eben nicht. Inzwischen gehen von unseren Monatsbeiträgen auch knapp über 2/3 an übergeordnete Verbände und Vereine (wie Sportbünde). Für die eigene Vereinsarbeit bleiben nur noch ganz wenige Euros über. Ich tippe dieser Anteil ist ähnlich wie bei normalen Briefmarkenvereinen. Ach ich vergass, auch die Berufsgenossenschaft will ihren Groschen haben. Alle "Vereine der Freizeitgestaltung" sind dort ja Zwangsmitglieder und in Ermangelung von "Angestellten" zahlt man dort pro Mitglied. Diese Beiträge werden aber, mehr oder weniger unsichtbar für das Mitglied/Verein selbst, über den Landessportbund abgeführt. Weiterleitungsposten über Weiterleitungsposten auf Kosten der Vereinskasse.

Wobei wir wieder bei der Grundfrage und dem Thema sind, wie bereit sind Mitglieder und die Vereine heutztage für das "Große und Ganze" miteinzustehen? Oder wollen sie sich da irgendwie, wie mitgliedermäßig Kleinrechnen, rausmauscheln? Die Folgen für die Gemeinschaft aller Sporttreibenden (oder Briefmarkensammelnden), große/kleine, lokal oder national/international, mannschaftlich oder individuell betrieben, offenen Auges in Kauf nehmend?

Gruß
Thomas

@ drmoeller_neuss [#20]

Ich finde auch nicht, dass hier Birnen mit Äpfeln verglichen werden, wenn man sich Vereins- bzw. Mitgliederversammlungen, die Delegiertentage der Verbände antut, trifft man hier und da, exakt auf die gleichen Probleme und Argumente. Ob das nun Sport oder Briefmarkening ist, ist recht egal (wahlweise auch die Freiwillige Feuerwehr). Die Rede des ersten Vorsitzenden zur Lage der Nation kann fast wörtlich übernommen werden, wenn nur man die tätigkeitsbeschreibenden Worte austauscht.

> Viele kleine Vereine mit vielleicht 30 Mitgliedern haben Last mit ihrer Verwaltung, zum Beispiel der Einzug der Mitgliedsbeiträge

Wir sind einer der kleinereren unserer 16 städtischen BSG-Vereine, mit satten 20 Mitgliedern, und selbst wir bzw. der Schatzmeister schafft das ohne Probleme die gesamte Buchführung, inklusive SEPA-Beitragseinzug, online abzuwickeln. Ist einfacher, schneller und lässt sich zum Jahresabschluss auch viel bequemer prüfen. So schwer oder kompliziert ist das nun wirklich nicht. Man muss nur jemanden einsetzen der des Lesens, Schreibens und Tippens mächtig ist ;-) Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendein Verein sich das wichtigste was er hat, d.h. das Geld, aus der Hand nehmen lässt. Ich kenne hier zumindest keinen Verein, der noch per Hand das Geld eintreibt, insbesondere bei den Weggezogenen und Karteileichen dürfte das ein Problem sein. Wenn man da nicht automatisch einziehen würde, wäre die Hälfte wegen Nichtbezahlung des Beitrags schon lange lange Zwangsabgemeldet worden. Eine LA gibt kaum mal jemand (aktiv handelnd) zurück, eine zugeschickte Rechnung wird aber sehr gerne mal bis zum Sankt-Nimmerleinstag (nicht handelnd) ausgesessen.
 
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