Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 26.10.2008 16:46:46 Gelesen: 1327521# 144@  
Zeitzeugen auf Briefen

ovb-online.com / pil, Rosenheim (25.10.08) - «Wegen Ausfalls der Fahrt auf gewöhnlichem Weg befördert.» Die lapidare Erklärung, aufgestempelt auf eine Luftpostkarte, die Ende August 1939 auf Reisen gehen sollte, lässt den Grund für die kurzfristige Änderung der Versandart kaum erahnen: Der Zeppelin nach Königsberg blieb wegen des Kriegsausbruchs am Boden.

«Die Post», erklärt Robert Keller (Name aus Sicherheitsgründen von der Redaktion geändert), «wurde stattdessen auf dem Landweg transportiert.» Zwei dicke Ordner umfasst allein die Zusammenstellung von Postwertzeichen und Belegen, mit denen der Rosenheimer das «Dritte Reich» - von der Eröffnungssitzung des Reichstags im April 1933 bis zur Kapitulation im Mai 1945 - aus philatelistischer Sicht dokumentiert hat; gewissermaßen Geschichtsunterricht im Briefmarkenformat. Nicht umsonst gilt unter den Briefmarkenfreunden die thematische Sammlung als Königsdisziplin.Bereits als junger Bursche hatte der pensionierte Beamte seine Leidenschaft für die bunten, gezackten Papierstückchen entdeckt; wie viele Exemplare seine Sammlung heute umfasst, vermag er allerdings nicht zu sagen. Jedenfalls füllen die Alben einige Schränke in seinem Arbeitszimmer.

Bei den klassischen Ländersammlungen konzentriert Keller sich auf Deutschland, Österreich und die Schweiz. Motivsammlungen hingegen - allgemein beliebt sind beispielsweise Blumen, Sportler, Flugzeuge oder religiöse Motive - hat er nie angelegt.

Vielmehr dreht sich eine seiner Sammlungen lediglich um eine Briefmarke, um «Krone & Adler Germania 1890 bis 1900». «Eigentlich», erklärt Keller, «wäre der Satz mit sieben Marken komplett.» Doch fängt für eine Ausstellungssammlung wie diese die Arbeit, vielmehr das Vergnügen, dann erst an: «Da geht's in die Tiefe.» Möglichst alle Entwicklungsphasen einer Marke soll solch eine philatelistische Anthologie nachzeichnen - von Druckproben über Fehldrucke und Plattenfehler bis hin zu Oberrändern und sämtlichen Farbnuancen sowie als Wertzeichen auf Briefkuverts und Postkarten. Und so fehlen bei Keller auch Überdrucke für die einstigen Deutschen Kolonien wie Togo, die Marshallinseln und Deutsch-Südwestafrika nicht.

«Das ist nicht teuer, macht aber Spaß.», erklärt Keller. Die fehlenden Exemplare können Briefmarkenfreunde beispielsweise bei den Tauschtagen ergattern, die der knapp 300 Mitglieder zählende Philatelistenverein Rosenheim jeden Mai in der Inntalhalle veranstaltet.

Besonders stolz ist Keller auf seine Dokumentation zur Geschichte des Dritten Reichs samt der Begleittexte; sie ist in Auszügen am Sonntag, 16. November, beim Tag der offenen Tür des Philatelistenvereins im Pfarrheim St. Michael zu bewundern.

Von Wagner bis zur Eingliederung des Saarlands, vom Anschluss Österreichs bis zur Judenpost im Ghetto Litzmannstadt, vom 50. Geburtstag Hitlers bis zur Tunispäckchenmarke aus dem Afrikafeldzug - in den großformatigen Alben findet sich so mancher stumme Zeitzeuge, für dessen Authentizität ein kleiner Prüfstempel auf der Rückseite bürgt. Und auch diverse Falsifikate bergen die Sammelbücher; Propagandafälschungen der Alliierten etwa mit dem einem Totenkopf ähnlichen Portrait Hitlers und der Inschrift «Futsches Reich». Doch dies zusammenzustellen, ergänzt Keller mit Blick auf sein Sammelwerk, «erfordert jahrelange Beschäftigung.»

Tag der Briefmarke

Der Tag der Briefmarke wurde erstmals im Dezember 1935 in Österreich begangen; Ausstellungen und Sondermarken sollten die Bedeutung der Briefmarke unterstreichen. In Deutschland wurde der Briefmarke zum ersten Mal am 7. Januar 1936, dem Geburtstag von Heinrich von Stephan, dem Begründer des Weltpostvereins, ein Tag gewidmet. Bis zum Zweiten Weltkrieg war dann der auf den 7. Januar folgende Sonntag dafür vorgesehen. Nach 1948 wurde der Tag auf den letzten Sonntag im Oktober verlegt. Der Philatelistenverein Rosenheim lädt anlässlich des Tages der Briefmarke am Sonntag, 16. November, ab 9 Uhr zu einem Tag der offenen Tür ins Pfarrheim St. Michael in der Westerndorfer Straße ein.

(Quelle: http://www.ovb-online.de/news/landkreis_rosenheim/rosenheim_stadt/Rosenheim-Stadt-Zeitzeugen-auf-Briefen;art4136,1264747)


 
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